OGH 8Ob33/04t

OGH8Ob33/04t11.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M. W***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Franz F. Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Evamaria S*****, Inhaberin der S*****, vertreten durch Univ.Prof. Dr. Hanns Hügel, Rechtsanwalt in Mödling, dieser vertreten durch Mag. Dr. Herbert Schrittesser, Rechtsanwalt in Mödling, wegen EUR 14.741,76 sA (Revisionsinteresse EUR 10.481,86 sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2003, GZ 2 R 106/03b-26, womit das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt vom 28. Februar 2003, GZ 22 Cg 278/00h-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 686,88 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin EUR 114,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin hat für die Beklagte aus einem von dieser beigestellten Rohstoff kosmetische Produkte hergestellt und begehrte hiefür mit ihrem Klagebegehren den vereinbarten Werklohn.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, weil die gelieferte Ware völlig unbrauchbar gewesen sei. Sie habe den Mangel unverzüglich gerügt und sei daher zur Wandlung berechtigt. Die Klägerin habe den Rohstoff nicht ordnungsgemäß konserviert. Der Geschäftspartner der Beklagten habe wegen der durch den Mangel bedingten "Produktunsicherheit" alle Verträge mit der Beklagten aufgelöst, sodass dieser ein "Mangelschaden" in einer den Klagebetrag entstandenen Höhe entstanden sei. Sie behalte sich das Recht auf gerichtliche Geltendmachung eines derartigen Schadenersatzanspruchs vor.

Die Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von EUR 10.481,86 sA statt und wies das Mehrbegehren der Klägerin ab. Den stattgebenden Teil der Entscheidung begründete es damit, dass die Beklagte nicht ihrer aus § 377 HGB resultierenden Verpflichtung zur unverzüglichen Rüge der (behaupteten) Mängel nachgekommen sei.

Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zwar sei § 377 HGB auf den vorliegenden Vertrag, der als reiner Werkvertrag zu qualifizieren sei, nicht anzuwenden. Dennoch sei die teilweise Stattgebung des Klagebegehrens zu bestätigen, weil die Beklagten die behaupteten Mängel nicht innerhalb der hier noch maßgebenden sechsmonatigen Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 2 ABGB in der bis 31. 12. 2001 geltenden Fassung gerügt habe. Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, weil das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entschieden habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die - mit einem Abänderungsantrag iSd § 508 ZPO verbundene - Revision der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte bringt im Wesentlichen vor, dass beim Werkvertrag per definitionem ein Erfolg geschuldet werde, sodass die Haltbarkeit der hergestellten Produkte als zugesichert zu geltend habe. Bei Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft beginne die Gewährleistungsfrist nach der Rechtsprechung aber erst mit der Erkennbarkeit des Mangels zu laufen. Da sich aus der Kosmetikkennzeichnungsverordnung eine Mindesthaltbarkeit der Ware von 30 Monaten ergebe, stehe für die Rüge des Mangels diese Frist zur Verfügung. Überdies bejahe die Rechtsprechung die volle Konkurrenz von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen. Die Beklagte habe demgemäß dem Klagebegehren eigene Schadenersatzansprüche, die aus der Mangelhaftigkeit des Werkes resultieren, entgegengehalten. Diese Ansprüche seien nicht von einer rechtzeitigen Mängelrüge abhängig. In Stattgebung des in der Revision gestellten Abänderungsantrags iSd § 508 ZPO änderte daraufhin das Berufungsgericht seinen Zulassungsausspruch iS der Zulassung der ordentlichen Revision ab. Das Berufungsgericht pflichtete nunmehr der Argumentation der Revisionswerberin bei, wonach ihre Mängelrüge im Hinblick auf die Zusicherung der nun von ihr vermissten Eigenschaft rechtzeitig sei. Auf die Frage der Konkurrenz von Gewährleistungs- und "Schadenersatzansprüchen wegen Mangelfolgeschäden" brauche daher nicht eingegangen zu werden.

Rechtliche Beurteilung

Dennoch ist die Revision nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage die in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beginnt die Gewährleistungsfrist auch dann mit der Ablieferung der Sache, wenn der Mangel zu diesem Zeitpunkt vom Gewährleistungsberechtigten nicht erkannt werden konnte. Nur bei Zusicherung einer bei Ablieferung nicht feststellbaren Eigenschaft - insofern ist der Revisionswerberin zuzustimmen - ist der Fristbeginn kraft konkludenter Parteidisposition auf jenen Zeitpunkt verlegt, der das Erkennen des Mangels mit Sicherheit gestattet (SZ 63/171; SZ 70/702; 1 Ob 122/99v ua).

Daraus ist aber für die Beklagte nichts zu gewinnen, weil die Mängel (so sie bestanden haben) für sie bereits "im Zeitraum März/April 1999" erkennbar waren. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie nämlich bereits von ihrem Vertriebspartner mit Mängelrügen konfrontiert. Dessen ungeachtet hat sie die Mängel nach dem festgestellten Sachverhalt erst im Herbst 1999 bei der Klägerin gerügt. Selbst wenn man daher vom Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft ausgehen wollte - der Hinweis auf die Rechtsnatur des Werkvertrages allein würde allerdings hiefür nicht ausreichen - würde dies nichts daran ändern, dass die Mängelrüge außerhalb der damals noch geltenden Gewährleistungsfrist von sechs Monaten erhoben wurde. Dass sich die Gewährleistungsfrist auf 30 Monate verlängert habe, ist unzutreffend. Die Zusicherung einer Eigenschaft hat im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung nur zur Folge, dass sich der Fristbeginn bis zum Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Fehlens dieser Eigenschaft verschiebt. Eine Fristverlängerung ist damit nicht verbunden. Der Hinweis auf die Kosmetikkennzeichnungsverordnung, auf die sich die Beklagte überdies in erster Instanz nie berufen hat, kann daran nichts ändern. Dass die Rechtsprechung seit SZ 63/37 (verst. Senat) von der vollen Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatz ausgeht, trifft zu (RIS-Justiz RS0021755). Einen Schadenersatzanspruch hat die Beklagte aber in erster Instanz mit keinem Wort geltend gemacht. Zwar ist richtig, dass insofern keine Verpflichtung besteht, "konkrete Rechtsnormen" anzuführen; wie die Beklagte selbst einräumt, kann aber von der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs nur die Rede sein, wenn der Sachverhalt hinreichend dargelegt und der geltend gemachte Anspruch zumindest schlüssig behauptet wird. Das war aber hier nicht der Fall. Selbst in ihrer Revision führt die Beklagte dazu nur aus, dass sie sich in erster Instanz "die Frist für die einredeweise Geltendmachung ihrer Schadenersatzansprüche gewahrt" und sich auch "die Geltendmachung eines den Klagsbetrag übersteigenden Schadenersatzanspruchs vorbehalten" habe. Tatsächlich hat sie jedoch nur einen (unrichtig als Mangelschaden bezeichneten) Mangelfolgeschaden behauptet, dessen Geltendmachung sie sich vorbehalten hat. Einen Mangelschaden hat sie hingegen weder ausdrücklich noch schlüssig geltend gemacht. Weder hat sie der Klageforderung eine Gegenforderung entgegengehalten, noch hat sie schlüssige Behauptungen darüber aufgestellt, worin ihr Schaden bestanden habe.

Die Beklagte zeigt daher keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz auf. Das Rechtsmittel ist daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründen sich auf die §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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