OGH 10ObS172/03x

OGH10ObS172/03x18.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Thomas Albrecht (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. Martin D*****, und 2. Mag. Renate D*****, Angestellte, *****, vertreten durch Mag. Martin Divitschek, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation, Radetzkystraße 2, 1030 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien, wegen Leistungen aus dem IVF-Fonds, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Jänner 2003, GZ 8 Rs 217/02x-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Juni 2002, GZ 24 Cgs 196/01f-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Revision der klagenden Parteien Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen einen Betrag von 3.571,14 EUR und die mit 1.649,89 EUR (darin 274,88 EUR) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 572,17 EUR (darin 95,44 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 660,20 EUR (darin 110,04 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 11. 4. 1964 geborene Erstkläger und die am 15. 12. 1967 geborene Zweitklägerin sind miteinander verheiratet. Aufgrund ihres unerfüllten Kinderwunsches haben sie sich zu einer In-vitro-Fertilisation entschlossen und vier In-vitro-Fertilisationsversuche durchgeführt. Der beklagte Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation hat nur die Kosten des ersten Versuches übernommen, nicht aber die in einer Vertragskrankenanstalt der beklagten Partei vorgenommenen weiteren drei Versuche. Der - bei Vorliegen aller Voraussetzungen - den Klägern gegenüber dem beklagten Fonds zustehende Kostenerstattungsanspruch hat eine Höhe von 3.571,14 EUR.

Die Zweitklägerin ist seit 1. 2. 1997 als Angestellte der U***** GmbH bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse krankenversichert. Auch davor bestand eine durchgehende Versicherung seit 1. 11. 1995. Der Erstkläger ist Rechtsanwalt. Alle Rechtsanwaltskammern haben im Jahr 1999 für die Krankenversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag mit der Austria-Collegialität Österreichische Versicherungs AG, nunmehr UNIQA Versicherungs AG abgeschlossen und fristgerecht die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach dem GSVG beantragt. Mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 4. 11. 1999 wurde dem Antrag (auch) der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer auf Ausnahme von der Pflichtversicherung im Bereich der Krankenversicherung stattgegeben und festgestellt, dass die freiberuflich tätigen Rechtsanwälte gemäß § 5 Abs 1 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ausgenommen sind und die Leistungen des Gruppen-Krankenversicherungsvertrages den Leistungen der Krankenversicherungen nach dem GSVG gleichartig oder annähernd gleichwertig sind. Der Erstkläger hat sich für diese Gruppenversicherung der Rechtsanwälte (und nicht für die ASVG- bzw GSVG-Variante) entschieden und ist der Gruppen-Krankenversicherung für Rechtsanwälte bei der UNIQA Personenversicherung beigetreten.

Bei den Klägern liegen die allgemeinen Voraussetzungen des § 4 IVF-Fonds-Gesetz (Alter, Staatsangehörigkeit, Ursache der Nichtschwangerschaft) vor. Die In-vitro-Fertilisationsversuche wurden in einer zugelassenen Krankenanstalt gemäß § 5 Abs 2 IVF-Fonds-Gesetz durchgeführt.

Mit Bescheid vom 7. 8. 2001 wurde der Antrag der Kläger auf 70 %-ige Übernahme der Kosten einer In-vitro-Fertilisation durch den beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eingerichteten IVF-Fonds mangels Erfüllung der Voraussetzungen der Leistungszuständigkeit einer gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall abgewiesen.

