Spruch:
1. Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
2. Der Rekurs der beklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 526 Abs 2 ZPO). Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.643,23 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Inhaberin des österreichischen Patents Nr. 407 528 mit Priorität aus dem Jahr 1995, dessen Ansprüche 1 bis 4 wie folgt lauten:
"1. Verfahren zur Herstellung von Paroxetinhydrochloridanhydrat, welches im wesentlichen frei von Propan-2-ol und Aceton ist, dadurch gekennzeichnet, dass Paroxetinhydrochlorid kristallisiert wird in
i) einem organischen Lösungsmittel oder einer Mischung aus organischen Lösungsmitteln, welche(s) mit dem Paroxetinhydrochlorid ein Solvat bilden, aber durch herkömmliche Trocknungstechniken nicht entfernbar sind; oder
ii) einem organischen Lösungsmittel oder einer Mischung aus organischen Lösungsmitteln, welche(s) mit dem Paroxetinhydrochlorid kein Solvat bilden, aber mit herkömmlicher Vakuumofentrocknung entfernbar sind; wobei danach im Falle i) das (die) solvatierte(n) Lösungsmittel verdrängt und im Falle ii) das Lösungsmittel entfernt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Paroxetinhydrochlorid in einem organischen Lösungsmittel kristallisiert wird, das ausgewählt ist aus der Gruppe aus Propan-2-ol, Pyridin, Essigsäure, Acetonitril, Ethanol, Chloroform, Propan-1-ol und Tetrahydrofuran, um ein Paroxetinhydrochloridsolvat zu bilden, und danach das solvatierte organische Lösungsmittel durch Wasser verdrängt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass Paroxetinhydrochlorid in Propan-2-ol kristallisiert, um Paroxetinhydrochlorid-Propanol-2-ol Solvat zu bilden, und nachfolgend das solvatierte Propan-2-ol durch Wasser verdrängt wird.
4. Ein nach dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1-3 hergestelltes Paroxetinhydrochlorid der Form A, dadurch gekennzeichnet, dass es
i) weniger als 2 Gew.-% gebundenes organisches Lösungsmittel enthält;
ii) einen Schmelzpunkt von etwa 123 - 125 Grad Celsius aufweist;
iii) signifikante IR-Bande (Figur 1) bei etwa 513, 538, 571, 592, 613, 665, 722, 761, 783, 806, 818, 839, 888, 906, 924, 947, 966, 982, 1006, 1034, 1068, 1091, 1134, 1194, 1221, 1248, 1285, 1340, 1387, 1493, 1513, 1562, 1604, 3402, 3631 cm-1 aufweist,
iv) die bei 10 Grad Celsius pro Minute gemessene DSC-Exotherme unter Verwendung einer offenen Schale ein Maximum bei etwa 126 Grad Celsius und unter Verwendung einer geschlossenen Schale ein Maximum bei etwa 121 Grad Celsius zeigt,
v) es auch ein weitgehend ähnliches Röntgenbeugungsdiagramm wie das in Figur 4 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 6,6, 8,0, 11,2, 13,1 Grad 20, und
vi) ein weitgehend ähnliches Festphasen-NMR-Spektrum wie das in Figur 7 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 154,3, 149,3, 141,6, 138,5 ppm, aufweist."
Die Beklagte vertreibt in Österreich ein Medikament unter der Marke Paroxat, das Paroxetin-Hydrochlorid-Anhydrat (PHA) der Form A mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 4 des klägerischen Patents beschriebenen Merkmalen aufweist.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen, in Österreich Arzneimittel in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und/oder zu diesen Zwecken nach Österreich einzuführen oder zu besitzen, wenn dieses Arzneimittel den nach einem der Ansprüche 1-3 des österreichischen Patents Nr. 407 528, dessen Patentansprüche 1-4 integrierender Bestandteil dieses Urteils sind, hergestellten Wirkstoff Paroxetinhydrochlorid der Form A enthält, wobei das Paroxetinhydrochlorid
- weniger als 2 Gew.- % gebundenes organisches Lösungsmittel enthält,
- einen Schmelzpunkt von etwa 123 - 125 Grad Celsius aufweist,
- signifikate IR-Bande (Figur 1) bei etwa 513, 538, 571, 592, 613, 665, 722, 761, 783, 806, 818, 839, 888, 906, 924, 947, 966, 982, 1006, 1034, 1068, 1091, 1134, 1194, 1221, 1248, 1286, 1340, 1387, 1493, 1513, 1562, 1604, 3402, 3631 cm-1 aufweist,
- die bei 10 Grad Celsius pro Minute gemessene DSC-Exotherme unter Verwendung einer offenen Schale ein Maximum bei etwa 126 Grad Celsius und unter Verwendung einer geschlossenen Schale ein Maximum bei etwa 121 Grad Celsius zeigt,
- es auch ein weitgehend ähnliches Röntgenbeugungsdiagramm wie das in Figur 4 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 6,6, 8,0, 11,2, 13,1 Grad 20, und
- ein weitgehend ähnliches Festphasen-NMR-Spektrum wie das in Figur 7 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 154,3, 149,3, 141,6, 138,5 ppm, aufweist.
