OGH 4Ob230/04h

OGH4Ob230/04h9.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs HonProf. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 40.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 9. September 2004, GZ 1 R 141/04v-9, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Unterlassungsgebot zu weit gefasst sei. Das Unterlassungsgebot beziehe sich auf sämtliche, von beiden Zeitschriften angebotene Vorspann-Artikel und auf sämtliche Möglichkeiten der irreführenden Anpreisung. Es sei auf die konkrete Verletzungshandlung sowie auf ähnliche Fälle einzuschränken.

Die Beklagte gesteht damit selbst zu, dass der Kläger nicht gehalten ist, nur die Unterlassung der konkreten Verletzungshandlung zu verlangen. Ein auf Unterlassung eng umrissener Eingriffe ganz bestimmter Art lautender Exekutionstitel ist vielfach wertlos, weil der Verpflichtete durch Eingriffe ähnlicher Art den gleichen Erfolg erreichen kann. Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots ist daher meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Das kann durch die Verbindung einer gewissen allgemeinen Fassung des Unterlassungsgebots mit konkreten Einzelverboten oder - wie im vorliegenden Fall - durch eine allgemeinere Beschreibung der Verletzungshandlung geschehen (4 Ob 16/91 = ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; 4 Ob 17/91 = ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II, jeweils mwN). Ob, wie die Beklagte behauptet, die Möglichkeit der Exekutionsführung stärker einschränkt wäre, wenn die Verletzungshandlung unter Einbeziehung ähnlicher Fälle genau umschrieben würde, bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO.

Keine erhebliche Rechtsfrage bildet auch die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Titel gegen Art 10 EMRK verstößt. Die Beklagte behauptet dies mit der Begründung, dass es der Klägerin möglich wäre, jede, auch nur geringe Aktion mit hohen Exekutionsstrafen zu verfolgen. Die Verlagerung der Entscheidungskompetenz von den Handelsgerichten zu den Exekutionsgerichten habe für sämtliche Medienunternehmen gravierende Folgen, "da daraus eine Verhängung von hohen Geldstrafen resultiert, die während des gesamten Impugnationsverfahrens über dem betroffenen Medienunternehmen schweben".

Die Beklagte übersieht dabei, dass die von ihr nicht in Frage gestellte Erstreckung des Unterlassungsgebots auf ähnliche Fälle in jedem Fall eine Beurteilung des Exekutionsgerichts erfordert, ob ein dem konkret beschriebenen Fall ähnlicher Fall vorliegt. Diese Beurteilung kann im Rekurs - sowie im Impugnationsverfahren überprüft werden. Da in einem solchen Verfahren das rechtliche Gehör der verpflichteten Partei gewahrt ist, ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Verletzung der durch die Menschenrechtskonvention geschützten Rechte vorliegen könnte.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht die Beklagte geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, „ob bei der Werbung für hochpreisige Angebote hinsichtlich der Beurteilung ihrer Wettbewerbswidrigkeit auch auf das Verständnis des durchschnittlichen Konsumenten mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit abzustellen ist". Beim Kauf von hochpreisigen Wirtschaftsgütern setze sich der Konsument mit diesbezüglichen Angeboten intensiv auseinander, er verschaffe sich einen Marktüberblick und analysiere die Beschaffenheit, den Nutzen und den Aufwand des in Frage kommenden Gutes genau. Es müsse daher vom informierten, aufmerksamen Verbraucher ausgegangen werden. Welcher Aufmerksamkeitsgrad zu erwarten ist, hängt immer von den Umständen des konkreten Falles ab. Wird - wie hier - der Eindruck erweckt, dass ein "Flat-TV" zu einem außerordentlich günstigen Preis angeboten wird, weil der Absatz von Zeitschriften gefördert werden soll, so kann die beim Erwerb hochpreisiger Wirtschaftsgüter zu erwartende Aufmerksamkeit gerade nicht vorausgesetzt werden. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.

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