OGH 10ObS264/02z

OGH10ObS264/02z16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gottfried M*****, vertreten durch Dr. Reinhart Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Mai 2002, GZ 7 Rs 110/02d-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Jänner 2002, GZ 37 Cgs 111/01a-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 15. 2. 2001 lehnte die beklagte Partei den Antrag des am 13. 12. 1943 geborenen Klägers vom 21. 12. 2000 auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab, weil der Kläger nicht invalid im Sinn des Gesetzes sei.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 1. 2001 gerichtete Klagebegehren ab.

Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger erlernte den Beruf eines Glasers und war in diesem Beruf bis 1962 beschäftigt. Anschließend arbeitete er als Textilarbeiter und als Glaser in Deutschland. Ab 1977 war er in Österreich als Innenausbauer tätig. Seit 4. 8. 1998 geht der Kläger keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit mehr nach.

In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 1. 2001) war der Kläger

vom 13. 1. bis 28. 5. 1986,

vom 2. 6. bis 18. 7. 1986,

vom 11. 8. 1986 bis 25. 3. 1987,

vom 4. 6. (richtig 6. 4.) 1984 (richtig 1987) bis 21. 6. 1987 (nachdem der Entgeltanspruch gegenüber dem Dienstgeber vom 26. 3. bis 5. 4. 1987 unterbrochen war und der Kläger Krankengeld bezogen hatte),

vom 29. 6. bis 25. 9. 1986 (richtig 1987),

vom 14. 3. bis 31. 5. 1988,

vom 4. 8. (richtig 7.) 1988 bis 28. 6. 1989,

vom 10. 7. bis 27. 10. 1988 (richtig 1989),

vom 20. 11. bis 19. 12. 1988 (richtig 1989),

vom 9. 1. bis 17. 8. (richtig 7.) 1990,

vom 1. 8. bis 17. 9. 1990,

vom 1. 10. 1990 bis 28. 7. 1991,

vom 7. 8. 1991 bis 22. 3. 1995,

vom 3. 4. bis 17. 4. 1995,

vom 21. 7. bis 24. 8. 1995,

vom 2. 2. bis 3. 5. 1998,

vom 15. 6. bis 4. 8. 1998,

als unselbstständiger Innenausbauer bei verschiedenen Dienstgebern beschäftigt. Der Kläger erwarb dadurch insgesamt 111 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung nach dem ASVG.

Die im Zeitraum vom 7. 8. 1991 bis 24. 8. 1995 liegenden Beschäftigungszeiten legte der Kläger bei der Firma G***** zurück. Während dieses aufrechten Beschäftigungsverhältnisses bezog er vom 23. 3. bis 2. 4. 1995, vom 18. 4. bis 20. 7. 1995 und vom 28. 8. bis 10. 9. 1995 Krankengeld.

Der Kläger wurde für die Tätigkeiten kurzfristig innerhalb einiger Monate angelernt und hat sich nach einigen Jahren zum Vorarbeiter bzw Partieführer hochgedient. Der Kläger errichtete Gipskartonzwischenwände anhand von Plänen und verlegte abgehängte Decken. Er verspachtelte Oberflächen und hatte Kenntnisse über die dabei zu verarbeitenden Materialien. Mit Stuckarbeiten und damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten war der Kläger nicht befasst, er stellte keine Simse und Schablonen dafür her. Er arbeitete auch nicht mit Nivellierungsgeräten.

Der Kläger bezog bei aufrechtem Dienstverhältnis vom 4. 5. bis 6. 5. 1998 Krankengeld. Der Kläger erwarb vom Mai 1995 bis Juli 1995 drei Monate und vom November 1995 bis einschließlich Februar 1996 vier Monate Ersatzzeiten auf Grund Krankengeldbezuges. Vom 26. 2. 1996 bis 10. 3. 1996 erhielt der Kläger eine Urlaubsentschädigung/Urlaubsabfindung.

Vom 1. 10. 1996 bis 30. 9. 1997 war der Kläger als Innenausbauer selbstständig tätig. Er übte das Teilgewerbe Trockenausbauer reduziert auf Spachteln aus. Er verfügte über keine Mitarbeiter. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf Spachtelungsarbeiten im Innenausbau. Er bekam Aufträge von zwei Unternehmen, für die er bereits früher als Unselbstständiger gearbeitet hatte. Es handelte sich um kleine Baustellen, die meistens nach drei Wochen abgeschlossen waren. Danach blieb der Kläger eine Woche zu Hause, um sich zu regenerieren.

