OGH 9Ob133/04f

OGH9Ob133/04f6.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Hauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D*****gmbH, *****, vertreten durch Burgstaller & Preyer Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei Marion H*****, Schiffseignerin, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 32.839,50 sA, über die Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juni 2004, GZ 2 R 61/04m-51, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 15. Dezember 2003, GZ 21 Cg 110/01i-46, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird dahin Folge gegeben, dass der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts aufgehoben und in der Sache selbst in Abänderung des Urteils des Erstgerichts erkannt wird:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 32.839,50 samt 5 % Zinsen seit 1. 6. 2001 zu zahlen sowie die mit EUR 10.070,85 (darin EUR 1.534,69 USt und EUR 862,71 Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die mit EUR 3.111,80 (darin EUR 377,30 USt und EUR 848 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.792,09 (darin EUR 298,68 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit dem Transport von 1.000 t AVGAS 100 LL von Rotterdam nach Wien auf dem Binnenschifffahrtsweg. Das Schiff sollte eine Tankvorbehandlung gemäß "Vorladungsliste Mineralölprodukte" der Klägerin aufweisen (Beil./I). Diese Liste sah für AVGAS 100 LL im Fall einer Vorladung aus der "Gruppe B", wozu ua Dieselkraftstoff gehört, eine Tankvorbehandlung des Typs 1 vor: "Trocken und gasfrei vorlegen. Leitungen, Pumpen und Filter restlos entleeren. Reste aufnehmen und Tankboden trockenwischen. Ausblasen." Die Beklagte beauftragte ihrerseits die Nebenintervenientin, die Eigentümerin des Motortankschiffs "TMS A*****" ist, mit der Durchführung dieses Transports. Bei AVGAS (aviation gasoline) handelt es sich um eine spezielle Benzinsorte mit hoher Oktanzahl für den Einsatz in Flugzeugmotoren. Die Qualitätsanforderungen an die Produktion, Lagerung und den Transport von AVGAS sind sehr hoch.

Am 29. 5. 2000 wurden bei der S***** B.V. (im Folgenden S***** B.V.) in Rotterdam acht der zehn vorhandenen Ladetanks (je fünf auf der Backbord- und der Steuerbordseite) des Schiffs der Nebenintervenientin im Zuge eines einheitlichen Vorgangs über die Zentralleitung des Schiffs mit AVGAS aus derselben Produktionscharge befüllt, und zwar zunächst zum Zweck einer sog "Fußprobe" nur bis zur Höhe von 30 cm. Vorher hatten Mitarbeiter der S***** B.V. von oben in die Ladetanks geleuchtet und diese, ohne hinunter zu klettern, für in Ordnung befunden. In drei der acht Ladetanks verfärbte sich das blaue AVGAS - die Farbe kennzeichnet eine bestimmte Qualität und dient der leichteren optischen Kontrolle - auf bräunlich-grün bzw grün. In den fünf anderen Ladetanks blieb es (wie vorgesehen) blau. Die Verfärbung entstand durch Vermischung des AVGAS mit Resten des vorher in diesen drei Ladetanks transportierten Dieselkraftstoffs. In jenen fünf Ladetanks, in denen es zu keiner Verunreinigung des AVGAS kam, war von der Nebenintervenientin nach dem Dieselkraftstoff zwischenzeitig noch ein anderes Produkt (Cyclohexanon) transportiert worden.

Die in den drei Ladetanks verunreinigten 41 t AVGAS wurden wieder aus dem Schiff gepumpt, in zwei Containern gelagert und schließlich entsorgt. Die Klägerin hatte für diese Menge AVGAS an die S***** B.V. einen Preis von ATS 341.814,25 und für dessen Entsorgung ATS 110.067,17, insgesamt sohin den Klagebetrag von ATS 451.881,42 (EUR 32.839,50), zu zahlen. Die Entsorgung war deshalb notwendig, weil eine Vermischung von AVGAS mit anderen Kraftstoffqualitäten die Betriebssicherheit von Flugzeugmotoren nachhaltig beeinträchtigen kann und eine Reinigung des AVGAS oder sonstige Aufbereitung und Verwertung wirtschaftlich nicht in Betracht kam. Kein Erzeuger oder Vertreiber von Flugzeugkraftstoffen kann das Risiko eingehen, AVGAS auch nur bei Verdacht auf Vermischungen einzusetzen. Im Unterschied zu den im Straßenverkehr eingesetzten Benzinsorten enthält AVGAS bleihaltige Zusätze, die aus Leistungsgründen unbedingt erforderlich sind. Der Einsatz von verunreinigtem AVGAS im Straßenverkehr oder das Einmischen in andere Produkte ist wegen des Bleigehalts nicht möglich. Die Rücknahme und Aufarbeitung des verunreinigten AVGAS in der Raffinerie war wegen der geringen Menge, der schwierigen und aufwändigen Lagerung und Verpumpung, der Kontaminierungsgefahr durch die bleihaltigen Komponenten und des hohen Aufwands für vorbereitende Laborarbeiten und das Ausarbeiten von Verfahrensweisen keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative.

