OGH 14Os43/04

OGH14Os43/0410.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. August 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Sengstschmid als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tripo G***** wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a, 13 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. November 2003, GZ 19 Hv 88/03m-81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Solé, des Vertreters des Zollamtes Wien, Dr. Teibinger, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Hohensasser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch B., demgemäß auch im Ausspruch über die Strafe und im Erkenntnis über den Wertersatz einschließlich des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben und die Sache zur Strafneubemessung an das Erstgericht verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen sowie die Berufung werden auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Tripo G***** der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a, 13 FinStrG und der teils vollendeten, teils versuchten Monopolhehlerei nach §§ 46 Abs 1 lit b, 13 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er (hier zusammengefasst wiedergegeben)

A. in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und Großbritannien gewerbsmäßig die Täter, die vorschriftswidrig eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 186,586.800 Zigaretten von Ungarn nach Österreich (damit in das Zollgebiet der Europäischen Union) und von hier in die Bundesrepublik Deutschland verbracht (zu ergänzen: und hiedurch die Verkürzung von Verbrauchersteuern und Eingangsabgaben bewirkt) hatten, (zu ergänzen: vorsätzlich) nach der Tat dabei unterstützt, Sachen, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, zu verheimlichen oder zu verhandeln, indem er in einem Lkw

1. am 22. September 2000 4 Mio Stück (20.000 Stangen) Zigaretten aus der Bundesrepublik Deutschland über Frankreich nach Großbritannien führte (strafbestimmender Wertbetrag 629.776,98 Euro) und

2. am 5. Oktober 2000 9,120.000 Stück (45.600 Stangen) von der Bundesrepublik Deutschland über Frankreich bis zur Kontrollstelle Dover führte (strafbestimmender Wertbetrag 1,435.091,50 Euro), "wobei die Tat beim Versuch geblieben ist";

B. durch die zu A.1. und 2. genannten Straftaten (zu ergänzen: vorsätzlich) die Täter des Schmuggels von Monopolgegenständen dabei unterstützt, die Sachen, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen (zu ergänzen: des vorsätzlichen Eingriffs in Rechte des Salzmonopols oder Tabakmonopols) begangen wurde, zu verheimlichen oder zu verhandeln. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 38 Abs 1 FinStrG unter Anwendung des § 21 FinStrG eine Geldstrafe von 600.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben neun Monate Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 19 Abs 1 lit a und b FinStrG eine Wertersatzstrafe hinsichtlich der am 22. September 2000 verhehlten 20.000 Stangen Zigaretten von 100.000 Euro, ohne aber eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der Berechtigung zukommt.

Nach § 20 Abs 1 FinStrG ist zugleich mit der Geldstrafe oder der Wertersatzstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 20 Anm III). Da das Schöffengericht den Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe zu der mit 100.000 Euro bestimmten Wertersatzstrafe unterlassen hat, ist der die Wertersatzstrafe betreffende Sanktionsausspruch nichtig iSd § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 671). Dem Schuldspruch B. hinwieder haften die ungerügt gebliebenen, jedoch zum Nachteil des Angeklagten ausschlagenden, daher gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeitsgründe gemäß § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO an.

Nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG handelt tatbestandsmäßig, wer zu seinem oder eines anderen Vorteil vorsätzlich Monopolgegenstände einem monopolrechtlichen Einfuhr- oder Ausfuhrverbot zuwider ein- oder ausführt. Ein monopolrechtliches Durchfuhrverbot ist bereits im Zuge der Anpassung des § 44 FinStrG an das Gemeinschaftsrecht durch Art X Z 12, BGBl 1994/681, entfallen (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 44 Anm 3).

Gemäß § 1 Abs 1 Tabakmonopolgesetz 1996 sind Tabakerzeugnisse im Monopolgebiet (Bundesgebiet, ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinden Jungholz und Mittelberg) nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes dem Bund als Monopolgegenstände vorbehalten. Entgegen der Vorgängerbestimmung des § 3 Tabakmonopolgesetz 1968, BGBl 1968/38, ist in der zum Finanzvergehen nach § 44 FinStrG akzessorischen Rechtsvorschrift des Tabakmonopolgesetzes 1996 ein Ausfuhrverbot aus dem Monopolgebiet nicht mehr vorgesehen. Zuletzt ist infolge Aufhebung des § 2 Tabakmonopolgesetz 1996 durch Art VII des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl I 2002/132, auch das Verbot der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zollrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet weggefallen, sodass fallbezogen mangels eines akzessorischen Einfuhr- oder Ausfuhr-Tabakmonopols im Zeitpunkt der Urteilsfällung I. Instanz (§ 4 Abs 2 FinStrG) ein Finanzvergehen nach § 44 FinStrG als Vortat nicht in Betracht kam (vgl 14 Os 23/02). Damit scheidet jedoch auch Strafbarkeit wegen Monopolhehlerei gemäß § 46 Abs 1 lit b FinStrG a priori aus.

