OGH 4Ob81/04x

OGH4Ob81/04x8.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 60.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. Februar 2004, GZ 5 R 220/03i-12, mit dem die einstweilige Verfügung des Landesgerichts Wiener Neustadt als Handelsgericht vom 6. Oktober 2003, GZ 26 Cg 29/03z-5, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

2. Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des infolge Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten und des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen sowie des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin wird der Beklagten geboten, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Werbeslogans 'Immer Nr. 1! in Preis, Auswahl und Service', 'Nr. 1-Preise ohne Wenn und Aber!', 'Österreichs Nr. 1! ohne Wenn und Aber!', 'Immer Nr. 1! ohne Wenn und Aber' und 'Nr. 1-Preise' zu werben sowie sinnähnliche Worte der Spitzenstellungs- bzw Alleinstellungswerbung zu verwenden, wenn der Beklagten diese Spitzenstellung bzw Alleinstellung tatsächlich nicht zukommt bzw die verwendete sinnähnliche Bezeichnung nicht den Tatsachen entspricht.

Der Klägerin wird aufgetragen, für alle der Beklagten dadurch erwachsenen Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 50.000 EUR Sicherheit zu leisten.

Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem Werbeslogan „...wo bessere Produkte weniger kosten" zu werben sowie sinnähnliche Worte der Spitzenstellungs- bzw Alleinstellungswerbung zu verwenden, wenn der Beklagten diese Spitzenstellung bzw Alleinstellung tatsächlich nicht zukommt bzw die verwendete sinnähnliche Bezeichnung nicht den Tatsachen entspricht, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 202,38 EUR bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin 33,73 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat 5/6 der Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; 1/6 hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 555,96 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 92,66 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Beide Parteien betreiben Baumärkte; die Beklagte gründete ihre erste Niederlassung 1972. Die Beklagte wirbt in ihren Werbeprospekten mit folgenden Aussagen: „Nr. 1-Preise ohne Wenn und Aber!", „Immer Nr. 1! in Preis, Auswahl und Service", „Österreichs Nr. 1! ohne Wenn und Aber!", „...wo bessere Produkte weniger kosten", „Immer Nr. 1! ohne Wenn und Aber", „Nr. 1-Preise".

Am 21. 7. 2003 ließ die Klägerin Testkäufe vornehmen. Die Preise der Klägerin lagen bei folgenden Produkten unter denen der Beklagten:

Gardena Bewässerungscomputer C 1060 profi/solar: Beklagte 99,90 EUR, Klägerin 98,50 EUR (minus 1,5 %); Gardena Bewässerungsuhr WT 1030: Beklagte 43,90 EUR, Klägerin 41,50 EUR (minus 5,5 %); Gardena Schlauchwagen 60 TS: Beklagte 49 EUR, Klägerin 48 EUR (minus 2 %); Gorenje Heißwasserspeicher 30 Liter: Beklagte 81 EUR, Klägerin 78,95 EUR (minus 2,5 %); Siemens Kleinspeicher UT 5 Liter: Beklagte 79,90 EUR, Klägerin 79,80 EUR (minus 0,1 %); Inka Spiegelschrank: Beklagte 166,40 EUR, Klägerin 147 EUR (minus 11,5 %); Grohe Spültischbatterie Champ II: Beklagte 109,90 EUR, Klägerin 108,90 EUR (minus 1 %). Die Preise der Klägerin für den Gardena Bewässerungscomputer und die Gardena Bewässerungsuhr waren seit 30. 4. 2003 und für die Grohe Spültischarmatur seit 15. 5. 2003 unverändert.

In einer Meinungsumfrage belegte die Beklagte bei „Preisimage" den 7. Platz, bei „Bekanntheitsgrad der Baumärkte", „Erreichbarkeit der Geschäfte", „Stammgeschäft", „Käuferreichweite", „Produktqualität" und „Kundenservice" erreichte die Beklagte in keinem Fall einen 1. Platz. Gleiches gilt für den „Branchenreport". Auch hier erreichte die Beklagte weder beim Marktanteil noch bei der Verkaufsfläche einen Spitzenplatz, sondern lag auf Plätzen zwischen dem 2. und dem 6. Platz.

Die Beklagte gewährt ihren Kunden eine „Tiefpreisgarantie". Die Kunden erhalten neben einer allfälligen Preisdifferenz seit 28. 8. 2003 auch 12 % des günstigeren Preises, davor waren es 10 %. Auch Mitbewerber gewähren eine „Tiefpreisgarantie". Die Klägerin zahlt ihren Kunden zusätzlich 10 % des günstigeren Preises.

Die Leiter von Niederlassungen der Beklagten sind angewiesen, der Unternehmensleitung alle Fälle umgehend zu melden, in denen ein Kunde aufgrund der Tiefpreisgarantie Ansprüche stellt. Nach Entscheidung der Unternehmensleitung werden die Preise angepasst und den Niederlassungen bekannt gegeben. Seit Mai 2002 ist ein Mitarbeiter der Beklagten beauftragt, die Preise am Bausektor ständig zu beobachten. Seine Wahrnehmungen bilden die Grundlage dafür, dass der Vertriebsleiter die Preise tagesaktuell und österreichweit unter denen der Mitbewerber festlegen kann. Dass die Beklagte mehr Artikel führt als ihre Mitbewerber, steht nicht fest.

Die Beklagte bietet ihren Kunden neben der bereits erwähnten Tiefpreisgarantie eine Reihe weiterer Serviceleistungen: längere Garantiedauer, kostenloses Nähen von Vorhängen, Gratiszuschnitt von Bilderrahmen, kostenloser Holz- und Glaszuschnitt, günstiges Mietservice, Umtauschgarantie auf Wunsch gegen Barrückzahlung, günstige Bedingungen bei Verleih von Transporthilfen, günstiges Teilzahlungsservice, Servicedienstleistungen wie Lieferservice, Schlüsseldienst, kostenloses Farbmischservice, Schärfdienst, Ausgabe von Profitipps (Broschüren) und Geschenkgutscheinen, Durchführung von Qualitätskontrollen, Montageservice, Kabelzuschnitt, Ketteln von nach Kundenwunsch zugeschnittenen Teppichen; in einigen Niederlassungen wird auch die Kommissionierung schwerer und sperriger Baustoffe angeboten.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Werbeslogans „Immer Nr. 1! in Preis, Auswahl und Service", „Nr. 1-Preise ohne Wenn und Aber!", „...wo bessere Produkte weniger kosten", „Österreichs Nr. 1! ohne Wenn und Aber!", „Immer Nr. 1! ohne Wenn und Aber" und „Nr. 1-Preise" zu werben sowie sinnähnliche Worte der Spitzenstellungs- bzw Alleinstellungswerbung zu verwenden, wenn der Beklagten diese Spitzenstellung bzw Alleinstellung tatsächlich nicht zukommt bzw die verwendete sinnähnliche Bezeichnung nicht den Tatsachen entspricht. Der Beklagten komme der von ihr in Anspruch genommene Spitzenplatz nicht zu. Ihre Werbebehauptungen verstießen daher gegen § 2 UWG.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die beanstandeten Behauptungen drückten nach Abzug der üblichen reklamehaften Übertreibung nur aus, dass sie besonders günstige Preise und ein besonders reichhaltiges Angebot und Service biete. Das entspreche den Tatsachen. Das Angebot der Beklagten umfasse 120.000 Artikel und übersteige damit das ihrer Mitbewerber beträchtlich. Mit der Werbeaussage „... wo bessere Produkte weniger kosten" werde keine Spitzenstellung in Anspruch genommen. In zeitlicher Hinsicht sei die Aussage „Österreichs Nr. 1" wahr, weil der Baumarkt der Beklagten der erste Österreichs gewesen sei.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 50.000 EUR. Die beanstandete Werbung sei nicht als marktschreierisch zu werten, sondern werde ernst genommen. Eine Spitzenstellung dürfe nur in Anspruch genommen werden, wenn dem Werbenden ein beachtlicher und dauerhafter Vorsprung vor seinen Mitbewerbern zukomme. Bei der Alleinstellungswerbung treffe die Beweislast den Beklagten, wenn der Kläger im Einzelfall mangels genauer Kenntnisse der Tatumstände ganz besondere unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten habe, während dem Beklagten die entsprechenden Kenntnisse zur Verfügung stünden und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar sei, die erforderlichen Aufklärungen zu geben. Angesichts der Marktsituation von Baumärkten sei es, insbesondere bei Preisen, nur schwer möglich, eine tatsächliche Spitzenstellung zu bescheinigen. Eine subjektive Meinungsumfrage reiche dafür ebenso wenig aus wie der Nachweis, dass die Klägerin sieben Produkte zu günstigeren Preisen verkaufe als die Beklagte. Die notwendige genaue Marktanalyse würde den Rahmen eines Provisorialverfahrens sprengen. Da damit weder eine Spitzenstellung noch deren Fehlen ausreichend bescheinigt sei, sei eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen gewesen.

Die Klägerin hat die Sicherheitsleistung erlegt.

