OGH 6Ob256/03w

OGH6Ob256/03w27.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OEG in Oberwart, gegen die beklagte Partei Albert M*****, vertreten durch Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OEG in Oberwart, wegen 1.827,29 EUR, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgericht vom 12. August 2003, GZ 13 R 128/03a-14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 13. März 2003, GZ 2 C 2227/02v-10, und das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 300,10 EUR (darin enthalten 50,02 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der bei der Gebietskrankenkasse krankenversicherte Beklagte wurde am 16. 10. 2001 im Krankenhaus O*****, dessen Rechtsträger die Klägerin ist, am Knie operiert. Sein Krankenhausaufenthalt dauerte vom 15. 10. 2001 bis 18. 10. 2001. Er war wunschgemäß in der Sonderklasse untergebracht. Die dadurch anfallenden zusätzlichen Kosten sind nicht durch eine private Zusatzversicherung gedeckt. Die Klägerin stellte dem Beklagten die Auszahlung für die Sonderklasse (Hotelleistungen) mit 434,28 EUR und Sondergebühren von Anstaltsärzten im Gesamtbetrag von 1.827,29 EUR in Rechnung. Der Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, die Verrechnung der Sonderklasse sei nicht vereinbart gewesen. Der Krankenhausdirektor hielt die Verrechnung aufgrund der vom Beklagten bei seiner Aufnahme im Krankenhaus unterfertigten Verpflichtungserklärung für ordnungsgemäß. Am 6. 3. 2002 zahlte der Beklagte 434,28 EUR. Den Restbetrag zahlte er trotz Mahnung vom 5. 8. 2002 nicht.

Die Klägerin begehrte mit der am 17. 12. 2002 eingebrachten Klage die Zahlung von 1.827,29 EUR an offenen Sonderklassegebühren für die behandelnden Ärzte und verwies auf die vom Beklagten unterfertigte Verpflichtungserklärung.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei über das Entstehen höherer Arztkosten bei Inanspruchnahme der Sonderklasse nicht aufgeklärt worden. Wäre er darauf aufmerksam gemacht worden, wäre er nicht bereit gewesen, zusätzliche Kosten in Kauf zu nehmen. Er habe keinen Auftrag für eine besondere ärztliche Behandlung erteilt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Zinsenteilbegehrens - statt. Es stellte noch fest, dass selbst die Aufschlüsselung der zu erwartenden Arztkosten im Rahmen der Sonderklasse nichts am Wunsch des Beklagten geändert hätte, in die Sonderklasse aufgenommen zu werden, weil er damals davon ausgegangen sei, dass diese Kosten von seiner Privatversicherung getragen würden. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges infolge der "privatrechtlichen Rechtsform" der Klägerin als Rechtsträgerin des Krankenhauses. Der Irrtum des Beklagten über seine private Versicherung betreffend die Sonderklassekosten berechtigten ihn mangels der Voraussetzungen des § 871 ABGB nicht zur Irrtumsanfechtung.

In seiner gegen dieses Urteil erhobenen Berufung machte der Beklagte die Unzulässigkeit des Rechtsweges geltend, weil § 62 Bgld KAG 2000, das hier anzuwenden sei, für alle öffentlichen Krankenhäuser die Möglichkeit der Ausstellung von Rückstandsausweisen und die Mitwirkung der Bezirksverwaltungsbehörde für deren Vollstreckbarkeit vorsehe. Er stellte den Berufungsantrag, das Urteil dahin "abzuändern, dass die Klage zurück- bzw das Klagebegehren abgewiesen wird".

Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge, hob das Urteil und das vorangehende Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es kam - im Wesentlichen nach Wiedergabe der Ausführungen Kopetzkis in Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht I 524 ff und unter Berücksichtigung der dort zitierten Rechtsprechung der Höchstgerichte - zu dem Ergebnis, dass die Sondergebühren einschließlich der Ärztehonorare bei Sonderklassepatienten gleich wie die Pflegegebühren bei öffentlichen Krankenanstalten, zu denen das Krankenhaus O***** zähle, vom Anstaltsleiter im Verwaltungsweg geltend zu machen seien, sofern nicht in den Landesgesetzen einzelner Länder die Arzthonorare ausdrücklich als direkter Anspruch des berechtigten Arztes gegen den Patienten normiert und aus dem Bereich der Sondergebühren und den dafür geltenden Einbringungsvorschriften (wie insbesondere gemäß § 48 NÖ KAG) herausgenommen seien. Dies gelte auch für das Bgld KAG 2000, das in § 59 Abs 5 auf die sinngemäße Anwendung des § 62 verweise.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der Klägerin ist zulässig (§ 519 Abs 1 ZPO), aber nicht berechtigt.