Die Klägerin stellt weiters ein Begehren auf Rechnungslegung und Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Das von der Beklagten vertriebene Produkt enthalte einen Wirkstoff, der die in Anspruch 4 des Patentes der Klägerin geschützten Merkmale aufweise. Da das klägerische Patent neue Formen von PHA schütze, sei gemäß § 155 PatG bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass jedes Erzeugnis von gleicher Beschaffenheit nach dem patentierten Verfahren hergestellt worden sei.
Die Beklagte wendete dagegen ein, dass der in dem von ihr vertriebenen Medikament enthaltene Wirkstoff nach keinem der in seinem Oberbegriff rückbezogenen Ansprüchen 1 bis 3 des Klagepatentes hergestellt werde. Der durch Anspruch 4 dieses Patentens geschützte Stoff sei selbst im frühesten Prioritätszeitpunkt (6. 2. 1995) nicht mehr neu, sondern bereits Stand der Technik gewesen, weil die veröffentlichte Patentanmeldung zu GB 85/26407 mit Priorität 27. 5. 1987 diesen Stoff offenbart habe.
Dazu replizierte die Klägerin, dass umfangreiche Versuche, das Beispiel 1 der GB-Anmeldung nachzuarbeiten, stets zu einem Hemihydrat, nicht aber zu einem Anhydrat geführt hätten. Sei das Anhydrat aber nach den Angaben der Anmeldung für einen Fachmann nicht herstellbar, dann sei es mit der GB-Anmeldung nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und zähle daher nicht zum Stand der Technik.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen: Bei der Patentanmeldung GB 85/26407 mit Veröffentlichungsdatum der Anmeldung 27. 05. 1987 handelt es sich um denselben Stoff wie laut Anspruch 4 des klägerischen Patents. Dieser Stoff ist durch Nacharbeiten aufgrund der Angaben in der GB-Anmeldung unter zumutbarem Probieraufwand durch den Fachmann herstellbar. Damit war der im Patentanspruch 4 des österreichischen Patents 407528 umschriebene Stoff PHA der Form A zum frühesten Prioritätszeitpunkt des Patents, das ist der 6. 2. 1995, nicht mehr neu. Rechtlich führte das Erstgericht aus, beim klägerischen Patent handle es sich im Wesentlichen um ein Verfahrenspatent. Das gelte auch für Anspruch 4, weil dieser auf einen Stoff abstelle, der nach den Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3 hergestellt worden sei. Gemäß § 155 PatG gelte bei einem Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses bis zum Beweis des Gegenteils jedes Erzeugnis von gleicher Beschaffenheit als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Voraussetzung sei somit, dass das Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses erteilt worden sei. Im vorliegenden Fall sei bewiesen, dass wegen der veröffentlichten Patentanmeldung GB 85/26407 die Verbindung mit den Merkmalen des Anspruchs 4 des Klagepatents nicht mehr neu sei; § 155 PatG mit seiner Beweislastumkehr greife daher nicht. Die Klägerin hätte demnach zu beweisen gehabt, dass der Verletzungsgegenstand nach einem für sie geschützten Verfahren hergestellt worden sei. Dies habe sie gar nicht behauptet. Von der Vernehmung des Zeugen Dr. L***** habe Abstand genommen werden können, weil dessen Gutachten Beil ./K "selbst Gründe und Argumente anbietet, ohne unzumutbaren Aufwand nach den Angaben der britischen Patentanmeldung zum gewünschten Ergebnis zu kommen", womit es das gerichtliche Sachverständigengutachten, das dies bejahe, indirekt bestätige.
Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Frage der Neuheitsschädlichkeit "divergent" gelöst worden sei. Nach der älteren österreichischen Rechtsprechung sei eine Druckschrift nur dann neuheitsschädlich, wenn ein Fachmann ohne weiteres den erfindungswesentlichen Gedanken entnehmen könne; der Erfindungsgedanke müsse so klar und deutlich beschrieben sein, dass ein Sachverständiger aufgrund der bloßen Angaben der Druckschrift ohne Zuhilfenahme anderer Darstellungen im Stande sei, die Erfindung auszuführen. Der Druckschrift müsse die Erfindung wenigstens mittelbar zu entnehmen, also so beschrieben sein, dass der Durchschnittssachverständige - dem Gedankengang der Druckschrift folgend - unter Anwendung rein fachmännischer Maßnahmen, und ohne selbst etwas erfinden zu müssen, zu dem gleichen Ergebnis gelangen könne. Dabei hänge es nur davon ab, was der Durchschnittssachverständige einer Druckschrift auf dem betreffenden Gebiet entnehmen könne. In jüngerer Zeit habe das Österreichische Patentamt die Auffassung vertreten, die Erfindung müsse durch die Druckschrift nicht ausdrücklich beschrieben sein, sondern es genüge, dass der Durchschnittssachverständige unter Anwendung rein fachmännischer Maßnahmen und ohne selbst etwas erfinden zu müssen, zum gleichen Ergebnis gelangen könne. Nach der deutschen Rechtsprechung werde zur Neuheitsschädlichkeit im Zusammenhang mit der Beschaffenheit chemischer Stoffe vertreten, dass ein (vom Stand der Technik durch unterscheidungskräftige Parameter abgrenzbarer) Stoff besonderer Beschaffenheit nur dann nicht mehr neu sei, wenn er in entsprechenden Druckschriften so beschrieben sei, dass er - unter Einbeziehung des allgemeinen Fachwissens - für den Fachmann in dieser Beschaffenheit ohne weiters herstellbar erscheinen müsse. Die technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes stehe auf dem Standpunkt, dass sowohl das Erzeugnis als auch seine Zusammensetzung oder innere Struktur zum Stand der Technik zählten, wenn der Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand die Zusammensetzung oder innere Struktur des Erzeugnisses erschließen und dieses reproduzieren könne; abzustellen sei darauf, ob die Nachforschungen und das möglicherweise damit verbundene Herumexperimentieren vom Fachmann keinen unzumutbaren Aufwand, geschweige denn eine erfinderische Tätigkeit verlangten. Es wäre der Öffentlichkeit gegenüber unbillig, vom Fachmann mehr zu erwarten als die Kenntnis des gesamten Standes der Technik. Von ihm könne also erwartet werden, dass er die einschlägigen Standardhandbücher und Nachschlagewerke des allgemeinen Fachwissens heranziehe, um sich darüber zu informieren, was unter bestimmten Umständen zu tun sei, denn er verfüge nicht nur über sein Grundwissen, sondern wisse auch, wo die gewünschte Information zu finden sei. Die Literatur könne ihn auf Fachartikel hinweisen, in denen im Einzelnen beschrieben sei, wie er vorgehen müsse, oder zumindest ein allgemein gültiges Verfahren für den gewünschten Zweck angeben, das zuverlässig funktioniere. In der deutschen Literatur werde die Meinung vertreten, Maßstab für den Offenbarungsgehalt einer Veröffentlichung sei, was vom Fachmann auf dem entsprechenden Fachgebiet an Kenntnissen und Verständnis erwartet werden könne und dürfe. Dabei sei unter Umständen auch die Heranziehung eines weiteren Fachmannes zumutbar. Erzeugnisse würden durch die Benutzung auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung offenbart, wenn der Fachmann diese ohne unzumutbaren Aufwand feststellen könne. Dabei sei ein besonderer Anlass für die Untersuchung nicht erforderlich. Art 54 Abs 1 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ), dem auch Österreich beigetreten sei, bestimme, dass eine Erfindung als neu gelte, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehöre. Zwar stehe dieses Übereinkommen als autonomes Rechtssystem neben dem nationalen Patentrecht der einzelnen Mitgliedsstaaten, und bei der Auslegung der nationalen, an das EPÜ (und das GPÜ) angepassten Patentgesetzte greife der völkerrechtliche Grundsatz der Harmonie