OGH 8Ob8/04s

OGH8Ob8/04s26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Hopf und Dr. Kuras sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael M*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** Betriebs GmbH, *****, wegen Feststellung von Konkursforderungen von EUR 5,250.886,40 infolge außerordentlicher Revision (Revisionsinteresse EUR 313.673,29) und Rekurses (Rekursinteresse EUR 4,727.297,12) der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. November 2003, GZ 1 R 89/02t-71, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 19. März 2002, GZ 1 Cg 183/95x-60, teilweise als Teilurteil bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Als im November 1988 dem Kläger die Idee der Errichtung eines Golfplatzes zugetragen wurde erklärte er sich bereit, dieses Projekt maßgeblich mitzufinanzieren. Eine GmbH zur Errichtung eines Golfplatzes samt Hotel und Eigentumswohnungen - die nunmehrige Gemeinschuldnerin, deren Masseverwalter der Beklagte ist - wurde im 1989 gegründet. Es gab 6 Gesellschafter. Die Finanzierung erfolgte über ein Darlehen des Klägers von 3 Mio DM. Alle nachfolgenden Arbeiten wurden aus Krediten der O*****, aus Anzahlungen der Wohnungskäufer oder aus Darlehen bzw Zahlungen des Klägers finanziert, wobei mit dem Kläger eine Verzinsung von 11 % vereinbart wurde. Der Kläger wurde im März 1990 zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt, weil jemand mit besserer Bonität in der Geschäftsführung aufscheinen sollte und der Kläger als maßgeblicher Geldgeber Einblick in die Geschäftsführung haben wollte. Mit zunehmendem Baufortschritt erhöhten sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Als im Dezember 1992 gegenüber der O***** ein Debetsaldo von rund 60 Mio S aushaftete, war weder die O***** noch ein anderes Kreditinstitut bereit, der Gesellschaft weitere Mittel zuzuführen. Die Gesellschaft war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, von dritter Seite Kredite zu marktüblichen Bedingungen zu erhalten. Wäre der Kläger nicht mit weiteren Zahlungen eingesprungen, hätte die Gesellschaft liquidiert werden müssen. Diese Umstände waren dem Kläger bekannt. Daraufhin wurde eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages dahin beschlossen, dass künftig auch eine 50 % übersteigende Mehrheit wesentliche Entscheidungen für die Gesellschaft treffen könne. Zweck dieser Änderung des Gesellschaftsvertrages war es, dem Kläger einen direkten Einfluss auf die Gesellschaft zu sichern. Nur unter dieser Voraussetzung hatte sich der Kläger bereit erklärt, der Gesellschaft weitere Mittel zuzuführen. Jedenfalls ab 1993 konnte der Kläger entweder durch Stimmrechtsbindungsverträge mit Gesellschaftern oder durch Fälligstellung von Darlehen bzw durch Unterlassung der Zuführung weiterer Mittel auf die Entscheidungen der Gesellschafter Einfluss nehmen. Zur Abwendung der Insolvenz erklärte der Kläger im Jahre 1993 in Ansehung eines Forderungsbetrages von S 66 Mio einen Rangrücktritt. Bis zur Konkurseröffnung besserte sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht mehr. Insgesamt führte der Kläger der Gesellschaft bis zur Konkurseröffnung durch Darlehensgewährung und Begleichung von Schulden Mittel von S 107,235.508,-- zu. Unter Abzug des Betrages, für den der Kläger einen Rangrücktritt erklärt hatte, wies das in den Büchern der Gesellschaft geführte Konto des Klägers bei Konkurseröffnung 1994 einen Forderungsbetrag von S 65,049.026,50 aus. Der Kläger erwarb von der Gesellschaft überdies vier Eigentumswohnungen. Die Gesellschaft verpflichtete sich zur Fertigstellung dieser Wohnungen gegen den vom Kläger gezahlten Fixpreis. Sein Eigentumsrecht wurde 1993 einverleibt, die Wohnungen aber nicht fertiggestellt. Für die Fertigstellung ist ein Kostenaufwand von EUR 313.673,29 erforderlich. Der Kläger hat mit Auslandsüberweisung vom 16. 7. 1993 ein als "Gesellschafterdarlehen" an die Gemeinschuldnerin titulierte Zahlung über S 33,700.000 erbracht; er bezeichnete sich selbst gegenüber Dritten als Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und wurde jedenfalls teilweise auch so gesehen; durch Stimmrechtsbindungsverträge konnte er zumindest auf einen Gesellschafter Einfluss nehmen. Unter Einbeziehung verschiedener anderer Aspekte würdigte das Erstgericht aber all diese Beweisergebnisse doch dahin, dass nicht festgestellt werden könne, dass eine Treuhandvereinbarung getroffen worden sei.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass ihm ein vom Masseverwalter bestrittener Betrag von S 72,253.772,08 aus dem Darlehen und den Fertigstellungskosten der Wohnung als Konkursforderung zustehe.

