Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 1.063,80 EUR (darin 177,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei wurde mit Dekret des Diözesanbischofs S***** vom 1. 6. 1994, das mit Dekret der Päpstlichen Kommission "Ecclesia Dei" vom 16. 7. 1994 anerkannt wurde, gegründet.
Der Beklagte betreibt unter dem Domainnamen "h*****" einen Online-Dienst. Am 26. 4. 1999 wurde auf dessen Website folgender Artikel veröffentlicht:
"...'dem jüdischen Triumph Einhalt gebieten':
Bischof K***** wegen NS-Wiederbetätigung angezeigt
Wegen 'neonazistischer Betätigungen' hat der steirische Landtagsabgeordnete W***** Bischof K***** und gleich den ganzen Orden "S*****" angezeigt.
Graz - Der steirische grüne Landtagsabgeordnete Martin W***** hat gegen den S***** Diözesanbischof Kurt K***** und die in dessen Diözese ansässigen Mitglieder des Ordens "S*****" Anzeige erstattet. In dem an die Staatsanwaltschaft S***** gerichteten Schreiben begründet W***** seinen Schritt damit, dass der Orden, der von K***** gezielt gefördert werde, neonazistisches Gedankengut verbreite.
W***** stützt sich auf eine ORF-Radiosendung vom 14. März dieses Jahres, in der der Leiter des G***** Kulturzentrums bei den M*****, Josef F*****, sich mit dem Orden und dessen Priesterseminar im niederösterreichischen B***** befasst. F***** sprach - einer Tonaufnahme zufolge - davon, dass er 'selbst nachgeforscht' habe und sich hinter den S***** 'Rechtsradikalismus in Reinkultur' verberge und 'eigentlich durch das Innenministerium untersucht werden müsste'.
Christentum als Bollwerk gegen den jüdischen Triumph ...
In einem Vereinsblatt der den 'S*****' nahestehenden 'P***** M*****' sei offene Nazipropaganda zu finden. So etwa der Satz: 'Allen großen politischen, sozialen und ideologischen, wirtschaftlichen und sonstigen Kämpfen unserer Tage liegt in Wirklichkeit ein furchtbarer Kampf zwischen Judentum und Christentum zugrunde. Und das Christentum ist heute die einzige Kraft (...), die fähig ist, dem jüdischen Triumph Einhalt zu gebieten.'
W***** erklärte, er unterschreibe 'voll inhaltlich' die massive Kritik von Rektor Josef F*****. Er erstattete diese Anzeige auch deswegen, 'damit unserer und der nächsten Generation Priester, die solches Gedankengut vertreten, erspart bleiben'.
Der Schirmherr wird in die Verantwortung gezogen.
Die Anzeige gegen Bischof Kurt K***** sieht W***** darin begründet, dass dieser den vom Augsburger Diözesanbischof ausgewiesenen Orden in seiner Diözese die Errichtung einer Ordenshochschule erlaubt habe. Dies sei nach dem Verbotsgesetz ebenfalls strafbar. Die Aktivitäten der 'S*****' sind erst vor kurzem öffentlich bekannt geworden und haben kirchenintern für heftige Aufregung gesorgt. So hat u.a. der S***** Altbischof Franz Z***** die Ansiedlung des Ordens in B***** scharf kritisiert.
Bischof Kurt K***** ist für seine fundamentalistische, ultrakonservative Linie in der Kirche bekannt. Für immer größere Kreise in der österreichischen Kirche wird K***** zum Störfall.
h***** onLine - Montag 26-04-99".
Dieser Text ist nach wie vor, und zwar nun im "Archiv" der Website und nunmehr unter der Internetadresse "h*****archiv***** abrufbar.
Nach Zustellung der vorliegenden Klage und vorangehender Korrespondenz der Vertreter der Streitteile fügte der Beklagte dem Artikel am 8. 5. 2002 folgenden Zusatz an:
"Entsprechend einer Mitteilung des Rechtsvertreters von 'Institutum S*****' ist das im Artikel vom 26. April 1999 erwähnte Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft S***** zur Geschäftsnummer 2 St 160/99d zurückgelegt worden. Ein urkundlicher Nachweis hierüber im Sinne des § 12 Abs 3 Mediengesetz Österreich wurde nicht geführt.
h***** onLine - Mittwoch 08-05-02".
Die Anzeige des Dr. W***** gegen die Verantwortlichen der klagenden Partei wegen § 3a und b Verbotsgesetz wurde von der Staatsanwaltschaft S***** zurückgelegt, wovon das bischöfliche Ordinariat S***** mit Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft vom 26. 3. 1999 verständigt wurde.
In der Ausgabe der Zeitschrift N***** vom 11. 2. 1999 war ein Artikel erschienen, in dem behauptet wurde, in der Zeitschrift "P*****" sei folgender Text enthalten gewesen:
"Dem jüdischen Triumph Einhalt gebieten.... Allen großen politischen, sozialen, ideologischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Kämpfen unserer Tage liegt in Wirklichkeit ein furchtbarer Kampf zwischen Judentum und Christentum zugrunde, und das Christentum ist heute die einzige Kraft, die aus sich selbst heraus fähig ist, dem jüdischen Triumph Einhalt zu gebieten...."
Im Verfahren 34 Cg 6/00d des Erstgerichtes begehrte die auch hier klagende Partei und der Verein K***** von der Medieninhaberin der Zeitschrift N***** und dem Journalisten, der den Artikel verfasst hatte, den Widerruf dieser Behauptung und die Veröffentlichung des Widerrufs. Dieses Verfahren wurde am 15. 6. 2000 durch einen Vergleich beendet, in dem sich die dort Beklagten zum Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs im Sinne des Klagebegehrens verpflichteten.
Auch gegen Josef F*****, dem damaligen Rektor des Kulturzentrums der M***** in G*****, gingen die klagende Partei und der genannte Verein mit einer Klage nach § 1330 ABGB vor. Josef F***** hatte in einer Rundfunksendung die im hier strittigen Online-Artikel wiedergegebenen Äußerungen getätigt. Im Zuge dieses Verfahrens gab Josef F***** die Erklärung ab, dass er sich zur Unterlassung der Behauptungen verpflichte, die Klägerin und der Verein K***** würden unverhohlen Nazipropaganda machen und sich der Wiederbetätigung schuldig machen sowie dass der der Widerrufsverpflichtung im Verfahren 34 Cg 6/00d entsprechende Text ein Zitat aus der Zeitschrift "P*****" sei. Für den Fall des Zuwiderhandelns gegen diese Unterlassungsverpflichtung verpflichtete sich Josef F***** überdies zur Leistung einer Vertragsstrafe von 100.000 S.
Die klagende Partei begehrt mit der vorliegenden, am 27. 2. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, folgende Behauptungen zu unterlassen:
"a) die klagende Partei sei wegen NS-Wiederbetätigung angezeigt worden, wenn nicht zugleich damit auch gesagt wird, dass die Staatsanwaltschaft S***** als Strafverfolgungsbehörde die Strafanzeige zurückgelegt hat;
b) Josef F***** habe der klagenden Partei "Rechtsradikalismus in Reinkultur" zum Vorwurf gemacht, wenn nicht zugleich damit auch gesagt wird, dass Josef F***** seine Vorwürfe gegen die klagende Partei zurückgenommen hat;
c) in dem der klagenden Partei nahestehenden Vereinsblatt "P*****" sei folgender als Nazipropaganda zu bezeichnender Satz zu finden gewesen: "Allen großen politischen, sozialen und ideologischen, wirtschaftlichen und sonstigen Kämpfen unserer Tage liegt in Wirklichkeit ein furchtbarer Kampf zwischen Judentum und Christentum zugrunde. Und das Christentum ist heute die einzige Kraft (...), die fähig ist, dem jüdischen Triumph Einhalt zu gebieten."