der Rechtsanwendung nicht. Ungeachtet dessen bekennten sich die nationalen Gerichte und Patentbehörden ausdrücklich zu einer harmonisierungsfreundlichen Auslegung ihres innerstaatlichen Patentrechts. In den Erläuterungen zum EPÜ werde zu Art 54 ausgeführt, dass neuheitsschädlich nur ein Stand der Technik sei, dessen Offenbarung ein Fachmann durchschnittlichen Könnens mit zumutbarem Aufwand nacharbeiten könne. Was der Fachmann noch als zumutbar ansehe, hänge von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem mit der Erfindung verbundenen Fortschritt und dem jeweiligen Gebiet der Technik ab. So fehle einem Erzeugnis die Neuheit, wenn es im Stand der Technik als das Ergebnis eines Herstellungsprozesses vorhanden sei oder die Ausführung einer bekannten technischen Regel zwangsläufig zu Produkten führe, die den patentgemäßen Anspruch identisch vorwegnähmen. Darauf, ob die Reproduktion einen erheblichen Aufwand erfordere, komme es nicht an, solange das eine Ausführung der patentgemäßen Lehre nicht praktisch undenkbar erscheinen lasse. Ohne Bedeutung sei auch, ob der Fachmann die Zusammensetzung des Produkts a priori erkenne oder es dazu umfangreicher Versuche bedürfe. Nehme man daher Bedacht auf die zum EPÜ vertretene - wohl den Grundgedanken der Europäischen Union entsprechende - Tendenz zur Rechtsvereinheitlichung, habe dies zur Folge, dass auch innerstaatliches Patentrecht harmonisierungsfreundlich ausgelegt werden solle; ein bloßes Abstellen darauf, ob ein Fachmann den erfindungswesentlichen Gedanken der entsprechenden Druckschrift "ohne weiteres" entnehmen könne, sei daher nicht mehr zeitgemäß und auch nicht sachgerecht. Im Hinblick auf eine europaweit nach Einheitlichkeit strebende Auslegung der Patentvorschriften sei als nunmehr entscheidendes Kriterium anzusehen, ob ein Erzeugnis oder dessen Offenbarung von einem Fachmann durchschnittlichen Könnens "mit zumutbarem Aufwand" nachgearbeitet werden könne.
Die Rechtssache sei aber infolge eines Verfahrensmangels noch nicht entscheidungsreif. Das Erstgericht habe es unterlassen, den als Zeugen beantragten Dr. L*****, der sich selbst als Chemiker und unabhängigen Berater für Verfahrenschemie bezeichne, einzuvernehmen. Dieser habe in seinem schriftlichen Gutachten Beil ./K detailliert dargelegt, dass er aufgrund der Angaben der Patentanmeldung 20407 nicht in der Lage gewesen wäre, zu Paroxetinhydrochloridanhydrat (PHA) zu gelangen. Wäre Dr. L***** vernommen worden, so hätte er dieses Vorbringen der Klägerin bestätigen und detaillierte Gründe für seine Expertise anführen und mit dem gerichtlichen Sachverständigen dessen Gegenposition erörtern können. Die Klägerin habe die Einvernahme von Dr. L***** zum Beweis dafür beantragt, dass ein Fachmann im Prioritätszeitpunkt aufgrund der Angaben in der GB-Anmeldung 20407 ein Anhydrat nicht habe herstellen können. Dr. L***** sei in diesem Gutachten zum Ergebnis gelangt, dass das bei Anwendung der britischen Anmeldung erzeugte Produkt - ausgehend von dem darin beschriebenen Verfahren - zu einer hemihydraten und nicht zu einer anhydraten Form geführt habe (Punkte 10.16; 10.17); es gebe keine einfache Methode zur Kristallisation des Anhydrats und er hätte das Projekt wahrscheinlich eingestellt (Punkt 13.21). Davon, dass das Gutachten Beil ./K das gerichtliche Sachverständigengutachten indirekt bestätige, könne nicht ausgegangen werden. Dem Gutachten Beil ./K stünden die Ausführungen des im Gerichtsverfahren beigezogenen Gutachters PA Dr. H***** entgegen. Dieser habe dargelegt, dass der in Anspruch 4 des Klagepatents angeführte Stoff PHA zum frühesten Prioritätszeitpunkt des Klagepatents nicht mehr neu gewesen sei; die Behauptung, es sei nicht möglich, den Gegenstand der britischen Anmeldung in einer Weise nachzuarbeiten, in welcher ein Anhydrat erzielt werde, erscheine nicht glaubhaft, weil das entsprechende Anhydrat mit den identischen charakteristischen Messdaten offensichtlich hergestellt worden sei. Das Gutachten Dr. L***** Beil ./K habe alle wesentlichen Fragen bereits beantwortet und spreche sehr wohl von der Möglichkeit, zu