OGH 6Ob238/03y

OGH6Ob238/03y23.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. Mag. Dr. Matthias K***** und 2. Mag. (FH) Martin G*****, beide vertreten durch Graf, Maxl und Pitkowitz, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien Dr. Michael K*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gheneff-Rami in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2. Juli 2003, GZ 1 R 99/03i-9, mit dem der Beschluss (die Einstweilige Verfügung) des Landesgerichtes Linz vom 7. Mai 2003, GZ 1 Cg 107/03f-4, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO, § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtfertigungsgrund für eine herabsetzende Tatsachenbehauptung kann darin liegen, dass sie in Ausübung eines Rechtes aufgestellt wird. Dies gilt insbesondere für Straf- und Disziplinaranzeigen sowie grundsätzlich für eine Prozessführung. Das Prozessvorbringen durch einen Rechtsanwalt ist überdies nach § 9 Abs 1 RAO gerechtfertigt (SZ 67/10 mwN). Die Judikatur nimmt bei Bejahung des Rechtfertigungsgrundes darauf Rücksicht, dass das Recht jedes Rechtssuchenden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB belastet werden dürfe. Die Herabsetzung des Gegners darf allerdings nicht wider besseres Wissen geschehen (6 Ob 50/98s = ZfRV 1998, 247).

Ob der Beklagte die gegenständlichen Äußerungen wider besseres Wissen machte, ist aber nicht entscheidend, weil die Äußerungen nicht im Rahmen des dem Beklagten als Rechtsvertreter eines Verurteilten, für den er die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens erreichen wollte, obliegenden Aufgabenbereiches fielen. Der Beklagte stellte die Behauptungen vielmehr gegenüber einer auflagenstarken Tageszeitung auf, mit deren Redaktion er selbst Kontakt aufgenommen hatte, um sinngemäß dem Wiederaufnahmeantrag im Strafverfahren entsprechende Vorwürfe gegen die dort als Gerichtsgutachter tätig gewesenen Kläger an die Öffentlichkeit zu tragen. Pressekonferenzen oder vergleichbare Auftritte in Medien sind aber regelmäßig kein geeignetes Mittel, Rechtsstandpunkte zugunsten einer Partei und zu Lasten anderer Personen durchzusetzen (vgl 6 Ob 60/03x). Die solcherart angegriffenen Personen, die auf die Vorwürfe nicht auf dieselbe Art und Weise reagieren könnten, wären bei der vom Beklagten gewünschten Auslegung des § 9 RAO einer öffentlichen Herabsetzung schutzlos ausgeliefert (SZ 73/117).

Es besteht auch kein zwingender Anlass, Rechtfertigungsgründe und daraus resultierende Ausnahmen vom gerichtlichen Verbot in den Spruch aufzunehmen, gelten diese doch aufgrund des Gesetzes unabhängig davon, ob sie im Spruch des Unterlassungsgebotes ausdrücklich erwähnt werden oder nicht. Liegt der rechtfertigende Tatbestand vor, kann aufgrund des betreffenden gerichtlichen Unterlassungsgebotes nicht erfolgreich Exekution geführt werden (SZ 73/117; RIS-Justiz RS0114017).

Ob die kreditschädigenden Äußerungen des Beklagten, die Inhalt des bekämpften Unterlassungsgebotes sind, zugleich auch Ehrenbeleidigungen im Sinn des § 1330 Abs 1 ABGB darstellen, ist hier nicht entscheidend. Wird eine sonst subjektive Wertung, die allein einen Anspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB nicht begründen könnte, aufgrund konkret dargestellter unwahrer Tatsachen gezogen, wird darin insgesamt das Verbreiten von Tatsachen erblickt (EvBl 1992/65 [295] ua). Dies gilt für den Vorwurf des Erschleichens der Sachverständigen-Stellung der Kläger im bezeichneten Strafverfahren. In der Beurteilung der Vorinstanzen, dass die zur Begründung dieses Vorwurfes vom Beklagten angeführten Umstände diesen nicht zu stützen vermögen, kann eine aufzugreifende Fehlbeurteilung im vorliegenden Einzelfall nicht erblickt werden. Mit dem Hinweis auf die damals fehlende Eintragung der Kläger in die Liste der Sachverständigen und das Unterbleiben einer Vereidigung wird vielmehr in erster Linie ein dem Strafgericht unterlaufener Verfahrensfehler aufgezeigt. Warum die Führung des Titels "Mag." ohne den Zusatz "FH" durch den Zweitbeklagten für seine Bestellung als Sachverständiger von Relevanz gewesen wäre, hat der Beklagte nicht darlegen können. Die weitere Behauptung, dass die Kläger in einem weiteren Strafverfahren vom Gericht "aus Mangel an Kompetenz" abgezogen worden seien, hat sich nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt als unrichtig erwiesen.

Ist die Rufschädigung nicht gleichzeitig Ehrenbeleidigung, so trifft zwar den Kläger (und nicht den Beklagten) nach allgemeinen Regeln die Beweislast für die Unrichtigkeit der behaupteten Tatsachen. Die Unrichtigkeit der Behauptungen, deren negative Aussage durch die Formulierung, die Kläger seien "fachlich höchst umstritten" noch verstärkt wird, wurde allerdings als bescheinigt angenommen, sodass sich die Frage nach der Beweislast nicht stellt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte