European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00286.04V.0426.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.569,02 EUR (darin 584,67 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Vorauszuschicken ist, dass das im Rechtsmittelstadium eröffnete Konkursverfahren über das Vermögen des Klägers mittlerweile rechtskräftig beendet ist: Das Berufungsurteil wurde dem Klagevertreter am 5. 11. 2004 zugestellt (ON 60). Am 1. 12. 2004 wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet (ON 62). Der Klagevertreter hat am 3. 12. 2004 die außerordentliche Revision überreicht (ON 63). Am 15. 12. 2004 hat die Masseverwalterin den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt (ON 65). Am 17. 12. 2004 hat das Erstgericht einen Fortsetzungsbeschluss gefasst (ON 66). Am 21. 12. 2004 hat der Masseverwalter eine Kopie des Rechtsmittels ON 63 zur Kenntnisnahme überreicht (ON 67). Dieser Zeitablauf lässt sich prozessual nur dahin deuten, dass der Masseverwalter das ‑ nicht von ihm ‑ nach Konkurseröffnung eingebrachte Rechtsmittel nachträglich genehmigt hat und nunmehr eine Sachentscheidung begehrt (vgl RIS‑Justiz RS0112035). Im Hinblick auf die Aufhebung des Konkurses mit Beschluss vom 3. 3. 2005, rechtskräftig am 22. 3. 2005, bedurfte es jedoch keiner ‑ sonst gebotenen (vgl RIS‑Justiz RS0039589) ‑ Richtigstellung der Bezeichnung des Klägers. Da die vom Kläger erteilte Prozessvollmacht durch die Konkurseröffnung nicht berührt wurde, ist sie weiterhin aufrecht (vgl 8 Ob 190/98v).
Mit Kaufvertrag vom 6. 10. 1999 kaufte der Kläger von der Beklagten eine Nutzfahrzeugwaschanlage Kärcher RGB 6314 als gebrauchtes Vorführgerät um 416.250 S netto, wobei sich die Beklagte auch zur Montage dieser Anlage verpflichtete. Im Kaufpreis inbegriffen war die Zugabe eines neuen Hochdruckreinigers Kärcher HDS 895 und eines gebrauchten Staubsaugers.
Mit Klage vom 6. 7. 2001 begehrt der Kläger Wandlung des Kaufvertrags und Rückzahlung des Kaufpreises wegen eines von der Beklagten veranlassten Geschäftsirrtums; darüber hinaus verlangte er, die Beklagte zur Demontage und Verbringung der Waschanlage von seinem Grundstück zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe keinen Irrtum beim Kläger veranlasst, weil ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine gebrauchte Waschanlage handle. Für den Fall des Zurechtbestehens der Klagsforderung wendet die Beklagte ein Benützungsentgelt für die regelmäßige Nutzung der Waschanlage durch den Kläger in Höhe der Klagsforderung ein.
Im ersten Rechtsgang hob das Erstgericht mit Urteil vom 28. 11. 2002 (ON 23) den Kaufvertrag auf, stellte die Klagsforderung mit 30.250,07 EUR als zu Recht bestehend fest, erkannte die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 30.250,07 EUR sA; weiters verpflichtete es die Beklagte, Zug um Zug gegen Zahlung dieses Betrags die näher bezeichnete Waschanlage zu demontieren und zu verbringen, was der Kläger zu dulden habe; ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil im Umfang des erfolgten Zuspruchs auf und verwies die Rechtssache zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Es erachtete (abschließend) das Wandlungsbegehren als gerechtfertigt und trug dem Erstgericht die Verfahrensergänzung im Hinblick auf das eingewendete Benützungsentgelt auf.