Das Rekursgericht verbot der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Werbeslogans „Österreichs Nr. 1! ohne Wenn und Aber!", „Immer Nr. 1! ohne Wenn und Aber" zu werben sowie sinnähnliche Worte der Spitzenstellungs- bzw Alleinstellungswerbung zu verwenden, wenn der Beklagten diese Spitzenstellung bzw Alleinstellung tatsächlich nicht zukommt bzw die verwendete sinnähnliche Bezeichnung nicht den Tatsachen entspricht, wies das Mehrbegehren ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die beanstandeten Werbeaussagen seien nicht bloß marktschreierische Anpreisungen, sondern hätten einen Tatsachenkern. In diesem Sinn seien die Werbeaussagen als ernsthafte Inanspruchnahme einer Spitzenstellung zu verstehen. Die im Begehren an erster, zweiter und sechster Stelle angeführten Werbeaussagen seien als Behauptung einer Spitzenstellung bei Preis, Auswahl und Service bzw allein beim Preis zu verstehen; mit dem vierten und fünften Slogan werde generell eine Spitzenstellung innerhalb der Branche behauptet. Mit dem dritten Slogan („...wo bessere Produkte weniger kosten!" werde keine allgemeine Spitzenstellung, sondern eine vergleichsweise gute Qualität bei vergleichsweise günstigen Preisen behauptet. Berücksichtige man die Vielzahl der von der Beklagten vertriebenen Produkte, so sei nicht anzunehmen, dass die Marktteilnehmer glaubten, die Beklagte behaupte, jederzeit bei jedem einzelnen von ihr angebotenen Produkt den günstigsten Preis zu verlangen. Insofern seien die Werbeaussagen als erkennbare Übertreibungen anzusehen; es bleibe allerdings die - überprüfbare - Werbeaussage, die Beklagte fordere - insgesamt betrachtet - im Vergleich zu ihren Mitbewerbern etwas günstigere Preise. Damit stelle sich die Frage der Bescheinigungslast für die Richtigkeit der Werbebehauptungen. Die Beklagte müsse nicht nachweisen, dass die Angebote aller Mitbewerber ungünstiger als die ihren seien. Es genüge, wenn sie ihre eigenen Angebote bezüglich Preis, Auswahl und Service offenlege. Der Klägerin sei es zumutbar nachzuweisen, dass etwa ihre Angebote oder die von Mitbewerbern besser seien als die der Beklagten. Die Beklagte habe eine Spitzenstellung in den Bereichen Service, Auswahl und günstige Preise behauptet. Die Klägerin habe zu Service und Auswahl kein konkretes Vorbringen erstattet; sie habe nur bescheinigt, sieben Produkte günstiger als die Beklagte angeboten zu haben. Damit sei die Unrichtigkeit der Spitzenstellungswerbung der Beklagten in Bezug auf die Preise nicht bescheinigt. Auch die von der Klägerin vorgelegte Studie beweise nicht, welcher Baumarkt der billigste sei, sondern nur, welchen die Kunden als billigsten ansehen. Soweit die Beklagte mit der vierten und fünften Werbeaussage eine generelle Spitzenstellung in Anspruch nehme, sei der Sicherungsantrag berechtigt, weil die Beklagte gar nicht behaupte, im Bereich Anteil am Gesamtumsatz oder Ausmaß der Verkaufsflächen eine Spitzenstellung einzunehmen. Der Werbeaussage werde nicht bloß entnommen, dass die Beklagte den ersten Baumarkt in Österreich betrieben habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den stattgebenden Teil gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht zulässig; der gegen den abweisenden Teil dieses Beschlusses gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

Die Beklagte macht geltend, dass das Rekursgericht die Werbeaussagen, „Österreichs Nr. 1! ohne Wenn und Aber!" und „Immer Nr. 1! ohne Wenn und Aber!", zu Unrecht als ernst gemeinte Tatsachenbehauptungen gewertet habe. Da keine konkreten nachprüfbaren Fakten behauptet würden, seien die Aussagen als marktschreierisch und damit nicht als irreführend im Sinne des § 1 UWG zu beurteilen.

Die Beklagte verkennt, dass im Zweifel immer eine ernst gemeinte Behauptung anzunehmen ist und auch eine marktschreierische Anpreisung einen sachlich nachweisbaren Tatsachenkern enthalten kann, der nach § 2 UWG zu beurteilen ist (4 Ob 84/94 = ÖBl 1995, 67 - Führerschein auf Anhieb mwN). Die Beurteilung, dass die beiden Werbeaussagen nicht bloß als reklamehafte Übertreibung verstanden werden, sondern dass ihnen die ernst gemeinte Behauptung einer Spitzenstellung entnommen wird, hält sich damit im Rahmen der Rechtsprechung, deren Anwendung auf den konkreten Fall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO bildet. Eine grobe Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit dennoch wahrzunehmen wäre, liegt entgegen der Behauptung der Beklagten nicht vor.

