OGH 9Ob118/03y

OGH9Ob118/03y22.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ruth W*****, vertreten durch Mag. Gerold Beneder, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei "P*****" VertriebsgmbH ***** vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 100.000,-- sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 8. Juli 2003, GZ 5 R 124/03x-11, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Ermittlung des Inhalts von einer Partei abgegebener Erklärungen im Wege der Auslegung stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, sofern dem Berufungsgericht nicht ausnahmsweise eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

Den Wortlaut der auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Zusendungen der beklagten Partei hatte der erkennende Senat bereits zu 9 Ob 65/03d zu beurteilen. Dort wurde die Auffassung des Berufungsgerichts, durch die Zusendung sei bei den angesprochenen Verbrauchern der Eindruck erweckt worden, einen bestimmten Preis gewonnen zu haben, als im Rahmen der einschlägigen Rechtsprechung vertretbare Rechtsauffassung beurteilt. Daran ist festzuhalten.

2. Soweit die Revisionswerberin einen Widerspruch zwischen der Begründung der erwähnten Entscheidung des erkennenden Senats und dem zu 1 Ob 303/02v ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofs erkennen will, ist sie darauf hinzuweisen, dass aus der Entscheidung des 1. Senats für ihren Prozessstandpunkt jedenfalls nichts zu gewinnen ist. Dieser hat nämlich die Bestimmung des § 5j KSchG über den unmittelbaren Gesetzeswortlaut hinaus auch auf jene Konstellationen sinngemäß angewendet, in denen der Kunde zwar nicht mit Sicherheit den Eindruck gewonnen hat, einen bestimmten Preis gewonnen zu haben, dies aber angesichts des Inhalts der Zusendung berechtigterweise für wahrscheinlich hält. Diese Voraussetzung ist auch im vorliegenden Fall erfüllt, in dem die beklagte Partei - wohl nicht unbeabsichtigt - die Informationen über den Gewinn derart verwirrend gestaltet hat, dass es auch einem überdurchschnittlich bemühten und intelligenten Verbraucher schwerfällt, Klarheit zu gewinnen.

Das gegen die Begründung des Berufungsgerichts verwendete Argument, Werbung gehe stets über das Maß notwendiger Information hinaus, sodass es unerheblich sei, ob bei "seriöser" Information eine kurze Mitteilung über die Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, genügt hätte, geht schon deshalb ins Leere, weil entgegen der Auffassung der beklagten Partei keineswegs eine "Werbung für Gewinnspiele" vorliegt. Vielmehr soll der angesprochene Verbraucher durch den wiederholten Hinweis auf einen Gewinn, sichtlich dazu angeregt werden, nicht nur in Bezug auf das "Gewinnspiel" geschäftlichen Kontakt mit der beklagten Partei aufzunehmen.

3. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist auch die verwendete Formulierung "in Ihrem Gewinnfall" keineswegs eindeutig in dem Sinne, dass der Gewinn noch unsicher wäre. Auch wenn man von einem "Streitfall" spricht, meint man damit regelmäßig einen bereits stattfindenden Streit und bezieht sich nicht etwa darauf, dass ein Streit unter bestimmten Bedingungen allenfalls in der Zukunft stattfinden könnte. Warum die beklagte Partei keine andere Formulierung (etwa: "Falls Sie als Gewinner ausgelost werden sollten") verwendet hat, die jedes Missverständnis vermeiden würde, dürfte ihr bewusst sein.

Stichworte