OGH 9Ob117/03a

OGH9Ob117/03a8.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****bau GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Heimo Jilek, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Dipl. Ing. H*****Bau GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 46.675,17 sA, über den Rekurs (Rekursinteresse EUR 9.855,35 sA) der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5. Mai 2003, GZ 2 R 51/03t-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Februar 2003, GZ 16 Cg 152/01k-33, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei restlichen Werklohn für in deren Auftrag durchgeführte Trockenausbauarbeiten. Diese wendet einen Verzugsschaden ein, welchen sie ihrerseits ihrem Bauherrn habe ersetzen müssen. Unstrittig ist, dass zwischen den Streitteilen ein Verzugspönale und die Ö-Norm B 2110 vereinbart wurden, deren Punkt 5.35 (in der hier anzuwendenden Fassung) lautet:

"5.35 Vertragsstrafe bei Verzug (Pönale): 5.35.1 Anspruch: Der Anspruch des Auftraggebers auf Leistung einer vereinbarten Vertragsstrafe entsteht, sobald der Auftragnehmer ... in Verzug gerät und nicht nachweisen kann, dass er für den Verzug nicht haftet; der Nachweis eines Schadens ist nicht erforderlich. Sofern nichts anderes vorgesehen ist, ist die Vertragsstrafe mit höchstens 5 % der Auftragssumme (des zivilrechtlichen Preises) insgesamt begrenzt. Ein über die Vertragsstrafe hinausgehender Schaden ist nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Auftragnehmers zu ersetzen....". Der von der beklagten Partei eingewendete Verspätungsschaden übersteigt 5 % der Auftragssumme.

Das Erstgericht erkannte die eingewendete Gegenforderung nur im Umfang dieser 5 % als zu Recht bestehend. Die beklagte Partei habe nämlich zu grober Fahrlässigkeit bzw Vorsatz der säumigen klagenden Partei kein Vorbringen erstattet.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich des Zuspruches eines Betrages von EUR 9.855,35 sA (entsprechend der vom Erstgericht in dieser Höhe nicht anerkannten Gegenforderung) auf. Nicht die beklagte Partei sei nämlich für das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz beweispflichtig; vielmehr treffe die klagende Partei nach § 1298 2. Satz ABGB (Fassung BGBl I Nr 6/1997) die Verpflichtung zum Beweis des Gegenteils dieser Haftungsvoraussetzungen. Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung für zulässig, dass Rechtsprechung zur Frage der Beweislastumkehr bei Geltendmachung eines über ein Pönale hinausgehenden Schadens fehle. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst dahin zu entscheiden, das auch der Betrag von EUR 9.855,35 sA zuerkannt werde.

Die beklagte Partei beantragte, den Rekurs als verspätet zurückzuweisen; hilfsweise, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Der Rekurs ist zwar rechtzeitig, entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit eines Rekurses aber nicht zulässig.

Zur Rechtzeitigkeit:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde dem Klagevertreter am 5. 6. 2003 zugestellt. Der - unrichtig - an das Berufungsgericht adressierte Rekurs wurde am 1. 7. 2003 zur Post gegeben und langte am 3. 7. 2003 bei der vereinigten Einlaufstelle des Oberlandesgerichtes Graz und des Landesgerichtes für ZRS Graz ein. Nach Vorlage des Schriftsatzes an den Berufungssenat verfügte dieser am 4. 7. 2003 die Weiterleitung an das Erstgericht. Die unrichtige Adressierung eines Rechtsmittels an das Gericht zweiter Instanz schadet aber dann seiner Rechtzeitigkeit nicht, wenn die Einlaufstelle dieses Gerichtes im Sinne des § 37 Abs 2 GeO mit der des (- hier gemäß § 520 Abs 1 2. Halbsatz ZPO -) zuständigen Erstgerichtes vereinigt ist (RIS-Justiz RS0041726).

Zur Nichtzulässigkeit:

Nach Art 8 Nr 3 der 4. EVHGB gebührt im Falle einer durch Handelsgeschäft vereinbarten Vertragsstrafe auch der Ersatz eines diese Strafe übersteigenden Schadens (RIS-Justiz RS0032198). Nach der eingangs zitierten, ausdrücklich vereinbarten Ö-Norm-Bestimmung ist ein solcher Ersatz an grobe Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz des schädigenden Auftragnehmers gebunden. Damit liegt aber ein Vertrag vor, für den die seit 1. 1. 1997 in Geltung stehende, eindeutige Regelung des § 1298 Abs 1 2. Satz ABGB die erweiterte Verschiebung der Beweislast auf den vertragsverletzenden Schädiger vorsieht. Aus der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes ergibt sich somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO. Da die Rekurswerberin, welche nur die durch die Gesetzesänderung diesbezüglich überholte Judikatur zu § 1298 ABGB alte Fassung zitiert, auch keine darüber hinausgehende erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag, erweist sich ihr Rekurs als unzulässig. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte