Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Mitangeklagten Nazmi N*****, Burim M***** und Behar J***** enthält, wurde der Angeklagte Bylbyl V***** der Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB (D/2) und der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB (E/2), sowie der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 (zu ergänzen:) zweiter Fall StGB (A), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B/2), des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB (C), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (D/1) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (G/1,2) schuldig erkannt. Danach hat Bylbyl V***** in Graz
A) seit einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 11. Oktober 2003 sich an einem teils aus den im Spruch angeführten Mitangeklagten, teils aus weiteren, namentlich nicht bekannten Mitgliedern „(so genannten Kosovo-Albanern)" bestehenden, auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung ein oder mehrere Verbrechen bzw andere erhebliche Gewalttaten gegen Leib und Leben sowie nicht nur geringfügige Sachbeschädigungen ausgeführt werden, mithin an einer kriminellen Vereinigung beteiligt;
B) 2. Anfang Oktober 2003 den Karl B***** durch Versetzen von zwei
Schlägen mit der flachen Hand und eines Faustschlags gegen das Gesicht, wodurch der Genannte eine Schwellung und Blutunterlaufung am linken Auge erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt;
C) zusammen mit Burim M***** am 11. Oktober 2003 an einem Angriff von
zumindest sieben bis acht Kosovoalbanern tätlich teilgenommen, wobei der Angriff Körperverletzungen des Osman A*****, nämlich eine einen Zentimeter lange Rissquetschwunde im Bereich des rechten Jochbeins und des Johann S*****, nämlich einen Bruch der fünften Rippe, verursachte;
D) 1. am 11. Oktober 2003 den Osman A***** durch die Äußerung:
„Dieses Haus brennt!", mit einer Brandstiftung gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
2. am 23. Oktober 2003 dadurch, dass er Mirza Z***** mit einer Bierflasche mehrere Schläge gegen den Kopf versetzte und von ihm Bargeld in der Höhe von 20 EUR forderte, mit Gewalt gegen dessen Person eine fremde bewegliche Sache mit den Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung abzunötigen versucht;
E) am 26. Oktober 2003 nach der oben unter Punkt D/2. angeführten
Tathandlung Mirza Z***** durch die über seinen Bekannten („Strizzi") mittelbar geäußerte Drohung, wonach Billy (gemeint Bylbyl V*****) gefährlich sei und dass es besser wäre, seine Forderungen zu erfüllen, sowie durch die Äußerung, er würde Probleme bekommen, wenn er nicht zahle, sohin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, zur Übergabe eines Geldbetrages von 500 EUR zu nötigen versucht, die den Genannten am Vermögen schädigen sollte;
G) nachangeführte fremde Sachen beschädigt bzw zerstört, und zwar
1. zusammen mit Burim M***** am 11. Oktober 2003 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter zahlreiche Gläser, Aschenbecher und Einrichtungsgegenstände (Dekoration) zum Nachteil des Betreibers des Lokals „P*****",
2. am 26. Oktober 2003 durch Werfen eines Barhockers gegen eine Glasvitrine zum Nachteil des Betreibers des Lokals „K*****" (Schadenshöhe ca 500 EUR).
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus den Gründen der Z 1, 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bylbyl V***** kommt keine Berechtigung zu.
Die auf Z 1 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Behauptung der Befangenheit der Untersuchungsrichterin Dr. Petra S***** geht vorweg schon deshalb fehl, weil dieser Nichtigkeitsgrund nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bloß die Fälle der nicht gehörigen Besetzung des erkennenden Gerichtshofs und der Ausgeschlossenheit eines erkennenden Richters erfasst, nicht aber die Führung der Voruntersuchung durch einen allenfalls befangenen Untersuchungsrichter (Ratz WK-StPO § 281 Rz 96). Mit dem (auch aus Z 5 erhobenen) Einwand, dass „die Voruntersuchung durch die Teilnahme der als befangen ausgeschlossenen Untersuchungsrichterin mit Nichtigkeit behaftet" sei, wird keine Urteilsnichtigkeit, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Z 2 leg cit aufgezeigt, weil die Anwendbarkeit dieses Nichtigkeitsgrundes auf solche Verfahrensbestimmungen des Vorverfahrens beschränkt bleibt, die im Gesetz ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht sind. Für die angestrebte Ausdehnung der Nichtigkeitsgründe auf (hier) alle Voruntersuchungsakte, die behauptungsmäßig dem Fairnessgebot des Art 6 MRK widerstreiten, fehlt die gesetzliche Grundlage (RZ 2002 EÜ 99). Im Übrigen lässt das in der Beschwerde relevierte, auf die Wiedergabe ihrer die in Rede stehende Voruntersuchung betreffenden Wahrnehmungen bezogene und in § 250 Abs 3 StPO iVm § 162a Abs 2 StPO („... im Interesse der Wahrheitsfindung ...") begründete Ersuchen der Untersuchungsrichterin, als Zeugin in der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten (§ 250 Abs 1 StPO) aussagen zu wollen, weil die Angeklagten „in ihrem Wesen und in ihrem Verhalten Druck ausüben" (S 313/III), keinen logischen Rückschluss darauf zu, die volle Unbefangenheit der Untersuchungsrichterin während des Vorverfahrens in Zweifel zu ziehen.
Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) die zeugenschaftliche Vernehmung der Untersuchungsrichterin in Abwesenheit der Angeklagten abermals problematisiert, mangelt es ihr indes schon an den formellen Voraussetzungen, weil der Verteidiger sich zwar der prozessleitenden Verfügung der Vorsitzenden auf abgesonderte Vernehmung der Zeugin widersetzt (S 313/III), nicht aber ein Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes beantragt hat (Ratz aaO § 281 Rz 303). Auch die Mängelrüge (Z 5) verfehlt ihr Ziel. Dem Einwand mangelnder „Spezifizierung" des dem Schuldspruch A. zu Grunde liegenden strafbaren Verhaltens (der Sache nach Z 3) zuwider wurde die Tat - auch unter Berücksichtigung der zur Verdeutlichung ihrer Darstellung im Erkenntnis heranziehbaren Sachverhaltsschilderung in den Entscheidungsgründen (US 12, 26; vgl Ratz aaO § 281 Rz 271) - ausreichend (verwechslungsfrei) individualisiert (Ratz aaO § 281 Rz 266-268). Entgegen der Behauptung einer fehlenden bzw offenbar unzureichenden Entscheidungsbegründung haben die Tatrichter die angenommene Beteiligung an der kriminellen Vereinigung (US 3 iVm US 25 und 26) mängelfrei aus der Häufung systematischer Tathandlungen der vier Angeklagten denkmöglich und damit mängelfrei erschlossen (US 25).
Auch der Einwand, das Erstgericht habe ausdrücklich von der Verlesung ausgenommene Angaben von Auskunftspersonen vor der Sicherheitsbehörde (S 28 ff/IV) in den Entscheidungsgründen verwertet, ist nicht berechtigt. Denn er übersieht die Tatsache, dass bereits zuvor die Angaben von Zeugen im Vorverfahren, die von jenen in der Hauptverhandlung in wesentlichen Punkten abwichen (§ 252 Abs 1 Z 2 StPO), durch wörtliche Verlesungen bzw Vorhalte im Zuge der Vernehmung (S 152 f, 156, 158 f, 166, 169, 177 ff, 181, 321/III, 27/IV) zum Gegenstand des Beweisverfahrens (§ 258 Abs 1 StPO) und daher im Urteil zu Recht berücksichtigt wurden.
Die Rüge scheitert ferner mit der - überdies unsubstantiierten (§ 285a Z 2 StPO), im Übrigen für ein Höchstgericht unangemessenen, stilistischen und orthographischen Mindeststandards nicht entsprechenden - auch unter dem Gesichtspunkt der Z 2 unbeachtlichen (Ratz aaO § 281 Rz 183 ff) Reklamation einer aus dem Unterbleiben einer Belehrung über Entschlagungsrechte resultierenden Nichtigkeit sicherheitsbehördlicher Vernehmungen von Auskunftspersonen. Im Übrigen haben die Tatrichter die Überzeugung, dass Mitangeklagte und Zeugen aus Angst ihre den Angeklagte Bylbyl V***** belastenden Angaben aus dem Vorverfahren revidiert haben und keine unrichtigen Protokollierungen vorgenommen worden waren, nicht allein auf die (aus Z 5a unbedenklich) als verlässlich beurteilte Aussage der Untersuchungsrichterin, sondern außerdem auf die Depositionen einer Reihe von weiteren Zeugen gegründet, die im Vorverfahren als Dolmetsch fungierten (US 24).
Nach Prüfung der Akten anhand des Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5a), womit der Beschwerdeführer einerseits auf die Ausführungen zur Mängelrüge verweist und (solcherart neuerlich) die vom Schöffengericht angenommene Unbefangenheit der als Zeugin vernommenen Untersuchungsrichterin anzweifelt und andererseits eigenen Beweiswerterwägungen zu einzelnen Verfahrensergebnissen vorbringt und solcherart unzulässigerweise jeweils die Plausibilität der tatrichterlichen Beweiswürdigung bestreitet, ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zu Grunde liegenden Tatsachenfeststellungen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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