Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und es werden das angefochtene Urteil zur Gänze sowie der zugleich gefasste Widerrufsbeschluss aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Musa J***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (vierter Fall) SMG schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er in der Zeit von zumindest Jänner 2004 bis zum 17. Februar 2004 eine große Menge Heroin und Kokain an eine bisher Unbekannte namens „D*****" zum Zwecke des Verpackens übergab und an „P*****" sowie „O*****", „Pa*****" und unbekannte Abnehmer verkaufte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt. Der Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite relevierenden Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach auch Z 10) ist beizupflichten. Das Erstgericht hat nämlich mit Ausnahme von Feststellungen zur objektiv großen Menge (als Summe von Teilmengen) nur eine Verdachtslage geschildert, ausreichende Konstatierungen zum Tatvorsatz aber weder zur Zurechenbarkeit dieser Gesamtmenge unter dem Gesichtspunkt des § 28 Abs 2 SMG noch zum Inverkehrsetzen von Suchtgift überhaupt getroffen. Dass der Angeklagte innerhalb weniger Wochen Suchtgift im insgesamt die große Menge mehrfach überschreitenden Ausmaß kontinuierlich bis zu seiner Festnahme „in großem Stil verkauft" hat, kann die erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht ersetzen.
Demzufolge waren das Urteil zur Gänze sowie auch der Widerrufsbeschluss aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen, ohne dass es einer Erörterung der weiteren Beschwerdepunkte bedurfte.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Anklage, soweit sie Suchtgiftdelikte seit zumindest Dezember 2003 bis zum urteilsmäßigen Tatzeitraum erfasste, nicht erledigt wurde, was - mangels Anfechtung seitens der Anklagebehörde - einem in Rechtskraft erwachsenen (Teil-)Freispruch gleichkommt und demnach im erneuerten Verfahren zu beachten sein wird.
In diesem Zusammenhang ist unter Bezugnahme auf eine diesbezügliche Urteilserwägung (US 4 oben) auch in Erinnerung zu rufen, dass eine Ausscheidung gemäß § 57 StPO das jeweilige Verfahren an sich, nicht aber die betreffenden Aktenteile zum Gegenstand hat. Wird es - wie vorliegend - verabsäumt, die das ausgeschiedene Verfahren betreffenden Aktenteile zur Gänze in den neugebildeten Akt zu transferieren, ist eine entsprechende nachträgliche Veranlassung (selbstverständliche) Pflicht des für das ausgeschiedene Verfahren zuständigen Vorsitzenden.
Unverständlich ist die weitere Urteilserwägung (US 7), wonach Gewerbsmäßigkeit nicht habe „angezogen werden" können, weil sie durch die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs zu § 28 Abs 3 erster Fall SMG „totes Recht" geworden sei. Gerade das Gegenteil ist der Fall:
Denn nach geltender Spruchpraxis wird klargestellt, dass es für die Annahme der in § 28 Abs 3 erster Fall SMG strafbedrohten Qualifikation gewerbsmäßiger Begehung der in § 28 Abs 2 SMG bezeichneten Tat (hier: Inverkehrsetzen einer großen Menge) unerheblich ist, ob die von der Absicht (§§ 5 Abs 2 iVm 70 StGB) des Täters auf fortlaufende Einnahmegewinnung umfassten großen Suchtgiftmengen auf einmal oder bewusst kontinuierlich in Teilmengen in Verkehr gesetzt werden. Es kann daher auch ein fortlaufendes, der Zielsetzung des § 70 StGB entsprechendes Tatgeschehen, bei dem die Grenzmenge überschritten wurde, nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG qualifiziert sein, sofern der Vorsatz des Täters bei Vornahme der die Grenzmenge erreichenden Teilakte darauf gerichtet war, die Tat durch weitere Teilakte, die jeweils zur Summierung des Suchtgiftes zu großen Mengen führen sollten, zu wiederholen (15 Os 139/00, zuletzt 13 Os 123/04).
Mit seiner Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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