OGH 5Ob199/03f

OGH5Ob199/03f21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Ing. Wolfgang H*****, vertreten durch Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler, Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die Antragsgegnerin Dagmar W*****, vertreten durch die Wille & Brandstätter Rechtsanwälte OEG, Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 MRG iVm § 9 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Februar 2003, GZ 38 R 270/02s-17, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 16. August 2002, GZ 7 Msch 52/01k-13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Sache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin ist Hauptmieterin der Wohnung top 4 im Haus *****. Eigentümer dieses Hauses ist der Antragsteller. Er hat es am 22. 2. 1995 gekauft.

Zumindest seit 1994 gibt es im Haus einen Kabelanschluss für den Fernsehempfang. Die einmalige Gebühr für den Anschluss beträgt maximal ca 290,-- Euro, die laufenden Gebühren betragen etwa 170,-- Euro jährlich.

Zum Zeitpunkt der Übernahme des Hauses durch den Antragsteller befand sich auf dem Dach eine Satellitenanlage, die dem Hausbesorger Miodrag N***** gehörte. Weitere Satellitenanlagen gab es nicht. Im Jahr 1995 plante Miodrag N***** seine Satellitenanlage durch eine größere zu ersetzen. Er sprach sich mit der Antragsgegnerin zusammen und die beiden kauften daraufhin gemeinsam eine neue Anlage, die Miodrag N***** an Stelle seiner alten montierte.

Da die Gemeinschaftsanlage die Wohnung der Antragsgegnerin nur mit einem Satellitenanschluss versorgte, die Antragstellerin jedoch weitere Anschlüsse in (anderen Zimmern) ihrer Wohnung haben wollte, ließ sie sich am 19. 11. 1995 eine zweite Satellitenanlage am Dach des Hauses installieren. Für die Montage dieser Anlage erteilte weder die Hausverwaltung noch der Hauseigentümer eine Genehmigung. Die Antragsgegnerin hat die beiden auch nicht davon verständigt, weder von der Art der zu montierenden Anlage noch wo und durch wen die Montage erfolgen sollte. Der Hauseigentümer und die Hausverwaltung hatten von der Errichtung der Anlage keine Kenntnis.

1996 beabsichtigte die Antragsgegnerin, die lose über Putz verlegten Kabel für die Satellitenanlage in ein Rohr zu verlegen, was sie Hausverwaltung in einem Fax vom 21. 10. 1996 mitteilte. Die Hausverwaltung reagierte auf dieses Schreiben nicht.

Im Sommer 2000 kam es zu einem Streit zwischen der Antragsgegnerin und Miodrag N***** über die Verbesserung bzw den Austausch der gemeinsamen Satellitenanlage. Im Zuge dieses Streites erfuhr der Antragsteller, dass mittlerweile drei Satellitenanlagen am Dach des Hauses montiert waren, und zwar die der Antragsgegnerin und Miodrag N***** gehörige Gemeinschaftsanlage, die von der Antragsgegnerin im Herbst 1995 errichtete eigene Anlage und eine Miodrag N***** gehörige Anlage, die dieser kurz zuvor montiert hatte.

Zur Schlichtung des Streits zwischen der Antragsgegnerin und Miodrag N***** fand am 17. 10. 1000 ein Gespräch mit der Hausverwaltung statt, bei dem bereits allen Beteiligten klar war, dass es außer der umstrittenen Gemeinschaftsanlage noch zwei weitere Satellitenanlagen am Hausdach gab. Hinsichtlich der Gemeinschaftsanlage wurde eine Einigung erzielt, die kurz danach von der Antragsgegnerin widerrufen wurde. Die zweite Anlage der Antragsgegnerin wurde bei diesem Gespräch nicht genehmigt.

