OGH 1Ob14/04x

OGH1Ob14/04x16.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden, widerbeklagten und gefährdeten Partei Ingrid H*****, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel, Dr. Rainer Welte, Mag. Clemens Achammer und Dr. Thomas Kaufmann, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei, widerklagende und Gegner der gefährdeten Partei Josef H*****, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen einstweiligen Unterhalts infolge der Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 2. Dezember 2003, GZ 1 R 323/03p-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 14. Oktober 2003, GZ 1 C 56/03w-25, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Partei wird gemäß § 78 und § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er unter Einschluss seines bestätigten Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei einen monatlichen einstweiligen Unterhalt von 765 EUR vom 2. 6. 2003 bis 31. 8. 2003 und 600 EUR ab 1. 9. 2003 zu zahlen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge spätestens bis zum 5. eines jeden Monats im Vorhinein.

Das Mehrbegehren auf Zahlung eines monatlichen einstweiligen Unterhalts von weiteren 3.735 EUR vom 2. 6. 2003 bis 31. 8. 2003 und weiteren 3.900 EUR ab 1. 9. 2003 wird abgewiesen.

Diese einstweilige Verfügung wird für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen - oder sonstigen - Beendigung des Verfahrens zur AZ 1 C 56/03w des Bezirksgerichts Bludenz getroffen.

Der Gegner der gefährdeten Partei ist weiters schuldig, der gefährdeten Partei einen Prozesskostenvorschuss von 10.000 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen."

Die gefährdete Partei, die die Kosten des Sicherungsverfahrens im Umfang der Stattgebung vorläufig und im Umfang der Abweisung endgültig selbst zu tragen hat, ist schuldig, dem Gegner der gefährdeten Partei die mit 3.069,27 EUR (darin 511,54 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Ehegatten. Deren Ehe entsprossen keine Kinder. Der Unterhaltsanspruch der ersten (geschiedenen) Ehegattin des Beklagten, Widerklägers und Gegners der gefährdeten Partei (im Folgenden nur: Beklagter) gegen ihn "ruht derzeit". Der Beklagte ist Eigentümer einer Liegenschaft mit Haus in Vorarlberg. Dort befindet sich die Ehewohnung und eine Einliegerwohnung. Die "Nutzfläche des Hauses" einschließlich Schwimmbad und Garage beträgt rund 550 m². Der Beklagte verließ die Ehewohnung im Frühjahr 2003 und zog in die Einliegerwohnung. Die Streitteile sind Miteigentümer einer Ferienwohnung auf dem Muttersberg. Der Beklagte trägt für diese Wohnung, ferner aber auch für die Ehewohnung alle Abgaben, Betriebs-, Strom-, Heiz-, und Telefonkosten sowie die Rundfunk- und Fernsehgebühren "in nicht feststellbarer Höhe". Dafür wendet er - ohne Rundfunk- und Fernsehgebühren - monatlich 549,41 EUR auf. Zu Weihnachten 2002 schenkte er der Klägerin, Widerbeklagten und gefährdeten Partei (im Folgenden nur: Klägerin) einen PKW im Wert von 29.069,13 EUR. Er zahlt "die Versicherungsprämie" für dieses Fahrzeug und deckt dessen (sonstigen) Betriebskosten. Dafür wendet er monatlich 81,15 bis 94,48 EUR auf. Überdies zahlt er der Klägerin ein "Haushaltsgeld" von 1.162 EUR monatlich. Fallweise zahlte er ihr überdies den Erwerb von Kleidern und Schuhen. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung in Bürs. Diese ist vermietet. Daraus bezieht sie ein Einkommen an Mietzins von 503 EUR monatlich und zahlt rund 300 EUR jährlich "in den Reparaturfonds". Sie ist ferner berechtigt, eine im Eigentum des Beklagten stehende Wohnung in Bludenz zu vermieten und erzielt daraus ein Einkommen von 545 EUR monatlich. Seit dem 1. 9. 2009 bezieht die Klägerin auch eine monatliche Pension von 256,34 EUR netto. Die Erträge ihres Wertpapierdepots werden thesauriert. In den letzten Jahren erfolgten keine Gewinnausschüttungen. Die Ehegatten "waren in ihrer bisher gemeinsamen Lebensführung eher bescheiden". Bis vor etwa drei Jahren verbrachten sie jährlich einen gemeinsamen Urlaub von zehn bis vierzehn Tagen. Sie nutzten dabei ihre "Hapimag-Anteile", die vor mehreren Jahren um rund 10.900,93 bis 11.627,65 EUR erworben wurden. Größere "Anschaffungen" wie etwa Antiquitäten und Schmuck wurden nicht getätigt. Die Haus- und Gartenarbeiten verrichtete bis Mai 2002 ausschließlich die Klägerin. Wegen "Rückenproblemen" bei der Klägerin wurde ab Mai 2002 eine Haushaltshilfe zweimal monatlich für je vier Stunden beschäftigt. Deren Kosten trug die Klägerin aus dem Haushaltsgeld. Derzeit beschäftigt sie keine Haushaltshilfe mehr. Der Beklagte ist Jäger. Bis 2001 war er Mitpächter eines Jagdgebiets und zahlte dafür 2.503,55 EUR jährlich. Vor einigen Jahren "leistete" er sich den Erwerb einer Jagdausrüstung. Er macht auch Jagdausflüge ins Ausland. 2003 legte er für eine solche Reise nach Ungarn 2.180,19 EUR aus. Jährlich gibt er zur Finanzierung der Jagd durchschnittlich 3.633,64 EUR aus. Er ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH und benützt einen PKW in deren Eigentum. Dafür zahlt er jährlich 3.633,64 EUR an die Gesellschaft im Weg der Verrechnung mit einer Mietzinsgegenforderung. Er ist Bezieher einer vorzeitigen monatlichen Alterspension von 1.440 EUR netto. Von ihm gezeichnete Anleihen warfen in der Vergangenheit einen Ertrag von rund 11.628 EUR jährlich ab. Sein Gehalt als Geschäftsführer der GmbH bis 1988 betrug 1.889,49 EUR monatlich. Derzeit bezieht er in dieser Funktion ein Gehalt von 655,93 EUR monatlich. Seine Privatentnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen beliefen sich in den letzten fünf Jahren auf "zumindest 79.940,12 EUR". Auf dem Verrechnungskonto des Beklagten als Gesellschafter ist in der Bilanz 2002 eine Gesellschaftsforderung von 86.264,32 EUR ausgewiesen. Die Gesellschaft schüttete bisher noch nie Gewinne aus. Die monatlichen Mietzinseinnahmen bestimmter Wohnungen in Bludenz im Eigentum des Beklagten von 327,03 und 654,84 EUR überließ er "schenkungsweise" Töchtern aus erster Ehe. An eine von ihnen zahlt er seit rund vier Jahren 327,02 EUR monatlich, "nachdem er seitens der Bezirkshauptmannschaft Bludenz zum Ersatz von ihr gewährten Sozialhilfeleistungen verpflichtet wurde".