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage begehren die Kläger letztlich, den beklagten Fonds zur Finanzierung der In-Vitro-Fertilisation schuldig zu erkennen, den Klägern Leistungen im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, in eventu den Klägern die Kosten für drei IVF-Versuche im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen. Der Erstkläger verfüge über eine den gesetzlichen Varianten (ASVG, GSVG) völlig gleichgestellte und mit diesen gleichwertige Gruppenversicherung, wodurch überhaupt erst die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach dem GSVG zulässig sei. Auch eine von einer gesetzlichen und beruflichen Vertretung verpflichtend für ihre Mitglieder und deren Angehörige abgeschlossene vertragliche Versicherung sei als gesetzliche Krankenversicherung zu verstehen. Die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht würde dazu führen, dass alle Rechtsanwälte sowie Mitglieder anderer freier Berufe, die sich nicht für die GSVG- oder ASVG-Variante, sondern für den jeweiligen Gruppenkrankenversicherungsvertrag entschieden hätten, im Fall der Vornahme einer In-vitro-Fertilisation und Beanspruchung einer Leistung aus dem dafür vorgesehenen Fonds bei ihrem Vorhaben keine finanzielle Unterstützung finden würden, was zweifellos nicht nur eine Diskriminierung und Ungleichbehandlung einer ganzen Berufsgruppe zur Folge hätte, "sondern selbstverständlich auch deren weiblicher Ehegatten". Die Kläger hätten mittlerweile vier erfolglose IVF-Versuche unternommen und hiefür laut Rechnungen des K*****instituts ***** GmbH einschließlich Nebenleistungen einen Betrag von 6.420,66 EUR bezahlt.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, den Klägern Leistungen aus dem IVF-Fonds für den zweiten, dritten und vierten Versuch der In-vitro-Fertilisation im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen. Aufgrund "eines am 30. 06. 1999 vom Sozialausschuss beschlossenen Bundesgesetzes" würden ab 1. 1. 2000 bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen 70 % der Behandlungskosten für In-vitro-Fertilisationen vom Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation getragen. Da die Rechtsanwaltskammer für ihre Mitglieder eine Versorgung im Krankheitsfall geschaffen habe, die Leistungen vorsehe, die jenen nach dem GSVG gleichartig oder zumindest gleichwertig seien, liege die Leistungszuständigkeit einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall vor. Infolge dessen erfülle nicht nur die Zweitklägerin, sondern auch der Erstkläger die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fondsgesetz.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Zweitklägerin den Betrag von 1.785,57 EUR zu bezahlen; das Begehren des Erstklägers, ihm Leistungen aus dem IVF-Fonds für den zweiten, dritten und vierten Versuch der In-Vitro-Fertilisation im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, wurde abgewiesen.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht zusammenfassend aus, dass - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - private Versicherungsunternehmen nicht vom Bedeutungsinhalt des Begriffs "Krankenfürsorgeeinrichtung" umfasst seien; vielmehr verstehe der Gesetzgeber darunter die hauptsächlich für Bedienstete von Gebietskörperschaften eingerichteten Krankenfürsorgeanstalten gemäß § 2 Abs 1 Z 2 B-KUVG, die in verschiedenen sozialrechtlichen Bestimmungen den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern gleichgestellt seien. In § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz könne auch keine planwidrige Lücke durch die Nichtberücksichtigung der gemäß § 5 Abs 1 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommenen und bei privaten Versicherungsunternehmen krankenversicherten selbständigen Erwerbstätigen erblickt werden. Der Umstand, dass § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz die Anspruchsberechtigung an die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung kopple, sei damit zu erklären, dass die dem IVF-Fonds zur Verfügung stehenden Mittel zur Hälfte aus Überweisungen der gesetzlichen Krankenversicherungsträger stammen. Dass auch die Leistungszuständigkeit einer - nicht zu den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern zählenden - Krankenfürsorgeeinrichtung ausreiche, stelle eine im Gesetz ausdrücklich genannte Ausnahme dar und entspreche der in mehreren sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen enthaltenen Gleichstellung von Krankenfürsorgeeinrichtungen mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern. Es liege kein Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber auch die bei privaten Versicherungsunternehmen krankenversicherten Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem IVF-Fonds-Gesetz einbeziehen habe wollen. Vielmehr erscheine es sachgerecht, dass grundsätzlich nur solche Versicherte Anspruch auf Leistungen aus dem Fonds hätten, die durch ihre Beitragszahlungen an Träger der gesetzlichen Krankenversicherung auch für die Finanzierung des Fonds sorgen würden. Entgegen der Auffassung der Kläger handle es sich daher bei der bei der UNIQA AG bestehenden Krankenversicherung nicht um eine gesetzliche Krankenversicherung. Eine solche würde für den Erstkläger nur bestehen, wenn er sich für die Möglichkeit der Selbstversicherung nach dem ASVG oder dem GSVG entschieden hätte.

Unstrittig sei jedoch, dass bei der Zweitklägerin sämtliche der in § 4 Abs 1 IVF-Fonds-Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs 1 IVF-Fonds-Gesetz ergebe sich nicht, dass die darin genannten Voraussetzungen bei beiden Partnern erfüllt sein müssten. Der Begriff "pro Paar" beziehe sich auf die Anzahl der Fertilisationsversuche, für die Kostenersatzanspruch bestehe, und könne weder nach dem Wortsinn noch nach dem Bedeutungszusammenhang so verstanden werden, dass die in § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz genannten Voraussetzungen bei beiden Partnern vorliegen müssten.

