OGH 2Ob153/04w

OGH2Ob153/04w5.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der mj. Kinder Stephanie Z*****, geboren am 30. September 1989, und Raphael Z*****, geboren am 16. Februar 1993, vertreten durch die Mutter Ursula Z*****, diese vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger ua Rechtsanwälte in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Wolfgang Z*****, vertreten durch Dr. Kurt Hirn, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Jänner 2004, GZ 43 R 828/03g-63, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Liesing vom 10. Oktober 2003, GZ 5 P 230/01p-55, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem bestätigenden und abändernden Teil aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern ist nach der Aktenlage aufrecht. Die Obsorge für beide Kinder steht aufgrund der pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vereinbarung der Eltern vom 21. 11. 2001 allein der Mutter zu.

Die durch die Mutter vertretenen Kinder beantragten, den Vater ab 21. 9. 2001 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 10.000 (EUR 726,73) für Stephanie und von S 8.500 (EUR 617,72) für Raphael zu verpflichten.

Der Vater beantragte im Schriftsatz ON 4, den Unterhalt für Stephanie mit S 6.000 (EUR 436,04) und für Raphael mit S 5.000 (EUR 363,36) festzusetzen.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater für folgende Zeiträume zu nachstehenden monatlichen Unterhaltsleistungen:

für Stephanie: vom 21. 9. 2001 bis 30. 7. 2002 zu EUR 720, vom 1. 8. 2002 bis 31. 12. 2002 zu EUR 695, vom 1. 1. 2003 bis 28. 2. 2003 zu EUR 685 und ab 1. 3. 2003 zu EUR 640;

für Raphael: vom 21. 9. 2001 bis 30. 7. 2002 zu EUR 500, vom 1. 8. 2002 bis 31. 12. 2002 zu EUR 510, vom 1. 1. 2003 bis 28. 2. 2003 zu EUR 510 und ab 1. 3. 2003 zu EUR 617,72.

Das Mehrbegehren der Kinder wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des mj. Raphael nicht Folge, dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und dem Rekurs der mj. Stephanie Folge. Es bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss für beide Kinder betreffend den Leistungsbefehl ab 11. 10. 2003 und betreffend Raphael hinsichtlich der festgesetzten monatlichen Unterhaltszahlungen sowie in Ansehung des abweisenden Teiles. In Ansehung der mj. Stephanie wurde der erstgerichtliche Beschluss dahin abgeändert, dass der Vater verpflichtet wurde, ihr ab 21. 9. 2001 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von EUR 726,73 zu bezahlen. Im Übrigen wurde der erstgerichtliche Beschluss betreffend den Leistungsbefehl für den Zeitraum vom 21. 9. 2001 bis 10. 10. 2003 aufgehoben und im Umfang der Aufhebung dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Gegen den bestätigenden und abändernden Teil der Rekursentscheidung wurde der ordentliche Revisionsrekurs jeweils nicht zugelassen.

Zur im drittinstanzlichen Verfahren noch strittigen Frage führte das Rekursgericht Folgendes aus:

Der Vater habe im erstinstanzlichen Verfahren die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht beantragt. Er sei im erstinstanzlichen Verfahren auch anwaltlich vertreten gewesen. Eine Verpflichtung zur amtswegigen Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung bestehe für das Erstgericht nicht. Der Unterhaltspflichtige habe alle seine Verpflichtung mindernden Umstände zu behaupten und zu beweisen, demnach habe er auch die Verminderung seiner Geldunterhaltspflicht zu behaupten. Das Erstgericht habe amtswegig die neuere Judikatur zur Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Unterhaltsfestsetzung berücksichtigt. Es habe sich dabei an diesen von der Judikatur nunmehr herausgearbeiteten Kriterien orientiert. Da der Vater den diesbezüglichen Einwand aber nicht erhoben habe, sei darauf amtswegig nicht Bedacht zu nehmen.

Auf Antrag des Vaters sprach das Rekursgericht gemäß § 14a Abs 3 AußStrG aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen den bestätigenden und abändernden Teil der Rekursentscheidung wegen Uneinheitlichkeit der Judikatur zur Frage, ob die gesetzlich gebotene steuerliche Entlastung amtswegig oder nur über Antrag zu berücksichtigen sei, (doch) zulässig sei.

In seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater, den erstgerichtlichen Beschluss bezüglich der amtswegigen Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Familienbeihilfe müsse auch ohne ausdrücklichen Antrag angerechnet werden.

Die mj. Kinder vertreten die gegenteilige Ansicht und beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsprechung zur amtswegigen Berücksichtigung von Transferleistungen (RIS-Justiz RS0117764) hat sich zuletzt in Richtung einer Differenzierung entwickelt, je nachdem ob der Geldunterhaltspflichtige Antragsteller (der eine Herabsetzung anstrebt) oder Antragsgegner (der eine Erhöhung abwehren will) ist (10 Ob 4/04t, 4 Ob 254/03m, 1 Ob 208/03z). Während es im ersten Fall nach dieser Rechtsprechung wohl dabei bleiben soll, dass der Unterhaltspflichtige einen unterhaltsmindernden Sachverhalt wie die steuerliche Entlastung im Sinne einer Anrechnung von Transferleistungen selbst ins Treffen zu führen hat (missverständlich aber RIS-Justiz RS0117800 T 2, weil zu 10 Ob 4/04t sowohl ein Herabsetzungsantrag des Vaters als auch ein Erhöhungsantrag der Kinder vorlag), bedarf es im zweiten Fall keines gesonderten Vorbringens des Unterhaltspflichtigen, wenn die für die Anrechnung maßgeblichen Umstände unstrittig oder aktenkundig sind.

Im vorliegenden Fall haben die Kinder (erstmals) einen Unterhaltsfestsetzungsantrag gestellt, dem der Vater mit dem Gegenantrag, die Unterhaltsbeträge niedriger festzusetzen, entgegengetreten ist. Der Akteninhalt reichte aus, um dem Erstgericht die Anrechnung der Transferleistungen zu ermöglichen. Bei dieser Sachlage hat das Rekursgericht die strittige Anrechnung zu Unrecht mangels ausdrücklicher Einwendung des Vaters verweigert.

Die betragliche Umsetzung dieser Rechtsansicht wird gemäß § 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO dem Rekursgericht überlassen (vgl 10 Ob 4/04t mwN).

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