Das "Unternehmen" der Gesellschaft wurde nach 1988 von einer der Töchter des Beklagten aus erster Ehe und deren Ehegatten "übernommen". Später übernahm es der Beklagte wieder selbst und bestimmt seither, "was in der Firma geschieht". Ende 2001 wurde ein Großteil des Betriebsvermögens der Gesellschaft um 10,174.196 EUR verkauft. Ein Teilbetrag von 9,738.159,70 wurde bereits gezahlt. Über den Restbetrag ist ein Rechtsstreit anhängig. Im Zeitpunkt des Verkaufs beliefen sich die Gesellschaftsverbindlichkeiten auf 4,791.640 EUR. Ende September wurden aus dem Veräußerungserlös 1,706.990 EUR an Körperschaftssteuer fällig. Die Dienstverhältnisse der Arbeitnehmer wurden zum 31. 12. 2001 aufgelöst. Soweit der erörterte Verkaufserlös nicht für Abfertigungen, die Tilgung von Schulden bei Lieferanten und Steuerforderungen des Bundes verwendet wurde, legte ihn der Beklagte langfristig in Anleihen an. Aus deren Zinsenertrag werden die Bankschulden der Gesellschaft "bedient". Auf diese Weise sollen sie in etwa 15 bis 20 Jahren zur Gänze getilgt sein. Die Wertpapiere sind an die Gläubigerbanken verpfändet. Der bilanzierte Gewinn 2002 betrug - einschließlich eines Gewinnvortrags - 4,408.831,12 EUR.

Der Beklagte beschäftigte sich als Gesellschafter-Geschäftsführer 2002 mit der "Kurspflege" der von der Gesellschaft erworbenen Wertpapiere, der Eintreibung aushaftender Forderungen und der Führung erforderlicher Prozesse; er bemühte sich ferner, den Verkauf der noch im Eigentum der Gesellschaft stehenden "Häuser" in die Wege zu leiten. Die künftige Betriebstätigkeit der Gesellschaft wird "nicht mehr im Bereich der Produktion liegen, sondern die Finanzierung, die Beratung und den Verkauf von Wohnungen und Häusern sowie anderer Sachen am Bausektor ... einschließlich der Vermittlungstätigkeit umfassen". Bereits konkret geplant ist die Beteiligung der Gesellschaft an einem bestimmten "Projekt", dessen Bauträger ein Dritter ist, mit 700.000 EUR. Für den Beklagten ist weiters noch die "Beteiligung an einem anderen Unternehmen "denkbar" , wobei er dann "die Finanzanleihen verkaufen und die Schulden abdecken würde". Die Ehe der Streitteile verlief bis Mitte 2000 harmonisch. Ab 2001 kam es zu verbalen Auseinandersetzungen. Im Frühjahr 2001 hatte der Beklagte begonnen, mit seinem Bruder auszugehen. Der Klägerin wurde sodann zugetragen, der Beklagte habe eine Freundin und "mit seiner Putzfrau seit Jahren ein Verhältnis". Sie fühlte sich durch diese Gerüchte gekränkt, insbesondere aber auch deshalb, weil sich der Beklagte vor dem Ausgehen von ihr noch "den Anzug und die Haare richten ließ" und Fragen, wohin er gehe, damit beantwortete, dass sie das "einen Dreck" angehe. Ab Juni 2002 übernachtete der Beklagte - angeblich bei einer Tochter - "öfters auswärts". Dritte zogen das gegenüber der Klägerin in Zweifel. Im Oktober 2002 wurde bei der Klägerin eine nur durch Geschlechtsverkehr übertragbare bakterielle Infektion diagnostiziert. Bereits zuvor litt sie an einer ebenso nur durch Geschlechtsverkehr übertragbaren Viruserkrankung. Im Frühjahr 2003 stritt der Beklagte gegenüber der Klägerin eine ehewidrige Beziehung mit einer anderen Frau noch ab. Er unterhält jedoch eine solche Beziehung bereits seit Ende 2001 "mit der früheren Putzfrau" der Gesellschaft. Mit dieser hat er seit 2002 auch Geschlechtsverkehr. Mit der Klägerin hatte er noch im Frühjahr 2003 ungeschützten Geschlechtsverkehr.

