OGH 14Os133/04

OGH14Os133/0421.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Diewok als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mujo H***** und andere Angeklagte wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (richtig:) zweiter Satz erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten Dervis K***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 29. Juni 2004, GZ 35 Hv 89/04i-136, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Dervis K***** fallen auch die bisherigen Kosten des ihn treffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurden die Angeklagten Mujo H*****, Dervis K*****, Sanel I***** und Izudin T***** des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB (B) sowie des (richtig: der) Vergehen(s) nach § 27 Abs 1 (erster, zweiter und sechster Fall) SMG (E; I***** auch nach Abs 2 Z 1), Mujo H***** und Dervis K***** auch des (richtig: der) Verbrechen(s) nach § 28 Abs 2 (vierter Fall) SMG (D), Mujo H*****, Dervis K***** und Izudin T***** des (bei H***** und T***** teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs [§ 15 StGB] verbliebenen) Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (ergänze: zweiter Satz erster und) zweiter Fall StGB (A) und Sanel I***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (A) sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach haben - soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung - in Stams und anderen Orten

A) Mujo H*****, Dervis K*****, Sanel I***** und Izudin T***** zum Teil allein, zum Teil in wechselnder Beteiligung als Mittäter durch die im Urteilsspruch näher beschriebenen Tathandlungen anderen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 2.000 Euro (bei weitem) übersteigenden Wert überwiegend durch Einbruch in versperrte Fahrzeuge mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei Mujo H*****, Dervis K***** und Izudin T***** die Taten größtenteils in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen und von Diebstählen durch Einbruch in Pkw eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

D) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen

Menge (Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, und zwar:

1.) Mujo H***** von datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Jahr 2002 bis ca März 2003 durch Weitergabe von ca 1 kg Marihuana (mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 5 % THC; US 38) an Dervis K***** sowie durch Verkauf und teilweise kostenlose Weitergabe von insgesamt ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren Mengen an Cannabisprodukten und auch an Ecstasytabletten an Dervis K***** und Sanel I***** sowie an die abgesondert verfolgten Miralem S*****, Samir H*****, Dario S*****, Milka K*****, Timea V*****, Jasmin M*****, Elvis H***** und an weitere namentlich nicht bekannte Personen;

2.) Dervis K***** zu datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Sommer und im Herbst 2002 sowie im März 2003 durch Weitergabe (Rückgabe) von ca 1 kg Marihuana (mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 5 % THC, US 38) an Mujo H***** sowie durch teilweise kostenlose Weitergabe, teilweise aber auch durch Verkauf von insgesamt nicht mehr feststellbaren Mengen an Cannabisprodukten an Sanel I***** sowie nicht mehr feststellbaren Mengen an Ecstasytabletten an Izudin T*****, an die abgesondert verfolgten Mirnes D*****, Boris R***** und an weitere namentlich nicht bekannte Personen.

Rechtliche Beurteilung

Den dagegen vom Angeklagten Dervis K***** (hinsichtlich der Urteilsfakten A II. 3. und 5., D 2.) aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 sowie von der Staatsanwaltschaft zum Nachteil der Angeklagten Mujo H***** und Izudin T***** (betreffend die Nichtannahme der Wertqualifikation nach § 128 Abs 2 StGB zu A) aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dervis K*****:

Mit der Behauptung, das Erstgericht begründe seine Schuldsprüche ausschließlich mit den glaubwürdigen Angaben des Mitangeklagten Mujo H***** und schenke dem Beschwerdeführer keinen Glauben, wird eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht zur Darstellung gebracht, sondern lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft. Aus welchen Erwägungen das Schöffengericht den geständigen - den Beschwerdeführer belastenden - Angaben des Mujo H***** gefolgt ist, hat es - der Beschwerde zuwider - ausreichend dargelegt (US 27).

Der weitere Vorwurf, es habe "andere Beweismittel keiner Würdigung unterzogen", ohne diese konkret zu bezeichnen, stellt keine gesetzmäßige Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dar.

