OGH 10Ob44/03y

OGH10Ob44/03y18.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Jürgen A*****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reymann, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Gabriele A*****, vertreten durch Dr. Florence Burkhart, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 25. Juni 2003, GZ 21 R 175/03m-35, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung zum Verschulden der Eheleute an der Zerrüttung der Ehe immer von den Umständen des Einzelfalles ab (10 Ob 94/01y; 7 Ob 280/01d uva). Geht das Berufungsgericht bei der Verschuldensteilung im Ehescheidungsverfahren von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen aus, so liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RIS-Justiz RS0044188 mwN).

Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten nach § 60 Abs 2 Satz 2 EheG setzt voraus, dass das Verschulden dieses Ehegatten erheblich schwerer wiegt und das geringere Verschulden des anderen Teils fast völlig in den Hintergrund tritt. Es muss ein sehr erheblicher gradueller Unterschied im beiderseitigen Verschulden bestehen, der offenkundig hervortritt (Schwimann/Gruber, ABGB I2 § 60 EheG Rz 11 mwN uva; RIS-Justiz RS0057821).

Für die Verschuldensabwägung ist das Gesamtverhalten der Ehegatten in seinem Zusammenhang maßgebend. Abwägungskriterien sind die Verwerflichkeit und das Gewicht der Eheverfehlungen, das Ausmaß ihrer Ursächlichkeit für das Scheitern der Ehe und ein allfälliges Kausalverhältnis zwischen den Verfehlungen des einen und des anderen Ehegatten. Von Bedeutung ist also, wer mit der schuldhaften Ehezerrüttung begonnen und vor allem den entscheidenden Beitrag zur Zerstörung der Ehe geleistet hat (Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 60 EheG Rz 3 mwN ua).

Das Berufungsgericht hat die Rechtsfragen, wann die Zerrüttung der Ehe der Streitteile eintrat und durch welche Eheverfehlungen sie ausgelöst wurde, im Einklang mit diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen beantwortet. Dem Argument der Beklagten, der Kläger habe mit den die Ehe zerrüttenden schweren Eheverfehlungen begonnen, hat bereits das Berufungsgericht im Sinne dieser Grundsätze entgegengehalten, dass der Beklagten zumindest ebenso schwerwiegende Eheverfehlungen zur Last zu legen sind, welche den Rahmen einer verständlichen Reaktion auf das Verhalten des Klägers bei weitem überschritten und die Ehe noch tiefgehender zerrüttet haben. Selbst wenn daher der Kläger mit den die Ehe zerrüttenden Eheverfehlungen begonnen haben sollte, wie dies die Beklagte in ihrer Revision geltend macht, hält sich die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass sein Verhalten im Hinblick auf die festgestellten schwerwiegenden Eheverfehlungen der Beklagten den von der Beklagten auch in der Revision angestrebten Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens nicht zu rechtfertigen vermag, im Rahmen der von der Rechtsprechung zur Verschuldensabwägung entwickelten Grundsätze. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird jedenfalls nicht aufgezeigt. Das demnach unzulässige Rechtsmittel war daher zurückzuweisen.

Stichworte