Mit Schreiben vom 11. 1. 2001 forderte die Hausverwalterin die Antragsgegnerin auf, ihre Anlage längstens bis 31. 1. 2001 zu entfernen. Da die Antragsgegnerin dieser Aufforderung nicht nachkam, stellte der Antragsteller zunächst bei der zuständigen Schlichtungsstelle, dann gemäß § 40 Abs 2 MRG beim Erstgericht den (später so präzisierten) Antrag, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, die in ihrem Auftrag auf der nördlichen Hofseite des Hauses S***** angebrachte Satellitenanlage, das ist jene, die der Grundstücksgrenze zum Haus S***** näher liegt, zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Auf eine genaue Wiedergabe des beiderseitigen Sachvorbringens kann im Hinblick auf die wenigen in dritter Instanz noch offen gebliebenen Rechtsfragen verzichtet werden. Nur so viel sei erwähnt, dass die Antragsgegnerin von einer zumindest schlüssigen Genehmigung ihrer Satellitenanlage durch den Antragsteller ausgeht (was dieser bestreitet) und dass der Antragsteller die Antragsgegnerin durch die existierende Gemeinschaftsanlage bzw die Möglichkeit eines Kabelanschlusses ausreichend versorgt sieht, wogegen sich die Antragsgegnerin mit dem Argument wendet, eine Aufrechterhalten der Antennen-Gemeinschaft mit Miodrag N***** sei ihr nicht zumutbar und der Kabelanschluss (gemessen an ihrer geringen Pension) zu teuer.

Das Erstgericht gab dem Sachantrag des Antragstellers auf der Grundlage des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts statt. Es verneinte die von der Antragsgegnerin reklamierte Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Satellitenanlage, weil sie deren Errichtung entgegen der Vorschrift des § 9 Abs 1 MRG dem Antragsteller nicht angezeigt habe. Auch in ihrem Schreiben vom 21. 10. 1996 sei keine derartige Anzeige zu erblicken. Die bloße Kenntnis des Vermieters von der vorgenommenen Veränderung löse die Zustimmungsfiktion nicht aus, da diese vom Gesetz an den Zugang der Anzeige geknüpft werde. Dass die Hausverwaltung schon länger als zwei Monate vor der an die Antragsgegnerin gerichtete Aufforderung, die Satellitenanlage zu entfernen, Kenntnis von deren Bestehen hatte, schade dem Antragsteller nicht.

In der Sache sei davon auszugehen, dass die Anbringung der nach dem Stand der Technik notwendigen Antennen und sonstigen Einrichtungen für den Hör- und Fernsehempfang gemäß § 9 Abs 2 Z 5 MRG dann der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient, also die in § 9 Abs 1 Z 2 MRG normierten Voraussetzungen einer Genehmigung erfüllt, wenn der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Hier habe im maßgeblichen Zeitpunkt ein Telekabelanschluss im Haus bestanden. Nach ständiger Rechtsprechung bevorzuge der Gesetzgeber eindeutig den Anschluss an bereits bestehende Empfangseinrichtungen, etwa einen Telekabelanschluss, wobei dem Mieter auch Mehrkosten zumutbar seien (5 Ob 30/98t). Dieses Zumutbarkeit sei im gegenständlichen Fall selbst unter Berücksichtigung allfälliger Mehrkosten gegeben. Andere berücksichtigungswürdige Interessen für die Errichtung einer eigenen Satellitenanlage habe die Antragsgegnerin nicht vorgebracht. Ob es abgesehen von der antragsgegenständlichen Satellitenanlage der Antragsgegnerin noch andere Satellitenanlagen am Hausdach gibt bzw ob für diese Genehmigungen vorliegen, sei rechtlich unerheblich.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung bei unverändert gebliebener Sachlage aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

Das Erstgericht habe das Vorliegen der Zustimmungsfiktion nach § 9 Abs 1 Satz 1 MRG zutreffend verneint. Die dafür erforderliche Anzeige des Mieters müsse alle Informationen enthalten, die Art und Umfang der beabsichtigten Arbeiten in ausreichender Weise beurteilen lassen und es dem Vermieter ermöglichen, seine Kontrollrechte auszuüben (vgl Würth/Zingher20, Rz 6 zu § 9 MRG; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Rz 16 zu § 9 MRG). Selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes zugunsten des Mieters entspreche das Schreiben der Antragsgegnerin vom 21. 10. 1996 dieser Anforderung nicht, weil darin die Antragsgegnerin nur mitteilte, dass sie ihre "bestehende Sat-Anlage vom Dach in ein Rohr legen will, damit es ordentlich aussieht". Die bloße Kenntnis des Vermieters von einer bereits erfolgten Veränderung könne die Frist des § 9 Abs 1 MRG nicht auslösen (vgl Vonkilch aaO, Rz 17 zu § 9 MRG).