Der Beklagte hat in seiner Berufung die Abänderung der Entscheidung des Erstgerichtes primär im Sinne einer Zurückweisung der Klage infolge Unzulässigkeit des Rechtsweges begehrt, sodass schon deshalb die im Rekurs vertretene Ansicht, die Berufung wäre wegen ihres verfehlten Berufungsantrages zu verwerfen gewesen, nicht zutrifft. Aus der Anfechtungserklärung ist vielmehr im Zusammenhang mit den Ausführungen der Berufung zweifelsfrei zu erkennen, wieweit und aus welchem Grund das Urteil des Erstgerichts angefochten wurde, sodass die allenfalls als unpräzise zu bezeichnende Formulierung des Rechtsmittelantrages nicht schadet (vgl 2 Ob 180/97b). Abgesehen davon kann sich die Klägerin nicht dadurch beschwert erachten, dass der Nichtigkeitsgrund der Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht von Amts wegen, sondern in Stattgebung der Berufung des Beklagten aufgegriffen wurde. Selbst für die Kostenentscheidung gelten in einem solchen Fall dieselben Regeln (vgl § 51 ZPO: "Wenn das Verfahren infolge eines Rechtsmittels oder von Amts wegen aufgehoben oder dessen Nichtigkeit ausgesprochen wird...").

Soweit sich die Klägerin in ihrem Rekurs dagegen wendet, dass sie vom Berufungsgericht zum Ersatz der Verfahrenskosten an den Beklagten gemäß den §§ 41 und 50 ZPO verpflichtet wurde, weil ihrer Ansicht nach die Kosten gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegeneinander aufzuheben gewesen wären, ist sie darauf zu verweisen, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt jedenfalls unanfechtbar ist (4 Ob 562/95; vgl RIS-Justiz RS0044233).

Gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass der Rechtsweg unzulässig sei, wird im Rekurs lediglich ausgeführt: Aus der Aufzählung des § 62 Abs 1 und 4 Bgld KAG 2000 ergebe sich, dass die Einbringung mittels Rückstandsausweises nur für "LFK-Gebühren, Pflege(sonder)gebühren und Kostenbeiträge" gesetzlich angeordnet sei, somit nur für Ansprüche nach den §§ 56 und 57 Bgld KAG 2000. Hier seien aber Ansprüche nach §§ 49 und 59 Bgld KAG 2000 eingeklagt worden, deren Eintreibung von Gesetzes wegen nicht auf der Grundlage eines Rückstandsausweises zu erfolgen habe, sodass der Rechtsweg zur Geltendmachung dieses Anspruches zulässig sei.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass zwar in § 62 Bgld KAG 2000 die Vorschreibung der "LKF-Gebühren, Pflege(Sonder)gebühren und Kostenbeiträge" geregelt ist, dass aber, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, § 59 Abs 5 Bgld KAG 2000 für die Vorschreibung der hier allein geltend gemachten Arzthonorare (§ 59 Abs 1) auf die sinngemäße Anwendung des § 62 verweist. Auch die die Sonderklassepatienten in öffentlichen Krankenanstalten betreffenden Arzthonorare sind demnach zunächst vom Rechtsträger des Krankenhauses (§ 59 Abs 5) dem Zahlungspflichtigen vorzuschreiben, wobei die Vorschreibung unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 6 Bgld KAG 2000 als Rückstandsausweis gilt, der gemäß § 62 Abs 7 durch eine Vollstreckbarkeitsbestätigung der Bezirksverwaltungsbehörde zum Exekutionstitel wird; erhebt der Zahlungspflichtige gegen die Vorschreibung fristgerecht Einwendungen, denen von der vorschreibenden Stelle nicht voll Rechnung getragen wird, entscheidet darüber die Bezirksverwaltungsbehörde mit Bescheid (§ 62 Abs 5). Auch für die Einbringung der Arzthonorare ist daher gemäß § 59 Bgld KAG 2000, den die Rekursausführungen unbeachtet ließen, in Verbindung mit § 62 der Verwaltungsweg vorgesehen. Dass es sich bei dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus um eine öffentliche Krankenanstalt (§ 37 Bgld KAG 2000) handelt, auch wenn die Klägerin das Krankenhaus in Form einer handelsrechtlichen Gesellschaft betreibt, zieht sie in ihrem Rekurs zu Recht nicht mehr in Zweifel. Die der Rechtsprechung der Höchstgerichte zu vergleichbaren landesgesetzlichen Bestimmungen, wonach die Sondergebühren einschließlich der Arzthonorare, sofern für diese nicht ausdrücklich die bereits vom Berufungsgericht dargelegten Sonderbestimmungen vorgesehen sind, im Verwaltungsweg geltend zu machen sind (vgl Kopetzki, Krankenanstaltenrecht, in: Holoubek/Potacs [Hrsg.], Handbuch des öffentl. Wirtschaftsrechts I [2002], 463, 524 bei FN 318, 526 bei FN 328, 330 mwN), entsprechende Entscheidung des Berufungsgerichtes ist daher zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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