Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte, ein Libanese, der im Jahr 1989 nach Österreich gekommen war und nur gebrochen deutsch spricht, mietete von der klagenden Partei ab 1. 5. 1997 für die von ihm gegründete C***** KEG ein Lokal. Da er für dessen Renovierung Geld benötigte, schloss der Beklagte namens der Bestandnehmerin mit der Klägerin über Vorschlag deren Gebietsvertreters weiters am 3. 12. 1997 ein Getränkeübereinkommen folgenden Inhalts ab:
1. Die S***** [klagende Partei] sagt dem Kunden die Bezahlung eines einmaligen Finanzierungsbetrages (durch ein Kreditinstitut bereitgestellt) in der Höhe von S 278.600 ohne Mehrwertsteuer als Kaufpreis für die Abnahme von 700 hl Bier - offenkundig vom Fass/Eigenprodukt (S 210.000) und von 490 hl Limonaden/Eigenprodukte (S 68.600, gesamt: S 278.600) zu.
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2. Als Gegenleistung verpflichtet sich der Kunde, das von ihm für den Absatz für die Pizzeria V***** KEG....., benötigte Bier....und alkoholfreie Getränke, in welchem Gebinde auch immer, zu dem jeweils geltenden Listenpreis für Wiederverkäufer, ausschließlich und ununterbrochen von der S***** bzw der zuständigen Niederlage, oder einer ihm namhaft gemachten Firma zu beziehen bzw beziehen zu lassen und jeden Bezug, Ausschank oder Verkauf eines anderen Bieres und alkoholfreier Getränke zu unterlassen.
Einvernehmlich wird festgehalten, dass die von der S***** gemäß Punkt 1. zu erbringende Leistung (Kaufpreis für Lieferrechte) die volle Gegenleistung für das der S***** eingeräumte Alleinbelieferungsrecht und die solcherart vom Kunden übernommene Getränkebezugsverpflichtung darstellt und diese weder durch eine Rückzahlung noch durch eine sonstige im Vertrag nicht vorgesehene Tilgung aufgehoben werden kann.
3. Die S***** erbringt die im Punkt 1. genannten Vergütungen (Kaufpreis) unter der Voraussetzung, dass der Kunde, beginnend mit Dezember 1997 auf die gesamte Vertragsdauer von sieben Jahren pro Vertragsjahr mindestens 100 hl Bier und 70 hl alkoholfreie Getränke bezieht, sodass sich für die gesamte Vertragsdauer ein Bezug von 700 hl Bier und ein Bezug von 490 hl alkoholfreier Getränke ergibt.
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Hat der Kunde nach Ende der Vertragsdauer die Gesamtmindestbezugsmenge nicht abgenommen, verlängert sich die Laufzeit des Übereinkommens solange, bis der Kunde die Gesamtmindestbezugsmenge an Bier und alkoholfreien Getränken abgenommen und bezahlt hat.
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8. Bei Veräußerung, Vermietung, Verpachtung oder einer sonstigen Überlassung der Absatzstätte an Dritte hat der Kunde unter Fortdauer seiner eigenen Haftung alle seine Verpflichtungen aus diesem Leistungs- und Lieferungsübereinkommen schriftlich so zu überbinden, dass die Betreffenden sie als ihre eigenen Verpflichtungen gegenüber der S***** schriftlich anerkennen, sodass die S***** von diesen auch unmittelbar die Erfüllung des Vertrages verlangen kann. Die S***** ist berechtigt, die Vertragsfortsetzung mit dem Rechtsnachfolger bzw Rechtsnehmer des bisherigen Kunden abzulehnen und nach Punkt 10. abzurechnen.