Dem Erstgericht sei auch darin zu folgen, dass die in § 9 Abs 1 Z 2 iVm § 9 Abs 2 Z 5 MRG normierten Voraussetzungen für die Genehmigung der Satellitenanlage der Antragsgegnerin nicht vorlägen. Weil diesbezüglich die Beweislast den Mieter treffe (vgl Würth/Zingher20, Rz 11 zu § 9 MRG), habe das Erstgericht dem Sachantrag des Vermieters ohne Rechtsirrtum stattgegeben. Dass dabei die Möglichkeit einer Verweisung der Antragsgegnerin auf die Gemeinschaftsanlage mit Miodrag N***** eine Rolle gespielt hätte, sei missverstanden worden. Damit habe das Erstgericht nicht argumentiert; es habe vielmehr aufgezeigt, dass der - deutschsprachigen - Antragsgegnerin der Anschluss an das im Haus vorhandene Kabelfernsehen zumutbar sei.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthielt zunächst den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs - bei einem angenommenen Wert des Entscheidungsgegenstandes von weniger als Euro 10.000 - nicht zulässig sei, weil die Genehmigung der Anbringung von Parabolantennen immer von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhänge. Im Hinblick auf das im ao Revisionsrekurs der Antragsgegnerin vorgebrachte Argument, eine unsachliche Erschwerung der Installation von Parabolantennen - insbesondere mit dem alleinigen Verweis auf eine bestehende Anschlussmöglichkeit an ein Kabel-TV-Netz - widerspreche dem Gemeinschaftsrecht der EU, wurde mit Beschluss vom 27. 6. 2003 die Anrufung des OGH für zulässig erklärt. Es fehle nämlich eine Stellungnahme des OGH zu den gemeinschaftsrechtlichen Aspekten des Problems.

Vorwiegend diese gemeinschaftsrechtlichen Aspekte werden im vorliegenden Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit ausgiebigen Zitaten aus der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 27. 6. 2001 über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs - Artikel 28 und 49 des EG-Vertrages - auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen releviert. Die Rechtsmittelwerberin vertritt dazu im Wesentlichen den Standpunkt, ein Mieter könne bei gebührender Beachtung des von der Kommission betonten individuellen Rechts auf eine Antenne nicht auf die Möglichkeit eines Kabelanschlusses verwiesen werden. Im Übrigen hätte - vor allem im Hinblick auf das Schreiben vom 21. 10. 1996 - die Zustimmung des Antragstellers zur Errichtung der verfahrensgegenständlichen Sat-Anlage als fingiert angesehen werden müssen, weil der Hinweis auf eine bestehende Anlage ausreichend sei. Der Revisionsrekursantrag der Antragsgegnerin geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluss entweder so abzuändern, dass der Sachantrag des Antragstellers abgewiesen wird, oder aber ihn aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Antragsteller hat sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und beantragt, dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben. Er verweist vor allem darauf, dass der Antragsgegnerin ohnehin eine Parabolantenne zur Verfügung stehe (die mit Miodrag N***** gemeinsame) und nicht einmal die Europäische Kommission für ein Recht auf beliebig viele Parabolantennen eintrete. Das Recht auf freien Waren- und Dienstleistungsverkehr gehe nicht so weit, dass deshalb - wie im gegenständlichen Fall - dem Verlangen eines Mieters nach eine eigenen Parabolantenne für jedes Zimmer der Wohnung nachgegeben werden müsste.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist iSd gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Vorweg ist auf das nur kurz ausgeführte Argument der Rechtsmittelwerberin einzugehen, dem festgestellten Sachverhalt lasse sich eine nach § 9 Abs 1 MRG zu fingierende Zustimmung des Antragstellers zur Montage der verfahrensgegenständlichen Antenne entnehmen, was dem geltend gemachten Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands entgegenstehe. Offenbar im Hinblick auf die Rechtsansicht der Vorinstanzen (die auch der erkennende Senat teilt), dass die bloß faktische Kenntnisnahme der Verbesserungsarbeiten die Zustimmungsfiktion nicht auszulösen vermag (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 17 zu § 9 MRG), weil § 9 Abs 1 MRG hiefür verlangt, dass dem Vermieter eine Anzeige der Veränderung zugeht, wird dabei dem Schweigen des Antragstellers bzw seiner Hausverwalterin auf das Schreiben vom 21. 10. 1996 besondere Bedeutung beigemessen. Dieses Schreiben gab jedoch insofern kein ausreichendes Bild über die gewünschte Maßnahme (was für eine dem § 9 Abs 1 MRG entsprechende Anzeige erforderlich gewesen wäre: Vonkilch aaO, Rz 16 zu § 9 MRG), als dort von einer Neuverlegung der bestehenden Sat-Anlage in ein Rohr die Rede war, was die angesprochene Hausverwalterin als Arbeit an der ohnehin genehmigten, im Miteigentum des Miodrag N***** und der Antragsgegnerin stehenden Gemeinschaftsantenne deuten konnte. Das Eingreifen der Zustimmungsfiktion des § 9 Abs 1 MRG wurde bei dieser Sachlage zu Recht verneint.

