Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht erklärte den am 13. 6. 2002 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****, auf Bestellung von Brigitte M***** zur Verwalterin für rechtsunwirksam. Der Bestellungsbeschluss sei in einer Hausversammlung gefasst worden, die von der (erst zu bestellenden) Hausverwaltungskanzlei M***** einberufen worden sei. Grundsätzlich sei es zulässig, dass die Wohnungseigentümerversammlung ohne Tätigwerden des Verwalters durch einen Wohnungseigentümer einberufen werden könne. Eine Einberufung durch einen Dritten, der sich nicht auf eine Bevollmächtigung durch einen Wohnungseigentümer berufe, sei jedoch unzulässig. Bei einer solchen Versammlung gefasste Beschlüsse seien daher unwirksam.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Fünftantragsgegnerin (Mehrheitseigentümerin) nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000,-- nicht übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte im Wesentlichen folgendes aus:
Die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters zähle gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WEG 1975 zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung, über die die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer entscheide. Diese treffe im Rahmen der Bestellung auch die Auswahl der Person. Die Willensbildung erfolge dabei entweder in einer Hausversammlung oder durch einen Umlaufbeschluss. Das WEG 1975, das, weil sich der zu prüfende Sachverhalt vor Inkrafttreten des WEG 2002 verwirklicht habe, anzuwenden sei, habe nicht geregelt, wer eine Miteigentümerversammlung einberufen dürfe. Anerkannt sei, dass der Hausverwalter dazu berechtigt sei, überwiegend werde auch vertreten, dass dieses Recht jedem einzelnen Miteigentümer zustehe. Im Gegensatz zum früheren Recht finde sich im WEG 2002 eine konkrete Regelung, die eine Berechtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung sowohl dem Hausverwalter als auch unter bestimmten Voraussetzungen einzelnen Wohnungseigentümern einräume.
Im vorliegenden Fall habe jedoch ein Dritter, der weder Hausverwalter noch Wohnungseigentümer gewesen sei, noch sich auf eine Bevollmächtigung durch einen Wohnungseigentümer bezogen habe, Einladungen zu einer "Wohnungseigentümerversammlung" an die Wohnungseigentümer geschickt. Auch wenn das Gesetz keine ausdrückliche Regelung beinhalte, sei einem Außenstehenden eine Berechtigung zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung jedenfalls nicht zuzugestehen. Der einzelne Wohnungseigentümer könne nicht gezwungen werden, um seine Mitwirkungsbefugnisse zu wahren, auf eine Einberufung einer Hausversammlung durch Personen zu reagieren, zu denen er in keiner Rechtsbeziehung stehe. Die Hausversammlung bilde, sehe man von der Möglichkeit von Umlaufbeschlüssen ab, grundsätzlich den Rahmen, in dem der Wohnungseigentümer seine Mitwirkungsbefugnisse ausübe. Die Beschlussfassung könne aber auch auf andere gleichrangige Weise, wie etwa durch briefliche Befragung/Beantwortung, oder auf telefonischem Weg, sowie im Wege der Unterfertigung des Anschlages im Haus erfolgen.
Auch eine Kombination von Beschlussformen sei möglich. Es liege am Wohnungseigentümer zu entscheiden, wie weit er seine Mitwirkungsbefugnisse wahrnehme, ob er an der Versammlung teilnehme, sich an der Diskussion oder an der Stimmabgabe beteilige. Diese Auseinandersetzung mit seiner Beteiligung an der Verwaltung könne ihm jedoch nicht von außen aufgezwungen werden. Es könne nicht angehen, dass Dritte, die etwa an einer Übernahme der Verwaltung oder an der Durchführung von Erhaltungsarbeiten interessiert seien, die Wohnungseigentümer zu einer Hausversammlung laden, auf die der Eigentümer, um seine Mitwirkungsbefugnisse zu wahren, reagieren müsse. Dabei sei es auch nicht von Relevanz, dass Entscheidungen in der Versammlung grundsätzlich der Mehrheit der Anteile bedürften, weil ja im Vorhinein nicht abzuschätzen und daher nicht auszuschließen sei, dass solch eine Mehrheit der Anteile in der dann durchgeführten Versammlung gefunden werde. Wenn aber der einzelne Wohnungseigentümer einer solchen Verständigung keine Bedeutung zuerkennen müsse, müsse er auch nicht mit einer wirksamen Beschlussfassung in einer solchen Versammlung rechnen. Diese Art der Verständigung stelle nicht nur eine Verletzung formaler Vorschriften dar, sondern sei mit einer Nichtverständigung gleichzusetzen, die dem Miteigentümer seine gesetzlich verankerten Anhörungsrechte entziehe. Dessen ungeachtet getroffene Beschlüsse der anderen Miteigentümer seien daher nichtig.
