Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der (Rechtsvorgängerin der) betreibenden Partei wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 13. Jänner 1994 gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 195.694 S = 14.221,64 EUR sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung des dem Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin Republik Österreich (Bund) und Landesgericht für Strafsachen Wien zustehenden Anspruchs auf Herausgabe bestimmter hinterlegter bzw. verwahrter - gemäß § 143 StPO sichergestellter - Überbringersparbücher der PSK mit einem Gesamteinlagestand von 661.766,02 S bewilligt; dem Drittschuldner wurde verboten, diese Sparbücher an den Verpflichteten auszufolgen; dem Verpflichteten wurde jede Verfügung über den gepfändeten Anspruch und insbesondere die Geltendmachung dieses Anspruchs gegen die Drittschuldnerin untersagt.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien erlegte im Juni 1996 fünf Sparbücher der PSK gemäß § 1425 ABGB iVm § 2 EinziehungsG BGBl 1963/281 beim Bezirksgericht Josefstadt (im Folgenden nur Erlagsgericht). Dieses nahm mit Beschluss vom 19. Juli 1996 den Erlag zu Gericht an und nahm die vorläufige Vormerkung des Zurückbehaltungsrechts der Einbringungsstelle beim OLG Wien zur Kenntnis; Erlagsgegner waren der Verpflichtete sowie Privatbeteiligte, nämlich die Ehegattin des Verpflichteten, die Einbringungsstelle beim OLG Wien sowie zwei weitere Personen. Mit Beschluss vom 7. Februar 2000 statuierte das Erlagsgericht - nach entsprechender Verständigung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien -, dass auch die Rechtsvorgängerin der nun betreibenden Partei als weitere Erlagsgegnerin zu berücksichtigen sei.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 17. August 2000 wies das Erlagsgericht die Anträge der hier betreibenden Partei vom 8. August 2000 ab, gemäß § 319a EO die Forderungen aus den Sparurkunden vom Vollstreckungsorgan einziehen zu lassen und dazu das Vollstreckungsorgan mit Beschluss zu ermächtigen, das Verfahren gemäß § 307 Abs 2 EO zu eröffnen und den aus den Sparbüchern erlösten Betrag zu verteilen und die angemeldete Forderung von 195.000 S samt 18,5 % Zinsen seit 14. Mai 1990 und die Kosten von insgesamt 17.470,60 S zur Gänze aus den erliegenden Beträgen zu befriedigen. Im außerstreitigen Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB sei eine Verwertung gemäß § 319a EO und Verteilung nicht vorgesehen. Das Erlagsverfahren beschränke sich darauf, dass der Erleger die Möglichkeit habe, unter den Voraussetzungen des § 1425 ABGB Geld oder wie hier Sparbücher bei Gericht zu erlegen, welche dann vom Erlagsgericht ausgefolgt werden könnten, wenn die vom Erleger gesetzten Bedingungen erfüllt seien, alle Beteiligten der Ausfolgung zustimmten oder wenn ein Begünstigter gegen alle anderen ein Urteil erwirkt hatte. Die Möglichkeit zur Verwertung und Verteilung bestehe jedoch hier nicht.
Die betreibende Partei beantragte hierauf beim Exekutionsgericht, 1. das Erlagsgericht möge aufgefordert werden, die bei diesem erliegenden Sparbücher zwecks Durchführung des Verkaufs- und Verteilungsverfahrens dem Exekutionsgericht Wien zu übersenden, 2. gemäß § 319a EO möge das zuständige Vollstreckungsorgan ermächtigt werden, die Forderungen aus den Sparurkunden einziehen zu lassen, und 3. das Verfahren gemäß § 307 Abs 2 EO zu eröffnen und den aus den Sparbüchern erlösten Betrag zu verteilen und zwar dergestalt, dass der gesamte Betrag der betreibenden Partei zugewiesen werde. Dazu brachte sie vor, die beim Erlagsgericht nach § 1425 ABGB hinterlegten Sparbücher seien von diversen weiteren Gläubigern gepfändet worden. Eine Erlagsgegnerin habe Eigentumsansprüche an den Sparbüchern geltend gemacht. Über diesen behaupteten Anspruch sei ein Prozess anhängig gewesen, in dem sie ihren Eigentumsanspruch nicht habe nachweisen können. Sie habe hierauf die Erklärung abgegeben, der Ausfolgung des Erlags zuzustimmen. Nun sei kein Rechtsstreit über den Erlag anhängig; Erlagsgegner seien nur noch der Verpflichtete und mehrere weitere betreibende Gläubiger.