Die klagende Partei stellte weiters in der Streitverhandlung vom 14. 6. 2002 das Eventualbegehren, der Beklagte sei schuldig, folgende Textstellen aus der Website zu entfernen "und" den Zugang zu ihr zu sperren:
"...dem jüdischen Triumph Einhalt gebieten: Bischof K***** wegen NS-Wiederbetätigung angezeigt. Wegen 'neonazistischer Betätigungen' hat der steirische Landtagsabgeordnete Wabl Bischof K***** und gleich den ganzen Orden 'S*****' angezeigt. Graz - Der steirische grüne Landtagsabgeordnete Martin W***** hat gegen den St. Pöltner Diözesanbischof Kurt K***** und die in dessen Diözese ansässigen Mitglieder des Ordens 'S*****' Anzeige erstattet. In dem an die Staatsanwaltschaft S***** gerichteten Schreiben begründet W***** seinen Schritt damit, dass der Orden, der von K***** gezielt gefördert werde, neonazistisches Gedankengut verbreite. Christentum als Bollwerk gegen den jüdischen Triumph... In einem Vereinsblatt der den 'S*****' nahestehenden 'P*****' sei offene Nazipropaganda zu finden. So etwa der Satz: 'Allen großen politischen, sozialen und ideologischen, wirtschaftlichen und sonstigen Kämpfen unserer Tage liegt in Wirklichkeit ein furchtbarer Kampf zwischen Judentum und Christentum zugrunde. Und das Christentum ist heute die einzige Kraft (...), die fähig ist, dem jüdischen Triumph Einhalt zu gebieten'."
Die klagende Partei brachte vor:
In der Zeitschrift N***** sei ein angeblicher Text aus der Zeitschrift "P*****" zitiert worden, der dort nie enthalten gewesen sei. Auf diese unrichtige Behauptung der Zeitschrift N***** hätten sich aber sowohl Josef F***** in der Rundfunksendung "Gedanken zur Zeit" am 7. 3. 1999 als auch Martin W***** bei seiner Strafanzeige wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung bezogen. Trotz Kenntnis von der Unrichtigkeit der Unterstellungen und der Zurücklegung der Strafanzeige verbreite der Beklagte den Text nach wie vor. Die darin enthaltenen Behauptungen mögen zwar im Zeitpunkt, als der Text ins Netz gestellt worden sei, insofern ihre Berechtigung gehabt haben, als ein uninformierter Dritter von deren Richtigkeit ausgehen habe dürfen. Die bewusste Aufrechterhaltung der Veröffentlichung der sachlich unrichtigen Information trotz der nachfolgenden Ereignisse stelle aber eine schwere Diffamierung und eine vorsätzliche, rechtswidrige Beeinträchtigung der Interessen der klagenden Partei dar. Dem Beklagten sei spätestens aufgrund der Vorkorrespondenz die Unwahrheit der Behauptungen bekannt geworden. Er sei als Diensteanbieter im Sinn des § 3 ECG nach Kenntnis, dass es sich um eine Falschinformation handle, gemäß § 16 ECG zur unverzüglichen Entfernung der gespeicherten Information verpflichtet. § 16 ECG gelte aufgrund eines "Umkehrschlusses" auch für denjenigen Diensteanbieter, der die Information selbst gespeichert habe.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Parteifähigkeit der klagenden Partei und berief sich im Übrigen auf die Zitatenjudikatur. Die Strafanzeige des Dr. W***** sei richtig und wertneutral wiedergegeben worden. Die Informationsquellen, nämlich die Strafanzeige und die Äußerungen des Josef F***** in der Rundfunksendung seien unbedenklich gewesen. Der Sachverhalt sei bereits vor der Veröffentlichung im Internet durch die Rundfunksendung und die Berichterstattung über die Strafanzeige öffentlich gemacht worden. Aufgrund der Prominenz der Betroffenen habe ein Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung bestanden. Für eine differenzierende Anwendung der Zitatenjudikatur einerseits auf Printmedien, andererseits auf elektronische Medien bestehe kein Anlass. Aus dem beanstandeten Artikel sei ersichtlich, dass er sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung bezogen habe. Zudem befinde sich der Artikel im "Archivbereich" der Website. Das Hauptbegehren sei kein Unterlassungsbegehren, sondern ziele auf Änderungen und Ergänzungen des Textes