Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Pächterin des gesamten Schlosses *****, zu welchem auch das gegenständliche Bestandobjekt ***** gehört. Die Antragsgegner sind Mieter dieses Bestandobjektes. Bei Anmietung dieses Bestandobjektes durch die Rechtsvorgänger der Antragsgegner war dieses desolat. Die Vormieter versetzten das Objekt auf ihre Kosten in einen gebrauchsfähigen Zustand. Die Antragsgegner bezahlten ihren Rechtsvorgängern für die getätigten Investitionen eine Investitionsablöse von S 1,9 Mio. Dies mit Kenntnis der Antragstellerin.
Am 1. 10. 1985 wurde zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnern ein Mietvertrag über das 200 m² große Bestandobjekt abgeschlossen und im schriftlichen Mietvertrag festgehalten, dass der "Hauptmietzins (Grundzins, Instandhaltungszins)" S 6/m² betrage, die Bezahlung einer 10 %igen Umsatzsteuer vereinbart werde und ein Anteil an der Grundsteuer von monatlich S 30. Der im Vordruck enthaltene Passus über "den Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben, welcher ....% beträgt" ist im schriftlichen Mietvertrag durchgestrichen.
Laut Punkt 2 des Mietvertrages beträgt der vereinbarte Hauptmietzins (Mietzins) zur Zeit des Vertragsabschlusses monatlich S 1.200. Diesbezüglich ist eine Wertsicherung vereinbart.
In Punkt 8 des Mietvertrags sind die im Vordruck enthaltenen Worte "Betriebskosten" durchgestrichen sowie die Worte "öffentliche Abgaben sowie Zuschläge für Aufzug, Zentralheizung". Zum Zweck der Gebührenbemessung wird in Punkt 8 festgestellt, dass der auf den Mietgegenstand entfallende Gesamtzins einschließlich Betriebskosten, öffentlichen Abgaben etc für das Jahr S 18.453,60 beträgt.
In einer Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag ist festgehalten, dass im Hinblick darauf, dass der neue Mieter dem Vormieter eine Investitionsablöse für die Instandsetzung des Mietobjekts geleistet hat, die Vermieterin auf eine Kündigung des Mietvertrages bis 31. 12. 2030 verzichtet. Des weiteren ist dem Mieter ein Recht eingeräumt, einen Nachfolgemieter vorzuschlagen und von diesem anteilig den Ersatz der von ihm geleisteten Investitionskosten zu begehren.
Den Antragsgegnern wurden niemals Betriebskostenabrechnungen gelegt.
Außer Streit steht zwischen den Parteien, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der rechnerisch auf das Mietobjekt entfallende Anteil an den gesamten Betriebskosten der Liegenschaft bereits höher war als der vereinbarte Mietzins von S 6/m².
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag brachte die Antragstellerin vor, zwischen ihr und den Antragsgegnern sei ein Pauschalzins vereinbart worden und begehrte dessen Aufspaltung gemäß § 15 Abs 4 MRG. Jedenfalls sei zwischen den Parteien ein Mietverhältnis begründet worden, weshalb zumindest ein symbolischer Mindestmietzins als vereinbart gelte. Es sei unrichtig, wenn die Antragsgegner behaupteten, entweder keine Betriebskosten oder keinen Hauptmietzins bezahlen zu müssen. Das widerspreche der Vereinbarung. Es sei nicht vereinbart worden, dass eine der Vertragsparteien auf Mietzins oder Betriebskosten verzichten wollte. Auch ein Verzicht auf eine Aufspaltung des Mietzinses sei nicht erfolgt.
Jedenfalls begehrte die Antragstellerin, den Hauptmietzins zumindest symbolisch mit 1 EUR festzustellen sowie, dass die Antragsgegner einen Mietzins nach § 15 Abs 1 MRG zu entrichten hätten.
Die Antragsgegner widersprachen dem Begehren und beantragten dessen Abweisung. Sollte es zur Aufspaltung des Mietzinses kommen und ein Mindestmietzins auch nur mit 1 EUR festgestellt werden, könnten die Antragsteller nunmehr nach § 45 MRG den Mietzins anheben, was auch bereits versucht worden sei.
Vereinbart worden sei ein "Gesamtmietzins". In Wahrheit habe der Vereinbarung entsprochen, dass die Antragsgegner nur einen Teil der Betriebskosten zu bezahlen hätten. Der Investitionsbetrag von 1,9 Mio sei geleistet worden, damit als Gegenleistung die Mieter keine Miete zu bezahlen hätten. In Wahrheit sei mit den Antragsgegnern also nur die Bezahlung eines Teils der auf das Objekt entfallenden Betriebskosten vereinbart worden.
Es lägen daher die Voraussetzungen des § 15 Abs 4 MRG für eine Aufspaltung des Mietzinses nicht vor.
Über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus stellte das Erstgericht fest, dass die Antragsgegner nach der getroffenen Vereinbarung keine Betriebskosten zu zahlen hatten mit Ausnahme eines Grundsteueranteils von S 30 pro Monat. Die schriftliche Textierung des Mietvertrages, dass der vereinbarte Betrag von S 6/m² Hauptmietzins sein solle, entspreche auch der getroffenen Vereinbarung.