Auf Grund seiner - im Einzelnen festgestellten - Leiden kann der Kläger nur noch leichte und bis zu einem Drittel eines Arbeitstages mittelschwere Arbeiten im Gehen ganztägig verrichten. Arbeiten im Stehen und/oder Sitzen sind bei gleichmäßiger Verteilung für 7/8 eines Arbeitstages zumutbar. Arbeiten in Zwangshaltung der Beine, mit nickelhaltigen Substanzen, an exponierten Stellen, Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Nachtarbeiten scheiden aus. Überkopfarbeiten und Bückarbeiten sind auf ein Drittel eines Arbeitstages, Hebearbeiten auf zwei Drittel eines Arbeitstages bei gleichmäßiger Verteilung zu reduzieren. Ein forciertes Arbeitstempo ist halbtägig möglich. Seine Kontaktfähigkeit ist gut; Anweisbarkeit und Anlernbarkeit sind gegeben. Schulbarkeit besteht im Rahmen des bisherigen Ausbildungs- und Tätigkeitsniveaus bis zur Dauer von drei Monaten. Ortswechsel und Pendelverkehr sind zumutbar. Die Krankenstandsprognose umfasst drei Wochen jährlich. Die Tätigkeit eines Innenausbauers kann der Kläger wegen der damit verbundenen teils körperlich schweren Arbeiten in exponierten Lagen nicht mehr verrichten.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Kläger sei in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als ungelernter Innenausbauer tätig gewesen. Er sei nicht im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG invalid, weil er nach seinem medizinischen Leistungskalkül noch eine Reihe von am allgemeinen Arbeitsmarkt nachgefragten Tätigkeiten, etwa jene eines Aufsehers, verrichten könne. Der Kläger sei auch nicht invalid im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000. Ein Anspruch auf Invaliditätspension nach dieser Bestimmung setze ua voraus, dass der Versicherte in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag eine Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt habe, der er nun auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr nachgehen könne. Der Kläger habe die Tätigkeit eines unselbstständigen Innenausbauers nur 105 Kalendermonate und 23 Tage verrichtet. Die Zeiten der selbstständigen Tätigkeit und damit die nach dem GSVG erworbenen Versicherungszeiten seien nach den Grundsätzen der Wanderversicherung nicht anzurechnen, reichten aber selbst bei einer Hinzurechnung nicht aus. Da das Gesetz ausdrücklich von Kalendermonaten spreche, sei auf Beitragsmonate nicht abzustellen. Dem Gesetzgeber könne zwar nicht unterstellt werden, dass einzelne Tage und kürzere Zeiträume, in denen ein Versicherter seine Tätigkeit etwa infolge eines Urlaubes oder Krankenstandes nicht ausgeübt habe, für die "Ausübung der Tätigkeit" nicht mitzuzählen seien. Für jene Zeiten, in denen der Kläger Krankengeld bezogen habe, habe er jedoch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen seinen Dienstgeber gehabt, weshalb es sachgerecht sei, diese Zeiträume nicht zu berücksichtigen. Insgesamt erreiche der Kläger die geforderten 120 Kalendermonate nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. "Kalendermonate" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG seien nicht "Beitragsmonaten" gleichzusetzen, weil das ASVG penibel zwischen Kalendermonaten, Ersatzmonaten, Versicherungsmonaten und Beitragsmonaten unterscheide. Es komme nur auf die Zeiten der effektiven Ausübung der Tätigkeit an, weshalb auch einzelne Tage zusammenzurechnen seien. Die vom Kläger nach dem GSVG erworbenen Beitragszeiten seien nach den Grundsätzen der Wanderversicherung bei der Prüfung der Tätigkeitsdauer nicht zu berücksichtigen. Ob Zeiten des Krankengeldbezuges oder des Anspruches auf Urlaubsentschädigung/Urlaubsabfindung bei der Ermittlung der Ausübungsdauer mitzuzählen seien, könne im vorliegenden Fall dahinstehen, weil diese Frage nur dann erheblich wäre, wenn die Zeit der selbstständigen Tätigkeit des Klägers zu veranschlagen wäre. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, sie im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei von "Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter" auf deren Gesamtrechtsnachfolgerin "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war (§ 538a ASVG idF 59. ASVG Novelle, BGBl I 2002/1). Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass der Kläger keinen Berufsschutz genießt und nicht invalid im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG ist. Insoweit genügt ein Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen (§ 510 Abs 3 ASVG).