ab, die jedoch mit dem deutschen Urheberrecht in Widerspruch stünden. Der Artikel sei nämlich nicht vom Beklagten, sondern von einem Journalisten verfasst worden, der dem Beklagten daran lediglich ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt habe. Die Anwendung des § 10 MedienG (nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens) komme nicht in Frage. Die Ansprüche aus einer Ehrenbeleidigung seien gemäß § 1490 Abs 1 ABGB verjährt. Die klagende Partei sei als religiöse Vereinigung durch den Artikel nicht gefährdet im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB. Abgesehen davon sei das Rechtsschutzbedürfnis der klagenden Partei infolge Zeitablaufes und wegen der nachträglichen Anbringung des Zusatzes beim archivierten Artikel weggefallen. § 16 ECG finde keine Anwendung, weil der Bericht vom Beklagten selbst als "Eigencontentprovider" eingegeben worden sei.
Die Anwendung österreichischen Rechts ist unstrittig.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Es bejahte die Parteifähigkeit der klagenden Partei. Dieser komme nach dem Codex iuris canonici und dem Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich Rechtspersönlichkeit zu. Die Aufnahme von Tatsachen in eine Homepage erfülle den Tatbestand der Verbreitung im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB. Die in § 1330 ABGB normierten Ansprüche richteten sich auch gegen den Betreiber einer Homepage. Die Gefährdung der klagenden Partei im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB durch den Text sei zu bejahen. Die darin erhobenen Vorwürfe seien unrichtig gewesen. Als Täter komme auch derjenige in Betracht, der fremde rufschädigende Äußerungen verbreite, doch sei diesem unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtfertigungsgrund zuzubilligen. Das bekämpfte Zitat müsse in einer wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung des Dritten bestehen; es dürfe keine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierenden stattfinden; das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung müsse die Interessen des Verletzten überwiegen, etwa wegen der besonderen Stellung des Zitierten in der Öffentlichkeit oder wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas. Schließlich werde überdies vorausgesetzt, dass der Betroffene gegen den Urheber der zitierten Äußerung vorgehen könne. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung am 26. 4. 1999 seien die hier strittigen Äußerungen zwar im Sinn der Zitatenjudikatur tatbestandmäßig gewesen, dem Beklagten sei aber der genannte Rechtfertigungsgrund zugute gekommen. Es seien einerseits die von Dritten, insbesondere von einem Landtagsabgeordneten und vom Leiter des G***** Kulturzentrums bei den M***** erhobenen Verdächtigungen jeweils unter Bekanntgabe dieser Personen richtig wiedergegeben worden, ohne dass eine Identifizierung mit diesen Verdächtigungen ersichtlich sei. Es bestehe jedoch ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Veröffentlichung im Internet und in einem Printmedium, weil selbst ein bereits im Archiv einer Homepage vorhandener Artikel für einen Nutzer wesentlich einfacher zugänglich sei als ein in alten Ausgaben von periodisch erscheinenden Printmedien enthaltener Artikel. Auch ein im Archiv einer Homepage vorhandener Artikel sei jederzeit verfügbar. Deshalb müsse vom Betreiber einer Homepage verlangt werden, Behauptungen zu entfernen, von deren Unrichtigkeit er nach der Veröffentlichung erfahren habe oder derart veröffentlichte Behauptungen durch neue Erkenntnisse zu ergänzen. Belasse der Betreiber unrichtige Behauptungen trotz Kenntnis von deren Unrichtigkeit weiter unverändert im Internet, könne er den beschriebenen Rechtfertigungsgrund nicht in Anspruch nehmen. Der vom Beklagten nachträglich dem Artikel beigefügte Hinweis über die Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft schließe den Unterlassungsanspruch schon deshalb nicht aus, weil er durch den weiteren Zusatz, dass ein urkundlicher Nachweis hierüber nicht geführt worden sei, beim unbefangenen Leser den Eindruck erwecke, dass doch noch staatsanwaltschaftliche Erhebungen gegen die klagende Partei durchgeführt würden. Die Wiederholungsgefahr sei schon aufgrund der Bestreitung des Klagebegehrens anzunehmen. Es bestünden keine urheberrechtlichen Bedenken gegen die Anfügung der im Urteilsbegehren gewünschten Zusätze. Es bestehe daher schon das Hauptbegehren in vollem Umfang zu Recht.