Ab dem Frühjahr 2001 begann die Klägerin, den Beklagten zu beschimpfen. Sie äußerte sich auch abfällig über dessen Töchter aus erster Ehe und seinen Bruder. Sie hatte den Eindruck gewonnen, der Beklagte lehne Gespräche mit ihr ab, und litt unter der häuslichen Situation. Das löste bei ihr eine "depressive Belastungsreaktion" aus. Als die Beschimpfungen der Klägerin häufiger geworden waren, zeichnete sie der Beklagte seit Anfang 2002 auf einem Schallträger auf. Zu deren Repertoire an verwendeten Schimpfwörtern gehörten:

Seniler alter Trottel, Dreckschwein, alter Bock und Hurenbock. Die Töchter des Beklagten aus erster Ehe bezeichnete die Klägerin als Huren und als Schmarotzer. Die (nunmehrige) Freundin des Beklagten nannte sie "Putzhure" und seinen Bruder bezeichnete sie als Hurenbock. Am 21. 8. 2003 wurde der Beklagte von der Klägerin in Anwesenheit ehemaliger Mitarbeiter der Gesellschaft rund eine Stunde lang massiv beschimpft. Vom 31. 8. bis 3. 9. 2002 wurde die Klägerin "zwangsweise" im Landeskrankenhaus Valduna angehalten. Bis Ende Juli 2003 kochte und wusch sie noch für den Beklagen. Dieser erschien jedoch "sehr unregelmäßig zu den Mahlzeiten". An die von der Klägerin deshalb für deren Einnahme fixierten Zeiten hielt sich der Beklagte nicht. Seit Ende Juli 2003 kommt der Beklagte nicht mehr in die Ehewohnung, um dort zu essen. Als er wieder einmal ohne die Klägerin ausgehen wollte, sagte sie ihm, er solle seine Wäsche "dorthin mitnehmen, wo er die Nächte verbringe". Die zum Bügeln gerichtete Wäsche warf sie ihm "vor das Auto".

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ehescheidung, Rechnungslegung und Leistung gesetzlichen Unterhalts von 4.500 EUR monatlich in Anspruch. Ferner beantragte sie, ihn mittels einstweiliger Verfügung zur Leistung eines monatlichen Provisorialunterhalts von 4.500 EUR ab 2. 6. 2003, zahlbar bis spätestens zum 5. eines jeden Monats, zu verhalten und ihm außerdem die Zahlung eines Prozesskostenvorschusses von 10.000 EUR aufzuerlegen. Sie brachte vor, der Beklagte beziehe als Alleingesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH ein Monatseinkommen von zumindest 29.563,02 EUR netto. Dieses errechne sich aus seiner Pension, dem Ertrag des Gesellschaftsvermögens, Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen, dem Ertrag aus Wertpapiergeschäften, Vermietung und Verpachtung sowie aus dem Geschäftsführergehalt. Die Gesellschaft habe ihr Bauunternehmen verkauft. Soweit sie Kapital veranlagt habe, sei der Beklagte auf die Entnahme eines entsprechenden Ertrags anzuspannen. Ihr - der Klägerin - Monatseinkommen aus Unterhaltszahlungen des Beklagten und Mietzinsen betrage nur rund 2.248 EUR. Sie sei gelernte Friseurin, habe jedoch bei einem Lebensalter von 60 Jahren keine Möglichkeit mehr, sich in das Erwerbsleben einzugliedern. Wegen des eklatanten Unterschieds der Einkommen der Streiteile und der dem Beklagten anzulastenden "nachhaltigen Unterhaltsverletzung" sei auch die Auferlegung eines Prozesskostenvorschusses von 10.000 EUR "mehr als gerechtfertigt".

Der Beklagte wendete ein, sein monatliches Nettoeinkommen betrage 2.496,49 EUR. Er zahle der Klägerin nicht nur Wirtschaftsgeld von

1.200 EUR monatlich, sondern leiste auch Naturalunterhalt. So bestreite er sämtliche Betriebs- und Fixkosten für die eheliche Liegenschaft. Das Eigeneinkommen der Klägerin belaufe sich - ohne das Wirtschaftsgeld - auf 1.248 EUR monatlich. Der von der Gesellschaft aus der Veräußerung eines Teils ihres Betriebsvermögens erzielte Erlös sei angelegt worden. Die Gesellschaft sei nach wie vor operativ tätig. Es sei beabsichtigt, für sie künftig "weitere Tätigkeitsfelder zu erschließen". Sie habe seit ihrer Gründung 1969 nie Gewinne ausgeschüttet. Ihre wirtschaftliche Situation, Tätigkeit und "unternehmerische Vorhaben" auf dem Bauträgersektor, den Geschäftsbereichen des Erwerbs und der "Verpachtung von Liegenschaften" und "des Ankaufs eines Unternehmens" bzw "des Einstiegs in ein solches" erforderten ausreichendes Eigenkapital sowie die Bildung von Rücklagen. Aus dem Zinsenertrag der erworbenen Anleihen tilge die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten von insgesamt