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10. Die S***** hat das Recht, den Getränkebezugsvertrag mit sofortiger Wirkung zu lösen, wenn der Kunde
a) gegen Punkt 8. der Verpflichtung auf Überbindung der Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf einen Betriebsnachfolger verstößt,
b) während zweier Jahre den jährlichen Mindestbezug an Bier und alkoholfreien Getränken unterschreitet
c) vier Monate lang kein Bier und alkoholfreie Getränke bezieht,
d) Rechnungen trotz Fälligkeit nicht bezahlt
e) den Geschäftsbetrieb einstellt,
f) gegen Punkt 9. verstößt und nicht bei der S***** bezogene Getränke verkauft,
g) über das Vermögen des Kunden ein Insolvenzverfahren eröffnet wird bzw die Eröffnung mangels kostendeckenden Vermögens unterbleibt.
Bei Verletzung bzw Inkrafttreten obiger Vertragspunkte (a bis g) verpflichtet sich der Kunde, die doppelte Differenz zwischen Einstands- und Verkaufspreis, mindestens jedoch S 600 pro hl für Bier und S 500 pro hl für alkoholfreie Getränke an die S***** als entgangene Verdienstspanne = Schadenersatz für die restliche offene Abnahmeverpflichtung zu bezahlen. In diesem Zusammenhang verpflichtet sich der Kunde, der S***** zur Durchsetzung Einblick in die gesamten Buchhaltungsunterlagen und Geschäftsaufzeichnungen zu gewähren, bzw diese Unterlagen über Aufforderung der S***** zur Einsicht zur Verfügung zu stellen.
Die Amortisation errechnet sich nach dem Verhältnis der bestandenen Laufzeit des Getränkebezugsvertrages zum vereinbarten Vertragszeitraum.
Hat der Kunde jedoch die auf die tatsächliche Vertragsdauer berechneten Mindestbezugsmengen an Bier und alkoholfreien Getränken nicht erfüllt, so berechnet sich die Amortisation nach dem Verhältnis der im Vertragszeitraum tatsächlich bezogenen Menge an Bier und alkoholfreien Getränken zu den vereinbarten Gesamtmindestbezugsmengen.
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Dem Beklagten war bei Abschluss dieses Übereinkommens klar, dass er einerseits Geld erhalten und andererseits den Geldbetrag durch die Abnahme von Getränken von der Klägerin zurückbezahlen sollte, wobei insgesamt 700 hl Bier und 490 hl Limonade abgenommen werden müssten. Er unterfertigte das Getränkebezugsübereinkommen sowohl für die C***** KEG als auch als Bürge ("mithaftend und Bürge zur ungeteilten Hand"). Gleichzeitig unterzeichnete er einen Kreditvertrag mit der O*****. Von dieser wurde der Betrag von S 278.600 der C***** KEG in Form eines Einmalbarkredits zur Verfügung gestellt.
In den folgenden Jahren 1998 bis 2000 wurden von der C***** KEG in der im Bestandobjekt betriebenen "Pizzeria V*****" 37,30 hl, 33,90 hl und 29,90 hl Bier sowie 13,06 hl, 15 hl und 18,70 hl alkoholfreie Getränke von der Klägerin bezogen. Im Jahr 2001, in dem noch 24,70 hl Bier und 9,90 hl alkoholfreie Getränke bezogen wurden, verkaufte die C***** KEG das Unternehmen an die A***** KEG. Da mehr als zwei Jahre lang die vereinbarten jährlichen Mindestbezugsmengen an Bier und alkoholfreien Getränken unterschritten worden und zudem im Jahr 2001 länger als vier Monate keine Getränke abgenommen worden waren, löste die Klägerin, die für die vom Beklagtenseite im Jahr 2001 abgenommene Getränkemenge an die Oberbank eine Zuzahlung von S 8.796 und Zinszahlungen von S 12.353,35 geleistet hatte, das Getränkebezugsübereinkommen mit Schreiben vom 29. 11. 2001 auf.
Mit rechtskräftigem Versäumungsurteil des Erstgerichts vom 22. 1. 2003, 28 Cg 64/02h-6, wurden die (ursprünglich erstbeklagte Partei) A***** KEG und deren persönlich haftender Gesellschafter (vormals Zweitbeklagter) Mustafa A***** schuldig erkannt, der klagenden Partei EUR 28.946,12 sA zu bezahlen.
