OGH 4Ob252/04v

OGH4Ob252/04v21.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann J*****, vertreten durch Dr. Heribert Schar, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagten Parteien 1. Jörg L*****, vertreten durch Gruber & Partner, Rechtsanwalts KEG in Wien, 2. Tourismusverband H*****, vertreten durch Dr. Alfred Noll, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Urteilsveröffentlichung, Schadenersatz und Vertragsstrafe (Gesamtstreitwert 51.471 EUR sA), über die (ordentliche und außerordentliche) Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 26. August 2004, GZ 2 R 180/04v-49, mit dem infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Mai 2004, GZ 41 Cg 210/02d-43, in der Hauptsache bestätigt und im Kostenpunkt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen das den Erstbeklagten betreffende Urteil richtet, nicht Folge gegeben; soweit sie sich gegen das den Zweitbeklagten betreffende Urteil richtet, wird sie zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit 499,39 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 83,23 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bot im April 2001 auf seiner Internetseite unter "Unser Angebot - Hotelfotografie" zum "einmaligen Aktionspreis von nur 299 DM" "vor Ort die Fertigung von zwanzig digitalen Bildern Ihres Unternehmens oder Ihres Service" an. Der weitere Text lautete auszugsweise wie folgt:

"Freie Nutzung - Freie Nutzung für Ihre Werbeabteilung - Werbeagentur oder Druckerei

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das gegen den Erstbeklagten ergangene Urteil gerichtete Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt; die gegen das gegen den Zweitbeklagten ergangene Urteil gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig. I. Zur Revision gegen das gegen den Erstbeklagten ergangene Urteil

Der Kläger bekämpft das Urteil in zwei Punkten: soweit das Begehren auf Schadenersatz für die "Verlinkung" der Website des Erstbeklagten mit den beiden Internetportalen der Tourismusinformationssysteme AG abgewiesen wurde und soweit das Begehren auf Zahlung eines Zuschlags von 100 % zum Ersatzbetrag für die Veröffentlichung von vier Bildern ohne Herstellerbezeichnung im Prospekt erfolglos blieb.

1. Zur "Verlinkung"

Die Website des Erstbeklagten konnte, wie vom Erstgericht festgestellt, nicht nur direkt, sondern auch über die beiden Internetportale der Tourismusinformationssysteme AG aufgerufen werden. Das war deshalb möglich, weil die bei einer Zimmersuche aufscheinende Bezeichnung des Hotels des Klägers (ebenso wie andere dort aufscheinende Bezeichnungen von Hotels oder von anderen Unterkünften) als Hyperlink ausgestaltet war. Wenn der Internetnutzer daher die Bezeichnung des Hotels des Klägers (auf der Suche nach näheren Informationen) anklickte, so gelangte er auf dessen Website.

Der Kläger beanstandet dies unter zwei Gesichtspunkten: Einerseits macht er geltend, dass die auf der Website des Erstbeklagten veröffentlichten Lichtbilder damit - entgegen dem zwischen ihm und dem Erstbeklagten bestehenden Vertrag - ein zweites Mal im Internet verwendet worden seien, andererseits erblickt er darin eine neuerliche Verletzung seines Rechts auf Herstellerbezeichnung. Der (Hyper-)Link sei in den Internetauftritt der Tourismusinformationssysteme AG so eingebaut, dass ein flüchtiger und oberflächlicher Benutzer aufgrund des dort angebrachten Copyright-Vermerks den Eindruck gewinnen müsse, die "verlinkten" Lichtbilder seien rechtlich der Tourismusinformationssysteme AG zuzuordnen.

Diese Ausführungen werden der Funktion eines Hyperlink - wie ihn die Betreiber der Websites www.tiscover.com und www.tiscover.at gesetzt haben - nicht gerecht:

Hyperlinks werden im Internet als Verweis auf die Angebote anderer Anbieter von Informationen eingesetzt. Sie bewirken, dass deren Inhalt dem Internetnutzer sofort und ohne weitere Anstrengung zur Verfügung steht. Klickt der Internetnutzer den als Hyperlink ausgestalteten Hinweis an, so ruft er dadurch die damit angegebene URL (Uniform Resource Locator) auf (s Decker, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 7.6 Rz 38 f). Mit dem bloßen Einrichten eines Hyperlinks kommt es noch zu keiner Vervielfältigung eines digitalen Werks auf dem adressierten Rechner (Koch, Grundlagen des Urheberrechtsschutz im Internet und in Online-Diensten, GRUR 1997, 417 [430]; s auch Gruber in Gruber/Mader, Internet und e-commerce 119 mwN).