Damit liege überhaupt kein "pauschal vereinbarter Mietzins" im Sinne des § 15 Abs 4 MRG vor, worunter man die Zusammenfassung sämtlicher Mietzinsbestandteile in einen einzigen Betrag verstehe. Eine echte Pauschalmietzinsvereinbarung setze voraus, dass die Parteien des Mietvertrags vereinbart hätten, dass vom Mieter unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben ein Globalbetrag zu entrichten sei.
Im vorliegenden Fall hätten die Parteien selbst im Mietvertrag den Gesamtbetrag von S 1.230 dahin aufgespalten, dass der Betrag von S 1.200 Hauptmietzins sei und zuzüglich S 30 an Grundsteuer zu bezahlen seien.
Damit gäbe es keine gesetzliche Grundlage für eine Spaltung des Hauptmietzinses und Feststellung, dass die Antragsgegner jedenfalls einen symbolischen Betrag von EUR 1 als Hauptmietzins zu bezahlen hätten.
Dass im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses die Betriebskosten höher gewesen seien, als der vereinbarte Betrag von S 1.200 spreche gegen die Annahme, dass damit Betriebskosten abgegolten werden sollten, ebenso wie der Umstand, dass den Antragsgegnern niemals Betriebskostenabrechnungen gelegt worden seien.
Einem gegen diesen Sachbeschluss von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Trotz Widerspruchs der Rekursgegner in ihrer Rekursbeantwortung folgte das Rekursgericht der Rechtsansicht der Antragstellerin, dass die erstgerichtliche Feststellung "darüber hinaus vereinbarten die Antragstellerin und die Antragsgegner, dass die Antragsgegner keine Betriebskosten bezahlen müssten, sondern nur einen Grundsteueranteil von S 30", entgegen übereinstimmendem Vorbringen der Streitteile getroffen sei. Die entsprechende Mängelrüge der Rekurswerberin sei berechtigt. Gemäß § 266 Abs 1 ZPO bedürften die von einer Partei behaupteten Tatsachen insoweit keines Beweises, als sie vom Gegner ausdrücklich zugestanden worden seien. Dessen ungeachtet getroffene gegenteilige Feststellungen verstießen gegen diese Vorschriften. Ein solcher Gesetzesverstoß sei über entsprechende Mängelrüge wahrzunehmen. Die Antragsgegner hätten bereits in ihrer Äußerung vom 30. 1. 2003 (Schriftsatz ON 9) ausdrücklich vorgebracht, dass seinerzeit eine "Gesamtmiete (also inklusive aller Abgaben und Betriebskosten) von S 1.230 vereinbart" worden sei. Die Antragsgegner hätten niemals behauptet, dass von ihnen keine Betriebskosten zu bezahlen seien. Damit hätten sie aber die Vereinbarung der Bezahlung auch von "anteiligen" Betriebskosten zugestanden.
Das Rekursgericht legte daher entgegen den erstgerichtlichen Feststellungen die Vereinbarung eines Pauschalzinses zugrunde, also die Vereinbarung eines Gesamtbetrags, der sowohl Hauptmietzins als auch Betriebskosten enthalte. Eine Auseinandersetzung mit der Beweisrüge des Rekurses könne daher unterbleiben, weil ohnedies von dem von den Antragsgegnern zugestandenen Sachverhalt auszugehen sei.
Dennoch liege kein Fall des § 15 Abs 4 MRG vor. Mit dieser Regelung sollten nur bei Abschluss der Mietzinsvereinbarung nicht voll bedachte, den Vermieter treffende Unbilligkeiten aus der Welt geschafft werden, wonach dem Vermieter die Betriebskosten in der Regel durch überproportionale Erhöhung "davonliefen", sodass nach einiger Zeit der ursprünglich vereinbarte Pauschalmietzins nicht einmal mehr zur Deckung der Betriebskosten ausreiche. Durch § 15 Abs 4 MRG könne rechtsgestaltend in eine vertragliche Vereinbarung eingegriffen werden und diese abgeändert werden. Gerade deshalb sei aber eine analoge Anwendung dieser Eingriffsmöglichkeit auf andere im Gesetz nicht geregelte Fälle nicht möglich. Eine extensive Auslegung der Bestimmung, dass jede zwischen Mieter und Vermieter getroffene Vereinbarung durch rechtsgestaltenden Akt dahin abgeändert werden könne, dass dem Vermieter jedenfalls der auf das Mietobjekt entfallende Betriebskostenanteil zur Gänze zuzukommen habe, scheitere nach der Rechtsprechung an der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung (RIS-Justiz RS0111293). Im vorliegenden Fall habe sich schon bei Abschluss der Mietvertragsvereinbarung die Situation so dargestellt, dass ein Betrag vereinbart worden sei, der unter den auf das Bestandobjekt entfallenden Betriebskosten gelegen sei. Der Vermieter habe daher bereits bei Abschluss des Mietvertrages für die Benützung des Mietgegenstandes noch etwas aus seinem eigenen Vermögen zuschießen "müssen" und dies in der Vereinbarung in Kauf genommen. Damit hätten von Anfang an durch die Bestimmung des § 15 Abs 4 MRG zu beseitigende "Unbilligkeiten" bestanden und der vertraglichen Vereinbarung entsprochen. Es komme daher eine Anwendung des § 15 Abs 4 MRG auf die konkrete Vereinbarung nicht in Betracht.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil bisher durch höchstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht geklärt sei, ob die Vereinbarung eines Gesamtbetrages als Mietzins, der unter dem auf das Objekt entfallenden Betriebskostenanteil liege, über Antrag des Vermieters zu einer Spaltung gemäß § 15 Abs 4 MRG führen könne.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des verfahrenseinleitenden Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag (an das Gericht erster Instanz) gestellt.