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR nicht übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Aufnahme eines Textes in Dateien, die über das Internet abrufbar seien, unabhängig davon, ob diese bereits in einem "Archiv" zusammengefasst seien, eine fortlaufende Verbreitung darstelle, also von der einmaligen Veröffentlichung in einer bestimmten Ausgabe eines Printmediums unterschieden werden müsse. Die ungleich leichtere Auffindbarkeit der permanent bereitgehaltenen Datei im Internetdienst des Beklagten stelle im Gegensatz zu einem relativ schwer zugänglichen Zeitungsarchiv oder einer Bibliothek eine laufende Veröffentlichung dar. Diese erfordere die nachfolgende Betreuung, um den Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten, der gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit in den Vordergrund trete, wenn eine Änderung der Sachlage eintrete. Der Internetdiensteanbieter müsse dafür sorgen, dass das Publikum nicht durch eine im Zeitpunkt ihres erstmaligen Erscheinens zulässige Information in weiterer Folge irregeführt und ein Dritter in seinen Rechten beeinträchtigt werde. Der Beklagte sei von der klagenden Partei vom Sachverhalt informiert worden. Es sei ihm auch eine Kopie des am 15. 6. 2000 vor dem Landesgericht S***** geschlossenen Vergleiches (Widerruf der Behauptung in der Zeitschrift N*****) und eine Erklärung des Josef F***** zur Verfügung gestellt worden. Es gehe daher der Vorwurf des Beklagten ins Leere, er habe keinerlei Nachweise für die Behauptungen der klagenden Partei erhalten. Das Erstgericht habe zu Recht auch den Zusatz vom 8. 5. 2002 für nicht geeignet befunden, beim unbefangenen Leser den Eindruck zu vermitteln, dass die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Verantwortlichen der klagenden Partei tatsächlich erfolgt sei. Vielmehr werde der Anschein erweckt, dass ein von der Rechtsordnung vorgesehener Nachweis nicht erbracht worden und die betreffende Mitteilung entweder unglaubwürdig oder rechtlich nicht verbindlich sei. Sollte der Beklagte nicht in der Lage sein, Änderungen oder Ergänzungen der strittigen Passagen vorzunehmen, müsse er diese eben aus der Datei entfernen. Das von der klagenden Partei erhobene Begehren verpflichte den Beklagten nicht zur Aufnahme von Ergänzungen oder Änderungen, sondern zur Unterlassung bestimmter Behauptungen, die in ihrer Unvollständigkeit einen falschen Eindruck hervorrufen würden. Das Unterlassungsbegehren sei daher berechtigt. Zutreffend habe das Erstgericht auch den Verjährungseinwand verworfen, weil Ansprüche nach § 1330 Abs 2 ABGB gemäß § 1489 ABGB der dreijährigen Verjährungsfrist unterlägen. Auch einer religiösen Institution sei der Schutz ihres Kredits, Erwerbes oder Fortkommens im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB zu gewähren. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob ein ursprünglich gerechtfertigtes Zitat von Äußerungen Dritter durch die fortlaufende Bereithaltung im Internet trotz Kenntnisnahme ihrer Unrichtigkeit rechtswidrig werde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Im Hinblick auf die Ausführungen der klagenden Partei in ihrer Revisionsbeantwortung, die den Klageanspruch unter anderem auch auf die Bestimmungen der §§ 15 und 16 ECG stützt, ist zunächst festzuhalten:
