Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof kann auch ein zugelassenes Rechtsmittel - unter Beschränkung auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe - zurückweisen, wenn er das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage verneint. Das kommt auch dann in Frage, wenn das Gericht zweiter Instanz mit Recht ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, im Rechtsmittel dann aber nur solche Gründe geltend gemacht werden, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (Kodek in Rechberger2 vor § 502 ZPO Rz 3).
Das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zugelassen, es liege keine oberstgerichtliche Judikatur zur Anerkennung einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung über die Regelung der Obsorge nach § 185g AußStrG (aF) vor. Mit dieser Rechtsfrage befasst sich der Revisionsrekurs aber nicht. Vielmehr ist die vorinstanzliche Anerkennung der zu Gunsten des Vaters ergangenen chinesischen Obsorgeentscheidung mangels Anfechtung durch die Mutter in Rechtskraft erwachsen; nur deren Besuchsrechtsantrag ist noch Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens.
Zum Revisionsrekurs der väterlichen Großeltern:
Die väterlichen Großeltern, deren Rekurs das Rekursgericht mangels Beschwer zurückgewiesen hat, zeigen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Sie vertreten den Standpunkt, ihre Beschwer würde erst mit rechtskräftiger Anerkennung der chinesischen Obsorgeentscheidung wegfallen. Diese Voraussetzung ist aber gegeben. Selbst wenn sie also im Zeitpunkt der Rekursentscheidung über das Besuchsrecht der Mutter noch beschwert gewesen sein sollten, würde ihnen nunmehr die Beschwer fehlen, was ebenfalls zur Zurückweisung ihres Rechtsmittels führt. Ob dieses mangels erheblicher Rechtsfrage oder - ihrem eigenen Standpunkt folgend - mangels Beschwer unzulässig ist, macht im Ergebnis keinen Unterschied.
Zum Revisionsrekurs des Vaters:
Für Minderjährigenschutzmaßnahmen sind nach Art 1 des Haager Minderjährigenschutzabkommens (Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen, BGBl 1975/446, kurz: MSA; abgedruckt bei Schwimann, IPR2 162 ff, erläutert 129 ff; vgl auch Schwimann, Das Haager Minderjährigenschutzabkommen und seine Anwendung in Österreich, JBl 1976, 233) primär die Behörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes zuständig, die dabei gemäß Art 2 MSA ihr eigenes Sachrecht anwenden. Für alle Minderjährigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt - wie hier - in Österreich haben, können (seit dem 7. 8. 1990) grundsätzlich Schutzmaßnahmen nach österreichischem Recht getroffen werden (RIS-Justiz RS0074335, RS0074240). Nach ständiger Rechtsprechung gehört auch die Regelung des Besuchsrechtes zu den Schutzmaßnahmen des MSA (7 Ob 724/82 = SZ 55/153); 4 Ob 552/88 = EFSlg 57.646; 2 Ob 598/90 = IPRax 1993, 415 [Mottl 417] = EFSlg 63.869; 3 Ob 538/92 = EFSlg 69.661; 1 Ob 17/02k mwN). In ein nach dem Heimatrecht des Kindes bestehendes gesetzliches Gewaltverhältnis (Art 3 MSA) - wie es hier das anerkannte Sorgerecht des Vaters darstellt - darf aber nur soweit eingegriffen werden, als dies das Heimatrecht zulässt (2 Ob 598/90; RIS-Justiz RS0074276; Mottl aaO; Schwimann, IPR2 130).
Das chinesische Heimatrecht sieht nun in § 36 EheG vor, dass die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern nicht wegen der Ehescheidung der Eltern erlöschen; nach der Ehescheidung bleiben die Kinder nach wie vor Kinder beider Eltern, gleich ob sie vom Vater oder der Mutter direkt unterhalten werden; nach der Scheidung haben die Eltern weiterhin das Recht und die Pflicht, den Kindern Unterhalt zu gewähren und sie zu erziehen. In § 38 chinEheG ist nunmehr ausdrücklich ein Besuchsrecht vorgesehen. Form und Zeit der Ausübung werden von den Parteien vereinbart, sonst entscheidet das Gericht. Dieses kann das Besuchsrecht aussetzen, wenn ein Besuch der physischen oder psychischen Gesundheit des Kindes nicht förderlich ist (Die am 28. 4. 2001 revidierte Fassung des chinEheG ist im Internet in deutscher Übersetzung abrufbar unter www.jura.uni-goettingen.de/chinarecht ; zur aF vgl Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderübersicht Volksrepublik China 92, 96, 97, Gesetzestext 120 ff). Im Hinblick auf diese Regelung kann nicht gesagt werden, dass das chinesische Heimatrecht ein Besuchsrecht nicht zulassen würde.
Auch der Rechtsmittelwerber geht davon aus, dass ein Besuchsrecht nach chinesischem Recht existiert, er meint aber, dass es bei Verletzung der Unterhaltspflicht sistiert wäre. Eine solche Verknüpfung ist den zitierten Gesetzesstellen aber nicht zu entnehmen. Auch der Rechtsmittelwerber vermag keine entsprechende Rechtsquelle zu nennen. Ist die behauptete Verknüpfung aber im chinesischen Recht - soweit ersichtlich - gar nicht vorgesehen, erübrigt sich ein Eingehen auf die vom Rekursgericht diskutierte Frage, ob eine allfällige Norm dieses Inhaltes den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public; vgl Art 16 MSA) widersprechen würde, welche das Besuchsrecht als unter dem Schutz des Art 8 EMRK stehendes "Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung" ansieht, es mit dem KindRÄG 2001 auch als Recht des Kindes formuliert hat und eine Verwirkung durch eine (hier von der Mutter bestrittene) Unterhaltsverletzung nicht kennt (vgl Stabentheiner in Rummel3 erster Ergänzungsband § 148 ABGB Rz 1, 1a, 6 mwN).
Im Übrigen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes, zur Fortbildung ausländischen Rechtes im Wege der Auslegung beizutragen (vgl 1 Ob 17/02k uva).
Die Ausgestaltung des Besuchsrechtes hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und hat regelmäßig keine erhebliche Bedeutung (RIS-Justiz RS0097114).
Soweit der Rechtsmittelwerber schließlich neuerlich eine Überschreitung des Antrages der Mutter (vgl Fucik in Fasching III2 Rz 63 mwN) und die Abweisung von Beweisanträgen rügt, genügt der Hinweis, dass vom Rekursgericht verneinte angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens in dritter Instanz - vorbehaltlich des Kindeswohles - nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS-Justiz RS0050037). Dass das Wohl des Minderjährigen durch den persönlichen Verkehr mit seiner eigenen Mutter gefährdet wäre, ist nach der Aktenlage nicht erkennbar.
Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht bedurfte, war der Revisionsrekurs - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Rekursgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen. Für die von der Mutter in ihrer Revisionsrekursbeantwortung angeregte Verhängung einer Mutwillensstrafe besteht kein Anlass.
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