Die Antragsgegner beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Unter einem echten pauschalen Mietzins verstand und versteht die Judikatur seit jeher die Zusammenfassung sämtlicher Mietzinsbestandteile in einem einzigen Betrag (MietSlg 31.176, 36.130; 37.127, 40.311/17, 42.242/29, 47.243; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 17 zu § 15 MRG). Mit "pauschal vereinbartem Mietzins" im Sinn des § 15 Abs 4 MRG ist diese Summe der Mietzinsbestandteile gemeint. Eine Pauschalmietzinsvereinbarung ist also eine solche, die eine gesonderte Einhebung von Betriebskosten und öffentlichen Abgaben nicht zulässt, weil in ihr sämtliche Mietzinsbestandteile zu einem einheitlichen Betrag zusammengefasst sind (WoBl 2000/36, 85 mwN). Die durch das 3. WÄG eingeführte Bestimmung des § 15 Abs 4 MRG iVm mit der Verfahrensbestimmung des § 37 Abs 1 Z 8a MRG enthält nun die gesetzliche Regelung der über Antrag vorzunehmenden Aufgliederung eines solchen Pauschalmietzinses. Eine extensive Auslegung des § 15 Abs 4 MRG dahin, dass jede zwischen Mieter und Vermieter getroffene Vereinbarung durch rechtsgestaltenden Akt dahin abgeändert werden könne, dass dem Vermieter jedenfalls der gesamte auf das Mietobjekt entfallende Betriebskostenanteil zur Gänze zuzukommen habe, wird von der Rechtsprechung abgelehnt (WoBl 2000/36, 84).
Voraussetzung der Stattgebung eines Antrags auf Aufspaltung eines vereinbarten Pauschalmietzinses ist daher, dass ein solcher auch tatsächlich vereinbart wurde.
Die Antragstellerin hat sich auf eine solche Vereinbarung gestützt. Die Antragsgegner haben jedoch entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes die Tatsache nicht zugestanden, dass im vereinbarten Pauschalbetrag von S 1.200 Hauptmietzins und Betriebskosten enthalten gewesen wären. Sie haben zwar zunächst in ihrer Äußerung ON 9 von einem "Gesamtmietzins" gesprochen, dies jedoch dann dahingehend präzisiert, dass sie sich vertraglich lediglich verpflichtet hätten, einen Teil der Betriebskosten zu bezahlen. Hauptmietzins hätten sie nicht bezahlen müssen, weil dieser durch den Investitionsbetrag von 1,9 Mio S abgegolten worden sei. Die Antragsgegner lieferten auch gleich den Grund dafür mit, warum sie die Vereinbarung eines echten Pauschalzinses bestreiten. Sollte es nämlich zu einer Aufspaltung des Mietzinses und insofern zur Feststellung eines bestimmten Betrages als Hauptmietzins kommen, wären sie einem Anhebungsbegehren der Vermieterin nach § 45 MRG ausgesetzt.
Es kann also keine Rede davon sein, dass die Antragsgegner eine Tatsache zugestanden hätten, die gemäß § 37 Abs 3 Z 12 MRG zur Anwendung des § 266 ZPO zu führen hätte. Das Zugeständnis der Antragsgegner, die Zahlung nur von Betriebskosten vereinbart zu haben, kommt eben keinem Zugeständnis der Tatsache gleich, der vereinbarte Gesamtbetrag habe Hauptmietzins und Betriebskosten enthalten.
Ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht über das Wesen einer echten Pauschalmietzinsvereinbarung hat es das Rekursgericht unterlassen, die im Rekurs enthaltene Beweisrüge zu erledigen. Das wird im ergänzenden Verfahren - allenfalls unter Abhaltung einer Rekursverhandlung - nachzutragen sein.
Derzeit steht noch nicht fest, ob zwischen den Parteien überhaupt eine Pauschalmietzinsvereinbarung im oben dargestellten Sinn zustande gekommen ist. Begrifflich kommt eine "Spaltung des Mietzinses" überhaupt nicht in Betracht, wenn die Parteien des Bestandvertrages bereits die Mietzinsbestandteile ziffernmäßig festgelegt haben. Dann ist nämlich ein rechtsgestaltender Eingriff in das Mietverhältnis durch die bezogene Gesetzesstelle nicht gedeckt.
Das hatte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu führen.
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