Vor dem Vorfall vom 29. 5. 2000 war die Reinigung der Tanks nach dem vorhergehenden Transport von Dieselkraftstoff von Rotterdam nach Wien nicht von der Nebenintervenientin selbst, sondern über ihren Auftrag durch die S***** P***** a P***** a.s. (im Folgenden SPaP) am 15./16. 5. 2000 in Bratislava vorgenommen worden. Zu diesem Zweck waren die Ladetanks zunächst ausgedampft, danach das Kondensat abgesaugt und schließlich jede Kammer einzeln trocken gewischt worden. Ein Putzmittel wurde dabei nicht zum Auswischen verwendet. Die Reinigung erfolgte ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Ladung. Die SPaP befasst sich mit der Reinigung und Wartung von Tankschiffen. Sie verfügt über eine slowakische Konzession zur Ausübung des Gewerbes der "Abfallwirtschaft und Abfallentsorgung" sowie den Gewerbeschein für das meldepflichtige Gewerbe "Putzen und Reinigen". Nach der Reinigung durch die SPaP wurde das Schiff durch einen Mitarbeiter der S***** s.r.o. (im Folgenden S*****), die sich mit der Kontrolle der Quantität und Qualität von Schiffsladungen befasst, überprüft. Diese Überprüfung erfolgte im Auftrag der C***** AG, die Cyclohexanon nach Rotterdam exportieren wollte. Ein Mitarbeiter der S***** nahm zunächst die zehn Ladetanks in Augenschein, indem er in diese hinunterkletterte und mit einer Taschenlampe inspizierte. Danach wurde eine "Fußprobe" eingeleitet, bei der eine geringe Menge Cyclohexanon in die Ladetanks gefüllt wurde. Diese Fußprobe wurde dann nach den Spezifikationen des Exporteurs auf Sauberkeit und den Wassergehalt des Cyclohexanon überprüft. Die Analyse ergab, dass es zu keinen Verunreinigungen des Produkts gekommen war. Nach der vollständigen Beladung von sechs der zehn vorhandenen Ladetanks wurde die Füllstandshöhe ermittelt und nochmals eine Probe gezogen, wobei es ebenfalls keine Beanstandungen gab. Das Cyclohexanon wurde nach dem Transport in Rotterdam gelöscht, danach wurden sämtliche Ladetanks mit dem bordeigenen Gebläse trockenventiliert. Der Kapitän des Schiffs führte anschließend in den Ladetanks mit einer Taschenlampe eine optische Kontrolle durch, dabei entdeckte er keine Ladungsreste von Dieselkraftstoff.

Am 31. 5. 2000 übermittelte die Beklagte ein Telefax an die Klägerin, worin sie den Schadenshergang beschrieb, sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigte und damit schloss, dass die entstandenen Kosten von der Versicherung übernommen werden; sie werde hinsichtlich der trotz Reinigung mangelhaften Sauberkeit des Schiffs danach trachten, eine Kontrollinstanz zu finden, um einen solchen Vorfall in Zukunft zu vermeiden.

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Schadenersatz in der Höhe von EUR 32.839,50 sA. Mangels ordnungsgemäßer Reinigung der Ladetanks und Füllrohre sei es zu einer Verunreinigung des AVGAS mit Dieselkraftstoff gekommen. Die Ladetanks und Füllrohre hätten nämlich noch Rückstände der Vorladung enthalten. Dadurch sei das AVGAS unbrauchbar geworden; mangels wirtschaftlicher Verwertungsmöglichkeit habe es entsorgt werden müssen. Die Schadenshöhe resultiere aus dem Preis des verunreinigten Produkts und den Entsorgungskosten. Der Anspruch der Klägerin sei überdies von der Beklagten anerkannt worden.

Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass das Schiff vor dem gegenständlichen Auftrag ordnungsgemäß gereinigt worden sei, sodass es vereinbarungsgemäß "trocken und gasfrei" vorgelegen sei. Zur Verunreinigung könne es daher nicht erst am Schiff gekommen sein. Das vor dem Transport des AVGAS transportierte Cyclohexanon sei ebenfalls nicht durch Dieselkraftstoff verunreinigt worden. Ein Anerkenntnis der Klageforderung sei nicht erfolgt; von der Beklagten sei lediglich die Versicherungsmeldung zugesagt worden.

Die Nebenintervenientin schloss sich dem Vorbringen und den Anträgen der Beklagten an. Auch sie bestritt eine mangelhafte Vorreinigung. Sie räumte ein, dass aus der "Vorladungsliste Mineralölprodukte" der Klägerin folge, dass die Reinigung je nach Vorladung und je nach nachfolgender Ladung unterschiedlich durchzuführen sei. Die SPaP habe die Bestimmungen dieser Liste eingehalten. Die Beklagte und die Nebenintervenientin hätten nicht mehr tun können, als ein befugtes Unternehmen mit der Reinigung der Ladetanks zu beauftragen und die Reinigung überprüfen zu lassen. Die gebotene Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers sei damit eingehalten worden.

