OGH 2Ob309/03k

OGH2Ob309/03k12.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl D*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen die beklagte Partei Roland A*****, vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten (Streitinteresse EUR 62.694,70), über den "außerordentlichen Revisionsrekurs" der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 27. Oktober 2003, GZ 17 R 319/03p-17, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 24. Juli 2003, GZ 8 C 48/03x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der "außerordentliche Revisionsrekurs" der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Mieter, der Beklagte Vermieter einer Wohnung.

Mit der am 31. 1. 2003 eingebrachten "Klage aus einem Bestandverhältnis" begehrt der Kläger, dem Beklagten die Durchführung bestimmter Erhaltungsarbeiten zur Sanierung seiner Mietwohnung sowie im Stiegenaufgang aufzutragen. Im zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Bestandvertrag sei "die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 ABGB gerade nicht zu Lasten des Mieters abbedungen, sodass § 3 MRG nicht anzuwenden" sei.

Nach Erhebung der Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges durch den Beklagten und Beschränkung der Verhandlung auf die Prozesseinrede brachte der Kläger ergänzend vor, dass er das Klagebegehren "auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf Schadenersatz stütze", und die Kosten der hier eingeklagten Arbeiten im erhöhten Hauptmietzins keine Deckung fänden.

Das Erstgericht sprach mit Beschluss aus, dass der streitige Rechtsweg für das vorliegende Rechtsschutzbegehren des Klägers unzulässig und die Klage daher als Antrag gemäß §§ 3, 6 MRG im Verfahren Außerstreitsachen zur erledigen sei. Mangels gegenteiliger Behauptungen unterliege das Bestandobjekt dem vollen Anwendungsbereich des MRG. Da sich der Kläger nicht auf eine (über den Bestandvertrag hinausgehende zusätzliche) vertragliche Zusage stütze, deren Geltendmachung die Durchsetzung der begehrten Arbeiten im streitigen Rechtsweg eröffnen würde, und nach der weiten Fassung des § 37 Abs 1 Z 2 MRG (im Gegensatz zum früheren Mietengesetz) sämtliche im Zusammenhang mit Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten entstehenden Streitigkeiten in das Außerstreitverfahren verwiesen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Das Rekursgericht gab dem hiegegen vom Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge, sprach weiters aus, dass der Wert des "Streitgegenstandes" (richtig: Entscheidungsgegenstandes) EUR 20.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht schloss sich der als zutreffend bezeichneten rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an, wonach nur konkrete vertragliche Vereinbarungen die Zulässigkeit der Beschreitung des Rechtsweges auslösen könnten, nicht aber die bloße Geltendmachung von im Gesetz vorgesehenen normierten Inhalten eines Mietvertrages, wie etwa des Rechtes des Mieters auf Erhaltung des Mietobjektes in brauchbarem Zustand; ohne eine solche notwendige konkrete Vereinbarung zu behaupten, stütze sich nämlich ein Mieter, der entsprechende Pflichten des Vermieters einmahne, in Wahrheit nur auf das Gesetz. Auch mit seinem Vorbringen in Richtung Schadenersatz mache der Kläger in Wahrheit nur einen Anspruch auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 3 MRG geltend, welcher im Zusammenhalt mit §§ 1096f ABGB eine abschließende Sonderregelung darstelle, neben welcher für die Geltendmachung von (sich mit der Instandhaltungspflicht inhaltlich deckenden) Schadenersatzansprüchen kein Raum sei. Für die vom Kläger gewählte Vorgangsweise, den Streit über die Durchführung solcher Arbeiten in einem Teil, nämlich soweit dieser auf vermeintliche Schadenersatzansprüche gestützt werde, aus dem zwingend vorgesehenen außerstreitigen Verfahren herauszuziehen und diesen abgesondert im Streitverfahren zu verfolgen, bestehe nicht die geringste Notwendigkeit. Diese Auffassung sei in Rechtsprechung und Lehre als herrschend anzusehen.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszuges begründete das Rekursgericht unter Hinweis auf § 528 Abs 1 ZPO; da die Überweisung einer Rechtssache in ein anderes zivilgerichtliches Verfahren der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gleichzuhalten sei, jedoch keine erhebliche Rechtsfrage zu beantworten gewesen wäre, sei der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte "außerordentliche Revisionsrekurs" des Klägers mit dem Antrag, in Stattgebung des Rechtsmittels "den Einwand des Beklagten, der streitige Rechtsweg sei unzulässig, abzuweisen, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und dem Erstgericht das gesetzliche Verfahren über die Klage im streitigen Rechtsweg aufzutragen."

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich indes als jedenfalls unzulässig. Dies aus folgenden Überlegungen:

Nach hM wird die Überweisung einer Rechtssache vom streitigen ins außerstreitige, also in ein anderes zivilgerichtliches Verfahren der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gleichgehalten; ein Revisionsrekurs gegen eine die Überweisung aussprechende bestätigende Entscheidung ist daher bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen des § 528 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0106813, RS0103854). Dagegen stellt die Überweisung eines Begehrens vom außerstreitigen ins streitige (wohn- und/oder mietrechtliche) Verfahren nach Auffassung des 5. Sentates des Obersten Gerichtshofes keine strikte Rechtsschutzverweigerung (im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO) dar, sodass demnach die rekursgerichtliche Bestätigung eines Ausspruches des Außerstrreitrichters, über einen solchen Antrag sei im streitigen Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden, (absolut) unanfechtbar ist (RIS-Justiz RS0044445). Diese Auffassung haben der 1. und der 9. Senat des Obersten Gerichtshofes in den Entscheidungen 1 Ob 2386/96f und 9 Ob 52/01i abgelehnt. Diese Verfahren betrafen jedoch Überweisungen streitiger Ansprüche in das nacheheliche Aufteilungsverfahren, mit denen auch die Veränderung der anzuwendenden materiellen Bestimmungen verbunden war, worauf der 1. Senat in seiner Entscheidung ausdrücklich hinwies. Der 5. Senat hat danach zwar das Argument der definitiven Versagung des Rechtsschutzes aufgegriffen, seine Rechtsprechung jedoch (bloß) für die mietrechtlichen Angelegenheiten aufrecht erhalten und darauf hingewiesen, dass für die Sachentscheidung in den mietrechtlichen Angelegenheiten immer dieselben materiellrechtlichen Grundsätze unabhängig von der Verfahrensart anzuwenden sind (5 Ob 6/98p; vgl auch 6 Ob 30/03k). Das bedeutet aber, dass diese beiden wiedergegebenen Linien in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Revisionsrekurszulässigkeit gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nur in einem scheinbaren, nicht jedoch echten und miteinander unvereinbaren Widerspruch stehen. Jedenfalls dann, wenn eine solche besondere wohn- und/oder mietrechtliche Angelegenheit vom außerstreitigen in das streitige Verfahren überwiesen wird und das Rekursgericht einen derartigen Überweisungsbeschluss bestätigt, liegen damit unanfechtbare konforme Entscheidungen zweier Vorinstanzen im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG vor. Andernfalls liegt der Ausnahmefall des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vor, wenn mit der Überweisung in eine andere Verfahrensart auch eine Veränderung der Anspruchsgrundlagen verbunden wäre.

Die Rechtsprechung des 5. Senates ist (spiegelbildlich) auch im - wie hier - umgekehrten Fall zweier konformer Instanzentscheidungen betreffend die Überweisung einer mietrechtlichen Angelegenheit vom streitigen in das außerstreitige (und gemäß § 37 Abs 3 durch vielfache Verweisungen auf Bestimmungen der ZPO besonders reglementierte) Verfahren anwendbar, wodurch letztlich für die Parteien eine nicht minder kontradiktorische Entscheidung wie in einem (streitigen) Zivilprozess gewährleistet ist, wobei sich durch die (hier) unstrittige Unterstellung des verfahrensgegenständlichen Bestandverhältnisses unter die Bestimmungen des MRG auch an der materiellen Rechtslage für die Verfahrensbeteiligten (Kläger - Beklagter bzw Antragsteller - Antragsgegner) nichts verändert, sodass auch in einer solchen Fallkonstellation der (absolute) Rechtsmittelausschluss an den Obersten Gerichtshof für Konformatsbeschlüsse greift, ohne dass die Ausnahmeregelung des § 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) eine Ausnahme zuließe. Die in den Entscheidungslinien der übrigen Senate dokumentierte Ausnahme vom grundsätzlich strengen Konformatsprinzip des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO wurde demgemäß vom Rekursgericht zu weit und undifferenziert gesehen, sodass - ungeachtet des Ausspruches des Rekursgerichtes - sich das als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel als jedenfalls (absolut) unzulässig im Sinne der bereits mehrfach zitierten Gesetzesstelle erweist.

Das sohin unzulässige Rechtsmittel war spruchgemäß zurückzuweisen, ohne auf dessen Ausführungen auch inhaltlich näher eingehen zu können.

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