Der beklagte Masseverwalter beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass auf die Forderung des Klägers aus Darlehensgewährung die Regeln über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen anzuwenden seien. Der Kläger sei über einen Treuhandgesellschafter an der Gesellschaft beteiligt gewesen. Darüber hinaus werde dem Kläger ein Schadenersatzanspruch mindestens in der Höhe des geltend gemachten Betrages entgegengehalten, da er als Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die Insolvenz verursacht und verschuldet habe. Der Kläger hafte auch für den den Gläubigern durch die verspätete Konkursanmeldung entstandenen Schaden.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren bis auf geringfügige Teile statt. Es habe nicht festgestellt werden könne, dass ein anderer Gesellschafter den Geschäftsanteil treuhändig für den Kläger halte. Ein Notariatsakt sei nicht errichtet worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nunmehr teilweise Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich der Fertigstellungskosten. Hinsichtlich der offenen Darlehensforderungen hob es das erstgerichtliche Urteil auf.

Zu den Fertigstellungskosten führte das Berufungsgericht aus, dass sich hier der Kläger wie die anderen Käufer verhalten habe. Daher sei schon aus diesem Grund das Vorliegen eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens zu verneinen.

Im Hinblick auf die Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes in diesem Verfahren zu 8 Ob 165/99v erachtete das Berufungsgericht die ordentliche Revision als nicht zulässig.

Die gegen dieses Teilurteil erhobenen außerordentliche Revision des Beklagten releviert im Kern nur Fragen der von ihm in kompensando eingewendeten Gegenforderungen, über die mit dem Teilurteil aber gar nicht entschieden wurde. Im übrigen ist auf die Ausführungen in dem in diesem Verfahren ergangenen Beschluss vom 28. 8. 2003 zu 8 Ob 259/02z zu verweisen.

Der Beklagte vermag es insoweit jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Zu der Darlehensforderung behandelte das Berufungsgericht nunmehr unter Beachtung der vom Obersten Gerichtshof im Aufhebungsbeschluss vom 28. 8. 2003 zu 8 Ob 259/02z dargestellten Rechtslage die vom Beklagten erhobene Beweisrüge betreffend die Negativfeststellung zur Treugebereigenschaft des Klägers. Das Berufungsgericht erachtete eine Aufhebung des erstgerichtlichen Urteil für erforderlich. Der Kläger könne nicht nur die ernstliche Möglichkeit eines anderen Geschehnisablaufes aufzeigen, sondern auch den Beweis des Gegenteils antreten. Insoweit sei aber eine vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens relevant, weil das Erstgericht unberechtigt den Antrag auf Einvernahme einer Zeugin dazu, dass der Kläger keine Treugeberstellung gehabt habe und auch nicht als Gesellschafter aufgetreten sei, zurückgewiesen habe. Auch müsse die Frage des Anscheinsbeweises zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen im erstgerichtlichen Verfahren noch erörtert werden. Gegebenenfalls müsse auch noch unter dem Aspekt des Verfahrensmangels geprüft werden, ob die nunmehrige Gemeinschuldnerin auch nach Abgabe der Rücktrittserklärung durch den Kläger Ende 1992 zahlungsunfähig bzw überschuldet gewesen sei.