dem gewünschten Produkt zu gelangen; daraus folge notwendigerweise, dass es ohne unzumutbaren Aufwand möglich gewesen sei, nach dem Gegenstand der britischen Anmeldung zu den gewünschtem Ergebnis zu kommen, zumal dieser exakt beschrieben worden sei. Der unterbliebenen Einvernahme von Dr. L***** könne die abstrakte Eignung, eine abschließende rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles zu verhindern, nicht abgesprochen werden; das Erstgericht habe eine vorgreifende Beweiswürdigung vorgenommen. Zwar könne ein Sachverständigengutachten niemals durch Zeugenaussagen entkräftet werden, und ein Privatgutachten habe nur den Rang einer Privaturkunde. Ungeachtet dessen müsse aber die Erschütterung eines Sachverständigengutachtens dann möglich sein, wenn es sich um einen sachverständigen Zeugen handle; auch könne es zur Ausschöpfung aller angebotenen Beweismittel geboten sein, den Privatgutachter als sachverständigen Zeugen zu vernehmen und daran anschließend eine ergänzende Einvernahme des Gerichtssachverständigen durchzuführen. Die Ausführungen des Gerichtssachverständigen, ihm erscheine die Behauptung nicht glaubhaft, wonach es nicht möglich sei, den Gegenstand der britischen Anmeldung in einer Weise nachzuarbeiten, in welcher ein Anhydrat erzielt werden könne, weil das entsprechende Anhydrat offensichtlich hergestellt worden sei, erscheine im Hinblick auf das umfangreiche und ausführliche Gutachten Beil ./K nicht überzeugend, zumal diesem keine objektiv definierten technischen Parameter, sondern allein subjektive Glaubhaftigkeit entgegengestellt worden sei. Auch komme es nicht auf eine Betrachtung ex-post, sondern darauf an, welche Schritte ein Durchschnittsfachmann aus den Angaben der Anmeldung ex-ante unternommen hätte. Letztlich käme im Hinblick darauf, dass es sich bei Dr. L***** um einen Chemiker handle, als Alternative zu einer (sofortigen) Einvernahme in Betracht, von Amts wegen einen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Chemie beizuziehen und diesen im Hinblick auf die vorliegenden Verfahrensergebnisse, insbesondere Beil ./K, mit der Frage zu befassen, ob - wiederum aus einer Betrachtung ex-ante - für einen Durchschnittsfachmann unter zumutbarem Aufwand durch Nacharbeiten aufgrund der Angaben in der britischen Anmeldung ein Anhydrat oder ein Hemihydrat erzielbar oder herstellbar gewesen sei; je nach Ergebnis dieses Gutachtens könne sich daraus dann das Erfordernis einer ergänzenden Einvernahme dieses Zeugen ergeben. Die angefochtene Entscheidung sei daher mangelhaft. Zur Beweisrüge der Berufungswerberin sei zu erwähnen, dass sich das Erstgericht mit der Entscheidung des High Court of Justice vom 12. 7. 2002 (Beil ./E, nicht in deutscher Sprache vorgelegt) nicht auseinandergesetzt habe. In den darin enthaltenen Punkten 57 bis 62 werde zum Ausdruck gebracht, es sei ein Hemihydrat und nicht ein Anhydrat herstellbar, was den Standpunkt der Klägerin und des von ihr beantragten Gutachters Dr. L***** stütze.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin, die eine Stattgebung ihres Begehrens, in eventu eine Aufhebung in die zweite Instanz anstrebt, sowie der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Nur der Rekurs der Klägerin ist zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass das Berufungsgericht - obwohl der Entscheidungsgegenstand (§ 502 Abs 2 ZPO iVm § 519 Abs 2 ZPO) nicht in einem Geldbetrag besteht - seiner Entscheidung keinen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO - nämlich, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 4.000 EUR übersteigt oder nicht - beigesetzt hat. Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen sei, ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die zweite Instanz von einem 4.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstand im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO ausgegangen ist, hätte sie doch sonst die Zulässigkeit des Rekurses nicht aussprechen dürfen (§ 519 Abs 2 ZPO). Ein Verbesserungsauftrag ist daher entbehrlich (vgl ÖBl 1991, 267 - Lotto-Systemplan; 4 Ob 203/00g).