Die Tourismusinformationssysteme AG setzt Hyperlinks ein, um an Tourismusangeboten Interessierte auf die Websites und damit auf nähere Informationen der jeweiligen Anbieter zu verweisen. Dadurch kommt es zu keiner Vervielfältigung des Inhalts der durch den Hyperlink aufrufbaren Website und damit auch zu keiner Verdoppelung des Internetauftritts der Anbieter, weil - wie oben dargelegt - der Hyperlink nur die Zugriffsmöglichkeit erleichtert, nicht aber die in das Internet gestellten Informationen erweitert oder gar verdoppelt. Wenn daher, wie hier, zwischen dem Lichtbildhersteller und seinem Kunden vertraglich vereinbart ist, dass die Lichtbilder nur für einen Internetauftritt verwendet werden, so wird diese Verpflichtung nicht schon dadurch verletzt, dass der Kunde es unterlässt, einen auf seine Website verweisenden Hyperlink zu untersagen.

Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Lichtbilder entgegen dem Vertrag ohne Nennung des Herstellers in die Website des Erstbeklagten aufgenommen wurden. Auch dies führt zu keiner "Verdoppelung" des Internetauftritts. Ob durch einen auf den Inhaber der Internetportale hinweisenden Copyright-Vermerk der Eindruck entstehen kann, die Lichtbilder wären dem Inhaber dieser Websites zuzuordnen, ist ohne Bedeutung. Der Kläger macht die Verletzung der Verpflichtung zu seiner Nennung als Hersteller ohnehin gesondert geltend; da aber - wie oben dargelegt - die Lichtbilder durch die Nichtuntersagung des Hyperlink nicht in weiteres Mal veröffentlicht werden, kann auch keine neuerliche Verletzung des Rechts auf Herstellerbezeichnung vorliegen.

2. Zum begehrten Zuschlag wegen Verletzung des Rechts auf

Urhebernennung

Der Kläger geht - ebenso wie die angefochtene Entscheidung - davon aus, dass im Verhältnis zwischen ihm und dem Erstbeklagten aufgrund der Rechtswahl in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen deutsches Urheberrecht anzuwenden sei. Er übersieht damit, dass im Bereich des Immaterialgüterrechts eine Rechtswahl ausgeschlossen ist (4 Ob 408/85 = ÖBl 1986, 73 - Hotel Sacher). Das anwendbare Recht bestimmt sich nach § 34 Abs 1 IPRG. Danach ist, da der behauptete Verstoß in Österreich stattgefunden hat, österreichisches Urheberrecht anzuwenden.

Der Kläger hat in der Klage wegen der Veröffentlichung von vier Bildern in Reiseprospekten insgesamt 2.495,12 EUR begehrt, davon 1.247,56 wegen unbefugter Überschreitung der Auflagezahl und 1.247,56 EUR wegen Unterlassung der Herstellerbezeichnung. Er ist dabei von einem Ersatzbetrag von 311,89 EUR je Bild ausgegangen. Der Kläger hat damit zwei Verstöße geltend gemacht und für jeden Verstoß Schadenersatz in Höhe der von ihm als angemessen erachteten (einfachen) Lizenzgebühr begehrt. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde die Auflagezahl nicht überschritten, wohl aber die Herstellerbezeichnung unterlassen. Das angemessene Entgelt für die Veröffentlichung von Fotos in Prospekten mit einer Auflage bis 25.000 Stück beträgt 199,40 EUR je Stück.