Die Klägerin erwiderte, dass das AVGAS beim Einfüllen noch in Ordnung gewesen sei. Dies werde schon dadurch belegt, dass es nur in einigen Ladetanks zur Vermischung mit Dieselkraftstoff gekommen sei. Wäre es schon vorher verunreinigt gewesen, wäre die Verunreinigung in allen Ladetanks in Erscheinung getreten. Eine vorherige Verunreinigung des AVGAS in der Raffinerie sei durch die dort herrschenden strengen Sicherheitsvorkehrungen ausgeschlossen. Aus dem Hinweis auf einen problemlosen Vortransport von Cyclohexanon sei nichts zu gewinnen. Bei diesem Produkt handle es sich um ein einfaches Lösungsmittel, das nicht so strengen Kontrollen wie AVGAS unterliege. Auf Grund seiner Konsistenz habe es sogar noch zusätzlich zur Reinigung der Ladetanks vom vorher transportieren Dieselkraftstoff beigetragen. Es sei deshalb auch nicht in jenen Ladetanks zu Problemen gekommen, in denen zwischen dem Dieselkraftstoff und dem AVGAS Cyclohexanon transportiert worden sei, sondern nur in jenen drei Ladetanks, in denen unmittelbar vor dem AVGAS Dieselkraftstoff transportiert worden sei. Dass die vorherige Reinigung mangelhaft gewesen sein müsse, resultiere zwingend aus der tatsächlich eingetretenen Verunreinigung des AVGAS.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dabei vertrat es unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen die Rechtsauffassung, dass die Beklagte als Erstfrachtführer und die Nebenintervenientin als Schiffsführer nicht mehr tun konnten, als ein befugtes Unternehmen mit der Reinigung der Ladetanks zu beauftragen und diese Reinigung durch ein Spezialunternehmen überprüfen zu lassen. Ein Frachtführer könne in der Regel davon ausgehen, dass das Schiff ladungstüchtig sei, wenn er die Maßnahmen getroffen habe, die ein mit der Prüfung der Ladungstüchtigkeit betrautes Spezialunternehmen für notwendig und ausreichend angesehen habe. Ein Frachtführer erfülle seine Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Ladungstüchtigkeit, wenn er eine umfassende Reinigung der Ladetanks durch ein befugtes Fachunternehmen vornehmen lasse und sich bei der Überwachung und Nachprüfung der angeordneten Maßnahmen Sachverständigenrates bediene. Es sei somit im gegenständlichen Fall die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers eingehalten worden. Eine Haftung der Beklagten nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG sowie § 26 BinnSchiffG iVm § 431 HGB komme daher nicht zum Tragen. Im Übrigen liege auch kein konstitutives Anerkenntnis der Beklagten vor. Ihr Fax vom 31. 5. 2000 könne nur so verstanden werden, dass sie eine entsprechende Schadenmeldung an die Versicherung erstatten werde.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde zugelassen.

Rechtlich ging es davon aus, dass der Frachtführer nach § 58 BinnSchiffG für den Schaden hafte, der seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes entstanden sei, sofern er nicht beweise, dass der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt worden sei, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Die Sorgfaltspflicht nach § 58 BinnSchiffG entspreche jener, die von einem maßgerechten Frachtführer mit den typischen Fähigkeiten dieses Verkehrskreises zu erwarten sei. Sei daher im vorliegenden Fall vereinbart gewesen, dass das Schiff "trocken und gasfrei" vorliegen müsse, so hätte sich die Beklagte dessen auch versichern müssen. Die Verwendung eines ladungstüchtigen Schiffs gehöre jedenfalls zu den Kardinalpflichten eines Frachtführers. Versage er hier, könne ihm der Entlastungsbeweis nicht gelingen. Somit sei es Aufgabe des Frachtführers, Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ergebe, dass der Schaden ohne sein oder seiner Leute Zutun entstanden sei und dass er auch von einem ordentlichen Frachtführer nicht erkennbar gewesen sei. Blieben die Ursachen einer Beschädigung ungeklärt (non liquet), habe der Frachtführer die Folgen zu tragen. Er sei erst dann entlastet, wenn er über die Ausräumung der behaupteten Pflichtverletzung hinaus Umstände darlegen und beweisen könne, die als Schadensursache wahrscheinlich seien und für die er nicht einzustehen habe. Ob der Beklagten dieser Entlastungsbeweis gelungen sei, könne auf Grund des bisherigen Verfahrensstands bzw der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Feststellungen darüber, welchen Auftrag die Beklagte der Nebenintervenientin bzw dem slowakischen Unternehmen erteilt habe, fehlten ebenso wie Feststellungen, in welcher Art und Weise sich die Beklagte als Vertragspartnerin der Klägerin - und nicht allein die Nebenintervenientin als ihre Erfüllungsgehilfin - der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung vergewissert habe. Da somit rechtliche Feststellungsmängel vorliegen, sei das Ersturteil aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufzutragen gewesen.

Dabei werde Folgendes zu berücksichtigen sein: Das Erstgericht habe festgestellt, die Reinigung des Schiffs sei entsprechend der "Vorladungsliste Mineralölprodukte" der Klägerin erfolgt. Dies würde bedeuten, dass eine Tankvorbehandlung mit der Qualifikation "trocken und gasfrei" erfolgte, dass Leitungen, Pumpen und Filter restlos entleert, Reste aufgenommen und der Tankboden trocken gewischt sowie ausgeblasen worden sei. Das Erstgericht habe aber demgegenüber zur genauen Art der Reinigung festgestellt, die Ladetanks seien ausgedampft, das Kondensat abgesaugt und jede Kammer einzeln trocken gewischt worden. Damit habe das slowakische Reinigungsunternehmen eine Reinigungsmethode eingehalten, die nicht der Tankvorbehandlung gemäß der "Vorladungsliste Mineralölprodukte" entsprochen habe. Eine Reinigung nach dieser Liste setze die Kenntnis der letzten Vorladung und der bevorstehenden Ladung voraus, weil nur dann beurteilt werden könne, wie die Tankvorbehandlung überhaupt auszusehen habe. Auch aus der Erklärung des slowakischen Inspektionsbüros sei nicht erkennbar, dass eine Tankvorbehandlung "trocken und gasfrei" erfolgt sei, spreche diese doch von einem Reinigungsverfahren mittels Dampf, Detergenzien und Verdampfung. Zudem werde in dieser Bestätigung nicht erwähnt, dass sämtliche Leitungen, Pumpen und Filter restlos entleert worden seien; sie enthalte nur die allgemeine Erklärung, die Überprüfung sei auf die Flächen der Tanks und Leitungen beschränkt gewesen, die zum Zeitpunkt der Prüfung zugänglich gewesen seien. Ob diese Bestätigung des slowakischen Inspektionsunternehmens der Beklagten bekannt geworden sei, ihr zugegangen sei bzw ob sich die Beklagte in irgendeiner Weise vergewissert habe, ob nicht nur die Reinigung, sondern auch die Inspektion darüber durch einen sachverständigen Überprüfer im Sinne des von der Klägerin erhaltenen Auftrags, das Schiff "trocken und gasfrei" zu reinigen, erfolgt sei, sei vom Erstgericht nicht festgestellt worden. Ausführungen zu diesem Punkt seien aber auf Sachverhaltsebene erforderlich, weil es nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht genügen könne, dass Beklagte entsprechende Aufträge an Dritte erteilt, sondern dass sie auch in angemessener Weise die Durchführung dieser Aufträge überprüfe, beispielsweise indem sie sich die Vorlage einer Bestätigung ausbedinge, aus der eindeutig hervorgehe, dass eine Reinigung auf Grund des erteilten Auftrags und eine Kontrolle dazu anhand der dem erteilten Auftrag entsprechenden Kriterien auch tatsächlich erfolgt seien. Nur dann, wenn die Beklagte nach den noch zu treffenden Feststellungen nachweisen könne, dass sie alle ihr obliegenden Maßnahmen aus der vertraglichen Verpflichtung mit der Klägerin in Bezug auf die Ladungstüchtigkeit des Schiffs gesetzt habe, habe sie ihrer (erhöhten) Sorgfaltspflicht genügt und den Entlastungsbeweis erbracht. Aus diesem Grund komme es auch entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht entscheidend darauf an, ob der Schiffsführer eine gründliche (optische) Kontrolle des Schiffs durchgeführt habe und ob eine weitere optische Kontrolle durch Mitarbeiter der S***** B.V. erfolgt sei. Was die Feststellungen und Rechtsausführungen zur Überprüfung der getätigten Reinigungsmaßnahmen durch das slowakische Inspektionsbüro betreffe, so seien diese zum derzeitigen Stand nicht genügend, weil nicht zu erkennen gewesen sei, anhand welcher Kriterien diese Überprüfung erfolgt sei bzw dass ihre Basis die vertraglich vereinbarte "Vorladungsliste Mineralölprodukte" gewesen sei. Auf das von der Klägerin erstmals in der Berufung erstattete Vorbringen könne wegen des Neuerungsverbots nicht eingegangen werden. Insbesondere habe sie in erster Instanz nie vorgebracht, dass eine Reinigung für die Ladung AVGAS gar nicht erfolgen hätte können, weil die diesbezügliche Reinigungsanweisung "ungeeignet - Schiff ablehnen" gelautet habe.

Ein konstitutives Anerkenntnis der Klageforderung liege nicht vor. Ein solches wäre ein Feststellungsvertrag, in dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht in vollem Umfang zugestehe. Demgegenüber sei das deklarative Anerkenntnis eine bloße Wissenserklärung des Schuldners, mit der dieser keine Rechtsfolgen herbeiführen wolle, sondern nur bekannt gebe, dass das Recht des Gläubigers seines Wissens nach bestehe. Ob ein deklaratives oder konstitutives Anerkenntnis vorliege, sei durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln, wobei nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern deren Sinn zu erforschen sei. Maßgeblich seien vor allem der mit dem Anerkenntnis verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses. Nach der Vertrauenstheorie sei maßgeblich, welchen Eindruck der Erklärungsempfänger aus dem Verhalten des Erklärenden redlicherweise haben musste. Die Klägerin habe das Schreiben der Beklagten im Hinblick auf die seit dem Vorfall erst kurz verstrichene Zeit, in der der Beklagten bzw deren Versicherung keinesfalls ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden sei, um den Vorfall eingehend zu prüfen und abschließend hinsichtlich des Verschuldensvorwurfs zu beurteilen, nicht so verstehen können, dass die Beklagte mit den relevierten Äußerungen mehr als eine bloße Wissenserklärung in dem Sinn abgegeben habe, dass das Recht der Klägerin ihres Wissens nach bestehe. Die Annahme eines konstitutiven Anerkenntnisses sei aber auch aus dem Grund nicht gerechtfertigt, weil sich aus dem Beweisverfahren und aus der schon erwähnten kurzen Zeit zwischen Vorfall und Schreiben in keiner Weise erkennen lasse, dass ein konkreter Streit über den Bestand der Forderung der Klägerin bestanden habe und die Beklagte ein von ihr bezweifeltes Recht in vollem Umfang zugestehen habe wollen.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richten sich die Rekurse der Beklagten und der Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem jeweiligen Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen. Die Rekurse sind zulässig; sie sind auch - soweit sie sich gegen die Aufhebung und Zurückverweisung richten - berechtigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Streitsache bereits zur Entscheidung reif, es kann daher sogleich durch Urteil in der Sache erkannt werden (§ 519 Abs 2 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 5 mwN). Dabei stellt sich die Rechtslage zusammenfassend wie folgt dar:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 26 des Gesetzes betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (BinnSchiffG), dRGBl S 868/1898, das mit 1. 1. 1940 im Gebiet Österreichs in Kraft gesetzt wurde (vgl Art I bis V, dRGBlI S 2394/1939), finden auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern die Vorschriften der §§ 425 bis 427, 430 bis 436, 439, 440 bis 443, 445 bis 451 des Handelsgesetzbuchs (HGB) Anwendung; außerdem die §§ 27 bis 77 BinnSchiffG (Schütz in Straube, HGB I³ § 425 Rz 9).

