OGH 10ObS85/04d

OGH10ObS85/04d21.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Oedendorfer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Aloisia N*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2004, GZ 8 Rs 119/03m-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das vorliegende Rechtsmittel ist, wie bereits das Berufungsgericht in seinem Beschluss vom 4. 5. 2004 über die Zurückweisung des Antrages der Klägerin nach § 508 ZPO auf Abänderung des Ausspruches über die Unzulässigkeit der Revision ausgeführt hat, als außerordentliche Revision zu behandeln. Die Revision ist demnach nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Gemäß § 246 ASVG obliegt die Feststellung und Gewährung der Leistung dem Versicherungsträger des Zweiges der Pensionsversicherung, dem der Versicherte nach § 245 ASVG leistungszugehörig ist (leistungszuständiger Versicherungsträger). Die Leistungszugehörigkeit richtet sich für Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters, der geminderten Arbeitsfähigkeit und des Todes nach der überwiegenden Anzahl von Versicherungsmonaten, die in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag erworben wurden. Liegen in diesem Zeitraum nur Versicherungsmonate in einer Pensionsversicherung vor, ist der Versicherte dieser Pensionsversicherung zugehörig (§ 245 Abs 1 bis 3 ASVG).

Aus dem angeschlossenen Anstaltsakt ergibt sich, dass die Klägerin in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 12. 2001) ausschließlich Beitragsmonate der freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten erworben hat, während die Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Arbeiter bzw Angestellten mit Unterbrechungen bereits im Zeitraum 1966 bis 1975 und die vom italienischen Sozialversicherungsträger bekannt gegebenen italienischen Versicherungszeiten ebenfalls mit Unterbrechungen im Zeitraum 1970 bis März 1975 erworben wurden. Nach dem Inhalt des Pensionsaktes kann daher über die Leistungszugehörigkeit der Klägerin kein ernsthafter Zweifel bestehen. Es hat hierüber auch im Verfahren erster Instanz kein Streit bestanden, da auch die damals bereits qualifiziert vertreten gewesene Klägerin die Leistungszuständigkeit der beklagten Pensionsversicherung nie in Zweifel gezogen hat. Es bestand somit für das Erstgericht kein Anlass, das Verfahren gemäß § 413 Abs 4 ASVG zu unterbrechen und beim Landeshauptmann die Einleitung des Verfahrens darüber anzuregen, welchem Zweig der Pensionsversicherung die Klägerin leistungszugehörig und welcher Versicherungsträger leistungszuständig ist (SSV-NF 11/22; 3/156 ua). Die Frage der Leistungszugehörigkeit der Klägerin wurde auch in der Berufung nicht releviert, sodass auch das Berufungsgericht mit Recht davon ausgehen durfte, dass die Leistungszugehörigkeit der Klägerin zur beklagten Partei nicht strittig sei. Bei dem erstmalig in der Revision erhobenen, im Übrigen auch hier nicht in Form einer konkreten Behauptung substantiierten Vorbringen, es hätte näher überprüft werden müssen, inwieweit der von der Klägerin überwiegend ausgeübte Beruf der selbständigen Übersetzerin eine versicherungsmäßige Zugehörigkeit zur Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bewirke, handelt es sich daher um eine auch im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen unzulässige Neuerung (SSV-NF 13/68 mwN), auf die nicht weiter einzugehen ist. Ausgehend von der Leistungszugehörigkeit der Klägerin zur Pensionsversicherung der Angestellten kommt für sie nach ständiger Rechtsprechung nur der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit nach § 273 ASVG oder der Versicherungsfall der Invalidität nach § 255 ASVG in Frage, nicht jedoch jener der Erwerbsunfähigkeit, weil der letztgenannte Versicherungsfall im Leistungsrecht nach dem ASVG nicht vorgesehen ist. Folgte man dem von der Klägerin vertretenen Standpunkt, es sei bei Prüfung der Berufsunfähigkeit bzw Invalidität auf ihre Tätigkeit als selbständige Dolmetscherin abzustellen, so würde damit, selbst wenn man entgegen der Aktenlage davon ausginge, dass es sich dabei um eine versicherte Tätigkeit gehandelt habe, für einen Leistungsanspruch aus der Pensionsversicherung der Angestellten in unzulässiger Weise auf eine in diesem Versicherungszweig nicht versicherte selbständige Erwerbstätigkeit abgestellt (SSV-NF 15/5; 15/31; 10 ObS 120/95 ua).

Der Eintritt des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit ist - anders als die Leistungszugehörigkeit und -zuständigkeit - ausschließlich nach der tatsächlichen Tätigkeit zu beurteilen. Bei Prüfung eines Pensionsanspruches wegen geminderter Arbeitsfähigkeit kommt es daher für die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen nach § 255 ASVG oder § 273 ASVG zu prüfen sind, nicht darauf an, ob der Dienstnehmer als Arbeiter oder Angestellter eingeordnet war, sondern ob er Arbeiter oder Angestelltentätigkeiten verrichtet hat (SSV-NF 3/156; 2/71 uva). Es macht im Ergebnis jedoch im vorliegenden Fall keinen Unterschied, ob das Verweisungsfeld nach § 273 Abs 1 ASVG oder nach § 255 Abs 3 ASVG bestimmt wird. Bei der Bestimmung des Verweisungsfeldes nach § 273 Abs 1 ASVG ist nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen von jenem Angestelltenberuf des Versicherten auszugehen, den dieser zuletzt ausgeübt hat, und zwar auch dann, wenn die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit bereits längere Zeit zurückliegt (SSV-NF 3/108 ua). Es wird aber in den Revisionsausführungen nicht in Zweifel gezogen, dass ausgehend von den soeben dargelegten Grundsätzen im Hinblick auf die festgestellten, für die Klägerin noch in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten weder eine Berufsunfähigkeit im Sinn des § 273 Abs 1 ASVG noch eine Invalidität im Sinne der im Falle der Klägerin auch in Betracht kommenden Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG vorliegt. Da die Revisionswerberin somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen konnte, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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