OGH 13Os22/04

OGH13Os22/0419.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Anwesenheit der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dietmar S***** und Herbert H***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7. November 2003, GZ 26 Hv 142/03s-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der frühere Sparkassenfilialleiter August S***** der Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I. 1.), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I. 2.), der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I. 5.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I. 3.) und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (I. 4.), der mit S***** gut bekannte Finanzberater Herbert H***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und 4 erster Fall StGB (II.) schuldig erkannt. Danach haben sie, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz, in Prutz, Serfaus und Landeck

I. 1. August S***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Anna Elisabeth P***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, zur Rückzahlung der Darlehen in der Lage und willens zu sein, zu Handlungen, nämlich der wiederholten nachstehend bezeichneten Einräumung von Krediten verleitet, wodurch Anna Elisabeth P***** mit einem insgesamt 40.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde, und zwar:

  1. a) am 29. September 2000 von 3.633,72 Euro (50.000 S),
  2. b) am 1. Dezember 2000 von 11.627,90 Euro (160.000 S),
  3. c) am 7. März 2001 von 13.081,39 Euro (180.000 S),
  4. d) am 29. August 2001 von 15.988,37 Euro (220.000 S),
  5. e) am 28. März 2002 von 20.000 Euro;

II. Herbert H***** am 9. April 2002 eine Sache im Wert von mehr als 40.000 Euro, die der Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen durch sie erlangt hat, an sich gebracht, indem er den von August S***** veruntreuten Bargeldbetrag der Marianne F***** in Höhe von 450.000 Euro (Schuldspruch des S***** I. 2.) in Kenntnis seiner Herkunft von August S***** entgegengenommen hat, um damit eigene Veranlagungen zu tätigen.

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die von August S***** auf Z 5, der Sache nach teils auch Z 9 lit b, und von Herbert H***** auf Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten August S*****:

Nominell aus Z 5, der Sache nach aus Z 9 lit b, behauptet die Beschwerde fehlende Feststellungen der von diesem Angeklagten nicht nur bezüglich Norbert Sch***** (I. 5. d)), sondern auch gegenüber Josef E*****, Adelheid M*****, Hermann und Maria R***** sowie Bettina R***** (I. 5. a) bis c) und e)) erfolgten Schadensgutmachung, übersieht jedoch, dass das Schöffengericht eben diese Feststellungen ohnedies getroffen hat (US 16).

Da sie auch nicht darlegt, weshalb dem Beschwerdeführer angesichts unvollständiger Schadensgutmachung der Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nach § 167 StGB zu Gute kommen sollte, obwohl das Schöffengericht den Anfang 2000 gefassten Entschluss des Angeklagten feststellte, sich in wiederholten Fällen an Kundengeldern zu vergreifen, indem er entgegen bzw ohne Kundenauftrag hoch spekulative Wertpapiergeschäfte tätigte (US 9), hinsichtlich sämtlicher Untreuehandlungen einen einheitlichen Willensentschluss annahm und konstatierte, dass die Schadensgutmachung zum Teil (u.a. betreffend Sch*****) mit betrügerisch zum Nachteil der Anna Elisabeth P***** erlangten Geldbeträgen (US 12) erfolgte (vgl Kirchbacher/Presslauer, WK² § 167 Rz 25 und 66 bis 70; 15 Os 119/03), entbehrt die Rüge einer prozessordnungsgemäßen Ausführung.

Eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) dieses einheitlichen Willensentschlusses, den die Tatrichter logisch und empirisch mängelfrei aus der gleichgelagerten Vorgangsweise bei den in zeitlichem Naheverhältnis zueinander stehenden, in den angespannten finanziellen Verhältnissen des Angeklagten sowie den von ihm verursachten Kursverlusten begründeten Tathandlungen ableiten konnten (US 19), zeigt der Beschwerdeführer - aus seiner "eigenen näheren Betrachtung der Fakten" - mit seinem Hinweis auf nicht näher bezeichnete unterschiedliche Vorgangsweisen des Angeklagten S***** und - bloß anfangs gegeben - zeitlichen Abständen zwischen den einzelnen Angriffen hingegen nicht auf.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert H*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des Antrags auf Einholung eines psychologischen Gutachtens zum Beweis dafür, der Angeklagte H***** sei ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des Angeklagten S*****, dass die 450.000 Euro zur Verfügung stünden, bis nach dem Zeitpunkt der Geldübergabe in Deutschland einem derartigen psychischen Ausnahmezustand unterlägen, dass er sich mit der Frage der Herkunft des Geldes nicht belastet habe (S 61/III). Durch die Abweisung dieses Antrages wurden jedoch Verteidigungsrechte nicht verletzt. Es hätte nämlich bei der Antragstellung begründeter Ausführungen bedurft, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (und damit Erhebliches zur Lösung von für die Schuldfrage entscheidenden Tatsachen beizutragen im Stande ist), hat sich doch der Angeklagte selbst nicht auf das Vorliegen eines solchen Zustandes berufen. Denn die Behauptung, sich infolge atypischer Gemütsverfassung nicht mit der Herkunft des Geldes belastet, sich also nicht weiter damit auseinandergesetzt zu haben, steht der vom Erstgericht angenommenen vorhandenen Kenntnis dieses Angeklagten von der Art dessen Beschaffung durch den Angeklagten S***** (US 14) zum Zeitpunkt der Übergabe des Geldes nicht entgegen. Aber auch den Antrag auf Einvernahme des Bürgermeisters der Gemeinde Fendels zum Beweis dafür, dass es sich beim Erstangeklagten um einen vertrauenswürdigen Mann handelt, dem niemand etwas Unrechtmäßiges, insbesondere Veruntreuung zutraute, konnte das Schöffengericht ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abweisen, weil das Ansehen des Erstangeklagten S***** in der Bevölkerung und das Nichtwissen des Bürgermeisters von den Malversationen des S***** keine Rückschlüsse auf das inkriminierte Tatgeschehen und das Wissen des mit S***** gut bekannten Zweitangeklagten (US 9) zulässt.

Indem die Beschwerde aus der unvollständig wiedergegebenen Verantwortung des Angeklagten S***** und insbesondere aus der aufgestellten Hypothese, dieser habe "offensichtlich" die Begriffe "Gelderlangen" und "Veruntreuen" gleichgesetzt, andere - gegenüber den Tatrichtern für ihn günstigere - Schlussfolgerungen zieht und derart trachtet, seine eigene Verantwortung als widerspruchsfrei darzustellen und ihr damit zum Durchbruch zu verhelfen, missachtet sie die gesetzlichen Kriterien einer Mängelrüge.

Die vom Nichtigkeitswerber vermisste Berücksichtigung der Aussagen der übrigen Geschädigten, sie hätte vollstes Vertrauen zum Erstangeklagten gehabt, war hingegen nicht geboten, weil sie keine Rückschlüsse auf die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers H***** zulassen (vielmehr das Vertrauen der Opfer zum Täter eines Betruges Voraussetzung für das Gelingen der Tat ist). Im Übrigen genügt für den Tatbestand der Hehlerei entgegen der Beschwerdemeinung dolus eventualis, und ist wissentliches Handeln nicht erforderlich (Fabrizy StGB8 § 164 Rz 11).

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufungen das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 Abs 1 StPO.

Stichworte