Weshalb der vom Erstgericht erwähnte Irrtum des Angeklagten H***** über den Grund für seine genaue Erinnerung die Glaubwürdigkeit seiner (belastenden) Angaben ausschließen soll (innerer Widerspruch), wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargetan, sodass dieser Einwand einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist. Die gleichfalls nur die Punkte A II. 3. und 5. (Einbruchsdiebstähle in die Pkw des Markus L***** am 3. Juli 2002 und des Armin L***** am 31. Juli 2002) betreffende Tatsachenrüge (Z 5a) versucht mit dem Hinweis auf die (im Übrigen) geständige Verantwortung des Beschwerdeführers sowie unter kritischer Erörterung der belastenden Angaben des Angeklagten Mujo H***** verbunden mit eigenen Beweiswerterwägungen dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen und wendet sich damit abermals unzulässig gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne jedoch sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) ein Inverkehrsetzen von 1 kg Marihuana durch Ausfolgung an Mujo H***** mit dem Hinweis auf dessen niemals aufgegebene Verfügungsmacht über dieses Suchtgift verneint, argumentiert er nicht auf Urteilsgrundlage (US 37 ff).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) legt nicht dar, weshalb die Beurteilung der Weitergabe nicht mehr feststellbarer Mengen an Cannabisprodukten und Ecstasytabletten an zum Teil bekannte, zum Teil unbekannt gebliebene Abnehmer gemeinsam mit der Ausfolgung von 1 kg Marihuana als Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG rechtsirrig erfolgt sein soll.

Im Übrigen wird die Beschwerde in Ansehung der geforderten zusätzlichen Annahme weiterer Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG bezüglich der oben angeführten Tathandlungen nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Soweit die Anklagebehörde in ihrer Mängelrüge eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) deshalb behauptet, weil auf den Wert der gestohlenen Gegenstände weder bei den Vernehmungen durch die Gendarmerie eingegangen worden, noch dieser in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommen sei, übersieht sie, dass ein Urteil nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur dann nichtig sein kann, wenn das Gericht die erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt, nicht aber, wenn es die möglichen Beweisquellen unvollständig ausgeschöpft hat. Eine solche Mangelhaftigkeit des Verfahrens könnte nur aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO gerügt werden, wenn - was aber verabsäumt wurde - in der Hauptverhandlung entsprechende Anträge gestellt worden wären. Die Beschwerdeführerin vermisst überdies zu einer Vielzahl von Fakten Feststellungen zum jeweiligen Wert der gestohlenen Gegenstände (der Sache nach Z 10), bezeichnet jedoch keine Verfahrensergebnisse, die Anhaltspunkte für konkrete Konstatierungen geboten hätten (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 ff).

Der weiteren Beschwerde zuwider hat das Erstgericht zum Schuldspruch A III. 5. (Diebstahl von Telefonwertkarten zum Nachteil der T***** GesmbH am 18. Dezember 2002) ausdrücklich konstatiert: "Vom Vorsatz der beiden Angeklagten H***** und T***** war zwar ein Wert von mehr als 2.000 Euro, nicht aber von mehr als 40.000 Euro erfasst". Diese Feststellung ist mit dem Hinweis auf die diesbezügliche und für glaubwürdig erachtete Verantwortung des Izudin T***** auch logisch und empirisch einwandfrei begründet (US 30), sodass weder von einem Feststellungs- noch von einem Begründungsmangel zur subjektiven Tatseite die Rede sein kann. Indem die Beschwerdeführerin mit eigenen Plausibilitätserwägungen andere Feststellungen reklamiert, bekämpft sie bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Die unter Verweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung dieses wesensmäßig von der Mängelrüge verschiedenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes eine prozessordnungsgemäße Darstellung (vgl 13 Os 132, 140/01).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators, jedoch entgegen einer von K***** dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten K***** sowie der Staatsanwaltschaft (betreffend sämtliche Angeklagte) folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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