Diesen Betrag begehrt die Klägerin auch vom (ursprünglich Dritt-)Beklagten, der ihr als Bürge zur ungeteilten Hand hafte. Die Haftung des Beklagten werde auch auf dessen Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter der C***** KEG sowie auf Punkt 8. des Getränkebezugsübereinkommens gestützt.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Soweit in dritter Instanz noch wesentlich, wendete er ein, den Bürgschaftsvertrag wegen Irrtums und das Getränkebezugsübereinkommen wegen Arglist, Irrtums und Sittenwidrigkeit anzufechten. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er das Getränkebezugsübereinkommen als persönlich haftender Bürge unterschrieben habe. Die Klägerin hätte aufgrund ihrer Erfahrungen wissen müssen, dass das Getränkebezugsübereinkommen für die C***** KEG nicht erfüllbar sei. Sie habe ihre Vertragspartnerin über die tatsächlichen Absatzmöglichkeiten arglistig in Irrtum geführt. Hätte er, der er der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei, das Getränkebezugsübereinkommen vollinhaltlich verstanden, hätte er es nicht abgeschlossen. Die Klägerin habe seinen Irrtum über den Vertragsinhalt veranlasst, indem sie ihn hierüber unzureichend aufgeklärt habe. Das Getränkebezugsübereinkommen sei sittenwidrig, da er, der Beklagte, keine Möglichkeit zur Prüfung der Absatzmöglichkeiten gehabt habe und sich zur Abnahme sehr hoher Mengen verpflichten habe müssen und die Schadenersatzpflicht der C***** KEG selbst für den Fall vereinbart worden sei, dass diese das Nichterreichen der Abnahmemenge nicht zu vertreten habe. Er begehre die richterliche Mäßigung der inhaltlich als Vertragsstrafe zu qualifizierenden Klagsforderung.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten zur ungeteilten Hand mit der A***** KEG und Mustafa A***** schuldig, der Klägerin EUR 1.536,98 sA zu ersetzen und wies das Mehrbegehren von EUR 27.409,14 sA ab. Es stellte dazu ua noch (unbekämpft) fest, dass der Beklagte zwar nicht die Bedeutung des Wortes "Bürge" erkannt habe, ihm aber bei Unterfertigung des Vertrages klar gewesen sei, dass er aus dem Getränkebezugsübereinkommen als Gesellschafter der C***** KEG persönlich hafte. Nicht festgestellt werden könne, ob die im Getränkebezugsübereinkommen vereinbarten Mengen im Mietobjekt tatsächlich erzielt werden können und warum die vereinbarten Mengen von der Beklagtenseite nicht abgenommen wurden.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht die Sittenwidrigkeit des Getränkebezugsübereinkommens, erachtete jedoch die Irrtumsanfechtung des Getränkebezugsübereinkommens als berechtigt. Der Beklagte habe sich in Ansehung des Vertragspunktes 10. g in einem von der klagenden Partei veranlassten Erklärungsirrtum befunden. Das Klagebegehren sei nicht berechtigt, soweit es sich auf Vertragspunkt 10. g gründe. Da die Irrtumsanfechtung den Vertrag ex nunc auflöse, habe der Beklagte, der sowohl als Gesellschafter als auch als Bürge hafte, die von der Klägerin bis zur Vertragsauflösung geleistete Zuzahlung von S 8.796 und die Zinsen von S 12.353,35 (insgesamt daher EUR 1.536,98) zu ersetzen.
Das nur von der Klägerin hinsichtlich des klagsabweislichen Teils der erstinstanzlichen Entscheidung (der klagsstattgebende Teil ist in Rechtskraft erwachsen) angerufene Berufungsgericht hob den bekämpften Teil des Ersturteils auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück, wobei es aussprach, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht führte aus:
Dass der Beklagte offenbar Staatsangehöriger des Libanon sei, führe nicht zur Anwendung fremden Rechts. Das Getränkebezugsübereinkommen und der Bürgschaftsvertrag seien am 3. 12. 1997 abgeschlossen worden. Da gemäß § 50 Abs 2 IPRG die Neufassung des § 35 IPRG, die Aufhebung der §§ 36 bis 45 IPRG und des § 53 Abs 2 IPRG nur auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden seien, die nach dem 30. 11. 1998 geschlossen wurden, unterlägen die vorliegenden Verträge noch den IPRG idF vor dem Inkrafttreten des BG BGBl I 1999/18. Soweit die Klägerin die Haftung des Beklagten aus dessen Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter der C***** KEG ableite, sei allgemein anerkannt, dass hiefür das Personalstatut der Gesellschaft maßgeblich sei. Da dieses gemäß § 10 IPRG das Recht des Staates sei, in dem die juristische Person den tatsächlichen Sitz ihrer Hauptverwaltung habe, sei für die Beurteilung der Gesellschafterhaftung des Beklagten österreichisches Recht maßgeblich. Der vom Beklagten abgeschlossene Bürgschaftsvertrag sei als abhängiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 45 IPRG aF ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen, da die durch die Bürgschaftserklärung besicherten Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaften begründet worden seien, die ihren Sitz in Österreich hätten.
Der Beklagte habe das Getränkebezugsübereinkommen einerseits als persönlich haftender Gesellschafter der C***** KEG, andererseits als Bürge unterfertigt. Gemäß § 4 Abs 1 EGG seien auf eingetragene Erwerbsgesellschaften die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der 4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft sowie - unter Bedachtnahme auf die §§ 2 und 6 - die für diese Gesellschaften geltenden Vorschriften über die Firma anzuwenden. Gemäß § 161 Abs 2 HGB seien für die Beurteilung der Haftung des Beklagten als Komplementär daher die §§ 128, 129 HGB maßgeblich. Die Frage, ob persönlich haftende Gesellschafter neben ihrer unbeschränkten Haftung aus dieser Rechtsstellung überhaupt noch eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernehmen können, werde in Lehre und Rechtsprechung im Hinblick darauf bejaht, dass der Umfang der Haftung des (auch ausgeschiedenen) Gesellschafters und des Bürgen nicht übereinstimme. Während etwa die Rechtswirkungen des (Zwangs-)Ausgleichs der Handelsgesellschaft auch deren (auch ausgeschiedenen) Gesellschaftern zugute kämen (§§ 73 Abs 2 AO, 164 Abs 2 KO), könne der Bürge die sich aus dem (Zwangs-)Ausgleich ergebenden Vorteile nicht für sich in Anspruch nehmen (§§ 48 AO, 151 KO). Auch die Sonderverjährung nach § 159 HGB greife gegenüber dem Bürgen nicht ein.
Die somit weitreichendere Haftung des Beklagten als Bürge sei vorweg zu prüfen. Da die sich aus dem Firmenbuch ergebenden Tatsachen nach herrschender Rechtsprechung nicht als offenkundig gälten und Feststellungen hiezu nicht vorlägen, erfolgten die nachstehenden Rechtsausführungen ohne Bezugnahme auf den Firmenbuchstand. Das Erstgericht werde daher im zu ergänzenden Verfahren allfällige rechtlich relevante sich aus dem Firmenbuch ergebenden Umstände mit den Parteien zu erörtern und hiezu ausdrückliche Feststellungen zu treffen haben.
Der Rechtsauffassung des Erstgerichts könne insoweit nicht beigetreten werden, als dieses dem Beklagten die Legitimation zur Anfechtung des Getränkebezugsvertrages wegen Irrtums zuerkannt habe. Weder als Bürge noch als persönlich haftender Gesellschafter einer KEG (auch nicht als ausgeschiedener Gesellschafter) sei der Beklagte zur Anfechtung eines von der KEG abgeschlossenen Rechtsgeschäfts befugt. Der Bürge habe zwar alle rechtshindernden, rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Einreden aus dem Schuldverhältnis, jedoch nur insoweit, als er sich hierauf berufen könne, ohne vorher Gestaltungsrechte aus dem seiner Verbindlichkeit zugrunde liegenden Rechtsgeschäft ausüben zu müssen. Diese Gestaltungsrechte seien regelmäßig vertrags- oder doch forderungs-(schuld)bezogen und stünden daher grundsätzlich nur dem Hauptschuldner als Vertragspartner des Gläubigers zu. Der Bürge könne sich daher auf eine Vertragsanfechtung nur dann berufen, wenn der Hauptschuldner das Gestaltungsrecht schon erfolgreich ausgeübt habe. Könne dieses der Schuldner nicht mehr ausüben, habe auch der Bürge diese Einrede verloren. Die herrschende Lehre billige dem Bürgen nach dem Vorbild des § 770 BGB ("der Bürge kann die Bestätigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten") nur ein Leistungsverweigerungsrecht zu, solange dem Hauptschuldner das Gestaltungsrecht zustehe. Das Berufungsgericht folge dieser Auffassung im Hinblick darauf, dass die österreichische Rechtsordnung in § 129 Abs 2 HGB eine ähnliche Regelung enthalte und es äußerst wahrscheinlich sei, dass der Hauptschuldner das Anfechtungsrecht ausübe. Übe der Hauptschuldner - wie im zu beurteilenden Fall - sein Anfechtungsrecht wegen Irrtums innerhalb der Verjährungsfrist nicht aus (§ 1487 ABGB), so ergebe sich allenfalls ein Schadenersatzanspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner. Es widerspreche dem Gläubigerinteresse, dem Bürgen nach Verstreichen der Verjährungsfrist ein eigenes Anfechtungsrecht einzuräumen. Die fehlende Legitimation des Beklagten zur Anfechtung des Getränkebezugsvertrags wegen Irrtums - und gleichermaßen wegen Sittenwidrigkeit und List - sei in allseitiger rechtlicher Prüfung des festgestellten Sachverhalts wahrzunehmen gewesen. Auf ein Leistungsverweigerungsrecht habe sich der Beklagte nicht berufen.
Da die Irrtumsanfechtung des Getränkebezugsvertrags durch den Beklagten also nicht greife, sei die von diesem ebenfalls geltend gemachte Irrtumsanfechtung des Bürgschaftsvertrags zu prüfen. Die Verfahrensergebnisse reichten hiezu jedoch nicht aus, da die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, wonach der Beklagte als Bürge hafte, in den insoweit ungenauen und teils widersprüchlichen Entscheidungsgründen nicht verlässlich gedeckt sei. Während sich aus dem den Feststellungen gewidmeten Abschnitt der Entscheidungsgründe des Ersturteils ergebe, dass der Beklagte zwar nicht die Bedeutung des Wortes "Bürge" erkannt habe, ihm aber bei Unterfertigung des Vertrages klar gewesen sei, dass er aus dem Getränkebezugsübereinkommen als Gesellschafter der C***** KEG persönlich hafte, habe das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung ausgeführt, der Beklagte sei nicht überzeugend gewesen. Im Hinblick auf seine Aussage, dass er nicht gewusst habe, was "Bürge" bedeute und es zwar möglich sei, dass ihm der Ausdruck "Bürge" nicht bekannt gewesen sei, nicht jedoch glaubhaft sei, dass ihm bei der zweimaligen Unterfertigung des Getränkebezugsübereinkommens nicht klar gewesen sei, dass er einmal für die von ihm vertretene Gesellschaft und einmal für ihn persönlich unterschreibe.