Im zweiten Rechtsgang hob das Erstgericht den Kaufvertrag auf, sprach aus, dass die Klagsforderung mit 30.250,07 EUR sA, die Gegenforderung mit 8.020 EUR zu Recht bestehe, sprach dem Kläger 22.230,07 EUR samt 5 % Zinsen seit 1. 11. 1999 zu, verpflichtete die Beklagte zur Demontage und Verbringung der Waschanlage vom Grundstück des Klägers und wies das Zahlungsmehrbegehren von 8.020 EUR sA ab. Es stellte unter anderem fest, dass der Kläger die Waschanlage nur bis zur Einbringung der Wandlungsklage (Juli 2001) benützt hat; die zusammen mit der Anlage übergebenen Geräte Hochdruckreiniger und Staubsauger hat der Kläger bis April 2004 benützt. Das angemessene Benützungsentgelt in Höhe von 8.020 EUR berechnete das Erstgericht ‑ den Vorgaben des Berufungsgerichts im ersten Rechtsgang folgend ‑ als Differenz zwischen den Anschaffungskosten von 26.140 EUR für die im Mai 2000 gelieferte Anlage samt Geräten und dem (fiktiven) Erlös hiefür von 18.120 EUR am Ende der Nutzungszeit, die es für die Waschanlage mit Juli 2001, für Hochdruckreiniger und Staubsauger mit April 2004 ansetzte. Die Montagekosten könnten außer Betracht bleiben, weil sie sowohl beim Einkauf als auch beim Verkauf in gleicher Höhe zu berücksichtigen wären.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in seinem Ausspruch über den Bestand der Gegenforderung dahin ab, dass es die Gegenforderung mit 25.655 EUR zu Recht bestehend erkannte, die Beklagte zur Zahlung von 4.595,07 EUR sA verpflichtete und das Mehrbegehren abwies; im Übrigen bestätigte es das Ersturteil. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Für die Berechnung des Nutzungsentgelts sei das Ende der Nutzung nicht wie vom Erstgericht mit dem Zeitpunkt des Einbringens der Klage (Juli 2001), sondern mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (April 2004) anzusetzen, weil die Waschanlage nach den Feststellungen funktionstüchtig sei und es auf die objektive Benützbarkeit ankomme. Das angemessene Nutzungsentgelt betrage daher 25.655 EUR.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Der Kläger bekämpft die Berechnung der Gegenforderung insoweit, als das Berufungsgericht eine höhere Gegenforderung als das Erstgericht als zu Recht bestehend erkennt; unrichtig sei es nämlich, bei Berechnung des Nutzungsentgelts auf die objektive Nutzungsmöglichkeit der Waschanlage durch den Wandlungskläger anstatt auf deren tatsächliche Benützung abzustellen. Der vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtete Schluss der mündlichen Verhandlung sei ein willkürlich gewählter Zeitpunkt, der bei langer Prozessdauer zum gänzlichen Entfall eines berechtigten Rückzahlungsanspruchs nach Wandlung führen könne. Dem ist beizupflichten:
Wer mit seinem Wandlungsbegehren durchdringt, hat gem § 877 ABGB alles zurückzustellen, was er aus dem Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Die Rechtsfolgen im Einzelnen richten sich nach allgemeinem Bereicherungsrecht (Rummel in Rummel, ABGB³ § 877 Rz 5 mwN; RIS‑Justiz RS0016328). Der Benützer hat ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt zu entrichten (RIS‑Justiz RS0019850). Der redliche Benützer hat dabei jenen Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist (Koziol/Welser II12 267; 9 ObA 43/01s; RIS‑Justiz RS0019883 und RS0020150[T1]).
Die Beklagte hat den Wandlungsanspruch stets bestritten, die Rücknahme der Waschanlage verweigert und für den Fall der Berechtigung des Begehrens ein angemessenes Benützungsentgelt gefordert. Stellt man nach den aufgezeigten Grundsätzen von Lehre und höchstgerichtlicher Rechtsprechung ‑ von denen abzugehen kein Anlass besteht ‑ auf den subjektiven Nutzen des (redlichen) Klägers ab, kommt es nur darauf an, wie lange er die Anlage und die mitgelieferten Kleingeräte tatsächlich benützt hat. Es ist daher dem Erstgericht zuzustimmen, dass Benützungsentgelt nur für jenen Zeitraum zuzusprechen ist, in dem der Kläger die Anlage und die Kleingeräte tatsächlich genutzt hat.
Käme es ‑ der Meinung des Berufungsgerichts und der Beklagten folgend ‑ auf die objektive Nutzungsmöglichkeit an, führte dies zu dem unbilligen Ergebnis, dass nach langer Verfahrensdauer der die Nutzung der Kaufsache einstellende und mit seinem Wandlungsbegehren obsiegende Käufer weder den Kaufpreis zurückerhielte, noch einen Nutzen aus der vertragswidrig gelieferten Sache gehabt hätte.
Der Revision ist Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Der mittlerweile erfolgte Zwangsausgleich war im Spruch der Entscheidung nicht zu berücksichtigen, weil die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz maßgeblich ist (Rechberger in Rechberger, ZPO² § 406 Rz 1 mwN; anders etwa 8 ObA 285/01x, in welchem Fall die Bestätigung des Ausgleichs vor Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam geworden ist, weshalb dort nur die Ausgleichsquote zuzusprechen war).
Die Kostenentscheidung ist in den § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO begründet.
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