2. Zum Revisionsrekurs der Klägerin

Nach dem - Art 6 der RL 97/55/EG über vergleichende Werbung umsetzenden - § 2 Abs 5 UWG sind in Verfahren auf Unterlassung oder Schadenersatz nach den Abs 1 bis 4 und Abs 6 vom Werbenden die entsprechenden Beweise für die Richtigkeit der in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, in den Fällen irreführender Werbung aber nur dann, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verkehrsteilnehmer im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint. Diese Bestimmung ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass den Werbenden bei vergleichender Werbung in jedem Fall die Beweislast für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen trifft; in allen anderen Fällen irreführender Werbung jedoch nur dann, wenn eine Interessenabwägung die Beweislast des Werbenden angemessen erscheinen lässt (4 Ob 173/02y = wbl 2002/390 - Emmi Vollmilch). § 2 Abs 5 UWG geht damit nur beim Werbevergleich über die bisherige Rechtsprechung zur Beweislast bei irreführender Werbung hinaus. Die Rechtsprechung hat bei der irreführenden Werbung schon bisher darauf abgestellt, ob für den Kläger im Einzelfall ganz besondere Beweisschwierigkeiten bestehen, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob die Umstände des konkreten Falls eine Überwälzung der Beweis(Bescheinigungs-)last auf den Beklagten als gerechtfertigt erscheinen lassen (4 Ob 173/02y = wbl 2002/390 - Emmi Vollmilch mwN).

Das gilt vor allem auch für die nach § 2 UWG zu beurteilende Spitzenstellungswerbung (4 Ob 117/91 = MR 1992, 78 - KFZ-Inserate mwN; weitere Nachweise bei Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 24 Rz 33). Auch bei der Spitzenstellungswerbung ist daher aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden, wen die Beweislast trifft. Aus den von der Klägerin zitierten Entscheidungen 4 Ob 103/00a (= ÖBl 2001, 170 - Stadtplan B) und 4 Ob 34/03h (ÖBl-LS 2003/16) folgt nichts Gegenteiliges. Beide Entscheidungen - mit dem Beschluss zu 4 Ob 34/03h wurde eine außerordentliche Revision zurückgewiesen - legen zwar die Beweislast dem Werbenden auf, ohne die Interessen im Einzelnen abzuwägen; sie verweisen aber zur Begründung auf Entscheidungen, die der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Interessenabwägung folgen (4 Ob 84/94 = ÖBl 1995, 67 - Führerschein auf Anhieb mwN; 4 Ob 173/02y = wbl 2002/390 - Emmi Vollmilch).

Dem Rekursgericht ist daher zuzustimmen, dass aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden ist, ob die Bescheinigungslast für die beanstandeten Werbeaussagen die Beklagte trifft. Soweit das Rekursgericht es aber als ausreichend erachtet, dass die Beklagte ihre eigenen Angebote vorlegt, und eine Überwälzung der gesamten Bescheinigungslast auf die Beklagte ablehnt, vermögen seine Ausführungen nicht zu überzeugen:

Das Rekursgericht verkennt, dass die Werbebehauptungen nicht schon dann unbedenklich sind, wenn das Angebot der Beklagten besser als das der Klägerin ist. Sie sind daher auch nicht nur dann zur Irreführung geeignet, wenn die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Spitzenplatz einnimmt, sondern auch dann, wenn dies gegenüber anderen Mitbewerbern nicht zutrifft. Weder die Vorlage der Konditionen der Klägerin noch die der Beklagten reicht damit aus, um die Irreführungseignung der beanstandeten Behauptungen beurteilen zu können, soweit nicht die Beklagte auch gegenüber der Klägerin keine Spitzenstellung einnimmt und ihre Behauptungen daher schon deshalb zur Irreführung geeignet sind. Soweit es auf die Konditionen der Mitbewerber ankommt, ist die Bescheinigungslage der Klägerin nicht günstiger als die der Beklagten. Zu Ungunsten der Beklagten fällt ins Gewicht, dass es naheliegt, vor Beginn einer Werbekampagne abzuklären, ob dem Werbenden die Spitzenstellung auch tatsächlich zukommt, mit der er werben will. Da die Beklagte damit bereits in Kenntnis jenes Sachverhalts sein müsste, aus dem sich die Zulässigkeit ihrer Werbebehauptungen ergibt, ist es ihr auch zumutbar, diesen Sachverhalt im Verfahren zu bescheinigen.

Der Beklagte ist damit die Bescheinigungslast nicht nur insoweit aufzuerlegen, als sie ganz generell mit einer Spitzenstellung wirbt, sondern auch insoweit, als sie bei Preisen, Auswahl und Service eine Spitzenstellung behauptet. Dass ihr diese Spitzenstellung tatsächlich zukäme, hat die Beklagte nicht bescheinigt, auch wenn berücksichtigt wird, dass die „Nr. 1"-Behauptungen erkennbar übertrieben sind und nicht in dem Sinn wörtlich genommen werden, dass die Beklagte bei jedem ihrer 120.000 Artikel den günstigsten Preis verlange und das beste Service biete. Tatsachenkern dieser Behauptungen ist aber jedenfalls, dass die Beklagte als führendes Unternehmen ihrer Branche im Regelfall ihre Mitbewerber bei Preisen, Auswahl und Service übertrifft. Da die Beklagte auch dies nicht bescheinigt hat, ist der Sicherungsantrag in Bezug auf sämtliche Spitzenstellungsbehauptungen berechtigt.

Beanstandet werden nicht nur die „Nr. 1"-Behauptungen, sondern auch die Werbebehauptung „...wo bessere Produkte weniger kosten!". Die Klägerin macht dazu geltend, dass es sich um einen Werbevergleich handle und die Beweislast daher jedenfalls die Beklagte treffe. Sie verweist dazu auf die Ausführungen des Rekursgerichts, wonach die Beklagte damit „eine vergleichsweise gute Qualität und vergleichsweise günstige Preise" behaupte (AS 129).

Die Klägerin missversteht damit das Rekursgericht. Wird die Qualität als „vergleichsweise" gut und werden die Preise als „vergleichsweise" günstig bezeichnet, so wird damit ausgedrückt, dass dies nicht absolut, sondern bezogen auf die Qualität und die Preise der von den Mitbewerbern angebotenen Waren und Leistungen gilt. Daraus folgt aber nicht, dass ein Werbevergleich im Sinne des § 2 Abs 3 UWG vorläge. Ein Werbevergleich im Sinne dieser Bestimmung setzt voraus, dass die vergleichende Werbung einen Mitbewerber oder die Waren oder Leistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, unmittelbar oder mittelbar erkennbar macht. Das trifft für die hier verfahrensgegenständliche Behauptung nicht zu. Sie lässt weder unmittelbar einen Mitbewerber erkennen noch mittelbar erschließen; sie bezieht sich auch nicht allein auf Baumärkte, sondern auf alle Geschäfte, deren Angebot sich mit dem der Beklagten deckt oder überschneidet.

Mit der Behauptung, "...wo bessere Produkte weniger kosten", wird auch keine Spitzenstellung in Anspruch genommen, auch wenn es zutrifft, dass eine Spitzenstellung auch durch die Verwendung des Komparativs ausgedrückt werden kann (4 Ob 365/87 = SZ 60/211 mwN). Anders als in dem der Entscheidung 4 Ob 365/87 zugrunde liegenden Fall, in dem es um die Ankündigung einer Zeitung ging, sie sei "schneller" und "aktueller", enthält die hier verfahrensgegenständliche Behauptung nicht erst dadurch einen bestimmten Inhalt, dass sie auf das Angebot der Mitbewerber bezogen wird. Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen die beanstandete Behauptung bei ungezwungener Auslegung vielmehr dahin, dass die Beklagte "bessere", das heißt qualitativ hochwertige, Produkte zu günstigen Preisen anbiete, und nicht dahin, dass die Baumärkte der Beklagten jener Ort seien, "wo die besten Produkte am wenigsten kosten". Ein solcher Erklärungsinhalt würde auch sofort als Übertreibung erkannt und nicht ernst genommen. Als Tatsachenkern verbleibt für die angesprochenen Verkehrskreise damit nur die Behauptung, die Beklagte biete hochwertige Qualität zu günstigen Preisen. Dass dies unrichtig wäre, wird von der Klägerin nicht behauptet, so dass insoweit kein Verstoß gegen § 2 UWG vorliegt.

Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin ist bei einer von 6 Werbeaussagen unterlegen, die - mangels anderer Anhaltspunkte - gleich zu bewerten sind. Es war daher auszusprechen, dass die Klägerin 5/6 der Kosten vorläufig zu tragen hat und 1/6 der Kosten endgültig selbst zu tragen hat; die Beklagte hat Anspruch auf Ersatz von 1/6 ihrer Kosten.

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