Was die Vereinbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidungen mit dem Gemeinschaftsrecht der EU betrifft, ist zunächst daran zu erinnern, dass der Antragsgegnerin die Entfernung ihrer Satellitenempfangsantenne nur deshalb aufgetragen wurde, weil ihr die Möglichkeit eines Anschlusses an das im Haus bereits vorhandene Telekabel offen steht und Argumente eines erweiterten Programm-Angebots via Satellit (etwa für Ausländer) gar nicht erst angesprochen wurden. Die Vorinstanzen haben sich nur mit der Frage beschäftigt, ob der mögliche Kabelfernsehanschluss eine iSd § 9 Abs 2 Z 5 MRG jedenfalls ausreichende (zumutbare) Alternative für die gewünschte Satellitenempfangsantenne darstellt und dies auf Basis vorhandener Judikatur bejaht. Diese Rechtsansicht lässt sich jedoch unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten nicht aufrecht erhalten.

Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt die Ausstrahlung von Fernsehsendungen ebenso wie deren Übertragungen unter die Bestimmungen des EG-Vertrages über Dienstleistungen (EuGH 29. 11. 2001, C-17/00 mwN = WBl 2002/43 = ZER 2002/286 = ÖStZB 2002/307). Der in Art 49 EGV normierte Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit verbietet daher zB die Einführung einer Abgabe auf Parabolantennen, die bewirkt, dass der Empfang über Satellit abgestrahlter Fernsehsendungen gegenüber per Kabel übertragenen Sendungen erschwert wird (EuGH 29. 11. 2001, C-17/00). Noch weiter geht die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 27. 6. 2001 über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs - Artikel 28 und 49 des EG-Vertrages - auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen. In dieser Erklärung wird unter Berufung auf die zitierten Grundsätze, die in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen unmittelbar und bedingungslos gelten, und dazu noch mit dem Hinweis auf Art 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte sowie auf Art 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die ua gewährleisten sollen, dass Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen empfangen (und weitergegeben) werden können, ein "individuelles Recht auf die Antenne" postuliert. Beschränkungen der Nutzung von Parabolantennen als Mittel zum Empfang von Rundfunkdiensten oder Diensten der Informationsgesellschaft seien nur dann mit diesem Recht vereinbar, wenn sie nicht diskriminierend wirken, durch legitime Interessen (etwa zwingende Gründe des Allgemeininteresses) gerechtfertigt sind, das Erreichen der erfolgten Zielsetzungen gewährleisten können und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wahren (zu Details siehe den Wortlaut der Erklärung).