Davon ausgehend, dass die Kläger je zur Hälfte zur Bezahlung der durch den Behandlungsvertrag mit der Krankenanstalt entstehenden Kosten verpflichtet seien (§ 889 ABGB), bestehe im Fall der Erfüllung der im § 4 Abs 1 Z 2 und 3 IVF-Fonds-Gesetz genannten Voraussetzungen nur durch einen Partner ein anteiliger Kostenersatzanspruch nur dieses einen Partners. Da im konkreten Fall die Zweitklägerin alle Anspruchsvoraussetzungen erfülle, habe sie Anspruch auf 50 % der der Höhe nach mit 3.571,14 EUR außer Streit stehenden Kosten der In-vitro-Fertilisation. Dagegen mangle es dem Erstkläger an der im § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz geforderten Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall, weshalb die beklagte Partei zu Recht einen Anspruch des Erstklägers verneint habe. Demgemäß sei der Zweitklägerin ein Betrag von 1.785,57 EUR zuzusprechen, während das Klagebegehren hinsichtlich des Erstklägers abzuweisen sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, da zu der maßgeblichen Rechtsfrage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision aller Parteien jeweils aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die klagenden Parteien beantragen die Abänderung im klagsstattgebenden Sinn, die beklagte Partei die Abänderung im klagsabweisenden Sinn. Hilfsweise stellt die beklagte Partei einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag an das Berufungsgericht.

Alle Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der gegnerischen Seite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; lediglich die Revision der Kläger ist auch berechtigt.

Die Kläger wiederholen in ihrer Revision den Rechtsstandpunkt, dass die spezielle Gruppenkrankenversicherung der Rechtsanwälte, im Konkreten die des Erstklägers, als gesetzliche Krankenversicherung und/oder Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall anzusehen sei bzw einer solchen gleichkomme, weshalb die Leistungsverpflichtung der beklagten Partei auch gegenüber dem Erstkläger zu bejahen sei.

Darauf kommt es jedoch aus den folgenden Erwägungen zur Anspruchsberechtigung nach dem IVF-Fonds-Gesetz nicht an:

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24. 11. 1998, 10 ObS 193/98z (SZ 71/199 = EvBl 1999/77 = RdM 1999, 85), in der eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für medizinisch assistierte Fortpflanzung verneint wurde, hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales in seiner Sitzung vom 30. 6. 1999 beschlossen, dem Nationalrat einen Selbständigen Gesetzesantrag vorzulegen (AB 2010 BlgNR 20. GP), der zur Erlassung eines Gesetzes führte, in dem sich der Bund ab 1. 1. 2000 zur teilweisen Übernahme der Kosten der In-vitro-Fertilisation verpflichtete (BGBl I 1999/180). Die Kostentragungspflicht des Bundes wurde auch an die Spitze des Gesetzes gestellt (§ 1 IVF-Fonds-Gesetz; siehe dazu auch Mazal, Rechtsfragen der Gewährung von IVF als Sozialleistung, in Bernat [Hrsg], Die Reproduktionsmedizin am Prüfstand von Recht und Ethik [2000] 182 [186]). Der mit dem IVF-Fonds-Gesetz geschaffene Fonds wird zu gleichen Teilen aus den Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds und der gesetzlichen Krankenversicherung gespeist. Der von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzierende Hälfteanteil ist unter Anwendung des Schlüssels nach § 567 Abs 8 Z 2 ASVG aufzubringen (§ 3 Abs 2 IVF-Fonds-Gesetz). In dieser Bestimmung ist den neun Gebietskrankenkassen, zehn Betriebskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, Abteilung A und B, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (letzteren fünf als Träger der Krankenversicherung) jeweils ein bestimmter Prozentsatz für die Leistung von Zusatzbeiträgen nach § 567 Abs 8 Z 1 ASVG zugeordnet. Die Aufzählung folgt hinsichtlich der nach dem ASVG Krankenversicherten dem § 26 Abs 1 ASVG über die sachliche Zuständigkeit der Träger der Krankenversicherung.

Die Anspruchsberechtigung auf Leistungen aus dem IVF-Fonds ist in § 4 Abs 1 IVF-Fonds-Gesetz derart geregelt, dass ein Anspruch auf Tragung von 70 % der Kosten der in Vertragskrankenanstalten durchgeführten In-vitro-Fertiliationen (§ 2 Abs 2 IVF-Fonds-Gesetz) für höchstens vier Versuche pro Paar und angestrebter Schwangerschaft in den Fällen von Sterilität tubaren Ursprungs bei der Frau oder in den Fällen von Sterilität beim Mann besteht, wenn (kumulativ)

1. zum Zeitpunkt des Beginns eines Versuches einer In-vitro-Fertilisation die Frau das 40. Lebensjahr und der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,

2. die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall vorliegt und

3. bei Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl 1967/376, erfüllt sind.