Das Erstgericht bewilligte im zweiten Rechtsgang die Verwertung der Sparbücher und ersuchte die PSK, nach Rechtskraft dieses Beschlusses dem sich meldenden Gerichtsvollzieher des Erlagsgerichts gegen Vorweis dieser Sparbücher ungeachtet eines bestehenden Losungsworts 47.229,04 EUR zuzüglich der auflaufenden Vollzugs- und Wegegebühren auszufolgen. Die Sparbücher seien an die Verwahrungsabteilung beim OLG Wien zurückzustellen. Für den Fall, dass das Guthaben auf den Sparbüchern geringer sein sollte als der zu behebende Betrag, sei dieses unter Berücksichtigung der aufgelaufenen Zinsen und Spesen an den Gerichtsvollzieher auszufolgen, die Sparbücher seien zu schließen. Entsprechende Anweisungen ergingen auch an den Gerichtsvollzieher sowie an die Verwahrungsabteilung beim OLG Wien.
Das Rekursgericht wies über Rekurse von Erlagsgegnern den Antrag der betreibenden Partei ab und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob bei Hinterlegung der gepfändeten Sache gemäß § 1425 ABGB der betreibende Gläubiger, dessen Pfandrecht denjenigen der übrigen Gläubiger vorgehe, diese auf Zustimmung klagen müsse oder ob die Rangordnung der Pfandrechte im Exekutionsverfahren zu klären sei.
Die zweite Instanz führte aus, es stehe nun fest, dass es sich bei den Rekurswerbern um Gläubiger handle, denen die Exekution durch Pfändung des Anspruchs des Verpflichteten auf Ausfolgung der hinterlegten Sparbücher bewilligt worden sei. Es sei zwar grundsätzlich zutreffend, dass das bereits 1994 von der betreibenden Partei erworbene Pfandrecht den Pfandrechten der Einschreiter, die diese erst im Laufe des Jahres 1996 erworben hätten, vorgehe. Allerdings seien die Sparbücher, in Ansehung derer der Herausgabeanspruch des Verpflichteten gepfändet worden sei, gemäß § 1425 ABGB hinterlegt worden. Der Erlag könne deshalb dem Gläubiger nur ausgefolgt werden, wenn die vom Erleger hiefür gesetzten Bedingungen erfüllt seien oder wenn der Erleger und alle, zu deren Gunsten erlegt worden sei, der Ausfolgung zustimmten oder wenn ein Begünstigter gegen alle anderen ein Urteil erwirkt habe. Im Erlagsverfahren könne es nicht zu einer Verteilung kommen. Eine solche sei grundsätzlich nur in einem Verfahren nach § 307 Abs 2 EO möglich. § 307 EO stelle deshalb die lex specialis zu § 1425 ABGB dar. Werde der Forderungsbetrag bei einem anderen Gericht erlegt, so habe das Erlagsgericht den Erlagsbetrag von Amts wegen an das zuständige Exekutionsgericht weiter zu leiten. Dies komme hier jedoch deshalb nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 307 Abs 1 EO nicht vorlägen. Nach dieser Bestimmung sei nämlich dann, wenn die Forderung, deren Pfändung und Überweisung, wenn auch vorbehaltlich früher erworbener Rechte Dritter, ausgesprochen worden sei, nicht nur vom betreibenden Gläubiger, sondern auch von anderen Personen in Anspruch genommen werde, bei Vorliegen einer unklaren Sach- und Rechtslage der Drittschuldner befugt und auf Antrag eines Gläubigers verpflichtet, den Betrag der Forderung samt Nebengebühren nach Maßgabe ihrer Fälligkeit zugunsten aller dieser Personen beim Exekutionsgericht zu hinterlegen. Voraussetzung für einen Erlag nach § 307 EO sei neben dem Vorhandensein mehrerer Forderungsprätendenten das Vorliegen einer unklaren Sach- oder Rechtslage. Einen solchen Streit habe die betreibende Partei aber nicht einmal behauptet. Sie werde daher zur Durchsetzung ihres vorrangigen Pfandrechts die übrigen Erlagsgegner auf Zustimmung zur Ausfolgung des ihr zustehenden Betrags, soweit dadurch der Einlagestand der Sparbücher gedeckt sei, zu klagen haben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Für die Beurteilung der Berechtigung des Antrags der betreibenden Partei auf Durchführung eines Verfahrens gemäß § 307 Abs 2 EO idF der EO-Novelle 1991 ist vorerst klarzustellen, dass hier der betreibenden Partei die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung des dem Verpflichteten gegen die Drittschuldner "Republik Österreich, Landesgericht für Strafsachen Wien" und "Landesgericht für Strafsachen Wien" zustehenden Anspruchs auf Herausgabe hinterlegter bzw. verwahrter Sparbücher rechtskräftig bewilligt wurde. Die Frage, ob es sich in Wahrheit nur um einen Drittschuldner, nämlich den Bund handelt, ist hier nicht zu entscheiden. Die Zustellung der Exekutionsbewilligung an die Drittschuldner erfolgte am 10. Februar 1994. Die betreffenden Sparbücher wurden vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 1. Februar 1996 gemäß § 2 Abs 2 EinziehungsG BGBl 1963/281 iVm § 1425 ABGB beim Erlagsgericht hinterlegt und der Erlag von diesem mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. Juli 1996 angenommen. Erleger war das Landesgericht für Strafsachen Wien, einer der Erlagsgegner ist die betreibende Partei. Die Hinterlegung nach § 1425 ABGB ergab sich zwingend aus § 2 EinziehungsG 1963.
Die betreibende Partei geht mit der Pfändung (und Überweisung) des Herausgabeanspruchs des Verpflichteten gegen den Dritten gemäß § 325 Abs 1 EO vor (s hiezu Schumacher, Zwangsvollstreckung auf Wertpapiere 206). Der Exekution nach §§ 325 ff EO unterliegt auch der Anspruch auf Herausgabe eines Sparbuchs (Oberhammer in Angst, EO, § 325 Rz 1). Die Bestimmung des § 307 EO gilt gemäß § 329 erster Satz EO auch in Bezug auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung körperlicher Sachen (Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 307 Rz 2). Die herauszugebende Sache kann somit beim Exekutionsgericht hinterlegt werden (Oberhammer aaO § 329 Rz 1). Hier mussten die Sparbücher allerdings zufolge § 2 EinziehungsG 1963, wie bereits dargestellt, nach § 1425 ABGB und nicht nach § 307 EO hinterlegt werden.
Der gepfändete Anspruch des Verpflichteten auf Herausgabe dieser hinterlegten Sparbücher wird nun nicht nur von der betreibenden Partei, sondern auch von anderen Personen in Anspruch genommen, denen ebenfalls Exekution durch Pfändung des Anspruchs des Verpflichteten auf Ausfolgung der hinterlegten Sparbücher bewilligt wurde. Selbst wenn das Pfandrecht der betreibenden Partei den für die Forderungen anderer Personen begründeten Pfandrechten im Rang vorgeht, ergibt sich daraus allein noch nicht die Zulässigkeit der begehrten Verteilung durch das Exekutionsgericht gemäß § 307 Abs 2 EO. Gemäß § 307 Abs 2 erster Satz EO sind "die gerichtlich erlegten Beträge" zu verteilen. Nach dieser Bestimmung ist nicht generell vorgesehen, dass in jedem Fall eines gerichtlichen Erlags eine derartige Verteilung vorzunehmen ist. Vielmehr dient § 307 EO vornehmlich dem Schutz des Drittschuldners, der dann, wenn mehrere Personen "die gepfändete Forderung" in Anspruch nehmen, den Forderungsbetrag beim Exekutionsgericht hinterlegen kann (Resch aaO, § 307 Rz 5).
Voraussetzung für eine Verteilung nach § 307 Abs 2 EO ist nach der klaren Regelung des § 307 Abs 1 EO, dass ein Erlag (durch den Drittschuldner oder auf Antrag eines Gläubigers) - anders als hier - beim Exekutionsgericht erfolgte. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, wird durch § 307 EO dem Exekutionsgericht nicht die Zulässigkeit der Durchführung eines Verteilungsverfahrens nach § 307 EO betreffend die gemäß § 1425 ABGB bei einem anderen Gericht hinterlegten Geldbeträge - oder wie hier Sparbücher - eingeräumt (vgl. dazu Oberhammer aaO § 307 Rz 1). Die Erlagsregelung des § 307 EO ist nämlich eine Sonderbestimmung für die besonderen Bedürfnisse des Exekutionsverfahrens (Zechner, Forderungsexekution, § 307 EO Rz 1). Nur die beim Exekutionsgericht gerichtlich erlegten Beträge sind im Verfahren nach § 307 EO - die lex specialis zu § 1425 ABGB - zu verteilen, für die nach § 1425 ABGB beim Erlagsgericht erlegten Beträge entscheidet zwischen mehreren Erlagsgegnern das einvernehmlich oder im Prozess (Klage auf Zustimmung zur Ausfolgung gegen alle übrigen Erlagsgegner) zu klärende bessere Recht an der oder auf die erlegte Sache. Die von der Rechtsmittelwerberin ins Treffen geführten Gründe der Zweckmäßigkeit einer Verteilung der beim Erlagsgericht erlegten Beträge (oder wie hier Sparbücher) durch das Exekutionsgericht können daran nichts ändern.
Die von der betreibenden Partei im Rechtsmittel aufgestellte Behauptung, es sei eine rechtskräftige Überweisung (vom Erlagsgericht) an das gemäß § 307 EO zuständige Exekutionsgericht erfolgt, entspricht nicht dem Akteninhalt, wurde doch in Wahrheit ein solcher Beschluss auf Überweisung - oder "Weiterleitung des Erlags" (vgl. dazu Oberhammer aaO § 307 Rz 1; Zechner aaO § 307 EO Rz 1 mwN) vom Erlagsgericht nie gefasst (zu einer solchen Überweisung vgl 7 Ob 266/98p = JBl 2000, 449; Reischauer in Rummel3 § 1425 ABGB Rz 49).
Aus diesem Grund muss dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EOiVm §§ 40, 50 ZPO.
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