4.791.640 EUR. Demnächst sei die Vorschreibung von Körperschaftssteuer in Höhe von 1.706.990 EUR zu erwarten. Die das Gesellschaftsvermögen betreffenden unternehmerischen Entscheidungen hätten keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin. Es könne nicht ernsthaft verlangt werden, von der Gesellschaft erzielte Gewinne für den privaten Verbrauch zu entnehmen, dagegen deren Geschäftstätigkeit mit Fremdkapital zu finanzieren. Demnach komme seine Anspannung auf die Ausschüttung von Erträgen der Gesellschaft an ihn - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht in Betracht. Die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch überdies wegen schwerer Eheverfehlungen verwirkt. Auf einen höheren als den ohnehin gezahlten Unterhalt habe sie zumindest konkludent verzichtet. Das Erstgericht sprach der Klägerin einen monatlichen einstweiligen Unterhalt von 2.240 EUR vom 2. 6. 2003 "bis August 2003" und 2.120 EUR "ab September 2003" sowie einen Prozesskostenvorschuss von 10.000 EUR zu. Das Mehrbegehren wies es ab. Nach dessen Ansicht ist der Beklagte zur Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage auch auf die Ausschüttung von Gewinn aus dem Gesellschaftsvermögen anzuspannen. Auf dieser Grundlage betrage das monatliche Familieneinkommen von Juni bis August 2003 12.320,48 EUR und 12.619,54 EUR für den Zeitraum ab September 2003. An Naturalunterhalt zahle der Beklagte für den PKW der Klägerin monatlich 88 EUR sowie für die eheliche Wohnung und die Ferienwohnung einen ihr anzurechnenden Betrag von monatlich 274,71 EUR. Dazu komme noch ein Teil der vom Beklagten getragenen Rundfunk- und Fernsehgebühren. Die Klägerin habe Anspruch auf angemessenen Unterhalt in Höhe der zuerkannten Beträge. Die Beschimpfungen des Beklagten durch die Klägerin seien "zweifelsohne Eheverfehlungen". Bei deren Gewichtung seien jedoch ihre gesundheitliche Beeinträchtigung und die ehewidrigen Beziehungen des Beklagten mit einer anderen Frau zu beachten. Demnach habe die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt. Sie habe auch auf eine Erhöhung des bisher geleisteten Unterhalts nicht verzichtet. Der zugesprochene Prozesskostenvorschuss beruhe auf einem besonderen Unterhaltsbedarf, der - gemessen an den zu erwartenden Prozesskosten - aus dem laufenden Unterhaltsbeitrag nicht gedeckt werden könne. Eine solche Leistung sei dem Beklagten zuzumuten.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es der Klägerin einen monatlichen einstweiligen Unterhalt von 1.100 EUR vom 2. 6. bis 31. 8. 2003 und 1.000 EUR ab 1. 9. 2003 zuerkannte und das Mehrbegehren von monatlich 3.400 EUR vom 2. 6. bis 31. 8. 2003 und

3.500 EUR ab 1. 9. 2003 abwies. Es bestätigte ferner die Zuerkennung des Vorschusses für die Prozesskosten von 10.000 EUR und sprach überdies aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, eine Verzichtserklärung sei eng auszulegen und ein schlüssiger Verzicht nur dann zu bejahen, wenn er sich aus den Umständen des Falls "absolut zweifelsfrei" ergebe. Danach habe die Klägerin auf einen Unterhalt in der zuerkannten Höhe nicht verzichtet. Sie habe ihren Unterhaltsanspruch auch nicht verwirkt. Eine Verwirkung nach § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB trete nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Unterhaltsanspruchs gegen den Verpflichteten nach den Umständen des Einzelfalls grob unbillig wäre. Das wäre nur bei schuldhaftem völligen Verlust oder einer dem nahekommenden Verflüchtigung des Ehewillens auf Seiten des Unterhaltsberechtigten der Fall. Diese Voraussetzung sei angesichts der Erkrankung der Beklagten und des Verhaltens des Klägers nicht erfüllt. Die Schaffung eines Leistungstitels setze zwar grundsätzlich eine Verletzung der Unterhaltspflicht voraus, ein Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Verfolgung eines Unterhaltsanspruchs bestehe indes auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige behaupte, der Unterhaltsberechtigte habe seinen Anspruch verwirkt. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen werde durch die ihm tatsächliche zufließenden verfügbaren Mittel bestimmt. Dazu gehörten auf Kapitalerträgnisse. Das Erstgericht habe unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 2 Ob 295/00x eine "Anspannung des Beklagten auf fiktive Vermögenserträgnisse" an sich zutreffend bejaht, müsse doch der Unterhaltspflichtige sein Kapital unter Abwägung von Ertrag und Risiko "möglichst erfolgversprechend" anlegen. Das schließe die bei gebotener Sorgfalt erzielbaren Erträge ein. Obgleich es "aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoller erscheinen mag", den aus dem Verkauf von Betriebsvermögen der Gesellschaft erzielten Erlös "langfristig anzulegen, um höhere Zinsen zu erzielen" und mit den Zinsenerträgen die noch aushaftenden Bankschulden der Gesellschaft zu tilgen, könne bei "unterhaltsrechtlicher Betrachtung nicht unberücksichtigt bleiben", dass der Gesellschaft "nach Abdeckung sämtlicher Verbindlichkeiten - einschließlich der im September 2003 abzuführenden Körperschaftssteuer - ... ein Erlös von über 3 Mio EUR" verbleibe. Der Beklagte könnte über diesen Betrag grundsätzlich verfügen und ihn gewinnbringend anlegen. Er müsse jedoch Vermögenserträgnisse zur Deckung des angemessenen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gar nicht heranziehen. Dieser sei nach ständiger Rechtsprechung "nach dem einvernehmlich gestalteten Lebenszuschnitt der Eheleute bzw nach dem Stil der Lebensführung, wie er vom Unterhaltsverpflichteten gewählt" werde, zu beurteilen. Der Klägerin stehe die vormalige Ehewohnung nunmehr allein zur Verfügung. Sie könne ferner die Ferienwohnung mitbenützen. Der Beklagte trage sämtliche Kosten dieser Wohnungen. Er zahle auch die Betriebskosten des PKWs der Klägerin; diese erhalte außerdem ein monatliches "Haushaltsgeld" von 1.162 EUR und verfüge über monatliche Mietzinseinnahmen von rund 1.000 EUR und - ab 1. 9. 2003 - über ein monatliches Pensionseinkommen von 256,34 EUR. Die Lebensführung der Streitteile während der Ehegemeinschaft sei "eher bescheiden" gewesen. Angesichts dessen erscheine "ein über dem monatlichen Haushaltsgeld liegender Unterhaltsbeitrag unangemessen". Dabei sei in Rechnung zu stellen, dass sich die Kosten der Haushaltsführung durch den Auszug des Beklagten aus der ehelichen Wohnung verringert hätten. Der monatliche Unterhaltsanspruch der Klägerin sei daher bis einschließlich August 2003 mit 1.100 EUR und ab 1. 9. 2003 mit 1.000 EUR festzusetzen. Sollte bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf die vom Beklagten zu tragende Einkommensteuer noch nicht im vollen Ausmaß Bedacht genommen worden sein, so sei er eben verpflichtet, auch Vermögenserträgnisse zu erzielen, um den angemessenen Unterhalt der Klägerin decken zu können. Die vom Beklagten seinen Töchtern aus erster Ehe geschenkten Mietzinseinkünfte seien in die Bemessungsgrundlage ebenso einzubeziehen. Das Erstgericht habe der Klägerin aber auch mit zutreffender Begründung einen Prozesskostenvorschuss zuerkannt. Angesichts des der Klägerin zuerkannten Unterhalts und der vom Beklagten nur für das Provisorialverfahren verzeichneten Kosten von 12.304 EUR sei die Zubilligung des beantragten Vorschusses angemessen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts nicht zu lösen gewesen seien.

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist unzulässig, jener des Beklagten ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs der Klägerin:

1. 1. Nach Ansicht der Klägerin würde bereits die Einbeziehung von "5 % des Bilanzgewinns" der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte sei, zum Erfolg des Provisorialbegehrens - einstweiliger Unterhalt von 4.500 EUR monatlich - führen. Nach den getroffenen Feststellungen befasst sich der Beklagte als Geschäftsführer der Gesellschaft mit der Einziehung offener Forderungen, der Führung anhängiger Prozesse, der Erkundung von Möglichkeiten zur Veräußerung der (noch) in deren Eigentum stehenden "Häuser" und mit der "Kurspflege der Wertpapiere, welche aus dem Verkaufserlös des Betriebsvermögens angeschafft" wurden. Dafür bezieht er ein Geschäftsführergehalt von 655,93 EUR monatlich netto. Dass dieser Betrag eine zu geringe Gegenleistung sei, behauptet auch die Klägerin nicht.

1. 2. Gestützt auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sprach der erkennende Senat in der Entscheidung 1 Ob 98/03y aus, dass zwar die Erträgnisse des Vermögens eines zur Unterhaltsleistung Verpflichteten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, die Vermögenssubstanz im Allgemeinen jedoch nicht; diese müsse bei der Unterhaltsbemessung lediglich dann berücksichtigt werden, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zur Deckung des angemessenen Unterhalts des Berechtigten nicht ausreiche. Der beim Verkauf einer Liegenschaft erzielte Kaufpreis sei kein Vermögensertrag, sondern der Gegenwert der Vermögenssubstanz. Der angemessene Unterhalt gemäß § 94 Abs 2 ABGB richte sich nach dem einvernehmlich gestalteten Lebenszuschnitt der Eheleute bzw nach dem Stil der Lebensführung, wie ihn der Unterhaltspflichtige gewählt habe. Greife der zur Unterhaltszahlung Verpflichtete zur Deckung des Aufwands für die von ihm gewählte Lebensführung die Substanz seines Vermögens an, so sei es nur recht und billig, den unterhaltsberechtigten Ehepartner an diesem "'Lebenszuschnitt'" (Lebensstandard) teilhaben zu lassen. Nur insoweit sei das Vermögen des Unterhaltspflichtigen bei der Unterhaltsbemessung angemessen zu berücksichtigen. An diesen Leitlinien ist festzuhalten.

1. 3. Die Analyse der vom Erstgericht als Bescheinigungsmittel verwerteten Gesellschaftsbilanz 2002 ergibt, dass der - inklusive eines Gewinnvortrags - ausgewiesene Gewinn von 4,408.831,12 EUR (Jahresgewinn 3.993.396,27 EUR) praktisch nur aus dem Erlös des Verkaufs von Anlagevermögen besteht. Das verdeutlicht die Gegenüberstellung der Gewinnziffer (insbesondere) mit den Erträgen "aus Betriebsleistung" und den Aufwendungen. Die Schulden - überwiegend bei Banken - beliefen sich auf 4,791.640,52 EUR. Die "Rückstellungen für Körperschaftssteuer" sind mit 1,706.990 EUR ausgewiesen. Bei dieser wirtschaftlichen Lage legte die Gesellschaft den Erlös des Verkaufs von Betriebsvermögen, soweit damit nicht Abfertigungen, Lieferantenverbindlichkeiten und Steuerschulden zu decken waren, "langfristig" an, um aus dem Zinsenertrag ihre (langfristigen) Bankverbindlichkeiten innerhalb eines Zeitraums von fünfzehn bis zwanzig Jahren zu tilgen. Daraus erhellt, dass die Klägerin - anders als sie meint - in Wahrheit danach strebt, die Vermögenssubstanz des Beklagten (Geschäftsanteil) für die Bemessung ihres gesetzlichen Unterhalts fruchtbar zu machen, will sie doch nicht akzeptieren, dass der aus der Veräußerung des größten Teils des Anlagevermögens der Gesellschaft erzielte "Gewinn" - also die bloße Umwandlung dieses Anlagevermögens in Geld - nicht einmal teilweise an den Beklagten als Alleingesellschafter ausgeschüttet wird, sondern - bei zinsengünstiger Veranlagung - zur Gänze der Tilgung deren Bankverbindlichkeiten dienen soll. Diese Entscheidung des Beklagten als Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft läuft gerade nicht auf die Aufzehrung seiner Vermögenssubstanz - die Werthaltigkeit seines Geschäftsanteils - hinaus, um für sich selbst einen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren, an dem er die Klägerin teilhaben lassen müsste. Allein die Vermögensumschichtung innerhalb der Gesellschaft von Real- in Geldvermögen kann aber - im Einklang mit den von der Klägerin für einschlägig gehaltenen Leitlinien der Entscheidung 1 Ob 98/03y - noch keine unterhaltsrechtliche Verpflichtung des Beklagten begründet haben, an sich als Alleingesellschafter einen Teil des bilanzierten Gesellschaftsgewinns auszuschütten und gewinnbringend anzulegen, um so einerseits die Bemessungsgrundlage für den Unterhalt der Klägerin zu erhöhen, andererseits aber den Zeitraum für die Tilgung der langfristigen Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft - wegen des dann für eine zinsbringende Veranlagung zur Verfügung stehenden geringeren Gesellschaftskapitals - zu verlängern. Insoweit ist festzuhalten, dass hier nicht zu beurteilen ist, welche Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Geldunterhalts der Klägerin nach Tilgung der erörterten Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft maßgebend wäre. Ferner darf nicht übersehen werden, dass das Geschäftsfeld der Gesellschaft nach den Feststellungen künftig "die Finanzierung, die Beratung und den Verkauf von Wohnungen und Häusern sowie anderer Sachen am Bausektor ... einschließlich der Vermittlungstätigkeiten" umfassen soll, die "Beteiligung" an einem bestimmten Objekt mit rund 700.000 EUR bereits konkret geplant und für den Beklagten weiters noch die "Beteiligung an einem anderen Unternehmen "denkbar" ist, wobei er dann "die Finanzanleihen verkaufen und die Schulden abdecken würde". Die Gesellschaft befindet sich somit in einer Phase betrieblicher Umstrukturierung, deren Erfolg durch ausreichende Eigenmittel wesentlich gefördert wird.

1. 4. Nach den oben (1.2. und 1.3.) angestellten Erwägungen ist es ausschlaggebend, ob der Beklagte der Klägerin den entsprechend dem einvernehmlich gestalteten Lebenszuschnitt der Ehegatten angemessenen Unterhalt aus realen Einkommensquellen als Bemessungsgrundlage reichen kann. Dazu stellte das Erstgericht - unter Anführung von Einzelheiten - fest, die Ehegatten seien "in ihrer bisher gemeinsamen Lebensführung eher bescheiden" gewesen. Vor diesem Hintergrund soll der Beklagte den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses zufolge - bei einer Bemessungsgrundlage von insgesamt etwa 4.000 EUR Monatseinkommen "ohne Heranziehung fiktiver Vermögenserträgnisse" in der Lage sein, einen - unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens der Klägerin und der Aufwendungen des Beklagten an Naturalunterhalt - angemessenen monatlichen Unterhalt von 1.000 bzw 1.100 EUR zu zahlen. Das Rekursgericht stützte sich dabei insbesondere auch auf die von ihm - entgegen der Ansicht der Klägerin - im Kern nicht falsch verstandene Entscheidung 1 Ob 98/03y. Als Beurteilungsdetail wesentlich ist im erörterten Zusammenhang jedoch, dass die Gesellschaftsbilanz 2002 lediglich einen Gewinn ausweist, der aus der Veräußerung von Anlagevermögen erzielt wurde. Was nach den Kriterien des Bilanz- und Steuerrechts als "Gewinn" auszuweisen war, ist nach der im Unterhaltsrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise als bloße Umschichtung des Vermögens der Gesellschaft von Real- in Geldvermögen einzustufen. Diese Umschichtung hat nach den Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 98/03y - an der Rechtsnatur des Vermögens als Anlagevermögen nichts geändert. Dieses Anlagevermögen wird von der Gesellschaft während der betrieblichen Umstrukturierung - gerade in den angestrebten Geschäftssparten - auch benötigt, um den Erfolg der zukünftigen geschäftlichen Tätigkeit zu fördern und sicherzustellen. Im Licht solcher Erwägungen ist dem Rekursgericht bei der Ausklammerung "fiktiver Vermögenserträgnisse" des Beklagten aus der Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des gesetzlichen Unterhalts der Klägerin eine gravierende Fehlbeurteilung zu deren Lasten - als Voraussetzung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses - nicht unterlaufen, wäre doch in der Einbeziehung der vom Rekursgericht erörterten "fiktiven Vermögenserträgnisse" in die Unterhaltsbemessungsgrundlage - wie bereits erwähnt - ein teilweiser Verbrauch des im Geschäftsanteil des Beklagten verkörperten Vermögens der Gesellschaft zu erblicken.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist somit zurückzuweisen.

2. Zum Revisionsrekurs des Beklagten:

2. 1. Der Beklagte vermisst die Feststellung, dass sich die Klägerin in den letzten fünfzehn Ehejahren mit einem monatlichen "Wirtschaftsgeld" von 16.000 ATS begnügt habe. Stünde eine solche Tatsache fest, so könnte der Geldunterhaltsanspruch der Klägerin nicht mehr als 581,38 EUR (= 8.000 S) betragen. Dieses Ergebnis wird auf die Entscheidung 1 Ob 171/02g gestützt. Dort hatten die Vorinstanzen ausdrücklich festgestellt, die Klägerin habe vom Beklagten nie ausdrücklich mehr "'Wirtschaftsgeld'" verlangt, vielmehr habe sie sich mit den ihr zur Verfügung gestellten Beträgen "'abgefunden'". Das könne nur so verstanden werden, dass sie auf einen ihr zustehenden höheren Unterhalt verzichtet habe. Zwar könne aus der bloßen Tatsache, dass es der Berechtigte unterlassen habe, mehr zu begehren, für sich noch nicht auf den Willen, darauf zu verzichten, geschlossen werden, die Klägerin habe aber auf höheren Unterhaltsleistungen nicht bestanden, sondern sich mit den erbrachten Leistungen begnügt, indem sie sich damit abgefunden und den gewährten Unterhalt subjektiv als die von ihr zu beanspruchende Leistung akzeptiert habe. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Deckung eines Unterhaltsrückstands für den Zeitraum bis zur Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft (24. 5. 2000).