Das Erstgericht hat dem Kläger 797,60 EUR wegen Verletzung seines Rechts auf Herstellerbezeichnung zugesprochen; den ebenfalls geltend gemachten Anspruch wegen Überschreitung der Auflagezahl hat es aber, da die Auflagezahl nicht überschritten wurde, zu Recht abgelehnt. Einen Aufschlag von 100 % auf das (einfache) angemessene Entgelt, wie ihn der Kläger nunmehr unter Berufung auf das - hier nicht anwendbare - deutsche Urheberrecht fordert (zum "Verletzerzuschlag" als Abgeltung des Mehraufwands bei Rechtsverletzungen gegenüber rechtzeitig und ordnungsgemäß angemeldeten Nutzungen s Wild in Schricker, Urheberrecht² § 97 UrhG Rz 64 mwN), hat der Kläger in erster Instanz nicht begehrt. Der erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobene Anspruch ist eine unzulässige Neuerung (§ 482 Abs 1 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO² § 482 Rz 1). Dem Kläger kann daher auch nicht das Doppelte des angemessenen Entgelts, wie es in § 87 Abs 3 UrhG zur Abgeltung des schuldhaft zugefügten Schadens vorgesehen ist, zugesprochen werden.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

II. Zur außerordentlichen Revision gegen das die Zweitbeklagte betreffende Urteil

Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung aktenwidrig sei. Das Berufungsgericht gehe davon aus, dass der Kläger bei Überlassung der Lichtbilder an den Erstbeklagten einen entsprechenden Vermerk unterlassen habe. Das Erstgericht habe jedoch zu Recht festgestellt, dass die CD-ROM mit einem Urheberrechtsvermerk versiegelt und auf der Rückseite mit einem Copyright-Vermerk versehen gewesen sei.

Der Kläger gibt den festgestellten Sachverhalt nur unvollständig wieder. Das Erstgericht hat auch festgestellt, dass "der Kläger die von ihm an den Erstbeklagten gelieferten Lichtbilder nicht mit seinem Namen versehen hatte" (AS 307). Die - in der Berufung unbekämpft gebliebene - Feststellung lässt darauf schließen, dass der Kläger dem Erstbeklagten Lichtbilder nicht nur in digitalisierter Form übermittelt hat. Aufgrund dieser Feststellung hat das Erstgericht eine Verletzung des Rechts des Klägers, als Lichtbildhersteller genannt zu werden, durch den Zweitbeklagten verneint (AS 323). In seiner Berufung hat der Kläger keine Aktenwidrigkeit gerügt, sondern geltend gemacht, dass der Zweitbeklagte ab Kenntnis an die vom Kläger mit dem Erstbeklagten getroffene vertragliche Vereinbarung über die Anbringung der Herstellerbezeichnung gebunden gewesen sei (AS 347). Eine in der Berufung versäumte Rüge einer Aktenwidrigkeit kann nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht nachgetragen werden (Kodek aaO § 503 Rz 4 mwN). Die behauptete Aktenwidrigkeit vermag daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen.

Als erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger weiters geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob dem Hersteller eines Lichtbilds ein angemessenes Entgelt und/oder Schadenersatz auch dann zusteht, wenn der Dritte erst durch direkte Kontaktaufnahme des Lichtbildherstellers von dessen Willen Kenntnis erlangt, seine (allerdings schon veröffentlichten) Lichtbilder mit seinem Namen bezeichnet haben zu wollen. Der Zweitbeklagte habe zwar erst nach Drucklegung des Prospekts von der Urheberrechtsverletzung Kenntnis erlangt, dennoch aber für etliche Monate für eine Weiterverbreitung des Prospekts gesorgt und diesen erst am Ende des Sommers 2002 aus dem Verkehr gezogen. Dem Zweitbeklagten wäre es durchaus möglich und auch zumutbar gewesen, den Prospekt schon vorher aus dem Verkehr zu ziehen.

Der Kläger erhebt in diesem Zusammenhang Anspruch auf Schadenersatz. Der Zweitbeklagte ist nur bei Verschulden zum Schadenersatz verpflichtet (§ 87 UrhG). Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Zweitbeklagte den Prospekt wegen der vom Kläger erhobenen Ansprüche 4 bis 6 Wochen früher als üblich aus dem Verkehr gezogen und die Restauflage vernichtet (AS 313). Ob dem Zweitbeklagten allenfalls zuzumuten gewesen wäre, den Prospekt bereits zu einem früheren Zeitpunkt durch die Neuauflage zu ersetzen, bildet keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

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