OGH 11Os149/03

OGH11Os149/0320.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Monika K*****, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. August 2003, GZ 27 Hv 123/03d-31, sowie über die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss (§ 494 Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Raunig, der Angeklagten, sowie ihrer Verteidigerin und Sachwalterin Dr. Ingrid Neyer

I.) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den Beschluss

gefasst:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Teilfreisprüche (§ 259 Z 3 StPO) enthält, wurde Monika K***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in Innsbruck und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, folgende Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die bewusst wahrheitswidrige Vorgabe, in Kürze eine Erbschaft über zumindest 10 Mio EUR nach ihrer in Frankreich verstorbenen Tante Veronika S***** anzutreten, somit über ein Millionenvermögen und damit über eine entsprechende wirtschaftliche Bonität zu verfügen und dann zur Rückzahlung der Darlehen, Zahlung der erbrachten Leistungen und Abgeltung sämtlicher Zuwendungen in der Lage und willens zu sein, zu nachstehenden Handlungen, wodurch die Betroffenen um die angeführten, 40.000 EUR bei weitem übersteigenden Beträge an ihren Vermögen geschädigt wurden bzw geschädigt werden sollten, verleitet bzw zu verleiten versucht, wobei sie zu A in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der (gemeint: auch schweren) Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

A) insgesamt 12 verschiedene im Urteil angeführte Personen im Zeitraum von Mai 2002 bis Februar 2003 in insgesamt 22 (im Urteil näher bezeichneten) Fällen zur Zuzählung von Darlehen, Überlassung von Gebrauchsgegenständen oder Erbringung von Leistungen mit einem Gesamtschaden von ca 73.900 EUR verleitet, wobei sie in einem Fall zur Täuschung eine falsche Urkunde verwendete;

B)

I) in fünf Fällen zwischen 8. August und 27. September 2002

Mitarbeiter des Autohauses V***** zum Verkauf und zur Übergabe von Kraftfahrzeugen an im Urteil genannte Personen zu verleiten versucht, wobei ein Schaden von insgesamt ca 112.800 EUR herbeigeführt werden sollte;

(II) zum Verkauf und zur Übergabe nachstehender Eigentumswohnungen, und zwar

1) am 7. Februar 2002 den Dr. Hans Jürgen S***** in Garmisch-Partenkirchen zum Verkauf und zur Übergabe einer Eigentumswohnung im Gesamtwert von 665.000 EUR, wobei sie zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich das zu Punkt A II angeführte Schreiben mit der nachgemachten Unterschrift des Rechtsanwalts Paul Rivolet (zum Nachweis der angeblichen Erbschaft) benützte;

2) zwischen Juli 2002 bis Anfang 2003 den Heinz Joachim S***** zum Verkauf und zur Übergabe von sechs im Spruch näher bezeichneter Eigentumswohnungen jeweils im Wert zwischen 167.704 EUR und 720.000 EUR an die dort angeführten Käufer durch die Vorgabe, die auf diese entfallenden Kaufpreisanteile zur Teilzahlung zu übernehmen und ihnen die Wohnung zu schenken.

Nur den Schuldspruch wegen versuchten Betruges zu B) II) bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO mit der Behauptung absoluter Untauglichkeit der Betrugshandlungen.

Rechtliche Beurteilung

Damit ist sie jedoch nicht im Recht:

Die absolute Untauglichkeit des Versuchs kann nach § 15 Abs 3 StGB auf der (hier nicht aktuellen) absoluten Untauglichkeit des Subjekts, auf der absoluten Untauglichkeit der Handlung oder auf der absoluten Untauglichkeit des Objekts der Tat beruhen und setzt voraus, dass es bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtung geradezu unmöglich erscheint, dass es jemals zur Tatvollendung kommt.

Die hier relevante Rechtsfrage der absoluten Untauglichkeit des Versuches knüpft an die Tathandlung an, die nach gesicherter Rechtsprechung aus der Sicht eines mit Täter- und Durchschnittswissen ausgestatteten besonnenen Beobachters ex ante zu beurteilen ist, ob eine tatplangemäße Deliktsvollendung nach der Art der Handlung als geradezu denkunmöglich erschiene oder nicht (Hager/Massauer WK² §§ 15, 16 StGB Rz 82 ff; EvBl 1996/146 = JBl 1997, 741 und JUS 1996, 2113).