2. 2. Die soeben referierte Entscheidung 1 Ob 171/02g hatte im erörterten Abschnitt nur den Verzicht auf höhere Unterhaltsleistungen für zurückliegende Perioden, innerhalb deren sich die Klägerin dort mit einem "Wirtschaftsgeld" in bestimmter Höhe abgefunden hatte, zum Gegenstand. Diese Erwägungen tragen nicht die Ansicht des Beklagten, die Klägerin habe, weil sie sich während des Bestehens der Ehegemeinschaft mit einem "Wirtschaftsgeld" in bestimmter Höhe begnügt habe, auf den seine Hälfte übersteigenden angemessenen laufenden Geldunterhalt verzichtet. Der Beklagte übergeht ferner, dass er der Klägerin nach den Feststellungen - auch noch nach seinem Auszug aus der Ehewohnung im Frühjahr 2003 - ein "Haushaltsgeld" von

1.162 EUR zahlte. Er ist daher bisher offenkundig selbst nicht der Ansicht gewesen, die Klägerin könnte durch ihr Verhalten vor Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile auf den 581,38 EUR monatlich übersteigenden laufenden und angemessenen Geldunterhalt verzichtet haben. In der rekursgerichtlichen Verneinung eines - nach den besonderen Umständen dieses Falls zu beurteilenden - schlüssigen (teilweisen) Unterhaltsverzichts der Klägerin ist somit kein Rechtsirrtum zu erkennen.

2. 3. Nach Meinung des Beklagten hat die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie ihn - auch vor anderen Leuten - massiv beschimpft habe. Der Beklagte bagatellisiert dabei, dass diese Beschimpfungen ihre Ursache in einer nicht zuletzt wegen seines eigenen ehewidrigen Verhaltens verursachten - psychischen Erkrankung der Klägerin - haben. Eine Unterhaltsverwirkung kann auch nicht deshalb eingetreten sein, weil die Klägerin für ihn das Kochen einstellte. Dabei ist maßgebend, dass der Beklagte "sehr unregelmäßig zu den Mahlzeiten" erschien, weshalb die Klägerin die Zeiten für deren Einnahme fixierte. Daran hielt sich der Beklagte aber nicht. Soweit er nunmehr ins Treffen führt, als Geschäftsmann könne er sich an "fixe Essenszeiten" nicht halten, ist ihm zu entgegnen, dass jene Aufgaben, die er vor seinem Auszug aus der ehelichen Wohnung Ende Juli 2003 als Geschäftsführer der Gesellschaft noch erfüllte, kein Hindernis gewesen wären, die Mahlzeiten zumindest überwiegend innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens einzunehmen. Soweit die Klägerin dem Beklagten vor seinem Auszug aus der Ehewohnung die Wäsche nicht mehr besorgte, liegt darin im Licht aller Tatsachen des Ehelebens der Streitteile - entgegen der Ansicht des Beklagten - zumindest keine Eheverfehlung, die die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs im Sinne des § 94 Abs 2 ABGB als Rechtsmissbrauch erscheinen ließe. Demnach erfolgte die Verneinung einer Unterhaltsverwirkung durch die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum. Im Übrigen ist der Beklagte auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin am Zuspruch laufenden Unterhalts - selbst ohne Vorliegen eines Zahlungsrückstands - schon deshalb besteht, weil er dem Unterhaltsbegehren mit der ungerechtfertigten Einwendung entgegentrat, die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt (so zuletzt 9 Ob 13/03g; siehe ferner RIS-Justiz RS0037998). 2. 4. Es wurde bereits im Rahmen der Gründe zur Zurückweisung des Revisionsrekurses der Klägerin erörtert, warum dem Rekursgericht bei Ausklammerung "fiktiver Vermögenserträgnisse" des Beklagten aus der Bemessungsgrundlage bei Ermittlung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin zumindest keine gravierende Fehlbeurteilung zu deren Lasten unterlaufen sein kann. Insoweit bleibt es somit im Ergebnis ohnehin bei der vom Rekursgericht getroffenen Entscheidung. Daher kann es in diesem Punkt keine Feststellungsmängel geben, die einer abschließenden rechtlichen Beurteilung entgegenstünden. Es sei jedoch angemerkt, dass das Erstgericht ohnehin Feststellungen zur beabsichtigten Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nach dem Verkauf des größten Teils ihres Anlagevermögens - auf Grund eines bereits in erster Instanz erstatteten Tatsachenvorbringens - traf.

2. 5. Die über die Privatentnahmen des Beklagten aus dem Gesellschaftsvermögen innerhalb der letzten fünf Jahre getroffenen Feststellungen sind nicht präjudiziell, spielen doch diese Entnahmen in dritter Instanz keine Rolle mehr. Dazu merkte die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs bloß an, bis zum Verkauf von Anlagevermögen der Gesellschaft 2001 sei "die Ertragslage der Gesellschaft eher bescheiden" gewesen, "sodass neben dem Geschäftsführergehalt die Entnahmen gering" ausgefallen seien. Es besteht somit auch nicht der gerügte Feststellungsmangel, der Beklagte habe mit 43.603,70 EUR der Entnahmen Erb- und Pflichtteilsansprüche seiner Söhne abgefunden. 2. 6. Die im Revisionsrekurs angestellte Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin mit 716,76 EUR monatlich, der wegen Naturalunterhaltsleistungen letztlich auf 500 bis 600 EUR monatlich zu reduzieren sei, kann nur den Zeitraum ab dem 1. 9. 2003 zum Gegenstand haben, bezieht doch die Klägerin erst seit diesem Zeitpunkt eine Pension. Die Berechnung auf Seite 8 des Revisionsrekurses ist - nach allen maßgebenden Parametern - richtig. Daraus ergibt sich kein höherer monatlicher Geldunterhaltsanspruch der Klägerin als 600 EUR, wie er auf Seite 9 des Revisionsrekurses unter Mitberücksichtigung des vom Beklagten gezahlten Naturalunterhalts letztlich zugestanden wird.

