OGH 11Os27/05p

OGH11Os27/05p3.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut R***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 1998/153 sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 3. Dezember 2004, GZ 631 Hv 20/04-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut R***** der Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (2) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1), jeweils idF vor BGBl I 1998/153, sowie der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 2 StGB

(4) und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit

1. von 1993 bis 20. Juli 1995 seine am 21. Juli 1981 geborene Tochter Marion L***** etwa ein- bis dreimal pro Woche dazu veranlasst, seinen Penis mit der Hand teilweise bis zum Samenerguss zu reiben und darüber hinaus ab Herbst 1994 wiederholt deren Schamlippen geleckt,

2. vom Herbst 1994 bis zum 20. Juli 1995 ca ein- bis dreimal wöchentlich mit der Genannten einen Geschlechtsverkehr durchgeführt,

3. von 1993 bis 20. Juli 1995 durch die unter Punkt 1 beschriebenen Tathandlungen sowie in der Folge bis 20. Juli 1999 durch gleichartige Angriffe mit seiner minderjährigen Tochter geschlechtliche Handlungen vorgenommen und

4. vom Herbst 1994 bis zum 20. Juli 1995 durch die unter Punkt 2 beschriebenen Tathandlungen sowie in der Folge bis zum Herbst 2000 durch gleichartige Angriffe seine leibliche Tochter zum Beischlaf verführt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus Z 5, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe sich nicht mit behaupteten Widersprüchen der Angaben der Zeugin Marion L***** zu ihrem Motiv, den Beschwerdeführer anzuzeigen, auseinandergesetzt, bezieht sich einerseits nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen und ist andererseits auch inhaltlich verfehlt, weil die Anzeigeerstattung über Ersuchen einer anderen Person (S 29) das Motiv, den Angezeigten hiedurch zum öffentlichen Eingestehen seiner Verfehlungen zu bewegen (S 135 f), keineswegs ausschließt. Inwiefern die Depositionen der Zeugin L***** im polizeilichen (S 27) und im gerichtlichen (S 76 f) Vorverfahren zu den Aufzeichnungen des Beschwerdeführers über die als Entlohnung für sexuelle Dienste geleisteten Geldbeträge (S 41 bis 47) widersprüchlich sein sollen, vermag die Beschwerde nicht darzulegen.

Mit der Behauptung, das Erstgericht gründe den Schuldspruch unzulässigerweise auf die Aussage der (vormaligen) Ehefrau des Beschwerdeführers, Gerlinde R*****, über dessen Verhalten ihr gegenüber, übergeht die Rüge den Umstand, dass dieses Urteilsargument nur den (vergleichsweise geringen) Teil einer - logisch und empirisch einwandfreien - Argumentationskette (US 8 bis 15) darstellt. Zur Prämisse der Tatsachenrüge (Z 5a), die Angaben der Marion L***** zu ihrem Motiv für die Anzeigeerstattung seien widersprüchlich, wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Erwägungen zur Mängelrüge verwiesen. Indem die Beschwerde hievon ausgehend auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Anzeige und dem Scheidungsbegehren der Gerlinde R***** hinweist und dies mit der unsubstantiierten Behauptung verknüpft, Kindesmissbrauchsfälle würden nach „forensischer Erfahrung" in einem weit geringeren als dem von Marion L***** angegebenen Lebensalter des Opfers einsetzen, vermag sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die begründungslos vorgetragene Behauptung, das Erstgericht habe „alle ihm zugänglichen Beweismittel" nicht „bzw" unvollständig ausgeschöpft, entzieht sich mangels konkreter Bezugnahme auf die Aktenlage einer inhaltlichen Erwiderung.

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) wird der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB (allein) durch Unbescholtenheit nicht hergestellt (Ebner in WK² § 34 Rz 6).

Der Einwand, die Tatrichter hätten dem Beschwerdeführer diesen Milderungsgrund bloß aufgrund der langjährigen Delinquenz versagt und damit in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen, übergeht die begründende Bezugnahme auf die Angst des Opfers (US 17), wodurch das Erstgericht ersichtlich zum Ausdruck bringt, aufgrund der konstatierten jahrelangen, gezielt eingesetzten psychischen Druckausübung des Beschwerdeführers auf seine Tochter (US 7) davon ausgegangen zu sein, dass die Tathandlungen mit dessen sonstigem Verhalten nicht in auffallendem Widerspruch standen.

Der Beschwerdehinweis, dass die Bestimmung des § 33 Z 1 StGB nur einen einzigen Erschwerungsgrund normiert, trifft zwar zu (15 Os 61/96, ÖJZ-LSK 1996/314), der hieraus abgeleitete Schluss, die kumulativ aggravierende Wertung der gleichartigen und der ungleichartigen Deliktskonkurrenz sowie des längeren Tatzeitraums verstoße gegen das Doppelverwertungsverbot, ist aber verfehlt, weil das Gewicht des Erschwerungsumstandes des § 33 Z 1 StGB durch das Zusammentreffen der Varianten entsprechend erhöht wird (Leukauf/Steininger StGB³ § 33 Rz 3, 5a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte