Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der erstgerichtliche Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung unter Ausschluss des fachkundigen Laienrichters Dr. T***** T***** aufgetragen.
Text
Begründung
Mit Eingabe vom 30. 4. 2003 zeigte die Bundesinnung der Fotografen ihre "Bildhonorare 2003, Unverbindliche Veröffentlichungshonorare im Fotografengewerbe in Österreich" als unverbindliche Verbandsempfehlung gemäß den §§ 31 ff KartG an.
Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte ausdrücklich gestützt auf § 33 Abs 1 Z 2 KartG, der Bundesinnung den Widerruf der angemeldeten unverbindlichen Verbandsempfehlung aufzutragen. Nach § 33 Abs 1 Z 2 KartG iVm § 23 Z 3 KartG könne die volkswirtschaftliche Rechtfertigung dann nicht angenommen werden, wenn sie mit den im § 7 Abs 1 KartG angeführten internationalen Verträgen unvereinbar sei. Dazu gehöre auch das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum. Die Nachfrage für Bildnutzungen erfolge grenzüberschreitend. Die Verbandsempfehlung enthalte auch Zuschläge für die Verbreitung genutzter Bilder über Österreich hinaus. Die Verbandsempfehlung richte sich an das gesamte österreichische Fotografengewerbe, weswegen von einer Überschreitung der Spürbarkeitsgrenze von 5 % auszugehen sei. Die Kommission habe in der "Fenex-Entscheidung" ausgesprochen, dass schon die Festsetzung eines Preises den Wettbewerb dadurch beeinträchtige, dass er den Teilnehmern die Möglichkeit gebe, mit hinreichender Sicherheit vorauszusehen, welche Preispolitik die Konkurrenten verfolgen würden. Verbandsempfehlungen, die Preise und Preisgrenzen enthielten, seien unzulässig, Empfehlungen, die Kalkulationsrichtlinien zur Verfügung stellten, hingegen unbedenklich.
Die Bundesinnung der Fotografen verwies darauf, dass in der "Fenex-Entscheidung" die von der dortigen Tarifkommission errechneten und vom Vorstand beschlossenen Tarife mit Rundschreiben versandt worden seien, in denen die feste Erwartung ausgedrückt worden sei, dass der Empfehlung Folge geleistet werde. Die Bildhonorare der Anzeigerin seien demgegenüber nur erhoben, nicht aber errechnet oder beschlossen worden. Sie würden nur in einer Fachzeitung publiziert mit dem Hinweis auf die Unverbindlichkeit (Einleitung, Vorwort, jede Seite im Kopf und in der Fußzeile). Es gehe nicht um ein Honorar für die Erstellung einer Leistung, also die Herstellung des Fotos, sondern um eines für die Bildnutzung eines bereits vorhandenen Fotos. Das Erstgericht hat den Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde auf Erteilung eines Widerrufsauftrages abgewiesen. Zwar falle das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum, mit dessen Inkrafttreten am 1. 1. 1994 das europäische Kartellrecht in Österreich unmittelbar anwendbar geworden sei, unter die entsprechend § 7 Abs 1 KartG zu berücksichtigenden internationalen Verträge. Es sei auch nach dem 31. 12. 1994 - Beitritt zur EU - zulässig, unverbindliche Verbandsempfehlungen zu untersagen, wenn sie im Widerspruch zum in Österreich unmittelbar anwendbaren europäischen Kartellrecht stehen. Daher sei auch Art 81 Abs 1 lit a EG über die Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes durch die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen bezwecken oder bewirken, zu beachten. Da die empfohlenen Bildhonorare auch Entgelte für die über Österreich hinausgehende Nutzung beinhalten, sei die Verbandsempfehlung prinzipiell geeignet, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, weil sie sich an alle in Österreich im Fotografengewerbe Tätigen richtet. Der Begriff der "Vereinbarung" im Sinne des Art 81 EG sei weit auszulegen. Die Kommission verstehe darunter jede Verständigung von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen über eine wettbewerbsbeschränkende Praxis, das heißt, jede Willensübereinstimmung zwischen Unternehmen und Vereinigungen über ihr gemeinsames Auftreten am Markt. Übereinkünfte, die für die daran Beteiligten nicht verbindlich sind, gehörten nur dann dazu, wenn ihre Nichtbefolgung wirtschaftlich, gesellschaftlich, moralisch oder ähnlich sanktioniert sei. Nicht alleine die Bezeichnung als "unverbindlich" sei entscheidend, sondern ob aus dem Beschluss der Willen des Verbandes zum Ausdruck komme, das Verhalten der Mitglieder auf dem Markt der Empfehlung entsprechend zu koordinieren. Die Erwägungen der Europäischen Kommission in der "Fenex-Entscheidung" seien von einer solchen Willensäußerung ausgegangen. Dies sei aber hier zu verneinen. Die Bezeichnung der angezeigten Verbandsempfehlung sei durchgängig als "unverbindliche" Empfehlung erfolgt.
Gegen diesen den Antrag auf Erteilung eines Widerrufsauftrages nach § 33 Abs 1 Z 2 KartG abweisenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Rekurs der Bundeswettbewerbsbehörde (im Folgenden BWB) mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Antrag zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Bundesinnung hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in der sie beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt. Vorweg releviert die BWB, dass ein Mitglied des erstgerichtlichen Senates, nämlich der fachkundige Laienrichter Dr. T***** T*****, bei den Gesprächen zwischen der Bundesinnung und der BWB über wettbewerbsrechtliche Probleme der Empfehlungen als Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich teilgenommen habe. Daraus habe sich auch eine aktualisierte Fassung der Empfehlung ergebe, die aber den Bedenken der BWB nicht zur Gänze Rechnung getragen habe. Dies sei unter dem Aspekt der §§ 19, 20 JN zu würdigen. Ausdrücklich stellte die BWB aber klar, dass sie keinen Ablehnungsantrag stelle. Damit verbleibt aber nur die Frage, ob das Mitglied des erstgerichtlichen Kartellsenates, das entsprechend § 98 KartG von der Wirtschaftskammer Österreich nominiert wurde, als ausgeschlossen im Sinne des § 20 JN anzusehen ist. Diese Ausschließungsgründe sind grundsätzlich auch auf die fachkundigen Laienrichter anzuwenden (vgl allgemein RIS-Justiz RS0107529 mwN zuletzt etwa 3 N 518/97). Sie führen zu einer von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit des Verfahrens (vgl allgemein etwa RIS-Justiz RS0045951 = EvBl 1992/137). Hier in Betracht kommt konkret die Bestimmung des § 20 Z 4 JN, wonach Richter in Sachen, in welchen sie selbst als Bevollmächtigte einer der Parteien bestellt waren oder bestellt sind, ausgeschlossen sind. Nach der der BWB zugestellten Äußerung des fachkundigen Laienrichters, der die BWB insoweit auch in ihrer Stellungnahme dazu nicht widersprochen hat, war dieser in die Gespräche der BWB mit ca 30 verschiedenen Wirtschaftsverbänden eingebunden, die er als Vertreter der WKÖ organisiert hat, um hinsichtlich der von der BWB problematisierten Frage der unverbindlichen Verbandsempfehlungen eine vermittelnde Lösung zu erarbeiten.
Der Fachverband der Fotografen (Bundesinnung) ist nun einer der in der nach § 15 WKG erlassenen Fachorganisationsordnung errichteten Fachverbände (vgl § 5 Z 17 der Fachorganisationsordnung BGBl II 2000/108). Die Fachverbände sind in § 3 Abs 1 WKG als Organisationen der gewerblichen Wirtschaft und Körperschaften öffentlichen Rechts genannt. Sie sind nach § 3 Abs 2 WKG selbständige Wirtschaftskörper und haben eine dort bestimmte Rechtsfähigkeit (vgl allgemein zur Parteifähigkeit RIS-Justiz RS0009138). Der Aufgabenbereich der Fachorganisationen wird in § 17 WKG dahin festgelegt, dass es sich um Angelegenheiten handeln muss, die nur die Interessen der Mitglieder dieser Fachorganisation berühren. Gemeinsame Angelegenheiten fallen in die Zuständigkeit der Landeskammer bzw, wenn sie über den Zuständigkeitsbereich einer Landeskammer hinausgehen, in die der Bundeskammer (vgl §§ 18 und 31 WKG). Diese hat auch Aufsichtsrechte (vgl § 31 Abs 2 WKG).
Die unverbindliche Verbandsempfehlung selbst stammt zwar ebenso wie die Anzeige entsprechend § 31 KartG vom Fachverband. In den Verhandlungen mit der BWB hat aber der fachkundige Laienrichter auch die Interessen des konkreten Fachverbandes wahrgenommen. Es geht nun darum, was unter "Bevollmächtigung in der Sache" im Sinne des § 20 Z 4 JN zu verstehen ist. Bei den immer wieder vorkommenden Konstellationen, dass es sich bei den fachkundigen Laienrichtern um Arbeitnehmer von größeren Organisationen handelt, die in den Prozess verwickelt sind, wird regelmäßig daran angeknüpft, ob der betroffene Laienrichter als Arbeitnehmer dieser Organisation zu dem konkreten Streitfall in einer "näheren Beziehung" stand (vgl allgemein RIS-Justiz RS0045952 mwN). Allein die Beschäftigung eines fachkundigen Laienrichters beim selben Arbeitgeber erfüllt nicht diesen Ausschließungstatbestand (vgl etwa RIS-Justiz RS0045965 = RdW 1992, 119).
Hier war aber der betroffene fachkundige Laienrichter nun konkret mit Interessenvertretungsaufgaben bei den Gesprächen zwischen der WKÖ, den Fachverbänden und der antragstellenden BWB betreffend die unverbindlichen Verbandsempfehlungen befasst und es haben diese Gespräche auch zu einer Modifikation der konkreten Verbandsempfehlung geführt.
Auch wenn der Begriff der "Sache" im Sinne des § 20 Z 4 JN nun nicht so weit zu ziehen ist, dass er allgemeine Beurteilungen von Rechtsfragen erfassen würde, besteht hier doch schon aufgrund der gesetzlich vorgesehenen verschiedenen Verknüpfungen zwischen der WKÖ und den Fachverbänden eine Interessenvertretungsaufgabe der WKÖ, die hier in dieser "Sache" des Fachverbandes eben konkret von dem fachkundigen Laienrichter wahrgenommen wurde. Er ist insoweit als ein Bevollmächtigter in der hier zu entscheidenden Sache im Sinne des § 20 Z 4 JN anzusehen. Das Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrundes ist von der konkreten persönlichen Einstellung und dem konkreten Verhalten des fachkundigen Laienrichters, gegen das ja auch die BWB keine Bedenken äußert, unabhängig.
Es war der erstgerichtliche Beschluss daher aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung unter Ausschluss des betroffenen Laienrichters aufzutragen.
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