OGH 6Ob153/04z

OGH6Ob153/04z8.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Hurch und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz zu FN ***** eingetragenen H***** H***** GmbH mit dem Sitz in Linz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers Manfred D*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. April 2004, GZ 6 R 210/03z, 211/03x-8, womit die Beschlüsse des Landesgerichtes Linz vom 16. Oktober 2003, GZ 32 Fr 2869/03d-5 und 32 Fr 2870/03f-5, bestätigt wurden, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der (hilfsweise) an den Obersten Gerichtshof gerichtete Antrag auf Verfahrensunterbrechung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurs ist teilweise absolut, teilweise mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den Unterbrechungsantrag des Geschäftsführers abgewiesen. Dagegen ist gemäß § 19 Abs 3 FBG kein Rechtsmittel zulässig, weil kein Fall einer zwingend vorgeschriebenen Verfahrensunterbrechung vorliegt (RIS-Justiz RS0106006; 6 Ob 268/03k).

Der an den Obersten Gerichtshof (hilfsweise) gerichtete Antrag auf Verfahrensunterbrechung insbesondere im Hinblick darauf, dass die Landgerichte Essen und Hagen Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Gemeinschaftsrechtskonformität der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingebracht haben, ist nicht berechtigt. Ansuchen anderer Gerichte um Vorabentscheidung des EuGH entfalten keine Bindungswirkung. § 90a GOG bindet nur das anfragende Gericht (RIS-Justiz RS0114648; 6 Ob 268/03k; Schragel in Fasching, Zivilprozessgesetze2 Rz 5 zu § 190

ZPO).

Der Oberste Gerichtshof beurteilt in ständiger Rechtsprechung die österreichischen handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften und ihre Durchsetzung mit Zwangsstrafen als verfassungsrechtlich unbedenklich und dem Gemeinschaftsrecht entsprechend und erblickt in der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (insbesondere der Publizitätsrichtlinie und der Bilanzrichtlinie) nach mehreren Entscheidungen des EuGH (insbesondere vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843-Daihatsu) keinen Eingriff in Grundrechte nach der EMRK oder in Grundwerte der Europäischen Gemeinschaft (RIS-Justiz RS0113282; RS0113089).

Im Übrigen ist der Rekurswerber darauf zu verweisen, dass im hier zu entscheidenden Fall eine die Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien einfordernde Rechtsprechung des EuGH vorliegt, die keinen Zweifel darüber offen lässt, dass die Offenlegung mit den vom Rekurswerber relevierten Grundrechten in Einklang steht. Diese Ansicht wird durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 7. 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1. Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl L 221 vom 4. 9. 2003 S 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, bestätigt. Weder diesem Gesetzgeber noch dem EuGH kann unterstellt werden, sie hätten verkannt, dass es sich bei den offen zu legenden Bilanzangaben um grundrechtlich geschützte Geschäftsgeheimnisse handle. Der Hinweis des Revisionsrekurswerbers auf die Europäische Charta der Grundrechte der Europäischen Union geht, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. 12. 2003, GZ A 2/01 ua (auf Abweisung der Staatshaftungsklagen) zutreffend bemerkt hat, allein deshalb fehl, weil diese Charta (noch) nicht für die Mitgliedstaaten der EU verbindlich ist. Der vom Revisionsrekurswerber behauptete umfassende Datenschutz des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls (in dem eben zitierten Erkenntnis) klargestellt hat, vielmehr aus sekundärrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutz-Richtlinie. Diese Vorschriften stehen auf einer Stufe mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien und können schon deshalb kein Maßstab dafür sein, ob andere Richtlinien mit dem Primärrecht vereinbar sind. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 16 Abs 4 AußStrG und § 15 Abs 1 FBG).

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