Nicht vom Verweis des § 26 BinnSchiffG ist § 429 HGB umfasst, der die Haftung des Frachtführers für Schäden durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung oder durch Versäumung der Lieferfrist regelt. Stattdessen gilt bei einem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern auf Flüssen und sonstigen Binnengewässern § 58 BinnSchiffG als lex specialis (vgl Vortisch/Bemm, Binnenschiffahrtrecht4 § 26 Rz 6). Davon gingen auch die Vorinstanzen und die Verfahrensbeteiligten zutreffend aus.

Nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG haftet der Frachtführer für den Schaden, der seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes entstanden ist, sofern er nicht beweist, dass der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. Der Wortlaut dieser Bestimmung deckt sich weitgehend mit jenem des § 429 Abs 1 HGB (abgesehen von der dort auch normierten Haftung für die Versäumung der Lieferfrist), weshalb das Schrifttum und die Rechtsprechung zu § 429 HGB auch zur Lösung des vorliegenden Falls herangezogen werden können.

In Abs 2 ordnet § 58 BinnSchiffG an, dass die Haftung des Frachtführers insbesondere ausgeschlossen ist, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus einem mangelhaften Zustand des Schiffs nebst Zubehör oder der Lade- oder Löschgerätschaften entstanden ist, welcher trotz der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht zu entdecken war. Es handelt sich dabei um einen besonderen Anwendungsfall des in Abs 1 niedergelegten Prinzips. In der Praxis hat die Vorschrift des Abs 2 mit Rücksicht auf die strenge, auch an die Unerkennbarkeit eines Mangels hohe Anforderungen stellende Haftung für anfängliche Fahr- und Ladungsuntüchtigkeit nur wenig Bedeutung (Goette, Binnenschiffahrtsfrachtrecht § 58 Rz 22). Dies ist hier nicht anders. Aus Abs 2 ergibt sich nach Lage des Falls und des Vorbringens der Parteien keine abweichende Beurteilung gegenüber Abs 1, weil mangels Substanziierung des Schadenshergangs keine Grundlage für die Annahme besteht, dass der mangelhafte Zustand „nicht zu entdecken war".

Frachtführer ist nach § 425 HGB, wer es gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuführen. Dies trifft auf die Beklagte zu. Das Wesen des Frachtvertrags besteht in der Herbeiführung eines Erfolgs, nämlich dem Transport von Gütern von einem zu einem anderen Ort. Seiner Rechtsnatur ist der Frachtvertrag demnach (primär) Werkvertrag (Goette aaO § 26 Rz 11; Schütz aaO § 425 Rz 24; Vortisch/Bemm aaO § 26 Rz 22; RIS-Justiz RS0021777 ua); subsidiär sind daher auch die Bestimmungen über den Werkvertrag (§§ 1165 ff ABGB) anzuwenden.

Der Frachtführer hat nach § 26 BinnSchiffG iVm § 431 HGB ein Verschulden seiner Leute und ein Verschulden anderer Personen, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Er haftet für seine Leute selbst dann, wenn er sich ihrer gar nicht bei der Ausführung der konkreten Beförderung bedient hat (Kerzendorfer/Geist in Jabornegg, HGB § 431 Rz 2). Zum Kreis der "anderen Personen" zählen auch selbständige Unternehmer und deren Erfüllungsgehilfen. Für schuldhaftes Verhalten dieser anderen Personen haftet der Frachtführer allerdings nur insoweit, als er sich ihrer bei der Ausführung der Beförderung bedient hat. Sie müssen demnach in das „Aufgabenerfüllungsprogramm" des Frachtführers betreffend das konkrete, geschädigte Frachtgut eingeschaltet gewesen sein (Kerzendorfer/Geist aaO § 431 Rz 3; Helm, Frachtrecht I² § 431 Rz 16). Dazu zählt auch die Reinigung des Schiffs in Vorbereitung eines Transports. Der Frachtführer (Hauptfrachtführer) ist nicht verpflichtet, die Beförderung selbst durchzuführen. Er kann die geschuldete Beförderung des Gutes durch einen anderen Frachtführer (den Unterfrachtführer) erfüllen, für den er dann nach §§ 431, 432 Abs 1 HGB haftet (Kerzendorfer/Geist aaO § 432 Rz 2).

