OGH 13Os119/04

OGH13Os119/043.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Diewok als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert P***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Satz erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 22. Juni 2004, GZ 10 Hv 64/04i-437, sowie die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) des Angeklagten gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Robert P***** wurde der Verbrechen zu 1) nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und zu 2) nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG sowie zu 3) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift zu 1. in einer zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachenden Menge ausgeführt und eingeführt, wobei er die Tathandlungen, nämlich die Aus- und Einfuhr von Suchtgift in jeweils großer Menge in der Absicht beging, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahem zu verschaffen, indem er seit zumindest Anfang des Jahres 2001 bis 6. März 2003 im Auftrag des abgesondert verfolgten Johann F***** gegen Bezahlung von 14,33 Euro bzw 200 ATS pro geschmuggeltem Gramm Kokain in zahlreichen Angriffen jeweils zunächst 150 und später 300 Gramm Kokain, insgesamt zumindest 10 Kilogramm Kokain mittels PKW und Motorrad aus den Niederlanden nach Österreich in den Raum Steiermark und Kärnten transportierte; zu 2. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, indem er zumindest seit dem Jahre 2000 bis 6. März 2003 im Raum Leoben, Trofaiach, Bruck/Mur, Graz, Kärnten und anderen Orten in wiederholten Angriffen den abgesondert verfolgten Uwe Z*****, Hannes U*****, Gerhard T***** und Edmund W***** zumindest 52 Gramm Kokain teils verkaufte, teils im Auftrag des abgesondert verfolgten Johann F***** übergab und indem er den abgesondert verfolgten Uwe Z*****, Hannes U*****, Gerhard T*****, Gunther N***** sowie weiteren Personen Kokain in nicht näher bekannter Menge im Zuge gemeinsamen Suchtgiftkonsums zur Verfügung stellte;

zu 3. erworben und besessen, indem er zumindest seit dem Jahre 1998 bis 6. März 2003 im Raum Leoben, Trofaiach, Bruck/Mur, Graz, Kärnten und anderen Orten in wiederholten Angriffen Kokain, insbesondere vom abgesondert verfolgten Johann F***** bezog und Kokain konsumierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Entgegen dem aus Z 3 erhobenen Einwand, die Erklärung des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Johann F*****, aussagen zu wollen (S 67/XIX), vermöge einen ausdrücklichen Verzicht auf das Entschlagungsrecht nicht zu ersetzen, ist eine Verzichtserklärung des entschlagungsberechtigten Zeugen (§ 152 Abs 5 StPO) keineswegs an einen bestimmten Wortlaut gebunden. Die relevierte unmissverständliche Willensäußerung des genannten Zeugen, die er nach seiner Belehrung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO abgab, entsprach den Voraussetzungen eines wirksamen Entschlagungsverzichtes vollauf (vgl Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 152 E 47a).

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge (S 77/XIX) auf Vernehmung der Zeugen Peter P*****, Darko G***** und eines informierten Vertreters der Firma S***** GmbH zum Beweis dafür, dass der Angeklagte auf Grund der mit Mietautos gefahrenen Kilometer lediglich die von ihm zugestandene Fahrten durchgeführt, sowie des Zeugen Mohammed O***** zum Nachweis, dass er lediglich die von ihm zugestandene Menge von 4,5 Kilogramm Kokain von Holland nach Österreich eingeführt hat, Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Da dem Angeklagten (im Sinne einer gleichartigen Verbrechensmenge) die Suchtgiftaus- und -einfuhr (Schuldspruch 1.) in einer unbestimmten Anzahl zueinander nicht abgegrenzter, pauschal individualisierter Einzeltaten angelastet wurde (US 2, 6) und die - auf Grund des konstatierten, wesentlich über 50 % gelegenen Kokainreinheitsgehaltes jedenfalls mit 750 Gramm Bruttosubstanz erreichte (US 10) - Mengengrenze des § 28 Abs 4 Z 3 SMG auch im Fall einer tatverfangenen Menge von lediglich 4,5 Kilogramm Kokain weit überschritten wurde, wurden mit den Beweisanträgen keine entscheidenden Tatsachen angesprochen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 33, 406; 14 Os 112/00). Darüber hinaus waren die begehrten Beweisaufnahmen - wie im Zwischenerkenntnis zutreffend begründet (S 79/XIX) - zum Nachweis einer eingeschränkten Anzahl durchgeführter Transportfahrten und ebensolchen Suchtgiftmenge ungeeignet, zumal über die im Antrag genannten Mietwagenunternehmen hinaus die Möglichkeit der Benützung weiterer Transportmittel nach der Aktenlage nicht ausgeschlossen ist, der Angeklagte (schon) nach seiner eigenen Einlassung (ON 73, S 253g; S 61/XIX) das Suchtgift in den Niederlanden von zumindest zwei Personen - somit nicht allein vom beantragten Zeugen Mohammed O***** - bezog und in dem, solcherart auf einen Erkundungsbeweis abzielenden Beweisantrag nicht dargelegt wurde, weshalb trotzdem der genannte Zeuge in der Lage sein sollte, zur Gesamtmenge des vom Angeklagten bezogenen Suchtgiftes Auskunft zu geben.