Für den Zeitraum vom 2. 6. 2003 bis 31. 8. 2003 beträgt das monatliche Familieneinkommen 4.822,98 EUR netto, 40 % davon ergeben 1.929,19 EUR. Zieht man davon das Eigeneinkommen der Klägerin an Mietzinsen von 1.048 EUR monatlich ab, so verbleibt ein monatlicher Geldunterhaltsanspruch von - gerundet - 881 EUR. Davon sind noch 116 EUR - demnach jener Betrag, den der Beklagte auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin nach seinem Berechnungsmodell als Naturalunterhalt letztlich (bloß) angerechnet haben will - abzuziehen. Das ergibt 765 EUR.

2. 7. Der erkennende Senat hält die Argumente des Beklagten gegen den der Klägerin zuerkannten Prozesskostenvorschuss für nicht stichhältig, dagegen die auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0013486) gestützte Ansicht des Rekursgerichts für zutreffend. Soweit der Beklagte für seinen Standpunkt die Entscheidung LGZ Wien 44 R 1030/89 (= EFSlg 61.059) ins Treffen führt, ist ihm zu entgegnen, dass deren Aussagen die Lebensverhältnisse 1989 zum Gegenstand haben und nicht auf die besonderen Umstände dieses Falls zugeschnitten sind. Nach der bisherigen Entwicklung des Verfahrens über die Ehescheidungsklagen, die Unterhaltsklage und die Provisorialanträge sind die Streitteile bestrebt, durchzusetzen, was jeder von ihnen maximal erreichen zu können glaubt. Die Klägerin ist bemüht, einen hohen Geldunterhaltsanspruch zu erstreiten, dagegen ist der Beklagten der Ansicht, dass die Klägerin überhaupt keinen Unterhaltsanspruch hat. Im Übrigen strebt jede Partei den Ausspruch der Ehescheidung aus dem alleinigen Verschulden des Gegners an. Das führte bereits bisher zu einem hohen Prozesskostenaufwand; daran wird sich künftig wenig ändern, selbst wenn die Klägerin ihr Unterhaltsbegehren einschränken sollte. Solche vorhersehbaren Aufwendungen für Prozesskosten begründen einen besonderen Unterhaltsbedarf, der aus dem laufenden Geldunterhalt nicht ohne weiteres gedeckt werden kann. Schon der nach § 9 Abs 3 RATG zu ermittelnde Streitwert des kontradiktorischen Verfahrens über das Sicherungsbegehren auf Zahlung des laufenden Unterhalts beträgt 54.000 EUR. Dazu kommen weitere 10.000 EUR für das Begehren auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses. Allein für das Provisorialverfahren verzeichnete der Beklagte in erster Instanz bereits Kosten von 12.304 EUR. Der auferlegte Prozesskostenvorschuss ist dem Beklagten nunmehr umsomehr deshalb zumutbar, weil der erkennende Senat den laufenden Provisorialunterhalt der Klägerin mit einem noch geringeren Betrag als das Rekursgericht bestimmte. Dem Revisionsrekurs des Beklagten ist somit nur teilweise Folge zu geben.

2. 8. Gelingt dem Beklagten die Abwehr des Sicherungsantrags, dann ist die Entscheidung über seine Kosten des Sicherungsverfahrens nicht vorzubehalten, sondern er hat gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 52 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz dieser Kosten. Gelingt ihm nur die Abwehr eines Teils des Sicherungsantrags, sind die Vorschriften der ZPO über die Kostenteilung zufolge § 393 Abs 1 EO, der einen Zuspruch von Kosten an den Kläger im Provisorialverfahren nicht ermöglicht, nicht anzuwenden. Der Beklagte hat vielmehr Anspruch auf Kostenersatz in jenem Ausmaß, in dem er im Provisorialverfahren erfolgreich war (1 Ob 237/99f mwN aus der Rsp).

Für das Verfahren erster Instanz beträgt die Kostenbemessungsgrundlage insgesamt 64.000 EUR. Der Beklagte obsiegte zu rund 73 %. Die vom Erstgericht zurückgewiesenen Schriftsätze waren nicht zu honorieren. Die vom Beklagten - abgesehen von den beiden Äußerungsschriftsätzen zu den Sicherungsanträgen - verzeichneten weiteren Kosten sind solche des Hauptverfahrens. Der betroffene Verfahrensaufwand diente (auch) der Vorantreibung des Hauptverfahrens. Seine Bedeutung erschöpft sich somit nicht in der Entscheidung über die Sicherungsanträge. Im Rekursverfahren obsiegte der Beklagte mit seinem Rechtsmittel zu rund 51 % und wehrte rund 75 % des Rekursinteresses der Klägerin ab. Sein Revisionsrekursinteresse konnte der Beklagte dagegen nur zu rund 22 % durchsetzen. Auf dieser Basis ergab sich der summierte Kostenersatzanspruch des Beklagten für alle drei Instanzen mit dem im Spruch dieser Entscheidung ausgeworfenen Betrag. Die für den Revisionsrekurs verzeichnete gerichtliche Pauschalgebühr ist dem Beklagten - auch nicht anteilig - zuzuerkennen, weil eine solche Gebührenpflicht nach Anm 1 zu TP 3 GGG nicht besteht.

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