Diese Erklärung hat zwar nur die Qualität eines unverbindlichen Rechtsgutachtens zur Auslegung der einschlägigen Normen des Gemeinschaftsrechts, vermittelt aber ein durchaus schlüssiges und überzeugendes Rechtsverständnis. Den hier wiedergegebenen Leitsätzen ist daher zu folgen. Sie behandeln allerdings in erster Linie Beschränkungen der Nutzung von Parabolantennen, wie sie sich durch administrative, steuerliche, architektonische, städtebauliche Vorschriften, Normen über technische Spezifikationen udgl ergeben können. Nicht explizit beschäftigt hat sich die Kommission mit den Problemen, die sich bei eingeschränkten Möglichkeiten privatautonomer Rechtsgestaltung im Mietrecht, insbesondere durch Interessengegensätze zwischen dem Eigentümer und dem Mieter eines Objekts ergeben. Die nicht nur beiläufige Ableitung des individuellen Rechts auf Nutzung der Empfangsmöglichkeiten einer Parabolantenne aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit zwingt jedoch zum Schluss, dass es auch im Mietrecht nur jenen Beschränkungen unterworfen werden darf, die ihm durch gemeinschaftsrechtlich anerkannte, höherwertige Allgemeininteressen gesetzt sind. Wenn daher die Kommission mit Blick auf Art 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausführte, die Möglichkeit eine Parabolantenne zu nutzen, müsse im Allgemeinen jedem, der eine solche Antenne besitzen möchte, zuerkannt werden, hat dies auch für die Parteien eines Mietverhältnisses zu gelten.

Für die Lösung der hier interessierenden Rechtsfrage nach möglichen Alternativen für eine vom Mieter gewünschte Satellitenempfangsanlage bedeutet dies, dass ihm die Errichtung einer solchen Anlage jedenfalls nicht allein mit dem Argument verwehrt werden kann, ihm stehe ohnehin die Möglichkeit des Anschlusses an ein im Haus bereits vorhandenes Telekabel offen (idS auch Ortner, Satellitenschüssel statt Kabel-TV, Haus & Grund 2002/01, 21; vgl Vonkilch aaO Rz 52 zu § 9 MRG; derselbe in der Anmerkung zu 5 Ob 140/00z = WoBl 2002/79). Soweit die bisherige Judikatur gegenteilige Ansätze zeigte (siehe dazu Vonkilch aaO Rz 52 zu § 9 MRG), sind sie im Lichte der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht weiter zu verfolgen.

Das heißt jedoch nicht, dass jedem Verlangen eines Mieters nach einer eigenen Parabolantenne nachzugeben wäre. Die in § 9 Abs 1 Z 5 bis Z 7 MRG normierten Voraussetzungen für eine dem Mieter zu gestattende Veränderung des Mietgegenstandes können im Einzelfall durchaus den dargestellten gemeinschaftsrechtlichen Kriterien entsprechen. Gründe des Umwelt- und Denkmalschutzes wären beispielsweise auch nach der Rechtsansicht der Europäischen Kommissionen zu berücksichtigen. Im hier zu beurteilenden Fall erübrigt sich dazu eine nähere Stellungnahme, weil derartige Versagungsgründe nicht geltend gemacht wurden. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass dem individuellen Recht, sich die Empfangsmöglichkeiten einer Parabolantenne nutzbar zu machen, in einer mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren Weise auch dadurch entsprochen werden kann, dass ein Mieter darauf verwiesen wird, sich an eine vorhandene Gemeinschaftsantenne anzuschließen. Die Europäische Kommission hat diese Möglichkeit sogar ausdrücklich erwähnt. Der Halbsatz "sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist" in § 9 Abs 2 Z 5 MRG ist daher in diesem Sinn zu verstehen (so auch Ortner aaO).

Im konkreten Fall besteht für die Antragsgegnerin offenbar noch immer die Möglichkeit, Satelliten-Fernsehen über eine Gemeinschaftsantenne zu empfangen. Demnach wäre, wie vom Antragsteller in der Revisionsrekursbeantwortung beantragt, der Auftrag zur Entfernung der verfahrensgegenständlichen Antenne zu bestätigen, da die Anbringung mehrerer Parabolantennen von einem Mieter nicht damit gerechtfertigt werden kann, er wolle für mehrere oder gar alle Zimmer seiner Wohnung einen eigenen Antennenanschluss. Nicht erörtert wurde jedoch der Einwand der Antragsgegnerin, der Anschluss an die von ihr zusammen mit Miodrag N***** errichtete Antennenanlage (die der Antragsteller genehmigt hat) sei ihr nicht oder nicht mehr zumutbar. Zur Klärung dieser offenen Frage ist eine Verfahrensergänzung durch die erste Instanz erforderlich, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

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