Auch die Mängelrüge verfehlt ihr Ziel.

Mit der gegen die Feststellungen zur aus- und eingeführten Suchtgiftmenge gerichteten Behauptung einer mangels "detailliert nachvollziehbarer Aufschlüsselung" einzelner Transportfahrten unzureichenden Entscheidungsbegründung zieht die Beschwerde bloß (auf die fragmentarische Zitierung von Aussagenpassagen gestützt) die Glaubwürdigkeit des Zeugen Johann F*****, dessen ausführlichen Angaben (in ON 422, S 217 bis 287, ON 61; S 67 ff/XIX) das Schöffengericht mit ebenso denkrichtiger wie empirisch einwandfreier Begründung gefolgt ist (US 8 f), in Zweifel, ohne hiebei einen der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten Formalfehler der Begründung aufzuzeigen.

Mit dem nominell auf Z 5 erhobenen Einwand: "So hat das Erstgericht in keiner Weise dargelegt, und liegen dafür auch tatsächlich keine in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweisergebnisse vor, dass der bei Robert P***** anlässlich seiner Verhaftung sichergestellte Geldbetrag von 657,38 EUR in irgendeiner Weise aus einem Drogengeschäft stammen würde, weshalb der Verurteilung zur Zahlung eines Abschöpfungsbetrages in dieser Höhe jegliche Begründung fehlt," wird, ohne die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage (Z 11) aufzuzeigen, bloß ein Berufungsvorbringen erstattet (vgl 15 Os 13/04). Nach den Urteilsfeststellungen (US 6) erhielt der Beschwerdeführer von Johann F***** für den Suchtgifttransport pro geschmuggeltem Gramm Kokain eine Provision von 200 S (14,33 Euro; teilweise den Gegenwert in Kokain). Damit sind aber die rechtlichen Voraussetzungen für die Bereicherungsabschöpfung nach § 20 Abs 1 (Z 2) StGB, die dem Beschwerdestandpunkt zuwider eine Identität des (durch oder) für die rechtswidrige Handlung erlangten Vermögensbestandteils mit dem nun vorhandenen Vermögen nicht erfordert (vgl Fabrizy StGB8 § 20 Rz 1; Fuchs/Tipold in WK² vor § 20 Rz 22), gegeben.

Obwohl sich die Nichtigkeitsbeschwerde inhaltlich nur gegen den Schuldspruch 1. richtet, begehrt sie die Aufhebung des gesamten Urteils. Zu den Schuldsprüchen 2. und 3. fehlt es aber an jeglicher Bezeichnung von Umständen, welche einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen (§ 285a Z 2 StPO).

Die somit zum Teil nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte, im Übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon in nichtöffentlicher Beratung nach § 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie über die implizierte Beschwerde des Angeklagten obliegt damit dem Oberlandesgericht Graz (§ 285i StPO). Anzumerken bleibt, dass es in Bezug auf die verfehlte (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) Einziehung (§ 26 Abs 1 StGB) des - weder zur Tatbegehung verwendeten noch durch diese hervorgebrachten - beim Beschwerdeführer sichergestellten Bargeldes (US 4) einer Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO nicht bedarf, weil die Korrektur dieses insoweit unangefochten gebliebenen Ausspruches, im Hinblick auf das erkennbar gegen sämtliche auf den sichergestellten Bargeldbetrag bezogenen vermögensrechtliche Anordnungen gerichtete Anfechtungsziel der als Berufungsvorbringen (§ 294 Abs 2 vierter Satz StPO) zu wertenden Rechtsmittelausführungen, vom Berufungsgericht vorgenommenen werden kann (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29 mwN).

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