Zur Hauptleistungspflicht des Frachtführers gehört die Obhutspflicht, die ihm gebietet, alle handelsüblichen und nach den Umständen des Falls zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Gutes zu treffen (Csoklich, Transportrecht 97; 7 Ob 687/90 ua). Im Rahmen der vertraglichen Pflichten muss ein zur Erfüllung des Frachtvertrags geeignetes Schiff ausgewählt werden, das ladungstüchtig ist. Zur ordnungsgemäßen Beförderung gehört daher auch die gründliche Reinigung des Schiffs vor der Übernahme des Gutes (vgl OLG Hamburg, 6 U 188/80 = TranspR 1986, 146). Durch Reste früherer Ladungen, die sich im Schiff angesammelt haben, dürfen neue Ladungen nicht verunreinigt werden (vgl Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 22; MünchKommHGB- Dubischar § 429 HGB Rz 42). Vor der Beladung des Schiffs müssen daher die Ladetanks, Leitungen, Pumpen, Rohre etc sorgfältig gereinigt werden (vgl Vortisch/Bemm aaO § 8 Rz 15 ua). Dies räumt auch die Nebenintervenientin in ihrem Rekurs ein.

Nach § 58 BinnSchiffG hat der Anspruchsteller zu beweisen, dass der Frachtführer das Frachtgut ordnungsgemäß, vollständig und in unbeschädigtem Zustand empfangen hat (Helm aaO § 429 Rz 108; Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 20); er braucht keine Schadensursache dazulegen (Goette aaO § 58 Rz 14). Unter Empfangnahme versteht man dabei - wie sich auch aus Abs 3 leg cit ersehen lässt - die Übernahme des Gutes zur Beförderung, wobei der Frachtführer die Möglichkeit haben muss, die Ladung nach Art und Beschaffenheit zu prüfen (Goette aaO § 58 Rz 10) und auf das Gut einzuwirken (Schütz aaO § 429 Rz 9). Die Klägerin hatte daher im vorliegenden Fall nur zu beweisen, dass das AVGAS nicht schon in verunreinigtem Zustand an die Nebenintervenientin zur Vornahme einer Fußprobe übergeben wurde. Dieser Nachweis ist ihr gelungen; die gegenteiligen Mutmaßungen der Beklagten und der Nebenintervenientin wurden eindeutig widerlegt. Es steht nun bindend fest, dass es erst im Schiff der Nebenintervenientin zur Vermischung des AVGAS mit Dieselkraftstoffresten aus einem früheren Transport gekommen ist, wodurch das AVGAS unbrauchbar wurde und entsorgt werden musste. Damit wurde die Haftung der Beklagten ausgelöst, weil der Frachtführer nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG grundsätzlich für den Schaden haftet, der während des Obhutszeitraums, also seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes, entstanden ist (sog Obhutshaftung; vgl Helm aaO § 429 Rz 116; Csoklich aaO 133, 177 ua; Schütz aaO § 429 Rz 3, 8). Beschädigung ist in diesem Zusammenhang jede nachteilige Substanzveränderung des Gutes (Csoklich aaO 138), wenn dessen Beschaffenheit wertmindernd beeinträchtigt ist, so zB durch die verschmutzende Vermischung mit Fremdstoffen (Koller, Transportrecht5 § 425 Rz 13; MünchKommHGB- Dubischar § 429 HGB Rz 11). Auf die Abgrenzung zwischen Verlust und Beschädigung bei irreparablen Schäden kommt es hier nicht weiter an.

Anknüpfend an die vorstehende zeitliche Einordnung kann sich der Frachtführer von der Haftung nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG durch den Nachweis befreien, dass die in der Zeit zwischen Empfangnahme und Ablieferung eingetretene Beschädigung des Frachtgutes durch Umstände herbeigeführt worden ist, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten, und dass dies auch auf seine Leute und andere Personen iSd § 431 HGB zutrifft (vgl Schütz aaO § 431 Rz 2; 5 Ob 206/66 = EvBl 1967/55; 7 b 196/69 = HS 7421; RIS-Justiz RS0062515 ua). Tritt also wie im vorliegenden Fall die Beschädigung des Frachtgutes zwischen Empfangnahme und Ablieferung ein, stellt das BinnSchiffG die Vermutung auf, dass hiefür der Frachtführer verantwortlich ist. Dieser Haftung kann er nur entgehen, wenn er die gesetzliche Vermutung durch den von ihm zu führenden Gegenbeweis mangelnden Verschuldens widerlegt (Helm aaO § 429 Rz 112; Schütz aaO § 429 Rz 5; 7 Ob 160/00f; RIS-Justiz RS0062591 ua). Dabei kommt es nicht auf individuelles Verschulden an, das Gesetz macht das Verhalten eines ordentlichen Frachtführers zum Maßstab (Goette aaO § 58 Rz 12). Welche Sorgfalt ein ordentlicher Frachtführer aufwenden würde, das übernommene Gut vollständig und unbeschädigt abzuliefern, lässt sich allerdings nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf den konkreten Fall feststellen. Zutreffend wies das Berufungsgericht aber darauf hin, dass die Verwendung eines ladungstüchtigen Schiffs zu den Kardinalpflichten jedes Frachtführers gehört; versagt er schon hier, kann ihm der Entlastungsbeweis nicht gelingen (Goette aaO § 58 Rz 13).

