OGH 5Ob289/03s

OGH5Ob289/03s29.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ursula P*****, vertreten durch Dr. Johannes Ehrenhöfer und Dr. Wilhelm Häusler, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die Antragsgegner 1. Sylvia W*****, 2. Johanna Forster-B*****, 3. Petrus V*****, 4. Liselotte P*****, 5. Friedrich S*****, 6. Gerda S*****, 7. Gerald K*****, 8. Christa K*****, 9. Margaretha H*****, 10. Karl J*****, 11. Christian Q*****, 12. Maria G*****, 13. Herbert S*****, 14. Dr. Eugen R*****, 15. Edith H*****, 16. Konrad B*****, 17. Eleonora B*****, 18. Karl T*****, 19. Hildegard T*****, 20. Rupert H*****, 21. Dr. Peter S*****, 22. Mag. Gerhard V*****, 23. Reinhard T*****, 24. Dr. Wilhelm K*****, 25. Hedwig S*****, 26. Dorothea H*****, 27. Johanna K*****, 28. Walter G***** und 29. Carin G*****, alle vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Gloggnitz wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten (§ 13a Abs 1 Z 1 iVm § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975), über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 27. August 2003, GZ 17 R 205/03y-61, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 12. März 2003, GZ 3 Msch 15/98d-55, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner haben die Kosten der anwaltlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall (Durchnässung einer Außenwand eines Gebäudes, wodurch es auch zu Durchnässungen in der im Wohnungseigentum der Antragstellerin stehenden Wohnung und dem im Wohnungseigentumzubehör stehenden Kellerräumlichkeiten kommt, ohne dass in nächster Zeit die Statik des Gebäudes dadurch beeinträchtigt würde, aber Sanierungsmaßnahmen sehr wohl die Lebensdauer und den Verkehrswert des Hauses erhöhen würden), insbesondere zur Frage, anhand welcher Kriterien die wirtschaftliche Zumutbarkeit von Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975 zu prüfen sei, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig, was gemäß §§ 37 Abs 3 Z 16 bis Z 18 MRG iVm 528a, 510 Abs 3 ZPO kurz zu begründen ist:

Gemäß § 13a Abs 1 Z 1 WEG 1975 (vgl § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002) kann jeder Miteigentümer die Entscheidung des Gerichtes darüber verlangen, dass Arbeiten im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975 (vgl § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002) binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Voraussetzung ist lediglich die Untätigkeit der Mehrheit, worunter nicht nur die Unterlassung einer Beschlussfassung, sondern auch die mehrheitliche Ablehnung einer Erhaltungsarbeit zu verstehen ist (5 Ob 210/01w, 5 Ob 102/02i). Gemäß § 14 Abs 1 WEG entscheidet in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft - unbeschadet der Minderheitsrechte nach § 13a WEG - die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer. Zu diesen Angelegenheiten gehören im Besonderen (Z 1) die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen. Gemäß § 3 Abs 1 MRG hat der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten werden. Durch die Verweisung des § 14 Abs 1 Z 1 WEG auf § 3 Abs 1 MRG ist klargestellt, dass die Erhaltung "im jeweils ortsüblichen Standard" für die Abgrenzung der Erhaltung von der Verbesserung von Bedeutung ist, sodass zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur Erhaltung gehören, auch wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustandes handelt oder es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und dabei sogar Veränderungen vorgenommen werden (5 Ob 157/02b, 5 Ob 210/01w, 5 Ob 286/01x, 5 Ob 64/00y, RIS-Justiz RS0114109 ua). Durch diesen weiten ("dynamischen" oder "elastischen") Erhaltungsbegriff ist es zu einer Ausdehnung des Bereichs der ordentlichen Verwaltung im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG zu Lasten der außerordentlichen Verwaltung im Sinne des § 14 Abs 3 WEG gekommen (5 Ob 210/01w). Der dynamische Erhaltungsbegriff gebietet also eine Rücksichtnahme auf die Entwicklung der Bautechnik und die zeitgemäße Wohnkultur (5 Ob 190/01d, 5 Ob 157/02b ua).

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung ganz allgemein auf die Dringlichkeit und die wirtschaftlichen Aspekte über die Finanzierbarkeit Bedacht zu nehmen (5 Ob 210/01w, RIS-Justiz RS0083121, RS0116139). Bei Beurteilung der Frage, ob eine Erhaltungsarbeit der Mehrheit über Antrag eines Wohnungseigentümers im Sinne des § 13a WEG iVm § 14 WEG aufzutragen ist, ist dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (5 Ob 202/00t), der im konkreten Fall von den Vorinstanzen eingehalten wurde. Gegenstand des Verfahrens war zuletzt die Sanierung einer Außenmauer, daher eines allgemeinen Teiles des Hauses. Auch wenn im vorliegenden Einzelfall die Statik des Gebäudes durch das Aufsteigen von Feuchtigkeit in der Außenmauer nicht unmittelbar beeinträchtigt wird, so sind Feuchtigkeitsschäden doch grundsätzlich ihrer Natur nach den ernsten Schäden eines Hauses zuzurechnen (5 Ob 219/98m, 5 Ob 1102/92, RIS-Justiz RS0083089). Durch Schimmelbildung ist die Gesundheit der Bewohner gefährdet. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass der vorliegende Mangel jedenfalls reparaturbedürftig ist und im Sinn eines dynamischen Erhaltungsbegriffes bei der Isolierung der Außenmauer auf den jetzigen Standard und nicht auf jenen im Zeitpunkt der Errichtung abzustellen ist (vgl 5 Ob 157/02b), hält sich an die oben dargelegte Judikatur. Abgesehen davon steht fest, dass durch die Sanierungsarbeiten eine Verlängerung der Lebensdauer und eine Wertsteigerung oder zumindest Werterhaltung des Hauses bewirkt wird. Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit im Einzelfall (die Sanierungskosten betragen rund 10 % des Verkehrswertes des Hauses) durch das Rekursgericht ist nicht zu beanstanden. Soweit eingewandt wird, dass "allenfalls" andere dringende Arbeiten berücksichtigt hätten werden müssen, sind die Revisionsrekurswerber darauf zu verweisen, dass es daran an entsprechendem erstinstanzlichen Vorbringen fehlt. Das - im Übrigen auch nur als Vermutung dargestellte - Vorbringen verstößt ebenso wie der Hinweis, dass Haus- und Reparaturreserven (auch im Revisionsrekurs nicht spezifiziert) für die Arbeiten nicht ausreichten, gegen das Neuerungsverbot.

Soweit die Revisionsrekurswerber neuerlich den vom Rekursgericht verneinten Verfahrensmangel erster Instanz geltend machen, sind sie darauf zu verweisen, dass auch im Verfahren außer Streitsachen dieser Verfahrensmangel im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0007232).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes im Einzelfall hält sich in dem von der Judikatur gezogenen Beurteilungsspielraum, sodass der Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Kosten rechtsfreundlicher Vertretung sind grundsätzlich von jeder Partei selbst zu tragen.

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