Der Rekurs gegen diesen Beschluss erachtete das Berufungsgericht da zur Handhabung des Anscheinsbeweises eine weitere Abklärung durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erforderlich wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Rekurs des Beklagten ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits im Aufhebungsbeschluss ausgeführt hat ist regelmäßig davon auszugehen, dass zwar grundsätzlich den die Darlehensforderung bekämpfenden Masseverwalter die Behauptungs- und Beweislast für die "Gesellschafterstellung" des Darlehengebers trifft, dass dies aber gerade bei Treuhandkonstruktionen typischerweise auf Schwierigkeiten stößt. Werden diese doch häufig deshalb gewählt, um den wahren wirtschaftlichen Eigentümer, den Treugeber, geheim zu halten (vgl allgemein Strasser in Rummel ABGB3 § 1002 Rz 42h; Apathy in Schwimann ABGB2 § 358 Rz 9; vgl auch die Erl zu § 7 der RV zum Eigenkapitalersatzgesetz 124 BlgNR 22. GP, 16 f). Daher hat der Oberste Gerichtshof sich der Lehre angeschlossen, wonach sich der Masseverwalter als "Dritter" auch auf einen Anscheinsbeweis für ein Treuhandverhältnis zwischen einem Gesellschafter und dem Darlehensgeber stützen kann (vgl allg. Rümker im Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts3, 823; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck [Hrsg] GmbH-Gesetz17 § 32a Rz 52; ähnlich schon zum Anfechtungsrecht RIS-Justiz RS0115957 mwN etwa 1 Ob 10/01d; zum Wettbewerbsrecht etwa RIS-Justiz RS0071359 mwN). Voraussetzung ist, dass nach außen vom Treugeber Verhaltensweisen gesetzt werden, aus denen typischerweise auf seine Treugebereigenschaft geschlossen werden kann (vgl 8 Ob 259/02z allgemein RIS-Justiz RS0040287, insbes 3 Ob 18/00v; RIS-Justiz RS0040266 mwN). Damit verschiebt sich das Beweisthema auf Tatsachen, die leichter erweislich sind (vgl RIS-Justiz RS0040274 mwN etwa SZ 61/83). Der Anscheinsbeweis wird dadurch entkräftet, dass Tatsachen bewiesen werden, aus denen sich die konkrete Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergibt, hier also Gründe, warum trotz der typischerweise auf eine Treugeberstellung hindeutenden Verhaltensweise diese nicht vorliegt (vgl RIS-Justiz RS0040272 mwN etwa 3 Ob 18/00v; Rechberger in Rechberger ZPO² vor § 266 Rz 22). Hier ist nun das Erstgericht trotz der verschiedenen nach außen vom Kläger gesetzten Verhaltensweisen im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass die Treugeberstellung ganz allgemein nicht nachgewiesen werden konnte. Es hat sich aber nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob durch die feststellbaren Tatsachen (der bereits vor Gesellschaftsgründung involvierte Kläger gab "Gesellschafterdarlehen", Bezeichnung als Gesellschafter, Stimmrechtsbindungsvertrage etc) bereits der Anscheinsbeweis erbracht wurde und ob ausgehend davon es dem Kläger gelungen ist diesen dadurch zu entkräftet, dass Tatsachen bewiesen wurden, aus denen sich die konkrete Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes oder überhaupt das Gegenteil ergibt. Deshalb hat das Berufungsgericht zutreffend das erstgerichtliche Urteil aufgehoben.

Die Frage aber, ob im konkreten Fall ein typischer Geschehensablauf - prima facie - für das Vorliegen der nachzuweisenden Tatsache spricht, ist ebenso wie die Frage, ob der Kläger eine andere ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit wahrscheinlich machen konnte oder ihm sogar der Beweis des Gegenteils gelungen ist, eine Frage der Beweiswürdigung und vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar (vgl RIS-Justiz RS0040196 mwN zuletzt 4 Ob 104/04d; RIS-Justiz RS0022549 mwN).

Dass Umständen wie der Gewährung von "Gesellschafterdarlehen" und der Bezeichnung als Gesellschafter sowie dem Abschluss von "Stimmrechtsbindungsverträgen" etc bei Darlehensgebern, die die wesentliche Finanzierungslast einer GesmbH tragen, aber nicht als Gesellschafter im Firmenbuch ausgewiesen sind, auch wegen der typischerweise verdeckten Stellung von Treugebern im Allgemeinen geeignet sein können, auf die Treugebereigenschaft zu schließen, hat der Oberste Gerichtshof aber bereits im Aufhebungsbeschluss ausführlich begründet dargestellt.

Die Ausführungen des Beklagten beziehen sich im Wesentlichen auf Fragen der konkreten Beweiswürdigung, die vom Obersten Gerichtshof gar nicht überprüfbar sind. Ungeachtet des den Obersten Gerichtshofes nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit des Rekurses war daher der Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Der erkennende Senat hat unter anderem in seiner Entscheidung vom 12. 6. 2003 zu 8 Ob 67/03s (vgl RIS-Justiz RS0117737 mwN) betreffend die Zurückweisung einer ordentlichen Revision gegen ein Zwischenurteil, auf deren Unzulässigkeit mangels Vorliegens einer in § 502 Abs 1 ZPO genannten Rechtsfrage in der Revisionsbeantwortung hingewiesen wurde, ausgeführt, dass das Rechtsmittelverfahren über ein solches Urteil kein selbständiger Zwischenstreit ist, bei dem die Kostenersatzpflicht vom Ausgang der Hauptsache unabhängig ist (M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess 371). Das Zwischenurteil über den Grund des Anspruches kann auch niemals über das endgültige Ausmaß des Obsiegens Auskunft geben, weshalb es für die Kostenentscheidung auch an einer sicheren Grundlage mangelt. Kommt es doch dabei einerseits zu einer, wenngleich eingeschränkten, Sachprüfung, in der Hauptsache und fehlt es andererseits an verlässlichen Kostenbemessungskriterien. Genau diese Argumente treffen aber auch auf die Zurückweisung eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Sinne des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu. Auch das Rekursverfahren gegen den Aufhebungsbeschluss stellt keinen von der Entscheidung in der Hauptsache unabhängigen Zwischenstreit dar (vgl RIS-Justiz RS0035976). Es ist noch nicht ersichtlich, inwieweit es überhaupt zum Obsiegen der einen oder der anderen Partei kommen wird. Auch bei einer Zurückweisung eines zugelassenen Rekurses mangels erheblicher Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kommt es zu einer eingeschränkten Sachprüfung im obigen Sinne.

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