OGH 9ObA127/03x

OGH9ObA127/03x21.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Elena S*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Gabriel Lansky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verein I*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert EUR 36.336,42 sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. September 2003, GZ 9 Ra 94/03i-73, womit das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. April 2003, GZ 4 Cga 2/99d-65, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.377,90 (darin EUR 229,65 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr Angestelltendienstverhältnis zur beklagten Partei über den 31. 12. 1996 bzw 31. 12. 1998 hinaus aufrecht sei sowie, dass das Dienstverhältnis seit 16. 5. 1991 unverändert fortbestehe. Die beklagte Partei habe mit der Klägerin seit 16. 5. 1991 laufend unzulässige Ketten-Jahresarbeitsverträge abgeschlossen, welche als Einheit aufzufassen seien. Soweit eine Kündigung der Klägerin erfolgt sein sollte, sei diese unwirksam, weil das betriebliche Vorverfahren unter Einbindung des Betriebsrates nicht eingehalten worden sei. Sofern mit der Klägerin im September bzw Dezember 1996 - nach einem Unfall der Klägerin - eine Änderung des Angestelltenvertrages vereinbart worden sei, sei diese unwirksam, weil diese unter List bzw Zwang, und zwar unter Ausnützung der eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit bzw der Rechtsunkenntnis der Klägerin zustandegekommen sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Zwar seien bis einschließlich 1996 - unzulässige - Kettenangestelltenverträge mit der Klägerin geschlossen worden, spätestens seit 1997 seien jedoch nur mehr Associate-Verträge abgeschlossen worden, welche nicht als Arbeitsverhältnis zu werten und jedenfalls mit 31. 12. 1998 beendet worden seien. Die im Betrieb der beklagten Partei gewählte Belegschaftsvertretung entspreche nicht den zwingenden Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes; ein in die Beendigung eines Dienstverhältnisses einzubindender Betriebsrat habe daher nie existiert.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - im zweiten Rechtsgang - teilweise dahin Folge, dass es feststellte, dass das Dienstverhältnis der Klägerin bis 31. 12. 1998 aufrecht bestanden habe, wies jedoch das Mehrbegehren, dass das Dienstverhältnis über den 31. 12. 1998 hinaus bestanden habe, ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass mangels Zulässigkeit von Kettenverträgen von einem einheitlichen Angestelltendienstverhältnis auszugehen sei, welches jedoch durch Erklärung vom 8. 10. 1998 per 31. 12. 1998 zur Auflösung gebracht worden sei. Einer Einbindung eines Betriebsrates habe es nicht bedurft, weil ein solcher nicht eingerichtet gewesen sei.

Das Berufungsgericht sprach mit Teilurteil aus, dass das Dienstverhältnis der Klägerin vom 16. 5. 1991 bis 31. 12. 1996 bestanden habe und wies das Mehrbegehren, festzustellen, dass das Dienstverhältnis auch vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 aufrecht bestanden habe, ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses zwischen 1. 1. 1997 und 31. 12. 1997, hob es das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass bis einschließlich 1996 Kettenangestelltenverträge geschlossen worden seien, für deren Zulässigkeit jedoch keine sachliche Rechtfertigung bestehe. Somit sei zumindest im genannten Zeitraum von einem einheitlichen Angestelltendienstverhältnis auszugehen. Aufgrund der Verträge vom 26. August 1997 bzw 17. Juni 1998 (Beilagen ./6, 7), im Zusammenhang mit dem daraufhin tatsächlich sogelebten Vertragsverhältnis sei dieses ab dem 1. 1. 1998 jedoch nicht mehr als Angestelltendienstverhältnis, sondern als freier Dienstvertrag zu beurteilen, wobei eine Novation vereinbart worden sei, wonach die Klägerin nicht mehr unter persönlicher Abhängigkeit und mit wesentlich reduzierter Stundenzahl ihre Tätigkeiten zu erbringen gehabt habe. Hinsichtlich der Vereinbarung für das Jahr 1997 erachtete das Berufungsgericht, dass noch weitere Feststellungen zur endgültigen Beurteilung erforderlich seien, sodass diesbezüglich mit Aufhebung vorgegangen wurde.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision begründete das Berufungsgericht damit, dass zur Frage der Zulässigkeit eines befristeten Dienstverhältnisses für Wissenschaften in einem Forschungsinstitut keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe.

Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern, dass dem Klagebehren zur Gänze Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruches (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin stützt sich nicht auf die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes, sondern macht eigene Argumente geltend, in denen jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erkennen ist.

Die Klägerin releviert zunächst einen sekundären Feststellungsmangel, der darin liegen soll, dass es an Feststellungen zu ihrem Vorbringen fehle, wonach bei einem Änderungsvertrag ein relevanter Willensmangel vorgelegen sei. Dabei übersieht sie jedoch, dass sich ihr diesbezügliches Vorbringen (AS 84 im Band 1) nur auf ihren Zustand im Zeitraum September bis Dezember 1996 bezieht. Soweit sich aus ihrer Aussage als Partei auch ein allfälliger Willensmangel bei Eingehen der Vereinbarung für das Jahr 1998 ergeben könnte, ist dies ohne Belang, weil eine Parteiaussage fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen kann (RIS-Justiz RS0043157).

Soweit die Klägerin einen angeblichen Mangel in den Feststellungen des Berufungsgerichts zu erkennen glaubt, übersieht sie, dass das Berufungsgericht keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern nur Wertungen im Rahmen der Überprüfung der Beweisrüge vorgenommen hat. Dieses inhaltlich als Beweisrüge aufzufassende Vorbringen der Revisionswerberin ist daher unzulässig.

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass spätestens mit August 1997 eine Novation zwischen den Streitteilen abgeschlossen wurde, wonach jedenfalls ab 1. 1. 1998 nur mehr ein freier Dienstvertrag und kein Angestelltenverhältnis mehr bestehen soll und der dann erfolgte Leistungsaustausch auch den Kriterien eines "freien" Dienstvertrages entspricht, ist vertretbar, zumal das Berufungsgericht die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen Dienstvertrag und freiem Dienstvertrag (RIS-Justiz RS0021518) berücksichtigt hat.

Lag jedoch ein sogenannter freier Dienstvertrag vor, so war die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin im Sinne der Betriebsverfassung anzusehen (9 ObA 2260/96k uva). Damit sind weitere Erwägungen, ob nun ein Betriebsrat bestand oder nicht, entbehrlich.

Dem Berufungsgericht ist dahin beizupflichten, dass das in der Regel bestehende Verbot von Kettenarbeitsverträgen eine Auswirkung des zu Gunsten "echter" Arbeitnehmer bestehenden Schutzprinzips ist. Jene arbeitsrechtlichen Normen, die aber gerade den sozial Schwächeren schützen sollen, sind nach ständiger Rechtsprechung auf den "freien" Dienstvertrag nicht analog anwendbar (RIS-Justiz RS0021758).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil die beklagte Partei darin auf das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage und somit die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat. Auf das von der selbstständigen Anfechtung umfasste Teilurteil entfällt jedoch nur ein Teil des Gesamtstreitwerts von EUR 36.336,42. In Hinblick darauf, dass ein Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses endgültig verneint wurde und Gegenstand des weiteren Verfahrens nur noch der Bestand während des Jahres 1997 ist, ist eine Gewichtung dahin gerechtfertigt, dass auf den durch das Teilurteil erledigten Streitgegenstand ¾ des Streitwerts, somit EUR 27.252,32 entfallen. Auf dieser Basis sind der beklagten Partei die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

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