OGH 14Os112/00

OGH14Os112/0017.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian H***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Mai 2000, GZ 4a Vr 5.871/99-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der Urteilstat unter die Bestimmung nach § 28 Abs 2 SMG und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian H***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge durch Verkauf an nachgenannte Personen in Verkehr gesetzt, und zwar

1. ab einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt bis Mai 1998 insgesamt zumindest 5 Kilogramm Haschisch an Kurt W***** und

2. in der Zeit von 1996 bis 1998 insgesamt rund 150 Gramm Haschisch an Philip H*****.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5a (inhaltlich auch Z 5) und 9 lit a (inhaltlich Z 3) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt:

Rechtliche Beurteilung

Christian H***** war mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. August 1998, AZ 4a Vr 6.024/98-33, unter anderem wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 (erster Fall) SMG schuldig erkannt worden, weil er in der Zeit zwischen Sommer 1997 und Ende Mai 1998 - neben im Urteil näher detaillierter Weitergabe an namentlich genannte Abnehmer - durch Verkauf von zumindest ein bis eineinhalb Kilogramm Haschisch an unbekannt gebliebene Personen gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt hatte. In diesem Zusammenhang stellt das Erstgericht im nun in Rede stehenden Verfahren fest, dass dieses im zitierten Vorurteil inkriminierte Inverkehrsetzen an Unbekannte, keine der nunmehr abgeurteilten Suchtgiftweitergaben an Kurt W***** und Philip H***** betrifft (US 6).

Dem sinngemäß eine Mängelrüge (Z 5) vorbringenden Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, dass für die Feststellung, die im Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. August 1998, AZ 4a Vr 6.024/98-33, angeführte Haschischmenge habe andere als die nunmehr inkriminierten Suchtgiftmengen betroffen, die auch an andere als die im vorliegenden Urteil bezeichneten Abnehmer weitergegeben worden seien, jegliche Begründung fehlt, wobei der wiederholte Einwand des Angeklagten (S 103, 169), dass das vom Vorurteil erfasste Inverkehrsetzen von 1,5 Kilogramm Haschisch an Unbekannte mit dem nunmehrigen Vorwurf (zumindest in diesem schon abgeurteilten Umfang) ident sei, in der Urteilsbegründung zwar dargestellt wurde (US 6), aber insoweit unerörtert blieb. Mit der die Verbrechensqualifikation (im Fall der Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit) nicht berührenden Übergabe einer Teilmenge von 1,5 kg Haschisch spricht die Mängelrüge indes keine entscheidende Tatsache an: Weder würde durch den Wegfall von 1,5 kg die rechtliche Unterstellung nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG in Frage gestellt, noch könnte - weil die einzelnen Übergaben nicht als selbständige Taten individualisiert sind (gleichartige Verbrechensmenge) - in Hinsicht auf die Teilmenge ein Freispruch erfolgen.

Dem Beschwerdeführer ist auch zuzugeben, dass der Beginn der Tatzeit in Bezug auf das Inverkehrsetzen an Kurt W***** im Urteilsspruch nicht angeführt ist (inhaltlich Z 3; § 260 Abs 1 Z 1 StPO). In den - mit dem Spruch eine Eineit bildenden (Mayerhofer StPO4 § 260 E 2a) - Entscheidungsgründen wird jedoch der Beginn des betreffenden Tatzeitraums hinreichend deutlich mit der Haftentlassung des Beschwerdeführers am 2. April 1996 eingegrenzt (US 6, 7).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Soweit der Angeklagte nämlich die Glaubwürdigkeit des ihn über sein Geständnis hinausgehend belastenden Zeugen Kurt W***** unter Hinweis auf (vom erkennenden Gericht zum Vorteil des Beschwerdeführers erwogenen - vgl die Einschränkungen von Tatzeit und inkriminierter Menge; US 7) Ungereimtheiten in dessen Angaben insgesamt in Frage stellt, bekämpft er vielmehr in Form einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war aber gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO wahrzunehmen:

Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes hat der Angeklagte insgesamt 5 Kg und 150 Gramm Haschisch in quantitativ nicht bestimmten Teilmengen in Verkehr gesetzt. Eine Konstatierung, wonach der Vorsatz des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Addiditionseffekt mitumfasste, fehlt aber, womit eine Entscheidung darüber, ob er solcherart mehrfach das Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG oder auch das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG verwirklicht hat, noch nicht getroffen werden kann. Durch einen Vorsatz des Täters im vorstehend gekennzeichneten Sinn zusammengefasste Übergaben verlören, falls durch sie eine insgesamt große Suchtgiftmenge in Verkehr gesetzt worden wäre (WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 107), ihre rechtliche Selbständigkeit. Nicht mit diesem Vorsatz weitergegebene Einzelmengen, die für sich allein nicht als groß iS des § 28 Abs 6 SMG qualifiziert sind, stünden zueinander jedoch in echter Realkonkurrenz.

Der aufgezeigte Feststellungsmangel gebietet die teilweise Kassation des Ersturteils bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§§ 285e, 290 Abs 1 StPO), weil die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht eintreten kann.

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der die angemeldete Berufung zurückgezogen hatte (ON 35), sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenentscheidung ist im § 390a StPO begründet.

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