OGH 13Os35/82

OGH13Os35/8213.5.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef Erich A wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems als Schöffengerichts vom 3.September 1981, GZ. 10 Vr 345/80-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, nach Verlesung der Gegenäußerung des Zollamts Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Klee und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Geldstrafen nach §§ 35 und 38 FinStrG. und die Wertersatzstrafe nach § 19 FinStrG. aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Josef Erich A wird gemäß § 38 Abs. 1 FinStrG.

unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 40.000 (vierzigtausend) Schilling, im Nichteinbringungsfall 2 (zwei) Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG. zu einer Wertersatzstrafe von 46.000 (sechsundvierzigtausend) Schilling, im Nichteinbringungsfall 2 (zwei) Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Gemäß § 38 StGB und § 23 Abs. 4 FinStrG. wird die Vorhaft vom 12. Oktober 1980, 13,00 Uhr, bis 3.September 1981, 13,00 Uhr, auf sämtliche verhängten Freiheitsund Geldstrafen und auf die Wertersatzstrafe angerechnet.

Mit seiner Berufung gegen die nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Strafen wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen. Die Berufung gegen die Geldstrafe nach § 12 Abs. 4

SuchtgiftG. wird zurückgewiesen.

Der Berufung gegen die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Verfallsersatzstrafe festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.März 1956 geborene Hilfsarbeiter Josef Erich A wurde - neben anderen strafbaren Handlungen - des Vergehens der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig erkannt (Punkt 4 des Urteilssatzes). Darnach hat er in Wien, im Raum Krems, in Zwettl sowie in Baumgarten bei Tulln von 1975 bis zum 12.Oktober 1980 3420 Gramm Haschisch, 10 Gramm Kokain und 50 Portionen LSD, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, kaufte, an sich brachte und verhandelte, wobei es ihm bei der Begehung der Tathandlungen ab Ende 1979 (siehe Pkt. 1 des Urteils) darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Mängelrüge - ohne Substantiierung irgendeines Begründungsfehlers in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO - die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite lediglich als unvollständig und undeutlich bezeichnet, läßt sie eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des relevierten Nichtigkeitsgrunds vermissen (§ 285 Abs. 1, 285 a Z. 2 StPO).

Unzutreffend sind die Ausführungen der Rechtsrüge, daß die dem Schuldspruch zugrundeliegende Tat wegen eines auch nicht fahrlässig verschuldeten Rechtsirrtums straflos sei. Nach § 9 FinStrG. wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei seiner Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum hingegen unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Nach den Urteilsfeststellungen wußte der Angeklagte, daß Haschisch, Haschischöl und LSD in Österreich nicht erzeugt werden und daher eingeführt werden müssen; auch war ihm bekannt, daß die von anderen Personen erworbenen Suchtgiftmengen nach Österreich eingeführt worden waren (S. 260 und 262). Das Gericht hat weiters angenommen, daß sich der Angeklagte zwar keine Gedanken über die Zoll- und Abgabenpflicht im einzelnen machte, aber doch mit bedingtem Vorsatz handelte, weil er wußte, daß die Suchtgifte (mit Ausnahme des von ihm selbst erzeugten Marihuanas) nach Österreich geschmuggelt waren und er sich damit abfand, daß dadurch auch Vorschriften betreffend deren Grenzüberschreitung verletzt wurden (S. 263). Damit hat er aber das Unrecht, das er verwirklichte, in seinem typischen Charakter erkannt (vgl. Rittler2 I S. 201) und daher mit aktuellem Unrechtsbewußtsein gehandelt.

Bei der Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde zeigt sich, daß das angefochtene Urteil mit vom Angeklagten nicht geltend gemachter, von Amts wegen zu beachtender materiellrechtlicher Nichtigkeit nach der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO in mehrfacher Beziehung behaftet ist:

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten neben einer jeweils auf das Suchtgiftgesetz gestützten Freiheitsstrafe und Verfallsersatzstrafe wegen des Vergehens nach § 35 Abs. 4 FinStrG. eine Geldstrafe von 10.000 S, im Nichteinbringungsfall vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe, wegen des Vergehens nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1

FinStrG., davon gesondert, eine Geldstrafe von 300.000 S, im Nichteinbringungsfall sechs Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und schließlich gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG. eine Wertersatzstrafe von 146.000 S, im Nichteinbringungsfall drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe.

Gesetzwidrig war bereits die Verhängung zweier Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz. Während für das Zusammentreffen von Finanzvergehen und von Straftaten nach allgemeinem Strafrecht allerdings das Kumulationsprinzip gilt (§ 22 Abs. 1 FinStrG.), findet beim Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen gemäß § 21 Abs. 1 FinStrG. das Absorptionsprinzip ebenso Anwendung wie im Bereich des allgemeinen Strafrechts nach § 28 StGB, freilich mit der gegenüber § 28 StGB wesentlichen önderung, daß für die einheitliche Geldstrafe die Summe der - von Wertbeträgen bestimmten - Strafdrohungen maßgebend ist (§ 21 Abs. 2, zweiter Satz, FinStrG.). überdies wurden - wie das Zollamt Wien in seinen Gegenausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtig hervorhebt - auch die beiden Geldstrafen und die Wertersatzstrafe der Höhe nach unrichtig ausgemessen: Gegenstand des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG.

waren 80 Gramm Haschisch und 8 Gramm Haschischöl. Ausgehend von einem - in Anbetracht der bis 12.Oktober 1980

reichenden Tatzeit allein heranzuziehenden - Gewichtszoll (9. ZolltarifGNov. BGBl. 1976/669) von 10.000 S für ein Kilogramm Haschisch betrug der hiefür hinterzogene Zoll 880 S, sodaß die Strafdrohung nach § 35 Abs. 4 FinStrG.

bis zum Doppelten dieses Betrages, also bis 1.760 S, reichte. Gegenstand der Abgabenhehlerei waren 3420 Gramm Haschisch, 10 Gramm Kokain und 50 Portionen (offenbar zu je 0,1 Gramm) LSD. Die durch diese Taten entstandene Abgabenschuld (Verkürzungsbetrag an Eingangsabgaben) belief sich auf insgesamt 35.700 S (Haschisch - Gewichtszoll 10.000 S pro Kilogramm - 34.200 S; Kokain und LSD - Gewichtszoll 100.000 S pro Kilogramm - 1.500 S). Der Strafsatz nach § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. reicht bis zum Vierfachen des strafbestimmenden Wertbetrags (d.i. hier gemäß § 37 Abs. 2 FinStrG. der Verkürzungsbetrag an Eingangsabgaben), somit bis zu 142.800 S. Die vom Erstgericht ausgemessenen Geldstrafen übersteigen somit die Obergrenze des anzuwendenden Strafrahmens.

Richtigerweise hätte über den Angeklagten nach dem Finanzstrafgesetz insgesamt nur eine Geldstrafe verhängt werden dürfen, deren Höchstmaß 144.560 S beträgt (142.800 S + 1.760 S).

Auch die Wertersatzstrafe nach § 19 FinStrG. wurde gesetzwidrig bemessen: Gemäß § 19 Abs. 3 FinStrG. entspricht die Höhe des Wertersatzes dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände (siehe hier § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG.) im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens, hilfsweise der Entdeckung des Finanzvergehens, hatten. Da aber der Verfall naturgemäß nur einmal vollzogen werden kann, darf auch im Weg der den Verfall lediglich substituierenden Einrichtungen des Verfallsersatzes und des Wertersatzes der Wert der dem Verfall unterliegenden, aber ihm entzogenen Sachen für den Fiskus nicht zweimal realisiert werden. Es waren darum vom Wertersatz des § 19 FinStrG. zunächst alle jene Suchtgifte auszuscheiden, für die nach § 12 Abs. 4

SuchtgiftG. schon ein Verfallsersatz verhängt worden ist. Damit verbleiben für den Wertersatz gemäß § 19 FinStrG. an Suchtmitteln, hinsichtlich derer Schmuggel und Abgabenhehlerei überhaupt in Betracht kommen, ein Kilogramm Haschisch, 4 Gramm Haschischöl, 20 Portionen LSD und 10 Gramm Kokain, nicht aber das vom Angeklagten selbst erzeugte und daher nicht eingeschmuggelte Marihuana. Nach den unangefochtenen Urteilsfeststellungen betrug der Wert von einem Gramm Haschisch 40 S, von einem Gramm Haschischöl 1.000 S, einer Portion LSD 100 S (S. 264). Für das ebenfalls Gegenstand der Abgabenhehlerei bildende Kokain wurde vom Erstgericht keine Verfalls- oder Wertersatzstrafe festgesetzt, was weder von der Staatsanwaltschaft noch von der Finanzstrafbehörde bekämpft wird (§ 290 Abs. 2

StPO). Die Summe des nach § 19 FinStrG. dem Angeklagten aufzuerlegenden Wertersatzes beträgt somit 46.000 S. Gesetzwidrig ist überdies der auf den § 38 StGB gestützte Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft;

diese wurde nämlich nur 'auf die Strafe' und nicht auf sämtliche

verhängten Strafen angerechnet (§ 38 Abs. 1

StGB; § 23 Abs. 4 FinStrG.).

Diese Nichtigkeiten gemäß § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO wirkten sich zum Nachteil des Angeklagten bei der Bemessung der Geldstrafe, bei der Verhängung der Wertersatzstrafe und bei der Anrechnung der Vorhaft aus; sie waren spruchgemäß zu berichtigen.

Bei der Neubemessung der Geldstrafe nach § 38 FinStrG. konnte von den erstrichterlichen Strafzumessungsgründen ausgegangen werden (die auch betreffend den Erschwerungsgrund der Konkurrenz zutreffen, weil zwei Finanzvergehen abgeurteilt wurden). Es wurden ferner gemäß § 23 Abs. 3

FinStrG. die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters berücksichtigt und eine nur unwesentlich über dem einfachen Verkürzungsbetrag (er macht insgesamt 36.580 S aus) liegende Strafe als angemessen erachtet.

Die Berufung des Angeklagten richtet sich gegen die 'Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe'; damit sind offenbar alle verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen gemeint. Bezüglich der nach dem Finanzstrafgesetz ausgesprochenen Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen war der Berufungswerber auf die Neubemessung gemäß §§ 38

und 19 FinStrG. zu verweisen.

Was die offensichtlich auch gegen die Geldstrafe nach § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. gerichtete Berufung anlangt, so ist sie unzulässig: Die Verfallsersatzstrafe ist nach dem strikten Wortlaut des § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. in der Höhe des Werts der dem Verfall entrückten Sachen oder ihres Erlöses zu bestimmen, für ein Ermessen ist hier kein Raum. Darnach ist diese Strafe nur mit Nichtigkeitsbeschwerde anfechtbar (LSK. 1975/108, 1981/16 u.a.). Die Berufung war insoweit zurückzuweisen.

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Verfallsersatzstrafe bestimmte Ersatzfreiheitsstrafe ist angemessen. Die in diesem Punkt zulässige Berufung mußte erfolglos bleiben.

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