Der Revisionswerber macht geltend, ein Abstellen auf Beitragsmonate sei gerechtfertigt, weil sämtliche Bestimmungen des ASVG, die die Ausübung von Tätigkeiten in einem bestimmten Ausmaß vorschrieben, auf Beitragsmonate abstellten. Bei der Textierung des § 255 Abs 4 ASVG handle es sich eindeutig um ein Versehen. In Analogie zu § 255 Abs 2 ASVG seien daher Beitragsmonate heranzuziehen. Da § 255 Abs 4 ASVG nicht auf unselbständige Erwerbstätigkeit beschränkt sei, seien auch Zeiten einer GSVG-Pflichtversicherung, in denen dieselbe Tätigkeit ausgeübt werde, für die Prüfung, ob 120 Monate dieser Beschäftigung vorlägen, zu berücksichtigen. Bei dieser Prüfung dürften auch Krankengeldbezugszeiten sowie die Zeiten, in denen eine Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung bezogen würden, nicht außer Acht gelassen werden.

Hiezu wurde erwogen:

Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000-SVÄG 2000, BGBl I 2000/43, wurde die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) ab 1. 7. 2000 aufgehoben. Gleichzeitig wurde ein neuer § 255 Abs 4 ASVG in Kraft gesetzt. Mit dieser Bestimmung soll Versicherten ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze der Zugang zu einer Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit erleichtert werden. Nach § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 gilt als invalid auch der (die) Versicherte, der (die) das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einer Tätigkeit, die er (sie) in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Dabei sind zumutbare Änderungen dieser Tätigkeit zu berücksichtigen. Eine Voraussetzung für den Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) bestand darin, dass der (die) Versicherte innerhalb der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag 72 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nachweist und in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt hat.

§ 255 Abs 4 ASVG unterscheidet sich vom aufgehobenen § 253d ASVG somit unter anderem darin, dass die Tätigkeit durch mindestens 120 Kalendermonate (innerhalb der letzten 180 Kalendermonate) ausgeübt worden sein muss, während nach § 253d ASVG in den letzten 180 Kalendermonaten mindestens 72 Beitragsmonate vorliegen mussten, wovon in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt wurde.

Die Ausübung einer bestimmten (selbständigen) Tätigkeit während einer gewissen Dauer wird auch für den durch das SVÄG 2000 in den zu § 255 Abs 4 ASVG parallelen Bestimmungen des § 133 Abs 3 GSVG und des § 124 Abs 2 BSVG verankerten Berufsschutz verlangt. Danach gilt als erwerbsunfähig auch der (die) Versicherte, der (die) das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die er (sie) in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Nach § 133 Abs 2 GSVG gilt als erwerbsunfähig auch der (die) Versicherte, der (die) das 50. Lebensjahr vollendet hat, und dessen (deren) persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die der (die) Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Dass der Gesetzgeber in dieser Bestimmung eindeutig auf Kalendermonate abstellt, zeigt insbesondere der letzte Satz des § 133 Abs 2 GSVG, wonach, soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen, jeweils 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammenzufassen sind. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und nach der Rechtsprechung muss die in § 133 Abs 2 GSVG geforderte 60-monatige Erwerbstätigkeit nicht in aufeinanderfolgenden Kalendermonaten ausgeübt werden (SSV-NF 4/93 ua). Weiters muss es sich um Zeiten handeln, die die Versicherungspflicht nach dem GSVG begründen, wobei nur volle Monate einer die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit Berücksichtigung finden. Soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen, sind jeweils 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammenzufassen (SSV-NF 7/31). Wegen des in Hinsicht auf die "selbständige Erwerbstätigkeit", die "zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt" wurde, völlig gleichen Gesetzeswortlauts hat der Oberste Gerichtshof diese zu § 133 Abs 2 GSVG entwickelten Grundsätze auch im Fall der vorzeitigen Alterspension wegen Erwersunfähigkeit (§ 131c GSVG - der Vorgängerregelung des nunmehrigen § 133 Abs 3 GSVG) angewendet (SSV-NF 11/10). Die Einführung eines Rahmenzeitraums (180 Kalendermonate) und die Verlängerung der erforderlichen Dauer der Erwerbstätigkeit (von mindestens 60 auf 120 Kalendermonate) durch die neue Bestimmung des § 133 Abs 3 GSVG ändern nichts daran, dass für die Beurteilung der Erwerbstätigkeitsdauer von 120 Kalendermonaten die zur 60-monatigen Erwerbstätigkeitsdauer des § 133 Abs 2 GSVG entwickelten und auch auf § 131c GSVG angewandten Grundsätze im Rahmen des § 133 Abs 3 GSVG zu berücksichtigen sind (vgl B. Karl, Der Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach dem SVÄG 2000, ASoK 117 ff [120]). Im Hinblick auf die inhaltliche Nähe der Regelung des § 133 Abs 3 GSVG zu jener über den Berufsschutz nach § 255 Abs 4 ASVG kann für die Prüfung des Tatbestandselements des § 255 Abs 4 ASVG, dass der Versicherte innerhalb der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch eine Tätigkeit ausgeübt hat, auf die für den Bereich des GSVG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Dies bedeutet, dass die vom Gesetzgeber des SVÄG 2000 im § 255 Abs 4 ASVG (ebenso wie in den Parallelbestimmungen des § 133 Abs 3 GSVG und des § 124 Abs 2 BSVG) festgesetzte erforderliche Erwerbstätigkeitsdauer von mindestens 120 Kalendermonaten kein Redaktionsversehen ist, sondern sich ganz offensichtlich an der damals bereits bestehenden Regelung des § 133 Abs 2 GSVG orientierte. Auch die Materialien (AB 187 BlgNR 21. GP 3 f) geben keinen Anhaltspunkt für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, wie es der Kläger behauptet, heißt es doch im Ausschussbericht, es solle der Berufsschutz für Personen, die das 57. Lebensjahr bereits vollendet und durch 10 Jahre während der letzten 15 Jahre vor dem Pensionsstichtag eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt haben, verbessert werden. Im Übrigen unterscheidet der Gesetzgeber penibel zwischen Kalendermonaten, Versicherungsmonaten, Ersatzmonaten und Beitragsmonaten, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Redaktionsversehen auszuschließen ist.

Der erkennende Senat teilt daher nicht die Auffassung des Revisionswerbers, dass der Begriff "Kalendermonat" mit dem Begriff "Beitragsmonat" gleichzusetzen sei und ein "Kalendermonat einer Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG daher schon dann vorliege, wenn auf Grund dieser Tätigkeit in einem Kalendermonat Beitragszeiten in einem nach §§ 231 Z 1, 232 Abs 1 ASVG zur Begründung eines Beitragsmonats ausreichenden Ausmaß liegen.

Eine weitere Frage ist, ob nur ganze Monate der Ausübung einer Tätigkeit iSd § 255 Abs 4 ASVG oder ob - wie dies § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG für den dort geregelten Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension vorsieht -, jeweils 30 Kalendertage zusammenzufassen sind, soweit nicht ganze Kalendermonate der Tätigkeit vorliegen. Eine derartige Regel enthielt auch der - zu § 253d ASVG parallele - § 131c Abs 2 GSVG. Auch wenn eine solche Anordnung in § 133 Abs 3 GSVG, der auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch während der letzten 180 Kalendermonate abstellt, ebenso wie in dessen Parallelbestimmung des § 255 Abs 4 ASVG nicht ausdrücklich getroffen wurde, so bringt doch § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG eine Grundwertung des Gesetzgebers zum Ausdruck. Es soll offenkundig das Tatbestandsmerkmal, dass eine Tätigkeit in einer Mindestanzahl von Kalendermonaten hindurch ausgeübt worden sein muss, leichter erfüllbar sein, indem einzelne Kalendertage der Ausübung nicht verloren gehen, sondern in entsprechender Anzahl zu einem Kalendermonat zusammengefasst werden. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die Vorschrift des § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG nicht auch im Fall der Erwerbsunfähigkeitpension nach § 133 Abs 3 GSVG anzuwenden. Vor diesem Hintergrund kommt der erkennende Senat im Hinblick auf die bereits dargelegte inhaltliche Nähe der Regelung zur Auffassung, dass die Regel des § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG im Fall des § 255 Abs 4 ASVG analog anzuwenden ist.

Der erkennende Senat hat bereits - ebenfalls in analoger Anwendung der zu § 133 Abs 2 GSVG entwickelten Grundsätze - ausgesprochen, dass die nunmehr geforderte 10-jährige Tätigkeit nicht - ohne Unterbrechungen - in aufeinander folgenden Kalendermonaten ausgeübt worden sein muss (10 ObS 156/03v). In dieser Entscheidung wurde ferner im Fall eines Saisonarbeiter erkannt, dass so wie im Bereich der selbständig Erwerbstätigkeiten jene Zeiten nicht als Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden, in denen die Erwerbstätigkeit eingestellt war, die Zeiten der Arbeitslosigkeit während der Wintermonate nicht als Zeiten der Ausübung der unselbständigen Erwerbstätigkeit gewertet werden. Diese Beurteilung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Dienstverhältnis des Versicherten während der Wintermonate aufgelöst oder infolge einer Karenzierungsvereinbarung die Arbeitspflicht und die Entgeltspflicht bei Aufrechterhaltung des Bestands des Arbeitsverhältnisses ruhten. Demgegenüber können aber Unterbrechungen von nur kurzer Dauer einer selbständigen Erwerbstätigkeit - bedingt etwa durch Urlaub oder einen kurzfristigen Krankenstand - im Zusammenhang mit § 133 Abs 2 und 3 GSVG vernachlässigt werden (Teschner/Widlar, GSVG § 133 Anm 4). Dementsprechend sind auch Unterbrechungen einer unselbständigen Tätigkeit, wenn sie nur von verhältnismäßig kurzer Dauer sind (Urlaub, kurzfristiger Krankenstand), im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob diese Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt wurde, zu vernachlässigen. Beim Urlaub handelt es sich um eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts, somit um Zeiten, die der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegen. Im Fall der Krankheit eines Arbeitnehmers wurde die Kostenteilung zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherung vom Gesetzgeber in der Weise vorgenommen, dass für eine bestimmte Zeit die Entgeltfortzahlungslasten durch den Arbeitgeber übernommen werden und die gesetzliche Krankenversicherung mit dem Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich erst dann einsetzt, wenn der (volle) arbeitsrechtliche Entgeltanspruch erschöpft ist (vgl Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht10 6.9.2.1.2). Die Dauer des Krankengeldanspruchs beträgt nach dem Gesetz bis zu 26 bzw 52 Wochen (§ 139 Abs 1 ASVG), je nach Satzung der Krankenkasse allenfalls bis zu 78 Wochen (§ 139 Abs 2 ASVG), gerechnet ab dem Beginn des Krankenstandes. Der Krankengeldanspruch aus der Sozialversicherung ist vom Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses nicht abhängig. Während Zeiten der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber - ebenso wie die Zeiten der Entgeltfortzahlung während des Urlaubs - Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründen, handelt es sich bei den Zeiten des Krankengeldbezugs - ebenso wie bei den Zeiten der Arbeitslosigkeit - um Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung (§ 227 Abs 1 Z 5 und 6 ASVG). Es erscheint daher für die Prüfung der 120-monatigen Erwerbstätigkeitsdauer des § 255 Abs 4 ASVG sachgerecht, im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers Zeiten der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, nicht jedoch auch Zeiten des Krankengeldbezugs des Arbeitnehmers anzurechnen. Wenn aber im vorliegenden Fall im soeben dargelegten Sinn Zeiten des Urlaubs und der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall, nicht jedoch auch Zeiten des Krankengeldbezugs des Klägers auf die nach § 255 Abs 4 ASVG erforderliche Mindestdauer von 120 Kalendermonaten angerechnet und - soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen - 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammengefasst werden, dauerte die unselbständige Erwerbstätigkeit des Klägers in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag weniger als 108 Kalendermonate. Dies gilt auch dann, wann man im Sinn des Prozessstandpunkts des Klägers dabei auch die Zeiten (26. 2. 1996 bis 10. 3. 1996) berücksichtigt, für die vom Kläger Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung bezogen wurde. Da der Kläger die in § 255 Abs 4 ASVG geforderte Mindestausübungsdauer der „einen Tätigkeit" somit auch dann nicht erreichte, wenn seine 12-monatige selbständige Erwerbstätigkeit als Innenausbauer berücksichtigt würde, kann die Frage, ob sie zu berücksichtigen ist, unbeantwortet bleiben.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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