OGH 2Ob258/04m

OGH2Ob258/04m25.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Magdalena H*****, in Pflege und Erziehung der Mutter Eva H*****, Bundesrepublik Deutschland, über den Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 21. September 2004, GZ 6 R 176/04f-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 11. Juli 2004, GZ 3 P 766/03a-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die mj. Magdalena H***** befindet sich in Obsorge der Mutter Eva H***** in Laufen, Bundesrepublik Deutschland. Der uneheliche Vater Robert K***** lebt und arbeitet in Österreich.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 11. 7. 1004 (ON 17) der Minderjährigen für die Zeit vom 1. 11. 2003 bis 31. 10. 2006 monatliche Unterhaltsvorschüsse von je EUR 192. Der Beschluss wurde der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Jugendwohlfahrtsträger zugestellt. Während die Gewährung von Vorschüssen als solche unbekämpft blieb, erhob die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Rekurs mit dem Antrag, die "im Beschluss ausgesprochene Bestellung zum alleinigen gesetzlichen Vertreter gemäß § 9 Abs 2 UVG" zurückzunehmen und stattdessen mit der Verpflichtung zur Eintreibung der bevorschussten Unterhaltsbeträge sowie der Einhaltung der Meldepflicht den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz zu betrauen.

Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Dem dagegen von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs legte das Erstgericht zunächst dem Rekursgericht vor. Das Rekursgericht trug dem Erstgericht die Vorlage des Rechtsmittels unmittelbar an den Obersten Gerichtshof auf.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage. Nach § 14 Abs 3 AußStrG idF WGN 1997, BGBl I Nr 140/1997, bzw Art 96 Z 6 2. Euro-JuBeG, BGBl I Nr 98/2001, ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Dies gilt nicht, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 14 Abs 4 AußStrG). Unter Entscheidungsgegenständen nicht (rein) vermögensrechtlicher Art hat der Gesetzgeber solche Fälle verstanden, die unmittelbar die Person eines Verfahrensbeteiligten betreffen, etwa im Pflegschaftsverfahren eine Sorgerechts- oder Besuchsregelung (2 Ob 158/99w mwN). Beim Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschuss handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung nicht um einen solchen "nicht rein vermögensrechtlicher Natur" iSd § 14 Abs 4 und 5 AußStrG (2 Ob 140/03g mwN; vgl RIS-Justiz RS0007215).

Auch verfahrensrechtliche Entscheidungen sind wegen ihres Einflusses auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, sofern die Hauptsache selbst - wie im vorliegenden Fall die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen - vermögensrechtlicher Natur ist (vgl 10 Ob 37/04w Bestellung eines Zustellkurators; RIS-Justiz RS010054). Die hier zu beurteilende Entscheidung erging im Rahmen einer Unterhaltsvorschussgewährung. Die Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an den Jugendwohlfahrtsträger bewirkt gemäß § 9 Abs 2 UVG, dass dieser zum Sachwalter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche wird. Gemäß § 13 Abs 1 Z 5 UVG ist in einem solchen Beschluss - außer in den Fällen des § 4 Z 2 oder 3 UVG - dem Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichem Vertreter des Kindes aufzutragen, die bevorschussten Unterhaltsbeträge einzutreiben und eingebrachte Beträge dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes zu überweisen, was hier auch mit der Beschlussfassung im Sinne des Formulars AußStrForm 180b geschah. Auch eine solche in einem Verfahren über einen Anspruch (rein) vermögensrechtlicher Natur ergangene Entscheidung ist daher als solche (rein) vermögensrechtlicher Natur anzusehen. Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht die Wertgrenze des § 14 AußStrG. Auch im Verfahren nach dem UVG ist Streitwert der 3-fache Jahresbetrag des begehrten oder bekämpften Unterhaltsvorschusses. Das 36-fache des hier bewilligten monatlichen Unterhaltsvorschusses (EUR 192) übersteigt nicht EUR 20.000. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 14a Abs 1 und 2 AußStrG binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses dahin abzuändern, dass ein solches Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum dieses Rechtsmittel als zulässig angesehen wird.

Hier brachte die Rechtsmittelwerberin einen außerordentlichen Revisionsrekurs rechtzeitig beim Erstgericht ein. Sie begründete, weshalb sie dieses Rechtsmittel für zulässig hält. Der außerordentliche Revisionsrekurs enthält aber keinen Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsauspruches durch das Rekursgericht. Aufgrund der vorhin dargestellten Rechtslage durfte der außerordentliche Revisionsrekurs jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden, sind doch im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz, nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG). Ist das Rekursgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Sollte eine Verbesserung des Rechtsmittelschriftsatzes dann unterbleiben, so wäre der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109505).

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