OGH 11Os12/05g

OGH11Os12/05g12.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mag. Michael K***** wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. September 2004, GZ 123 Hv 2709/01f-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung sowie Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Michael K***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er

am 2. März 2000 als Portfolio-Manager und Kundenbetreuer der Bank G***** AG die ihm mittels Dienstvertrages eingeräumte Befugnis, im Namen der genannten Gesellschaft Wertpapiere zu kaufen, dadurch wissentlich missbraucht hatte, dass er zulasten des Kontos der Gr*****-Anstalt - wissend, dass dieses überzogen war, und nicht über ausreichende Depotwerte verfügend - bei der F***** in drei Tranchen insgesamt 4.000 Palm-Aktien im Gesamtwert von 485.000 US-Dollar geordert und hiedurch der Bank G***** AG einen Vermögensschaden in der Höhe von 22.687,01 EUR zugefügt hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht. Wie die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zutreffend aufzeigt, leidet die angefochtene Entscheidung insoweit an einem Mangel an Feststellungen, als sie hinsichtlich der Zufügung eines Vermögensschadens generell und insbesonders bezüglich des Überschreitens der - (auch) nur bei darauf gerichtetem (zumindest bedingtem) Tätervorsatz - zur Anwendbarkeit der Qualifikationsnorm des § 153 Abs 2 StGB führenden Wertgrenze keine Konstatierungen zur subjektiven Tatseite enthält. Da zudem weder die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen (US 10) noch die rechtlichen Ausführungen (US 14) substantiierte Aussagen zum allfälligen vorsätzlichen Herbeiführen eines (2.000 EUR übersteigenden) Schadens enthalten, ist diesbezüglich auch aus der gebotenen Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe nichts zu gewinnen. Aufgrund dieses Mangels war der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO), womit sich das Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte erübrigt.

Im nunmehr vierten Rechtsgang wird von der vom Obersten Gerichtshof im Urteil vom 28. Mai 2002, GZ 11 Os 55/02-7, (ON 49 der Hv-Akten) ausführlich dargelegten Rechtsansicht, dass bei Missbrauch der Befugnis zur Kreditvergabe der Vermögensnachteil von der Einbringlichkeit der Rückforderung (zuzüglich bestehender Sicherheiten) im Zeitpunkt der Kreditschuldentstehung abhängt, auszugehen sein. Die angefochtene Entscheidung stellt hiezu fest, dass aufgrund des missbräuchlichen Wertpapierkaufs am 2. März 2000 (via Kontoüberziehung) eine Darlehensschuld der Gr*****-Anstalt gegenüber der Bank G***** AG entstanden ist (US 6), die durch ein - von der Bank G***** AG jederzeit innerhalb einer Stunde realisierbares (US 7 f, 9) - Wertpapierdepot, dessen Wert an diesem Tag den Debet-Saldo der Konten überstiegen hat, besichert gewesen ist (US 9 f; vgl auch S 279/III). Sollten die Tatrichter zu der Ansicht gelangen, dass das Depot tatsächlich in entsprechender Höhe verwertbar gewesen ist - dies wäre ausdrücklich festzustellen -, so wäre [(hievon ausgehend)] der Bank G***** AG durch die treuwidrige Aktienorder des Beschwerdeführers somit kein Schaden entstanden. Der in der bekämpften Entscheidung konstatierte Umstand, dass der verantwortliche Kundenbetreuer der Bank G***** AG erst am 6. März 2000 von dem Aktienkauf Kenntnis erlangt hat (US 8), ist für die Schadensberechnung unerheblich, weil der Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht von der Schadenskenntnis des Opfers abhängt (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 58). Ein allfälliger Verzögerungsschaden ist dem Beschwerdeführer nur dann anzulasten, wenn er von diesem verschuldet worden (SSt 57/90) und überdies von seinem Vorsatz umfasst gewesen (JUS 1992/6/959) ist. Eine allenfalls bestehende Gegenforderung des Beschwerdeführers - wie von diesem (erstmals) in der Rechtsrüge behauptet - wäre im Fall der Feststellung eines Schädigungsvorsatzes bei der Schadensermittlung nicht zu berücksichtigen (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 40). Würde aufgrund der nach den dargelegten Grundsätzen vorzunehmenden Schadensberechnung eine Schädigung der Bank G***** AG verneint werden, wäre die Strafbarkeit des Beschwerdeführers wegen des versuchten (§ 15 StGB) Vergehens der Untreue zu prüfen. Hiebei wären insbesonders auch dazu (entsprechend begründete) Feststellungen zu treffen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein allfälliger Schaden vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Beschwerdeführers umfasst gewesen ist.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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