Unstrittig gab die Klägerin der Beklagten die Anweisung, die Tankvorbehandlung nach der „Vorladungsliste Mineralölprodukte" vorzunehmen. Nach dieser Liste kommt es ganz entscheidend darauf an, welche Vorladung transportiert wurde und welche Ladung nachfolgt. Dies räumt auch die Nebenintervenientin ein (ON 8). Steht daher fest, dass die letzte Reinigung vor dem gegenständlichen Schadensfall ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Ladung erfolgte, dann wurde dieses Prinzip nicht beachtet. Es ist natürlich denkbar, dass jemand im Bemühen um optimale Tankvorbehandlung auch von sich aus, ohne die Liste der Klägerin zu beachten, einen Zustand herstellt, der einen problemlosen Transport von AVGAS ermöglicht. Letzteres war allerdings in Anbetracht der eingetretenen Vermischung des AVGAS mit der Restladung Dieselkraftstoff im Schiff der Nebenintervenientin nicht der Fall. Das Resümee des Erstgerichts, dass die SPaP am 15./16. 5. 2000 die sechs Ladetanks "entsprechend der Vorladungsliste Mineralölprodukte gereinigt habe", wurde vom Berufungsgericht nicht übernommen, weil es in Widerspruch zu den übrigen Feststellungen zum Reinigungsvorgang und auch der Tatsache steht, dass die Reinigung ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Ladung vorgenommen wurde. Näher besehen handelt es sich dabei um keine Tatsachenfeststellung, sondern um eine rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, die allerdings in den von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen keine Grundlage hat.

Die Tankvorbehandlung laut Liste der Klägerin sollte einen Zustand schaffen, den Fachleute als „trocken und gasfrei" qualifizieren. Die Nebenintervenientin räumt dazu unter Verweis auf die im Schadenszeitpunkt geltende Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Beförderung gefährlicher Güter auf Wasserstraßen (ADN-Verordnung), BGBl II 1997/295, ein, mit diesen Kriterien vertraut zu sein. „Trocken" beschreibe Ladetanks und Leitungssysteme, die leer, aber nicht gasfrei seien; „leer" seien sie dann, wenn sie von der Restladung befreit worden seien; von „gasfrei" - insoweit liegt hier aber ohnehin kein Problem vor - sei schließlich zu sprechen, wenn keine nachweisbare Konzentration von gefährlichen Gasen oder Dämpfen vorhanden sei. Da es im vorliegenden Fall zu einer Vermischung des AVGAS mit der Restladung Dieselkraftstoff kam, ist keine vollständige Befreiung von der Restladung erfolgt. Damit waren aber die Ladetanks und/oder Leitungssysteme - auch nach der Begriffsauslegung der Nebenintervenientin, allerdings entgegen ihren Behauptungen - nicht „leer" und demzufolge auch nicht wie von der Klägerin verlangt „trocken".

Im Rahmen des Entlastungsbeweises nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG hat der Frachtführer gemäß § 431 HGB zu beweisen, dass auch die für ihn tätigen Personen kein Verschulden trifft (Kerzendorfer/Geist aaO § 431 Rz 1), dass also auch seine Leute alles getan haben, was sie nach den Umständen des Falles bewirken konnten (Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 22). Es genügt daher zu seiner Entlastung nicht, dass er nachweist, dass er (persönlich) alles Erforderliche getan hat (zB einen Reinigungsauftrag erteilt hat); er muss auch den Nachweis führen, dass seine Leute und die anderen Personen, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient hat, die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführer angewandt haben (vgl Schlegelberger/Geßler aaO § 429 Rz 18). Insoweit unterliegen die Beklagte und die Nebenintervenientin einem offenbaren Trugschluss, wenn sie meinen, mit der bloßen Erteilung eines Reinigungs- und Kontrollauftrags sei der Fall für sie erledigt und jegliche Haftung gebannt.

Aus der in VersR 1982, 287 veröffentlichten Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs, ZR 197/80, ist für die Lösung des gegenständlichen Falls und den Standpunkt der Beklagten nichts Unmittelbares zu gewinnen. Die dort behandelte Klage eines Versicherers war gegen einen Unterfrachtführer, zu dem keine frachtvertraglichen Beziehungen bestanden, und gegen einen Schiffsführer gerichtet. Der in VersR 1989, 1284 veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg, 6 U 156/88, lag ein Seefrachtfall zugrunde. Die Beklagte, die vor allem auf den in dieser Fundstelle abgedruckten Leitsatz über die Vornahme der Reinigung durch ein Spezialunternehmen abzielt, ist auf die weitere rechtliche Beurteilung des Oberlandesgerichts Hamburg zu verweisen, dass an den Entlastungsbeweis des Verfrachters strenge Anforderungen zu stellen seien und dass nach dem Transport bestimmter Güter besonders sorgfältig zu reinigen sei. Der dort erfolgten Klageabweisung des Versicherers gegen den Verfrachter lag das Ergebnis zugrunde, dass der Verfrachter alles unternommen habe, um ein ladungsfähiges Schiff zu stellen, und dass keine Reste der Vorladung entdeckt werden konnten.