Ein elektronischer Dienst, der dem ECG unterliegt, muss "in der Regel gegen Entgelt" erbracht werden (§ 3 Z 1 ECG). Ob der Beklagte seine Online-Aktivitäten aus kommerziellen Gründen entfaltet und daher als Diensteanbieter im Sinn des § 3 Z 2 ECG zu qualifizieren ist, kann hier aber dahingestellt bleiben. Der Begriff des (kommerziellen) Diensteanbieters im Sinn dieser Bestimmung ist weit gefasst. Er umfasst unter anderem das Bereitstellen von Online-Informationsangeboten, wobei auch die vermittelnden Diensteanbieter (Accessprovider und Host-Service-Provider) einbezogen sind. Die Verantwortlichkeit dieser Vermittler wird durch die Regelungen der §§ 13 bis 19 ECG eingeschränkt. Diese Bestimmungen lassen jedoch - ebenso wie die Art 12 bis 14 der EC-Richtlinie (Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. 6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt), die im ECG umgesetzt wurde - die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht (oder eine Verwaltungsbehörde) auf der Grundlage eines entsprechenden Begehrens einem Online-Anbieter einen Unterlassungsbefehl wegen einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information erteilt oder dass er zur Entfernung rechtswidriger Informationen oder zur Sperre des Zugangs zu diesen Informationen verhalten wird (RV 817 BlgNR 21. GP, 33, 39). § 19 Abs 1 ECG bestimmt demgemäß, dass die §§ 13 bis 18 gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Gericht oder eine Behörde dem Diensteanbieter die Unterlassung, Beseitigung oder Verhinderung einer Rechtsverletzung auftragen kann, unberührt lassen. Die Haftungsbeschränkungen der §§ 13 ff ECG berühren nicht die Frage der Rechtswidrigkeit der Tätigkeit des Providers. Diese bestimmt sich ausschließlich nach den jeweiligen materiellrechtlichen Bestimmungen (nach ABGB, UrhG, UWG). Demnach sind verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche von der Haftungsbefreiung dieser Bestimmungen nicht umfasst (Zankl, ECG § 19 Rz 296; Burgstaller/Minichmayr, ECG 142; Brenn, ECG 284, 307). § 19 ECG schafft ebensowenig wie die §§ 13 und 16 ECG einen eigenständigen Unterlassungsanspruch (Burgstaller/Minichmayr aaO 143). Die dort beschriebene Befugnis von Gerichten oder Behörden setzt vielmehr ihre Berechtigung voraus, einem Anbieter aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift unter den dort erwähnten Voraussetzungen die Unterlassung, Beseitigung oder Verhinderung der Rechtsverletzung aufzutragen (RV 817 BlgNR 21. GP, 39). Schon deshalb, weil der Ausschluss der Verantwortlichkeit des Providers, der fremde Inhalte speichert (Hosting), noch nicht besagt, dass auch keine verschuldensunabhängige Unterlassungsverpflichtung nach § 1330 ABGB besteht, ist die Frage, ob der hier zu sichernde Unterlassungsanspruch berechtigt ist, nicht an Hand der Bestimmungen des ECG zu lösen (vgl 6 Ob 218/03g). Abgesehen davon bietet der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beklagte eine Tätigkeit ausübt, die seine Verantwortlichkeit im Sinn der §§ 13 ff ECG einschränkt. Er ist weder ein Diensteanbieter, der bloß von einem Nutzer eingegebene Informationen "durchleitet" oder "zwischenspeichert" (§ 13 ECG; vgl auch § 15 ECG) noch ein Diensteanbieter, der (selbst) im Auftrag eines Nutzers die von einem Nutzer eingegebenen Informationen speichert. Der Beklagte behauptete vielmehr, "Content-Provider" zu sein, also selbst Inhalte im Internet zu veröffentlichen. Die Haftung derartiger Diensteanbieter ist im ECG überhaupt nicht näher, insbesondere nicht im Sinne einer Einschränkung geregelt. Der Provider, der selbst Inhalte zur Verfügung stellt, kann keine Haftungsprivilegien in Anspruch nehmen (Ciresa, Rechtsberatung Internet, Handbuch zum Multimediarecht, Register 3, Kap. 3/1/S.5). Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher nach der allgemeinen Bestimmung des § 1330 ABGB und den hiezu entwickelten Rechtsgrundsätzen zu beurteilen (vgl 6 Ob 218/03g).