Nach den Urteilsfeststellungen enthielten sämtliche mit Heinz Joachim S***** geschlossene Wohnungskaufverträge (B II/a bis f) einen mit "Grundbuchserklärungen" überschriebenen Punkt V mit folgendem Text:

"Die Vertragsparteien sind sich über die Rechtsänderung gemäß Abschnitt II dieser Urkunde einig. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung der Eigentumsänderungen im Grundbuch. Die Vertragsteile weisen den Notar an, diese Urkunde hinsichtlich der Auflassungen erst vollziehen zu lassen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist, und bis dahin die Auflassung in grundbuchsmäßiger Form nicht auszufertigen, soweit dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. (...) Rein vorsorglich verzichtet der Erwerber auf sein Recht, die Eintragung der Auflassung in das Grundbuch einseitig zu beantragen" (US 15 iVm den zu Punkt 6 der Beilagenmappe in Ablichtungen einliegenden Kaufverträgen). Die damit vereinbarten Voraussetzungen lassen die Effektuierung der abgeschlossenen Kaufverträge ohne tatsächliche Entrichtung des Kaufpreises zwar als unwahrscheinlich, nicht aber als ausgeschlossen erscheinen. Kann doch die gehörige Prüfung des Nachweises der geschuldeten Kaufpreiszahlung auch unterlassen werden oder es trotz Einhaltung der vereinbarten Kontrolle dennoch versehentlich oder als Folge weiterer fraudoloser Handlungen dazu kommen, dass der Vollzug der Auflassung auch ohne Vorliegen aller hiefür abgesprochenen Voraussetzungen veranlasst wird. Das Ausmaß der Wahrscheinlichkeit für ein Versagen der vereinbarten Kontrollmechanismen ist ohne Bedeutung, vielmehr genügt es, dass deren mangelnde Wirksamkeit, wie dargelegt, nicht geradezu denkunmöglich ist. Damit ist die Schaffung des vorliegenden betrugsgegenständlichen Rahmenwerkes durch den Abschluss der betreffenden Kaufverträge keineswegs absolut untauglich, schließlich doch die angestrebte Eigentumsübertragungen zu bewirken.

Gleiches gilt auch für den mit Dr. Hans Jürgen S***** abgeschlossenen Kaufvertrag (B II 1). Wenngleich auch hier die endgültige Vertragsabwicklung erst nach der geschuldeten Zahlungsleistung indiziert erscheint (vgl die Angaben des Dr. Hans Jürgen S***** vor dem Gendarmerieposten Feldkirch-Stadt vom 18. April 2003, S 419/II; ein dem Art V der vorangeführten Verträge entsprechender Vertragstext ist aber nicht aktenkundig), bedurfte es der vom Beschwerdeführer in dieser Richtung vermissten Urteilskonstatierungen nicht, weil nach dem zuvor Gesagten auch diesfalls die mangelnde Effektivität geplanter Sicherheiten nicht ausschließbar ist und daher auch insoweit von einer absoluten Untauglichkeit des Betrugsversuches nicht die Rede sein kann.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten und ordnete die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB an. Zudem widerrief es gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die der Angeklagten zum AZ 10 Hv 1012/01p des Landesgerichts Feldkirch gewährte bedingte Nachsicht hinsichtlich eines 18-monatigen Strafteils.

Dagegen richtet sich die - eine Herabsetzung der Strafe begehrende - Berufung der Angeklagten und deren implizierte Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss.

Die Tatrichter haben zu Recht die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall und die mehrfache Qualifikation als erschwerend, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, die teilweise Schadensgutmachung, das Geständnis und die verminderte Zurechnungsfähigkeit hingegen als mildernd gewertet. Berücksichtigt man zudem die Höhe des entstandenen und beabsichtigten Schadens, kann sich die Angeklagte durch die Höhe der ausgesprochenen Sanktion nicht beschwert erachten und es bleibt für eine Reduktion kein Raum.

Der Widerruf der bedingten Strafnachsicht erfolgte im Hinblick auf den äußerst raschen Rückfall ebenfalls zu Recht.

Der Berufung und der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 Abs 1 StPO.

Stichworte