Der Schuldspruch B. war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators - ersatzlos aufzuheben. Bei Bemessung der Geldstrafe ging das Schöffengericht weiters rechtsirrig davon aus, dass beim Zusammentreffen des Finanzvergehens nach §§ 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG mit jenem nach § 46 Abs 1 lit b FinStrG die Strafdrohung des § 38 Abs 1 FinStrG strafsatzbestimmend iSd § 21 Abs 1 erster Satz FinStrG sei und überdies nach § 38 Abs 1 FinStrG eine Geldstrafe bis zum Vierfachen jenes Betrages verhängt werden könne, nach dem sich sonst die Strafdrohung richtet (hier: gemäß § 37 Abs 2 FinStrG der Verkürzungsbetrag an Verbrauchersteuern oder Eingangsabgaben). Das erkennende Gericht übergeht dabei, dass die Strafdrohungen bei den (rechtsirrig angenommenen) zwei Finanzvergehen einerseits der Abgabenhehlerei bei Vorliegen erschwerender Umstände und anderseits der Monopolhehlerei von Wertbeträgen abhängen, sodass nicht die jeweils höchste Strafdrohung den Strafrahmen für die festzusetzende Sanktion bildet (§ 21 Abs 2 erster Fall FinStrG), sondern nach § 21 Abs 1 zweiter Satz FinStrG die Summe der für jedes einzelne Delikt vorgesehenen Strafdrohung strafsatzbestimmend ist (vgl 13 Os 35/82). Diese sich grundsätzlich zum Vorteil des Angeklagten auswirkende, im vorliegend zu beurteilenden Fall aber auf Grund der Annahme eines unrichtigen Strafrahmens beim iSd Erstgerichtes strafbestimmenden Finanzvergehen (dazu unten Näheres) allerdings zum Nachteil ausschlagende Urteilsnichtigkeit kann infolge der schon aus anderen Gründen notwendig gewordenen Aufhebung des Schuldspruchs wegen des Finanzvergehens der Monopolhehlerei und demzufolge auch des Strafausspruchs dahin gestellt bleiben.

Gleiches gilt für die vom Tatgericht außer Acht gelassene, bereits am 13. Jänner 1999 in Kraft getretene Änderung des § 38 Abs 1 FinStrG (Art XI Z 7 AbgÄG 1998). Danach ist bei diesem Finanzvergehen lediglich eine Geldstrafe bis zum Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages vorgesehen. Mit dem angenommenen Strafrahmen bis zum Vierfachen des strafbestimmenden Wertbetrages hat das Schöffengericht somit seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO).

Im Hinblick auf mangelnde Feststellungen zum gemeinen Wert (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 19 Anm 7 ff) sowohl der bereits in Verkehr gesetzten Zigaretten (Schuldspruch A./1.), hinsichtlich der ein Verfall unvollziehbar ist (§ 19 Abs 1 lit a FinStrG), als auch der für beide Schmuggelfahrten eingesetzten Fahrzeuge, bei denen das Eigentumsrecht einer anderen Person berücksichtigt wird (§ 19 Abs 1 lit b FinStrG), und zum Anteil des Abgabenhehlers am Wertersatz (§ 19 Abs 4 FinStrG) war die Sache zur Strafneubemessung an das Erstgericht zu verweisen. Dieses wird den Ausschließungsgrund nach § 68 Abs 2 StPO und bei der Festsetzung der Wertersatzstrafe die Abwägungskriterien des § 19 Abs 5 FinStrG zu beachten haben. Mit ihrer weiteren Strafbemessungsrüge (Z 11) und der Berufung war die Beschwerdeführerin auf das kassatorische Erkenntnis zu verweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Abschließend bleibt festzuhalten:

Das Erkenntnisgericht beurteilte den Zigarettentransport von Deutschland über Frankreich bis zur britischen Kontrollstelle Dover am 5. Oktober 2000, anklagekonform, jedoch zu Unrecht als bloßen Versuch der Abgabenhehlerei nach den §§ 13, 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG. Als Unterstützung durch den Hehler ist nämlich jede Handlung anzusehen, die objektiv geeignet ist, dem Täter das Verheimlichen oder Verhandeln zu ermöglichen. Ein Erfolg der Unterstützungshandlung ist für die Erfüllung des Tatbestands nicht erforderlich (vgl Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 164 Rz 140, 143, 147 und 153). Diese unrichtige, den Angeklagten begünstigende Beurteilung (§ 281 Abs 1 Z 10) hatte jedoch mangels Geltendmachung durch die Staatsanwaltschaft auf sich zu beruhen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte