Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger war seit 13. 7. 1998 als Kraftfahrer im Unternehmen der beklagten Partei beschäftigt. Mit Schreiben vom 12. 3. 2001 kündigte diese das Arbeitsverhältnis auf. Die Kündigung wurde dem Kläger am 22. 3. 2001 zugestellt. Mit seiner Klage vom 29. März 2001 (- unstrittig ist, dass der Betrieb der beklagten Partei betriebsratspflichtig, ein solcher aber nicht eingerichtet ist, sodass die Klagelegitimation gemäß § 107 ArbVG dem Kläger persönlich zukommt -) begehrt der Kläger, die Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären. Zur Begründung führte er aus, dass die Kündigung im Hinblick auf eine für ihn altersbedingt schlechte Arbeitsmarktsituation im Sinn des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG sozial ungerechtfertigt sei. Überdies bestünden keine betrieblichen Erfordernisse, welche einer Weiterbeschäftigung des Klägers bei der beklagten Partei entgegenstünden.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Einer Weiterbeschäftigung des Klägers stünden betriebliche Hindernisse entgegen, weil seine Funktion als LKW-Lenker eingestellt worden sei.
Der Kläger brachte ergänzend vor, dass er bereits am 18. 5. 2001 eine Tätigkeit als LKW-Lenker bei einer Spedition aufgenommen habe, seit 4. 1. 2002 aber neuerlich arbeitslos sei. Nach diesem Vorbringen erteilte der Vorsitzende des erstinstanzlichen Senates dem Kläger Rechtsbelehrung hinsichtlich der Voraussetzungen einer sozialwidrigen Kündigung gemäß § 105 ArbVG, worauf der Kläger erklärte, die Klage nicht zurückziehen zu wollen, "weil er gegen verschiedene Missstände im Dienstverhältnis und im Zusammenhang mit der Kündigung protestieren wolle" (S 24).
Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab und stellte im Wesentlichen fest, dass trotz einer Rezession zur Zeit der Kündigung des Klägers ausreichend Arbeitsplätze als Kraftfahrer zur Verfügung gestanden seien. Der Kläger sei daher in der Lage gewesen, durch Auswertung des Stellenmarktes in Tageszeitungen und Fachjournalen, durch Kontaktpflege zu Betrieben und durch Inanspruchnahme der Hilfe des Arbeitsmarktservices innerhalb von sechs Monaten einen inhaltlich gleichartigen und in etwa gleich hoch bezahlten Arbeitsplatz als Kraftfahrer zu finden. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass schon deshalb von einer sozial ungerechtfertigten Kündigung nicht die Rede sein könne.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es schloss sich dessen Rechtsauffassung an und führte ergänzend aus, dass auch fallweise auftauchende Forderungen möglicher Arbeitgeber hinsichtlich gesetzwidriger Überschreitungen der Lenkzeiten nicht geeignet seien, die prognostizierten Arbeitsplatzchancen des Klägers erheblich zu beeinträchtigen. Es vertrat weiters die Auffassung, dass der vom Kläger unter Verletzung des Neuerungsverbotes geltend gemachte Kündigungsanfechtungsgrund einer sittenwidrigen Motivkündigung vom Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht umfasst sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, inwieweit allfällig vorkommende Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen in bestimmten Branchen für die Beurteilung der Arbeitsmarktchancen wesentlich seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren Folge gegeben werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragte zwar formell, der Revision "nicht Folge zu geben", führte aber ausdrücklich an, dass der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend mache.
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionswerber stützt sich im Revisionsverfahren nicht mehr auf eine sozialwidrige Kündigung im Sinn des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG und somit auch nicht auf den vom Berufungsgericht herangezogenen Grund für die Zulassung der Revision. Er releviert vielmehr in seinem Rechtsmittel, dass das Berufungsgericht zu Unrecht nicht auf den seiner Ansicht nach wirksam geltend gemachten Anfechtungsgrund der Sittenwidrigkeit der Kündigung eingegangen sei. Diese sei nämlich nur deshalb erfolgt, weil sich der Kläger geweigert habe, im Rahmen seiner Lenkertätigkeit gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu verstoßen.
Das Berufungsgericht wertete das Vorbringen des Klägers, die "Klage nicht zurückzuziehen, weil er gegen verschiedene Missstände im Dienstverhältnis und im Zusammenhang mit der Kündigung protestieren wolle", nicht als Vorbringen der Geltendmachung einer sittenwidrigen Kündigung.
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit ist schon deshalb verfehlt, weil vom Berufungsgericht vorgenommene Wertungen nie eine Aktenwidrigkeit im Sinn des Gesetzes darstellen (RIS-Justiz RS0043277).
Da der Kläger jeweils nur in der Berufungsschrift auf eine sittenwidrige Kündigung hingewiesen hat, erweist sich die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass ein solches Vorbringen nicht wirksam im Sinn des § 226 ZPO erstattet worden sei, als jedenfalls vertretbar. Damit kann aber auch das Fehlen von Feststellungen zu diesem Thema kein sekundärer Verfahrensmangel sein. Der in diesem Zusammenhang in der Berufung weiters geltend gemachte "einfache" Verfahrensmangel (AS 122) wurde vom Berufungsgericht ausdrücklich verneint und ist daher nicht revisibel (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 503 ZPO).
Soweit der Kläger seinen Anfechtungsanspruch auf Bestimmungen des AVRAG stützt, ist dieses Vorbringen schon deshalb unbeachtlich, weil dieses erstmalig im Berufungsverfahren unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot erstattet wurde.
Zusammenfassend vermag daher der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Wenngleich die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung nicht die Zurück-, sondern die Abweisung der Revision begehrt, weist sie doch zutreffend auf das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage hin. Der Schriftsatz diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, sodass gemäß §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG ein Kostenzuspruch zu erfolgen hat. Wird eine Bewertung des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes in Rechtsstreitigkeiten nach § 50 Abs 2 ASGG, in denen eine Kostenbemessung nur vor dem Obersten Gerichtshof erfolgt, vorerst unterlassen, ist gemäß § 14 lit a RATG die Bemessungsgrundlage "im Zweifel" mit EUR 21.800 anzunehmen (RIS-Justiz RS0109949). Der von der beklagten Partei gewählte Ansatz für einen Streitwert bis EUR 10.170 steht ihr somit jedenfalls zu, ein über den Kostenantrag hinausgehender Zuspruch kann hingegen nicht erfolgen.
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