Im zu ergänzenden Verfahren sei daher zunächst eine Erörterung des vom Beklagten in Ansehung des Bürgschaftsvertrages erhobenen Irrtumseinwand erstatteten Vorbringens erforderlich. Der Beklagte sei für das Vorliegen des von ihm in Anspruch genommenen Tatbestands nach § 871 ABGB behauptungs- und beweispflichtig. Mit dem Vorbringen des Beklagten, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er das Getränkebezugsübereinkommen auch als persönlich haftender Bürge unterschrieben habe, habe der Beklagte keinen eine Irrtumsanfechtung rechtfertigenden Umstand dargelegt. Ob das zur Irrtumsanfechtung des Getränkebezugsübereinkommens erstattete Vorbringen auch auf die Anfechtung des Bürgschaftsvertrages bezogen werden müsse, sei erörterungsbedürftig. Dem Beklagten werde somit Gelegenheit zu geben sein, das zur Anfechtung des Bürgschaftsvertrages erstattete Vorbringen zu präzisieren. Das Erstgericht werde in der Folge den in Ansehung des Bürgschaftsvertrages erhobenen Irrtumseinwand auf der Grundlage präzise zu fassender Feststellungen neuerlich rechtlich zu beurteilen haben. Sollte die Irrtumsanfechtung erfolglos bleiben, werde über die Haftung des Beklagten als Bürge ausgehend vom hiezu erstatteten Vorbringen zu entscheiden sein.
Im Falle erfolgreicher Irrtumsanfechtung des Bürgschaftsvertrages wäre eine Haftung des Beklagten als persönlich haftender Gesellschafter der C***** KEG zu prüfen. Hiezu sei auf folgende rechtliche Gesichtspunkte vorweg hinzuweisen: Werde ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so könne er gemäß § 129 Abs 1 HGB Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können und könne der Gesellschafter gemäß § 129 Abs 2 HGB die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zustehe, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Gemäß §§ 4 Abs 1 EEG, 161 Abs 2 HGB iVm § 129 HGB sei es daher dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KEG nicht möglich, Gestaltungsrechte der Gesellschaft im eigenen Namen auszuüben. Der Gesellschafter könne stattdessen nur die Leistung verweigern, solange die Gesellschaft zur Ausübung des Gestaltungsrechts imstande sei. § 129 HGB gelte auch für die Einwendungen des ausgeschiedenen Gesellschafters, der nach allgemeinen, durch § 159 HGB bestätigten Rechtsgrundsätzen für die im Zeitpunkt seines Ausscheidens begründeten Gesellschafterschulden weiter hafte. Während sich allerdings ein Gesellschafter nach rechtskräftiger Verurteilung der Gesellschaft nur mehr auf die in seiner Person begründeten Einwendungen berufen könne und er alle übrigen Einwendungen verloren habe, weil das Urteil insoweit auch gegen ihn wirke, sei dies beim ausgeschiedenen Gesellschafter dann nicht der Fall, wenn dessen Ausscheiden zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage an die Gesellschaft bereits im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Zusammenfassend hindere somit auch § 129 Abs 2 HGB eine Anfechtung des Getränkebezugsübereinkommens durch den Beklagten in seiner Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter wegen List, Irrtum und Sittenwidrigkeit.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, da in der höchstgerichtlichen Judikatur bisher nur zur Anfechtbarkeit eines Vertrages wegen Wuchers durch einen Pfandbesteller Stellung genommen worden sei (WBl 1987, 274), Judikatur zur Ausübung von Gestaltungsrechten durch einen Bürgen jedoch fehle und das Berufungsgericht insoweit nur auf die zitierten Lehrmeinungen zurückgreifen habe können.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten, der unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wieder hergestellt werde.
Die Klägerin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Da der erkennende Senat die Rekursausführungen für nicht stichhältig, die Entscheidungsgründe des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses hingegen in allen Punkten für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf die Richtigkeit der - hier ausführlich wiedergegebenen - Erwägungen des Berufungsgerichts hinzuweisen und lediglich zu den Argumentationen des Rekurses wie folgt Stellung zu nehmen:
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass der Rekurswerber der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, er sei zur Anfechtung des Getränkebezugsübereinkommens wegen Irrtums nicht legitimiert, da nur dem Hauptschuldner ein Gestaltungsrecht (eine sog rechtsverfolgende Einrede - s. Gamerith in Rummel³ § 1351 Rz 6) zustehe, ohnehin gar nicht ausdrücklich widerspricht. Es genügt daher, dazu zu bemerken, dass diese Ansicht der hL folgt (Rapaport, Die Einrede aus dem fremden Rechtsverhältnis 66 ff; Ohmeyer, Einreden des Bürgen aus dem Rechte des Hauptschuldners, GZ 1927, 211 ff; ders in Klang 216; P. Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten 86 ff; ders, Einreden des Bürgen, ÖBA 1987, 696; ders, Die Besicherung vernichtbarer Forderungen, ÖBA 1987, 876; Schett, JAP 1991, 203/92; Mader in Schwimann² § 1351 ABGB Rz 11; Gamerith aaO), deren Argumente überzeugen, weshalb sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsmeinung anschließt (aA Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts² II/1, 111; Mayrhofer, SchR AT 122, 595; unentschieden Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher, Schuldrecht AT² 271).
Der Rekurswerber widerspricht auch nicht den Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zunächst die Irrtumsanfechtung des Bürgschaftsvertrages zu prüfen haben werde und nur im Fall einer erfolgreichen Irrtumsanfechtung die Frage einer allfälligen Haftung des Beklagten aufgrund seiner Gesellschafterstellung einer Prüfung zu unterziehen wäre. Er meint allerdings, dass die Irrtumsanfechtung des Bürgschaftsvertrages schon jetzt aufgrund seiner unzureichenden Deutschkenntnisse und da er keine genaue Vorstellung vom Vertragsinhalt gehabt habe, berechtigt erscheine. Er übersieht dabei, dass Zweck des Rekurses nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz - in jeder Richtung - durch den Obersten Gerichtshof ist (Kodek in Rechberger² Rz 5 zu § 519). Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht - wie hier - richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek aaO mwN; 7 Ob 9/02b; 7 Ob 66/02k; vgl RIS-Justiz RS0042179).
Betreffend die - wie bereits betont, nur für den Fall des Gelingens der Anfechtung des Bürgschaftsvertrags wegen Irrtums - zu relevierende Frage einer Haftung des Beklagten als (persönlich haftender) Gesellschafter der C***** KEG, macht der Rekurswerber geltend, einem zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits ausgeschiedenen Gesellschafter müssten alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft erhalten bleiben, weil er ja keine Einflussmöglichkeit auf den Prozess der Gesellschaft habe. Dies entspricht herrschender Meinung und führt - wie das Berufungsgericht ohnehin ausgeführt hat - dazu, insofern zwischen einem aktiven und einem ausgeschiedenen Gesellschafter zu differenzieren, als Ersterer sich nach rechtskräftiger Verurteilung der Gesellschaft, sei es auch aufgrund eines Versäumungsurteils, nur mehr auf die in seiner Person begründeten Einwendungen berufen kann und alle übrigen Einwendungen verloren hat, weil das Urteil insoweit auch gegen ihn wirkt. Dies trifft für den im Zeitpunkt der Zustellung der Klage an die Gesellschaft bereits ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zu, da diesem ab seinem Ausscheiden jede Einflussmöglichkeit auf die Prozessführung der Gesellschaft fehlt, weshalb die Bindungswirkung nicht eintreten kann (7 Ob 614/95, SZ 69/152 = ecolex 1996, 925; RIS-Justiz RS0102066; Koppensteiner in Straube HGB³ § 129 Rz 11 mwN). Dass dies aber (worauf der Rekurswerber möglicherweise - ohne dies aber darzulegen - hinaus will) keineswegs zu rechtfertigen vermag, einem (ausgeschiedenen) Gesellschafter ein Gestaltungsrecht (iS eines "rechtsverfolgenden Einwands") zuzubilligen, liegt auf der Hand.
Soweit der Rekurs schließlich noch einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass das Berufungsgericht sich zur Frage eines allfälligen richterlichen Mäßigungsrechts nicht geäußert habe, wird übersehen, dass zunächst noch die Frage des Haftungsgrundes zu klären ist und die Anspruchshöhe erst danach zu erörtern sein könnte. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Dem Rekurs war ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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