Von einem vergleichbaren Ergebnis kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Hier ist entscheidend, dass die Beklagte und die Nebenintervenientin zur Aufklärung des Schadens nichts Wesentliches beigetragen haben. In erster Instanz verlegten sie sich zunächst auf die Bestreitung der Klagebehauptung, dass es (erst) im Schiff der Nebenintervenientin zur Vermischung von AVGAS mit der Restladung Dieselkraftstoff gekommen sei. Nachdem dieser Standpunkt allerdings nicht lange haltbar war, zogen sie sich darauf zurück, dass sie ohnehin die Tankvorbehandlung und deren Kontrolle in die Hände spezialisierter Unternehmen gelegt haben. Letzteres blieb ihnen natürlich unbenommen, doch ist die Stellung des Frachtführers, der die Besorgung seiner vertraglichen Pflichten an Dritte auslagert, keine bessere als die jenes Frachtführers, der diese Aufgaben durch seine Leute wahrnehmen lässt. Wie bereits ausführlich dargelegt hat der Frachtführer nach dem auch für die Binnenschifffahrt geltenden § 431 HGB ein Verschulden anderer Personen, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Vom Kreis "anderer Personen" sind, wie schon ausgeführt, auch selbständige Unternehmer und deren Erfüllungsgehilfen erfasst.

In diesem Zusammenhang kommt nun der weitere Hinweis des Berufungsgerichts zum Tragen, dass der Frachtführer konkrete Umstände substanziiert darlegen und beweisen muss (Helm aaO § 429 Rz 116), aus denen sich ergibt, dass der Schaden ohne sein, seiner Leute oder anderer Personen iSd § 431 HGB Zutun entstanden ist oder dass er auch von einem ordentlichen Frachtführer nicht vermeidbar war. Hierhin gehört auch die gehörige Ladungsvorsorge, Tankvorbehandlung sowie überhaupt die Beachtung und Durchführung aller Maßnahmen zur sicheren Vertragserfüllung (Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 21). Der Frachtführer muss beweisen, dass keine Entstehungsursachen in Frage kommen, bei denen ihn ein Verschulden treffen könnte (Schütz aaO § 429 Rz 5; MünchKommHGB- Dubischar § 429 HGB Rz 44). Typische Entlastungsgründe sind insbesondere Umstände höherer Gewalt, unabwendbare Ereignisse oder Schäden auf Grund des Verschuldens des Absenders oder des sonst Verfügungsberechtigten, zB infolge unzulänglicher Verpackung oder unsachgemäßer Weisungen (MünchKommHGB -Dubischar § 429 HGB Rz 45). Derartiges wurde aber nie behauptet, und zwar weder in Richtung der Unabwendbarkeit eines bestimmten Ereignisses noch in Bezug auf ein Verschulden der Klägerin etwa im Zusammenhang mit unrichtigen Anweisungen in der „Vorladungsliste Mineralölprodukte".

Richtig ist der Hinweis der Beklagten, dass die Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Frachtführers nicht überspannt werden dürfen (vgl Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 22). Bleiben aber die Ursachen einer Beschädigung ungeklärt (non liquet), dann hat der Frachtführer die Folgen zu tragen. Er ist erst dann entlastet, wenn er über die Ausräumung der behaupteten Pflichtverletzung hinaus Umstände darlegen und beweisen kann, die als Schadensursache wahrscheinlich sind und für die er nicht einzustehen hat (Helm aaO § 429 Rz 115; Goette aaO § 58 Rz 14; Vortisch/Bemm aaO § 58 Rz 23). Praktisch bedeutet dies, dass nur eine vollständige Aufklärung der Schadensursache zur Entlastung des Frachtführers führen kann (Helm aaO § 429 Rz 117; Schlegelberger/Geßler, HGB Bd VI5 § 429 Rz 16). Dieser Anforderung haben sich die Beklagte und die Nebenintervenientin allerdings nicht gestellt und kein der vollständigen Aufklärung des Schadenshergangs dienliches Vorbringen erstattet. Amtswegige Nachforschungen, was die Beklagte, die Nebenintervenientin und die beauftragten Dritten untereinander vereinbart und worüber sie einander (nicht) informiert haben, sind vom Gericht nicht anzustellen. Es sind daher auch keine weiteren Beweise aufzunehmen. Die Sache ist spruchreif.

Da die Klageforderung schon auf Grund der Haftung der Beklagten nach § 58 Abs 1 BinnSchiffG iVm § 431 HGB zu Recht besteht, braucht auf die weitere von der Klägerin geltend gemachte Anspruchsgrundlage eines konstitutiven Anerkenntnisses nicht mehr eingegangen werden. Die Höhe des Klagebegehrens war weder im Berufungs- noch im Rekursverfahren strittig. Hiezu erübrigen sich daher ebenfalls weitere Erörterungen.

Da es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keiner weiteren Verfahrensergänzung bedarf, ist den gegen die Aufhebung und Zurückverweisung gerichteten Rekursen Folge zu geben. Zufolge Spruchreife kann sogleich in der Sache selbst im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens erkannt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die nach TP 1 verzeichnete Bekanntgabe der Klägerin vom 2. 1. 2003 konnte nicht honoriert werden; sie scheint im lückenlos einjournalisierten Akt des Erstgerichts nicht auf.

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