Das von der Hausverwaltung M***** durchgeführte Treffen sei demnach nicht als Hausversammlung anzusehen. Es stelle kein Forum dar, das den einzelnen Miteigentümern unabhängig davon, ob sie von den geplanten Themen verständigt worden seien, ausreichend ermöglicht habe, ihre gesetzlichen Mitwirkungsbefugnisse, insbesondere Anhörungsrechte wahrzunehmen. Dort getroffene Entscheidungen könnten nicht anders beurteilt werden als solche bei einem zufälligen Zusammentreffen der Mehrheit der Wohnungseigentümer. Ein wirksamer Wohnungseigentümerbeschluss auf Bestellung der Hausverwaltung liege demnach nicht vor.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob außer dem Hausverwalter und den Miteigentümern (dritte) Personen zur Einberufung der Eigentümerversammlung berechtigt seien, nicht vorlägen.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Fünftantragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Sachantrag abgewiesen werde.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung durch eine dritte Person sei nicht schon aus diesem Grund unwirksam; es handle sich um einen vernachlässigbaren Formfehler, der auf die Willensbildung der Eigentümer keinen Einfluss gehabt habe.
Der erkennende Senat erachtet demgegenüber die Entscheidung des Rekursgerichtes und dessen Begründung für zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 52 Abs 2 WEG 2002, § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 510 Abs 3 Satz 2, § 528a ZPO). Zu den Rechsmittelausführungen ist kurz noch folgendes zu bemerken:
Nach überwiegender Meinung zu § 13b WEG 1975, in dessen zeitlichen Geltungsbereich sich der hier zu beurteilende Sachverhalt ereignet hat (vgl nunmehr die ausdrückliche Regelung in § 25 Abs 1 WEG 2002) ist außer dem Verwalter jeder einzelne Miteigentümer zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung legitimiert (vgl die Nachweise in MietSlg 52.556; weiters Niedermayr in Schwimann Bd 42 § 13b WEG Rz 13; aM offenbar nur Zingher in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 13b WEG Rz 3). Daneben ist für eine Einberufung durch einen gemeinschaftsfremden Dritten, mag er an der Übernahme der Hausverwaltung oder von Erhaltungsarbeiten oder sonst an den Belangen der Liegenschaft interessiert sein, kein Raum (anders offenbar die in Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 25 WEG 2002 Rz 5 aE zitierte Literatur). Dies gilt auch dann, wenn der Dritte - worauf die Aktenlage im vorliegenden Fall hindeutet - vom neuen Mehrheitseigentümer bereits vor Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung "im Freistil" als Hausverwalter installiert wurde.
Die Rechtsmittelwerberin gesteht im Revisionsrekurs selbst zu, dass hier ein Formfehler unterlaufen ist, hält diesen aber für vernachlässigbar. Richtig ist, dass der erkennende Senat zu Art und Inhalt der vor der Abstimmung vorzunehmenden Verständigungen für maßgeblich gehalten hat, dass ein Fehler für das Abstimmungsergebnis kausal war. Die einschlägigen Vorschriften sollen nämlich nur gewährleisten, dass alle Miteigentümer ihre gesetzlichen Mitwirkungsbefugnisse ausüben, sich also auf die Hausverwaltung vorbereiten, eine eigene Meinung bilden und diese in die Diskussion einbringen können. Wurden diese Mitwirkungsbefugnisse ohnehin gewahrt, so erlaubt es der Gesetzeszweck, über Formfehler hinwegzusehen. Ob ein Formfehler die Mitwirkungsbefugnisse einzelner Eigentümer beeinträchtigen konnte und daher den Mehrheitsbeschluss unwirksam macht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (5 Ob 177/99m = MietSlg 51.533 = immolex 2000/106; 5 Ob 106/01a = MietSlg 53.517 = WoBl 2001/203 [Call]).
Im vorliegenden Fall kann die mangelnde Legitimation des Einberufenden aber nicht vernachlässigt werden, weil die Wohnungseigentümer gar keine Veranlassung hatten, sich infolge einer solchen Initiative an einer Willensbildung zu beteiligen, wie schon das Rekursgericht näher ausgeführt hat. Eine andere Beurteilung könnte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn alle Wohnungseigentümer an der Versammlung teilgenommen und sich einer Abstimmung nicht widersetzt hätten (vgl zur "Universalversammlung" im Kapitalgesellschaftsrecht § 199 Abs 1 Z 1 AktG, § 38 Abs 4 GmbHG). Nach dem eigenen Vorbringen der Rechtsmittelwerberin waren hier aber nicht alle Wohnungseigentümer anwesend.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
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