Rechtliche Beurteilung
1. Zum Rekurs der Klägerin
Nach Auffassung der Klägerin habe die Beklagte nicht bewiesen, dass PHA im Hinblick auf die vorveröffentlichte Patentanmeldung GB 85/26407 am Prioritätstag des Klagepatents nicht mehr neu gewesen sei. In dieser Frage sei - entgegen der Meinung des Berufungsgerichts - nicht darauf abzustellen, ob der in der Anmeldung 407 offenbarte Stoff mit "zumutbarem Aufwand" nachgearbeitet werden könne, sondern - folge man österreichischer und deutscher Rechtsprechung und Lehre - allein darauf, ob die Offenbarung so klar und eindeutig sei, dass sie ein Fachmann mit zumutbarem Aufwand "ohne weiteres" nacharbeiten könne, also auf Grund der dort enthaltenen Angaben die Regeln technischen Handelns entnehmen und anwenden könne. Letzteres sei hier nicht der Fall. Auf Grund seiner unrichtigen Rechtsansicht habe sich das Berufungsgericht nicht mit der Tatsachenrüge in der Berufung der Klägerin auseinandergesetzt; dies begründe einen sekundären Verfahrensmangel. Dazu ist zu erwägen:
Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Den Stand der Technik bildet alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist (§ 3 Abs 1 PatG).
Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt prioritätsälterer europäischer Patentanmeldungen im Sinne des § 1 Z 4 des Patentverträge-Einführungsgesetzes, sofern die Voraussetzungen des Artikels 79 Abs 2 des Europäischen Patentübereinkommens, BGBl Nr 350/1979, oder, wenn die europäische Patentanmeldung aus einer internationalen Anmeldung hervorgegangen ist, des Artikels 158 Abs 2 des Europäischen Patentübereinkommens erfüllt sind, in der ursprünglich eingereichten Fassung, deren Inhalt erst am Prioritätstag der jüngeren Anmeldung oder danach amtlich veröffentlicht worden ist (§ 3 Abs 2 Z 4 PatG).
Die Beklagte beruft sich zur Neuheitsschädlichkeit des Klagepatentes auf eine in England veröffentlichte prioritätsältere Patentanmeldung, die iSd § 3 Abs 2 Z 4 PatG bewirke, dass der darin offenbarte Stoff seit damals zum Stand der Technik zähle. Die Klägerin hält dem entgegen, dass auf Grund der Angaben dieser englischen Patentanmeldung der Stoff laut Anspruch 4 des klägerischen Patents nicht nachgearbeitet werden könne, die genannte Patentschrift folglich keine neuheitsschädliche Offenbarung sei.
Entscheidungswesentlich ist daher, ob die prioritätsältere englische Patentanmeldung den an eine Offenbarung zu stellenden Anforderungen genügt.
§ 87a Abs 1 PatG und der - inhaltsgleiche - Art 83 EPÜ verlangen, dass die Erfindung in der Patentanmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass sie ein Fachmann ausführen kann. Eine Offenbarung ist vollständig, wenn der Anspruch dem Fachmann eine eindeutige und konkrete Lehre zum technischen Handeln gibt; eine allgemeine chemische Formel genügt für sich allein noch nicht als Offenbarung (Kucsko, Geistiges Eigentum 890 mN zur Rsp der Beschwerdeabteilung).
Nach Friebel/Pulitzer (Österreichisches Patentrecht², 91 mN zur Rsp des Patentamts) wird die Neuheitsschädlichkeit einer Druckschrift daran gemessen, was sie dem sie lesenden Durchschnittsfachmann, ohne von ihm schwierige Deduktionen oder gar schöpferische Gedankengänge zu verlangen, jedoch unter voller Anwendung des im Prioritätszeitpunkt tatsächlich vorhanden gewesenen Fachwissens vermittelt.
Weiser (Österreichisches PatentG 202) verlangt, dass die Offenbarung die Erfindung so beschreiben muss, dass sie für den Fachmann ausführbar, dh ohne unzumutbaren Experimentieraufwand nacharbeitbar ist.
Auch nach der deutschen Lehre und Rechtsprechung kommt nur eine nacharbeitbare (ausführbare) Offenbarung als neuheitschädlich in Betracht; eine solche liegt nicht vor, wenn sich ein erwünschtes Ergebnis ohne Kenntnis der neuen Lehre überhaupt nicht oder zwar zufällig einmal, aber nicht wiederholbar, gezielt nach einer bestimmten Methode erreichen lässt (Busse, dPatG6 § 3 Rz 116f mN zur Rsp). Zum Stand der Technik gehören Kenntnisse, die der Fachmann der Entgegenhaltung ohne weiteres, also ohne besonderes Nachdenken zu entnehmen vermag oder die sich für ihn beim Lesen des Dokuments zweifelsfrei ergeben (Schulte, dPatG5 § 3 Rz 73 mN). Bei einer chemischen Verbindung genügt die Veröffentlichung einer Formel nicht;
der Fachmann muss auf Grund des vorveröffentlichten Dokuments den Stoff "ohne weiteres" in die Hand bekommen können (Schulte aaO Rz 74;
ähnlich Hirsch, Die Bedeutung der Beschaffenheit chemischer Stoffe in der Patentrechtsprechung, GRUR 1978, 263ff, 269).