Der Beklagte vertritt auch noch in seiner Revision den Standpunkt, dass die von den Vorinstanzen dargelegten Grundsätze der sogenannten "Zitatenjudikatur" ebenso für Online-Medien wie für Printmedien zu gelten habe. Entscheidend sei, dass die strittigen Äußerungen nach ihrer Veröffentlichung am 26. 4. 1999 in das Archiv des vom Beklagten betriebenen Internetdienstes gestellt worden seien. Der Nutzer, der die betreffende Seite aufrufe, wisse, dass er sich im Archiv befinde und dass sich die Meldung auf April 1999 bezogen habe. Ein Abweichen von der Zitatenjudikatur sei daher nicht gerechtfertigt. Änderungen oder Ergänzungen von archivierten Meldungen seien unüblich und würden die Richtigkeit der Meldungen "entstellen". Sei ein Zitat zur Zeit seiner ersten Veröffentlichung rechtmäßig, müsse dies auch weiterhin gelten, wenn das Zitat in ein Archiv gestellt werde. Eine "laufende Wartung" von abgespeicherten Informationen würde einen unzumutbaren Aufwand erfordern.
Hiezu ist klarzustellen, dass in einer Homepage oder deren Unterverzeichnissen aufscheinende ehrenrührige Äußerungen zweifelsohne "verbreitet" im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB werden (6 Ob 307/00s = MR 2001, 161 [Thiele]), genügt hiezu doch schon die Mitteilung an bloß eine vom Verletzten verschiedene Person (SZ 50/86 ua). Nichts anderes kann für Online-Archive gelten, die sich ebenfalls typischerweise an einen größeren Personenkreis richten, wenn auch Archivseiten allenfalls weniger Besucher aufweisen als aktuelle Online-Berichte. Ein Artikel bleibt selbst nach der bloßen "Verschiebung" aus der jeweils aktualisierten Seite einer Website in deren "Archiv" verbreitet und veröffentlicht im Sinn des § 1 MedienG und des § 1330 ABGB, auch wenn sich dadurch die Aufmachung und die Zugriffsmodalitäten für die Besucher der Internetseite etwas anders darstellen. Es ändert sich auch die rechtliche Qualifikation des Diensteanbieters nicht allein dadurch, dass ein bestimmter Artikel zunächst einige Zeit hindurch auf einer Seite mit aktuellen Nachrichten aufscheint und danach im "Archiv" abgelegt wird. Kam dem Diensteanbieter schon bei der Einspeicherung des Artikels ins Netz die Stellung eines Medieninhabers (intellektuellen Verbreiters) zu, behält er diese auch weiterhin bei (6 Ob 218/03g; aA Richter/Windhager, Online-Archive am Ende? MR 2003, 211).
In der Revision wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass - selbst nach dem Prozessstandpunkt der klagenden Partei - die Veröffentlichung des strittigen Textes zunächst im Sinn der von den Vorinstanzen zutreffend dargestellten Zitatenjudikatur als gerechtfertigt qualifiziert werden kann. Die Ausführungen der Revision lassen aber den hier wesentlichen Umstand außer Acht, dass der Beklagte den Text nicht nur weiterhin für alle potentiellen Besucher der Internetseite - obgleich diese jetzt im Bereich des "Archivs" abrufbar ist - zur Kenntnisnahme bereit hält, obwohl er darüber informiert wurde, dass die veröffentlichten Zitate längst überholt sind, sondern dass er sogar noch einen den Eindruck der Richtigkeit der Vorwürfe verstärkenden Zusatz anfügte. Damit stellte er keineswegs die gebotene Ausgewogenheit der Information in dem Sinn hier, dass über das Scheitern der Anzeige des zitierten Landtagsabgeordneten wertneutral berichtet, auf den Widerruf in der Zeitschrift N***** sowie auf das Einbekenntnis der Unrichtigkeit der gegen die klagende Partei erhobenen Vorwürfe durch Josef F***** hingewiesen worden wäre. Die Vorinstanzen haben den Nachsatz, der dem Artikel am 8. 5. 2002 angefügt wurde, zutreffend dahin beurteilt, dass beim unbefangenen Leser der Eindruck erweckt wird, die Mitteilung des Rechtsvertreters der klagenden Partei über die Zurücklegung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft sei unglaubwürdig. In dieser Vorgangsweise liegt eine Identifizierung des Beklagten mit den vorangehenden Zitaten. Spätestens seit der Änderung der Webseite durch die Anfügung dieses Zusatzes kann sich der Beklagte daher nicht mehr auf das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes infolge eines überwiegenden Interesses der Öffentlichkeit an der Kenntnis der wahrheitsgemäßen Wiedergabe der Äußerungen Dritter (vgl RIS-Justiz RS0111733) berufen.
Es ist zwar richtig, dass der Betreiber eines Online-Archivs vor eine (im wirtschaftlichen Sinn) nahezu unmögliche Aufgabe gestellt würde, hätte er die Fülle der gespeicherten Informationen von sich aus immer wieder auf ihre Aktualität und auf allfällige Gesetzesverstöße zu prüfen. Darum geht es hier aber nicht. Der Beklagte wurde vom Vertreter der klagenden Partei schon lange vor Klageeinbringung auf die Unrichtigkeit der Zitate aufmerksam gemacht und durch die Übermittlung von Urkunden (Verpflichtungserklärungen der Medieninhaberin der Zeitschrift N***** und des Josef F*****) von der Mühe besonderer eigener Nachforschungen enthoben. Zugleich wurde er auch aufgefordert, die Veröffentlichung aus dem Internet zu nehmen. Die Befolgung dieser Aufforderung hätte den Beklagten als Betreiber seines Online-Archivs keineswegs übergebührlich mit Kontrolltätigkeit belastet (vgl 6 Ob 218/03g). Damit geht auch seine Argumentation ins Leere, dass bei Bejahung einer Verpflichtung zur Kontrolle von in Archiven abgespeicherten Meldungen der freie Dienstleistungsaustausch innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft gegenüber in Österreich ansässigen Betreibern von Offline-Medien massiv erschwert würde und "gegen EU-Recht" verstieße.
Der Einwand der Verjährung ist ebenfalls unberechtigt. Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, verjähren die Ansprüche nach § 1330 Abs 2 ABGB in drei Jahren (6 Ob 32/95; RIS-Justiz RS0085174). Innerhalb dieser Frist wurde die vorliegende Klage jedenfalls eingebracht, auch wenn man den Fristbeginn mit der ursprünglichen Einschaltung des Textes im Internet ansetzt. In der Beurteilung des strittigen Textes als kreditschädigend im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB ist ebenfalls kein Rechtsirrtum der Vorinstanzen erkennbar. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Träger des Ehrenschutzes neben natürlichen auch juristische Personen sein können (RIS-Justiz RS0008985). Auch eine religiöse Vereinigung und ein Orden können in ihrem Kredit, Erwerb oder Fortkommen durch ehrenrührige Behauptungen geschädigt sein, ist doch auch eine nicht gewinnorientierte Einrichtung auf finanzielle Zuwendungen angewiesen und muss ihre Auflösung befürchten, wenn ihr nationalsozialistische Umtriebe unterstellt werden.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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