Die letztgenannte Bestimmung sieht vor, dass Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen. Kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert oder wenn die Beschäftigung gegen Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

§ 4 Abs 1 IVF-Fonds-Gesetz regelt die Anspruchsberechtigung nur in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen, klärt aber nicht, welche Person anspruchsberechtigt ist. Dies kann nur im Zusammenhalt mit § 6 IVF-Fonds-Gesetz über den Rechtsschutz erschlossen werden. Demnach hat der Fonds über die Ablehnung der Kostentragung einen Bescheid zu erlassen, "wenn der (die) Anspruchswerber(in) dies ausdrücklich verlangt". Träger des Anspruchs sind demnach - weil nur diese Personen einen mit Klage bekämpfbaren Bescheid verlangen können - der Mann oder die Frau, die an der In-vitro-Fertilisation genetisch beteiligt sind (in diesem Sinn wohl auch Mazal aaO 189). "Oder" ist dabei im kumulativen und nicht im ausschließenden Sinn zu verstehen, wie auch aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht, wonach der Fonds "auf Verlangen des Anspruchswerbers bzw der Anspruchswerberin" im Ablehnungsfall einen Bescheid zu erlassen hat (AB 2010 BlgNR 20. GP 2).

Während nun § 4 Abs 1 Z 1 IVF-Fonds-Gesetz hinsichtlich des Alters Bedingungen aufstellt, die eindeutig hinsichtlich beider Partner erfüllt sein müssen, stellt § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz ohne nähere Detailierung darauf ab, dass "die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall vorliegt". § 4 Abs 1 Z 3 IVF-Fonds-Gesetz erwähnt wiederum beide Personen und gewährt eine Anspruchsberechtigung, selbst wenn beide nicht österreichische Staatsbürger sind, aber die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 FLAG erfüllen. Im Zusammenhang mit der Textierung der Z 1 und der Z 3 besteht keine Grundlage für eine einschränkende Auslegung dahin, dass die Voraussetzung der Z 2 nur dann erfüllt wäre, wenn bei beiden Partnern die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Krankheitsfall) besteht. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, wäre von ihm eine der Z 1 und der Z 3 vergleichbare Formulierung zu erwarten gewesen. § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz ist daher so zu verstehen, dass bei zumindest einem der beiden Partner die genannte Leistungszuständigkeit vorliegen muss. Dieses Ergebnis ermöglicht auch, dass jener Partner, der die gesamten Kosten für die In-vitro-Fertilisationsversuche getragen hat, diese Kosten iSd § 6 IVF-Fonds-Gesetz gegenüber dem Fonds geltend machen kann, auch wenn bei ihm persönlich die Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz nicht gegeben sein sollten.

Da im vorliegenden Fall - neben der Erfüllung der sonstigen nicht mehr strittigen Anspruchsvoraussetzungen - die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Zweitklägerin gegeben ist, ist der Anspruch auf teilweise Kostentragung dem Grunde nach für beide Partner zu bejahen. Es schadet demnach auch nicht, dass der Anspruch von beiden gemeinsam geltend gemacht wurde.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich insgesamt, dass der Revision der klagenden Parteien im klagsstattgebenden Sinn Berechtigung zukommt; der Erlassung eines Urteils nach § 89 Abs 2 ASGG bedarf es im Hinblick auf die unstrittige Anspruchshöhe nicht.

Dagegen erweist sich die Revision der beklagten Partei, die auf dem Standpunkt steht, auch die Voraussetzung des § 4 Abs 1 Z 2 IVF-Fonds-Gesetz müsse bei beiden Partnern vorliegen, als unberechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Demnach haben die klagenden Parteien Anspruch auf Kostenersatz nach dem Wert des Ersiegten. In diesem Sinn war ihr Kostenrekurs nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, da er sich auf die Heranziehung einer Bemessungsgrundlage von 7.267,28 EUR bezieht. Der Tarifansatz im Verfahren erster Instanz beträgt - bei einer Bemessungsgrundlage von 3.571,14 EUR - 115,80 EUR, der Tarifansatz für die Berufungsbeantwortung 144,60 EUR.

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