Eine nach Art 83 EPÜ ausreichende Offenbarung muss den Fachmann in die Lage versetzen, die Erfindung nach den Angaben in der Anmeldung auszuführen. Dies ist dann gegeben, wenn der Durchschnittsfachmann auf Grund der in der Anmeldung enthaltenen Informationen in die Lage versetzt wird, unter Inanspruchnahme des von ihm zu erwartenden Informations- und Wissensstandes und des allgemeinen Fachwissens und mit Hilfe der vom Anmelder aufgezeigten Ausführungswege die Lehre zum technischen Handeln zuverlässig, wiederholbar und ohne Umwege in die Praxis umzusetzen, ohne dabei einen unzumutbaren Aufwand treiben und eine unangemessene Zahl anfänglicher Fehlschläge hinnehmen zu müssen (Schäfers in Benkard, EPÜ Art 83 Rz 48 mit Hinweisen zur vergleichbaren Rsp des BGH in Rz 49; zu als Ausnahmeerscheinungen hinzunehmenden Fehlschlägen siehe auch Rz 60 und 61). Der Fachwelt muss der Weg gewiesen werden, wie sie planmäßig ohne unzumutbare Schwierigkeiten den angestrebten Erfolg erzielt (Beier/Haertel/Schricker, Münchner Gemeinschaftskommentar zum EPÜ, Art 83 Rz 53, 55).
Für das Europäische Patentamt gehört die chemische Zusammensetzung eines Erzeugnisses zum Stand der Technik, wenn das Erzeugnis selbst der Öffentlichkeit zugänglich ist und vom Fachmann analysiert und ohne unzumutbaren Aufwand reproduziert werden kann (Nachweis bei Busse aaO Rz 127 und bei Melullis in Benkard, EPÜ Art 54 Rz 144). Die vorhandenen Angaben müssen den Fachmann in die Lage versetzen, die Lehre planmäßig ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen. Gelegentliche Fehlschläge sind unschädlich, wenn zumutbare Versuche, die dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens möglich oder in der Anmeldung beschrieben sind, zuverlässig zum Erfolg führen (Singer/Stauder, EPܲ Art 83 Rt 24 mit Nachweisen zur Rsp). Schon weil § 87a Abs 1 PatG und Art 83 EPÜ inhaltlich übereinstimmen, teilt der erkennende Senat die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, dass in der für den Rechtsstreit entscheidenden Frage, unter welchen Umständen ein in einer Patentschrift offenbartes Erzeugnis geeignet ist, als Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt zu gelten, eine harmonisierungsfreundliche Auslegung des innerstaatlichen Patentrechts im Lichte des EPÜ geboten ist (vgl auch Jestaedt in Benkard, EPÜ Art 1 Rz 6). Abzustellen ist danach darauf, ob der Durchschnittsfachmann auf Grund der in der Anmeldung enthaltenen Informationen in die Lage versetzt wird, unter Inanspruchnahme des von ihm zu erwartenden Informations- und Wissensstandes und des allgemeinen Fachwissens und mit Hilfe der vom Anmelder aufgezeigten Ausführungswege die Lehre zum technischen Handeln zuverlässig, wiederholbar und ohne Umwege in die Praxis umzusetzen, ohne dabei einen unzumutbaren Aufwand treiben und eine unangemessene Zahl anfänglicher Fehlschläge hinnehmen zu müssen. Was der Fachmann noch als zumutbar ansieht, hängt dabei stets von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem mit der Erfindung verbundenen Fortschritt und dem jeweiligen Gebiet der Technik ab. Diese beeinflussen auch die Frage, welche Fehlerquote der Fachmann dabei hinnehmen wird (Melullis aaO Rz 145; ähnlich Hansen, Probleme der Ausführbarkeit bei Chemie-Erfindungen, GRUR 2000, 469 ff, 470). So wurde etwa im Zusammenhang mit DNA-Technik von einer Kammer des EPA ausgesprochen, dass das Bereitstellen einer DNA-Sequenz als ausreichende Offenbarung gilt, auch wenn zum Zeitpunkt der Priorität die Reproduktion einen großen Aufwand an Zeit und Mühe verlangte (Hansen aaO 476).
Die Klägerin steht auf dem (strengeren) Standpunkt, die Ausführung der Lehre müsse sich dem Fachmann auf Grund der Offenbarung "ohne weiteres" (gemeint offenbar: ohne jeden auch noch so geringen Probieraufwand) erschließen; sie beruft sich dazu auf die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt (Beil ./L). Ihr ist entgegenzuhalten, dass dieses Dokument keine Aussage darüber enthält, dass die Anmeldung einer Erfindung dann nicht als neuheitsschädliche Offenbarung zu beurteilen wäre, wenn die darin vermittelte technische Lehre erst nach zumutbarem Probieraufwand nachgearbeitet werden kann. Auch sind im Interesse der Patentanmelder und des durch Patentanmeldungen bewirkten technischen Fortschritts die Anforderungen an den Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nicht so hoch zu stellen, dass jede auch noch so geringe Schwierigkeit beim Nacharbeiten der beschriebenen Erfindung und jeder dabei auftretende Fehlversuch - mag er auch noch so leicht zu überwinden sein - ausreicht, um die Erteilung eines Patents zu verhindern (vgl § 48 Abs 1 Z 2 PatG).
Die im Rekurs getroffene begriffliche Unterscheidung zwischen einer ausreichenden Offenbarung in der Vorveröffentlichung ("Qualität der Offenbarung") - die die Beklagte nach dem Standpunkt der Klägerin nicht nachgewiesen hat - und der Nacharbeitbarkeit der prioritätsälteren Patentschrift ist nicht berechtigt. Ist nämlich die Offenbarung nicht klar und eindeutig, kommt - wie dies auch der Rekurs (S. 5) ausführt - eine Stoffherstellung auf Grund des Patents nicht in Frage; ist hingegen die Offenbarung eindeutig, muss dem Fachmann ein Nacharbeiten möglich sein.
Das Berufungsgericht hat seinen Aufhebungsbeschluss demnach auf Grund einer zutreffenden Rechtsmeinung gefasst. Seiner Auffassung, es bedürfe noch ergänzender Beweisaufnahmen, um die Rechtssache abschließend beurteilen zu können, kann vom Obersten Gerichtshof nicht entgegentreten werden:
Zweck des Rekurses gem § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz - in jeder Richtung - durch den Obersten Gerichtshof (Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 5). Wenn aber das Berufungsgericht - wie hier - ausgehend von einer dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegenden richtigen Rechtsansicht der Auffassung ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht überprüfen, ob die aufgetragene Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek aaO mwN; RIS-Justiz RS0042179 [T16]).
Dem Rekurs der Klägerin kann kein Erfolg beschieden sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
2. Zum Rekurs der Beklagten
Zutreffend verweist die Beklagte in ihrem Rechtsmittel auf die - auch vom Berufungsgericht zitierte - höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass ein Sachverständigengutachten auch nicht durch sachverständige Zeugen entkräftet werden kann (RIS-Justiz RS0040598[T1]). Das Berufungsgericht weicht von dieser - von ihm auch selbst zitierten - Rechtsprechung jedoch nicht ab: Im hier zu entscheidenden Fall geht es nämlich nicht um die Entkräftung des Sachverständigengutachtens durch eine Zeugenaussage, sondern um - nach Auffassung des Berufungsgerichts vorliegende - Widersprüche zu entscheidungswesentlichen Umständen zwischen dem Gutachten und der Urkunde Beil./K, die in Schriftform die Auffassung einer sachverständigen Person wiedergibt. Das Berufungsgericht hat nachvollziehbar und - wie zuvor ausgeführt - auf Grund einer zutreffenden Rechtsansicht begründet, worin es diese Widersprüche erblickt und weshalb es sie für aufklärungsbedürftig hält; als Mittel der Aufklärung regt es unter anderem die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fach der Chemie an. Dabei handelt es sich um eine Frage der Beweiswürdigung, die auch im Rahmen eines Rekurses gem § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann.
Ob das in der vorveröffentlichten Patentanmeldung GB 85/26407 offenbarte Erzeugnis zum Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt des Patents der Klägerin zählte, wird im fortgesetzten Verfahren nach den bei der Behandlung des Rekurses der Klägerin näher ausgeführten Kriterien zu prüfen sein. Die von der Beklagten in ihrem Rechtsmittel breit ausgeführte Beurteilung der Beweiskraft einzelner Beweismittel (Entscheidung des EPA Beil ./7; Entscheidung des High Court Beil./E; Entscheidung des Bundespatentgerichts Beil./1; Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen) wird dabei den Tatsacheninstanzen obliegen.
Der unzulässige Rekurs ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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