OGH 12Os143/04

OGH12Os143/0417.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Isaiia N***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und gewerbsmäßig durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Petar Y***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 13. Juli 2004, GZ 22 Hv 58/04a-320, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Petar Y***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, wurde (ua) Petar Y***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (richtig:) schweren, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und gewerbsmäßig durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall und 15 StGB (I./1, 4, 8-13, 15-20, 22-37) und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III./3-5), der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 (zu ergänzen) erster Fall StGB (IV./a), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 (zu ergänzen) Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (V/1.) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (V/2.) schuldig erkannt. Darnach hat er (zusammengefasst wiedergegeben)

I. in der Zeit vom 21. April 2003 bis zum 21. Juli 2003 in Wien, St. Pölten, Linz und anderen Orten Österreichs in ca 140 Angriffen gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung in jeweils verschiedenen im Spruch angegebenen Beteiligungskonstellationen dort angeführten Personen im Urteil bezeichnete fremde bewegliche Sachen in einem 40.000 EUR übersteigenden Wert durch Einbruch in Personenkraftwagen unter Anwendung der sogenannten „Schlossstichmethode" mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen und wegzunehmen versucht;

II. ...

III. in acht Angriffen zu im Spruch bezeichneten Zeitpunkten an dort angeführten Tatorten Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, dass sie von den Berechtigten im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

IV. „zumindest ab 21. April 2003 bis 21. Juli 2003" mit Isaiia N***** und Damyan Pa***** in Wien und an anderen Orten Österreichs eine kriminelle Vereinigung gegründet (US 33);

V. in Linz den Justizwachebeamten Revierinspektor Wolfgang A*****

1. am 25. Juli 2003 während der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten dadurch vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm die Klappe der Zellentürsichtöffnung mit einem Schlag oder einem Fußtritt gegen die Finger der linken Hand stieß und dadurch eine Zerrung im Bereich des vierten und fünften Fingers der linken Hand zufügte;

2. am 3. September 2003 dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er diesen anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung vor dem Landesgericht Linz einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung und der Verletzung einer Amts- und Standespflicht durch die Angabe, der Beamte habe ihm durch die Zellentürsichtöffnung einen Faustschlag zu versetzen versucht (§§ 15 Abs 1, 83 Abs 1, 313 StGB), falsch verdächtigte, wobei er wusste (§ 5 Abs 3), dass die Verdächtigung falsch war.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten Petar Y***** aus dem Grund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Der Beschwerde zuwider ist der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen weder unvollständig begründet noch widersprüchlich. Denn eine Bindung des Gerichtes an das - die unter I/1, 4, 8-14, 28, 29 und 32-37 bezeichneten Aktivitäten ausnehmende - „Schuldeinbekenntnis" des Angeklagten (S 95/XI, mit dem Einwand des Verteidigers, „Faktum 32) bis 36) kann er nicht gewesen sein", sowie ausführlich zu den einzelnen Fakten S 235 ff/XI), ist dem Prozessrecht fremd. Der Inhalt der Gegenäußerung des Verteidigers zum Vortrag der Anklage (§ 244 Abs 3 StPO; S 91/XI) stellt kein Beweisergebnis dar und musste daher weder im Hauptverhandlungsprotokoll dargestellt, noch im Urteil erörtert werden (15 Os 68/91 = SSt 61/65).

Das Erstgericht hat - entgegen der Mängelrüge - die Konstatierungen zur Täterschaft des Angeklagten in Ansehung der von ihm geleugneten Einbrüche logisch und empirisch einwandfrei und dem Gebot der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend, auf die Angaben des (gesondert verfolgten und verurteilten) Mittäters Alex Rusalin S***** (ON 305, 306) und das im Vorverfahren abgelegte umfassende - in der Hauptverhandlung eingeschränkte, den Beschwerdeführer im Gegensatz dazu teilweise entlastende und insoweit von den Tatrichtern abgelehnte - Geständnis des Mittäters Isaiia N***** im Zusammenhang mit den sonstigen Begleitumständen der Taten gestützt.

Der behauptete innere Widerspruch der Würdigung der Verantwortung des den Beschwerdeführer in den in Rede stehenden Punkten belastenden Mitangeklagten N***** liegt nicht vor. Die Tatrichter haben seine diesbezüglichen Einlassungen vor dem Untersuchungsrichter auf Grund der detailreichen Schilderung und des in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindrucks, dass der Genannte zur Wahrheitsfindung beitragen wollte (US 38), als glaubwürdig beurteilt, und dabei ohnedies in den Kreis ihrer Erwägungen miteinbezogen, dass er den Angeklagten Y***** ursprünglich teilweise zu Unrecht belastet hatte. Hingegen führten sie seine nicht den Feststellungen zugrunde gelegten Angaben betreffend den Angeklagten I***** darauf zurück, dass er „tatsächlich unterschiedliche Situationen vor Augen" hatte, jedoch nicht bewusst die Unwahrheit sagte (US 40).

Mit dem Vorbringen, für die „Begründung", wonach Petar Y***** einen

Teil der diebischen Angriffe leugnete, „entweder um die zusätzlichen

Qualifikation der 40.000 EUR nicht zu überschreiten, oder in der

Hoffnung, im Fall der Verurteilung nach dem Geständnis .... eine

teilbedingte Freiheitsstrafe zu bekommen" (US 40), fänden sich im

Urteil keinerlei „Anhaltspunkte, wie die Berechnung in dieser oder in

der anderen Weise ... vorgenommen wird oder vorzunehmen ist", lässt

die Rüge die deutliche und bestimmte Bezeichnung des Tatumstandes vermissen, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll (§ 285a Z 2 StPO), ergibt sich doch die Überschreitung der Wertgrenze aus einer schlichten Addition der im Spruch ziffernmäßig angeführten Einzelschäden schon bei Vernachlässigung von 12 im Stadium des Versuchs gebliebenen Einbruchsdiebstählen (I/4/b, 13, 16/g, 18/b, 23/j, 25/h, 27/i, 33/a,d, 35/b, 36/f) und des nicht näher bestimmten Werts der Beute in zwei Fällen (I/10/b, 20/c).

Die Rechtsmittelanträge des Beschwerdeführers gehen zwar dahin, seiner „Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, sich einer neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen", beziehen sich somit uneingeschränkt auf alle Schuldspruchsfakten; in der Beschwerdeschrift finden sich sachbezogene Ausführungen indes nur zu den oben näher bezeichneten, vom Beschwerdeführer nicht zugestandenen Einbrüchen sowie zur Qualifikation der Diebstähle auch nach § 128 Abs 2 StGB, nicht aber zu den anderen Schuldspruchsfakten. Insoweit gebricht es daher der Beschwerde an der gebotenen deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Tatumstände, die den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bilden sollen, zumal solche auch bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (S 251/XI) nicht dargetan wurden (§ 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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