OGH 11Os75/04

OGH11Os75/0428.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mirza K***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ismet K***** sowie über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten Mirza K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 1. April 2004, GZ 26 Hv 4/04y-137, und den gleichzeitig gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Ismet K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch rechtskräftige (Teil-)Freisprüche enthält, wurde - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung - Ismet K***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB (Punkt I A und C des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Danach hat er, zusammengefasst wiedergegeben,

(I A) gemeinsam mit Mirza K***** in Rum und anderen Orten Österreichs von Juli bis Oktober 2003 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte verschiedener, im Spruch namentlich angeführter Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Täuschung über Firmenzugehörigkeit, Vertretungsbefugnis, Berechtigung zum Wareneinkauf sowie Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Waren, vornehmlich Baumaterialien und Elektroartikel, verleitet (I A 1, 2, 5 bis 11) bzw zu verleiten versucht (I A 3, 4 und teilweise 7 und 9), welche die Unternehmen in einem insgesamt 40.000 EUR übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten (74.458,39 EUR) bzw schädigen sollten (20.865,60 EUR), wobei zur Täuschung teilweise falsche Urkunden, nämlich mit dem Namen des handelsrechtlichen Geschäftsführers unterfertigte Lieferbzw Auftragsscheine, benützt wurden, und wobei die schweren Betrugshandlungen in der Absicht begangen wurden, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und

(I C) allein im September 2003 in Hall - in gleicher Weise - Verfügungsberechtigte der E***** GesmbH unter Vorlage von Firmenunterlagen der "A*****" Bau GesmbH und Unterfertigung mit dem Namen "Stefan B*****", wobei die Tat hinsichtlich eines 1.434,55 EUR übersteigenden Betrages beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Ismet K***** mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher indes keine Berechtigung zukommt. Soweit der Beschwerdeführer in seiner undifferenziert ausgeführten Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) nach Wiedergabe der wesentlichen, zu den Schuldspruchfakten getroffenen Konstatierungen behauptet, diese Feststellungen seien durch das Verfahren, die aufgenommenen Beweise und die Aktenlage nicht gedeckt, zeigt er abgesehen davon, dass er die ausführliche Begründung des Schöffengerichtes (US 18 ff) übergeht, weder einen formellen Begründungsmangel noch aktenkundige Umstände auf, aus welchen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten Tatsachen ergeben könnten.

Dass die Tatrichter den Angaben des Mitangeklagten Mirza K***** die Glaubwürdigkeit absprachen, soweit er den gegen ihn gerichteten Tatvorwurf bestreitet, in jenem Umfang aber, in dem er den Beschwerdeführer belastet, weitgehend Glauben schenkten, vermag den relevierten Nichtigkeitsgrund (Z 5 dritter Fall) nicht zu begründen. Denn dem Gericht steht es frei, eine Aussage selbst dann in bestimmten Punkten als tragfähig anzusehen, wenn es ihr in anderen Belangen nicht zu folgen vermag, wenngleich in solchen Fällen regelmäßig eine insoweit differenzierende, logisch und empirisch fehlerfreie (Z 5) sowie intersubjektiv nachvollziehbare Begründung (Z 5a) unerlässlich ist (vgl Mayerhofer StPO5 § 258 Rz 89d). Dieser Begründungspflicht ist jedoch das Erstgericht, der Beschwerde zuwider, ausreichend nachgekommen (US 18 f).

Unter der Behauptung, das Urteil habe sich mit seinen in der Hauptverhandlung vom 13. Februar 2004 deponierten Angaben nicht bzw zu wenig auseinandergesetzt, sucht der Beschwerdeführer die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, welche diese Angaben unter Hinweis auf dagegen sprechende Beweisergebnisse als unglaubhaft verwarfen, dadurch in Zweifel zu ziehen, dass er seiner eigenen Darstellung und vermeintlichen Entlastungsbeweisen (wie etwa der eidesstattlichen Erklärung des Esat Ka*****, welcher kein Beweiswert zuerkannt wurde) einen höheren Stellenwert beimisst und einzelne Argumente des Erstgerichtes als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Solcherart werden jedoch weder formelle Begründungsmängel aufgezeigt noch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Tatsachenfeststellungen erweckt. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich insoweit vielmehr in einer Kritik der Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Der Einwand, es gäbe keine Feststellungen, worin der Tatbeitrag des Zweitangeklagten zu erblicken sei (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) lässt die diesbezüglichen Urteilsannahmen (US 14), welche in anderem Zusammenhang sogar zitiert werden (S 5 der Beschwerde), unbeachtet.

Dem mehrfach erhobenen Vorwurf, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes sei nicht zwingend, ist entgegenzuhalten, dass nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (Mayerhofer aaO § 258 Rz 26 ff). Damit ist auch dann, wenn für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, die Entscheidung der Tatrichter für eine ungünstigere Version als Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung der Anfechtung durch Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (11 Os 121/99).

Aus demselben Grund geht die Kritik an der Feststellung einer Entlohnung für die Veräußerung von deliktisch erlangten Waren als Grundlage für die Annahmen des Bereicherungsvorsatzes und der Gewerbsmäßigkeit fehl. Die dazu außerdem relevierte Unvollständigkeit (Z 5 dritter Fall), welche der Beschwerdeführer im Übergehen seiner Aussage begründet sieht, lässt nicht erkennen, über welche Passagen seiner Verantwortung sich der Schöffensenat mit Stillschweigen hinweggesetzt haben soll, und ist daher einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich.

Die in Bezug auf die vom Erstgericht aufgrund mehrmaliger Reisen des Zweitangeklagten nach Bosnien angenommene Verbringung betrügerisch herausgelockter Waren ins Ausland geltend gemachte Aktenwidrigkeit betrifft zum einen keine subsumtionsrelevante Tatsache, weil es für die Klärung der Schuld- und Rechtsfrage ohne jede Bedeutung ist, ob diese Waren tatsächlich ins Ausland verbracht und verkauft wurden. Zum anderen liegt der Begründungsmangel der Aktenwidrigkeit nach Z 5 letzter Fall nur dann vor, wenn ein Beweisergebnis, auf welches sich das Gericht ausdrücklich bezieht, unrichtig wiedergegeben wird, was aber vorliegend nicht einmal behauptet wurde.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich in Ausführung der Subsumtionsrüge (Z 10) das Fehlen von Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz und zur Gewerbsmäßigkeit moniert, übergeht er die dazu getroffenen Urteilsfeststellungen (US 14 f, 21 f), womit aber eine gesetzesgemäße Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes, welche ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt voraussetzt, verfehlt wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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