Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Über die F.***** GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) wurde am 17. 11. 1994 der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde der Beklagte bestellt. Am 9. 9. 1998 wurde über den Beklagten der Konkurs eröffnet, worauf er als Masseverwalter im Konkurs der Gemeinschuldnerin enthoben wurde; an seiner Stelle wurde der nunmehrige Kläger zum Masseverwalter bestellt.
Als Masseverwalter im Konkurs der Gemeinschuldnerin verkaufte der Beklagte mit Kaufvertrag vom 20. 6./9. 8. 1996 eine zur Konkursmasse gehörige Liegenschaft um S 27, 4 Mio. Obwohl aus Anlass dieser Veräußerung mit einer Vorsteuerberichtigung iSd § 12 Abs 10 UStG in der damals geltenden Fassung zu rechnen war, unterließ es der Beklagte, die Liegenschaftserwerberin im Kaufvertrag zur Zahlung des Betrages der zu erwartenden Vorsteuerberichtigung zu verpflichten. Die Erwerberin wäre bereit gewesen, die Liegenschaft unter Übernahme dieser Verpflichtung zu erwerben, zumal sie den entsprechenden Betrag als Vorsteuer hätte geltend machen können und es sich für sie dabei um eine "Durchlaufpost" gehandelt hätte.
Ein nach der Veräußerung vom Beklagten als Masseverwalter beigezogener Steuerberater bemerkte das Versäumnis des Beklagten. Über seinen Vorschlag wurde der Erwerberin der Liegenschaft eine korrigierte Rechnung übermittelt, in der auch der mittlerweile mit S 5,190.492,- (EUR 377.207,76) feststehende Betrag der Vorsteuerberichtigung enthalten war. Auf diese Weise sollte unter Mitwirkung der Erwerberin die Situation bereinigt werden. Die Liegenschaftserwerberin akzeptierte diese Vorgangsweise allerdings nicht, sondern machte nunmehr - ohne die korrigierte Rechnung zu akzeptieren - den Vorsteuerabzug geltend, worauf sie eine Steuergutschrift in der Höhe von S 5.190.492,- erhielt.
Das Finanzamt für Körperschaften machte nunmehr gegen die Konkursmasse die Vorsteuerberichtigung in der Höhe des Klagebetrages geltend, wobei sie auf dem Standpunkt steht, dass es sich - der Rechtsauffassung zum Zeitpunkt des Liegenschaftsverkaufes entsprechend - um eine Masseforderung handle.
Demgegenüber steht der Kläger als nunmehriger Masseverwalter auf dem Standpunkt, dass es sich im Sinne der seit einer Judikaturwende des Obersten Gerichtshof (SZ 70/252; ZIK 1998, 46 ua) nunmehr herrschenden Auffassung um eine Konkursforderung handle.
Mit seiner ursprünglich gegen den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Beklagten gerichteten Klage begehrte der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von S 5.190,492,- sA bei sonstiger Exekution in die Versicherungssummen zweier Berufshaftplichtversicherungen des Beklagten.
Der Masse stehe auf Grund des Kunstfehlers des Beklagten ein Schadenersatzanspruch in dieser Höhe zu. Dieser Anspruch sei im Konkurs des Beklagten angemeldet, jedoch bestritten worden. Er sei von den Berufshaftpflichtversicherungen des Beklagten gedeckt, weshalb gemäß § 157 VersVG die abgesonderte Befriedigung aus den Entschädigungsforderungen des Beklagten (Versicherungsnehmers) gefordert werde.
Der aus der Veräußerung der Liegenschaft erlöste Kaufpreis sei zur Gänze an Hypothekargläubiger geflossen. Die Erwerberin hätte bei pflichtgemäßem Vorgehen des Beklagten den aus der Vorsteuerberichtigung resultierenden Betrag zu zahlen gehabt. Durch den Kunstfehler des Beklagten sei der Masse dieser Betrag entgangen. Damit sei der Masse ein Schaden in dieser Höhe entstanden, unabhängig davon, ob man die Forderung des Finanzamtes als Masse- oder als Konkursforderung qualifiziere. Handle es sich um eine Konkursforderung, sei an das Finanzamt nur die Konkursquote zu zahlen, obwohl die Masse von der Erwerberin den gesamten Berichtigungsbetrag hätte lukrieren können.
Im Zuge des Verfahrens erweiterte der Kläger das Klagebegehren und begehrte im Hinblick auf die Bestreitung der geltend gemachten Konkursforderung die Feststellung, dass die im Konkurs des Beklagten angemeldete Forderung zu Recht bestehe.
Mittlerweile wurde im Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten der Zahlungsplan mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 28. 6. 2000 bestätigt: Mit Beschluss vom 8. 11. 2000 wurde der Konkurs aufgehoben. Nach dem Zahlungsplan erhalten die Konkursgläubiger ein Barquote von 7 % und eine Superquote von 0,444879 %.
Mit Schriftsatz ON 22 erklärte der Kläger daraufhin, Punkt 2. des Klagebegehrens (Feststellungsbegehren) auf ein Begehren auf Zahlung des nach dem Zahlungsplan auf die Klageforderung entfallenden Betrags von S 386.425,85 (= EUR 28.082,66) zu ändern. Punkt 1. des Begehrens werde dahin modifiziert, dass auf die Verpflichtung laut Punkt 2. Bedacht genommen werde. Dieser Schriftsatz wurde aber bislang nicht vorgetragen.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen.
Er gestand zu, die umsatzsteuerneutrale Abwicklung der Veräußerung der Liegenschaft versäumt zu haben. Dies sei ihm aber nicht vorwerfbar, zumal er spätere Judikaturänderungen nicht habe vorhersehen können.
Der gegen ihn erhobene Anspruch sei aber keinesfalls berechtigt: Ausschlaggebend sei, dass zum Zeitpunkt des Geschäftes die Vorsteuerberichtigung als Masseforderung behandelt worden sei. Die nunmehrige Argumentation des Klägers, der Beklagte hätte den Vorsteuerbetrag voll von der Erwerberin vereinnahmen können, jedoch auf die als Konkursforderung zu qualifizierende Forderung des Finanzamts nur die Quote abführen müssen, basiere auf einer nicht vorhersehbaren Judikaturänderung, für die der Beklagte nicht einzustehen habe. Wenn überhaupt sei nur die Republik Österreich geschädigt, zumal die Erwerberin der Liegenschaft einen Vorsteuerabzug lukriert habe, ohne Umsatzsteuer gezahlt zu haben.
Gehe man von einem Schaden der Masse aus, müsse berücksichtigt werden, dass die Abgabenschuld der Konkursmasse eine Konkursforderung sei. Zur Berechnung des Schadens müssten daher die Konkursforderungen ohne Vorsteuerberichtigungsbetrag jenen mit diesem Betrag gegenübergestellt werden. Daraus errechne sich eine prozentuell nur geringe Erhöhung der Konkursforderungen und damit eine Quotenminderung von rund 0,11 %. Dies lasse einen Schadensbetrag von äußerstenfalls S 132.000,- erwarten.
Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab.
Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es folgende Feststellungen:
Im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin stehen anerkannte und anzuerkennende Konkursforderungen von S 148,104.242,15 einem Massevermögen von S 2,941.266,82 gegenüber. Daraus errechnet sich eine Quote von 1,99 %. Unter Berücksichtigung des Klagebetrages würde sich eine Quote von 5,49 % errechnen.
Die vom Kläger geltend gemachte Ersatzforderung ist durch die Berufshaftpflichtversicherungen des Beklagten gedeckt.
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:
Obzwar das Verhalten des Beklagten als Kunstfehler zu qualifizieren sei, seien die Begehren des Klägers abzuweisen, weil kein Schaden entstanden sei. Mit dem Kauferlös seien nur (und nicht alle) Pfandgläubiger befriedigt worden. Aus dem Blickwinkel des "Konkurs-Geldtopfs" sei es gleichgültig, ob die Vorsteuer überbunden worden sei, weil sie immer nur ein Durchlaufposten gewesen wäre. Geändert hätte sich nur der Betrag, den die Pfandgläubiger erhalten hätten; der Konkursmasse wäre kein Geld zugeflossen. Richtig sei nur, dass es allenfalls zu einer anderen Verteilung unter den Konkursgläubigern gekommen wäre. Dies sei aber nicht Gegenstand des Verfahrens.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Berufungsgericht dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Der Beklagte habe in erster Instanz gar nicht geltend gemacht, dass der Vorsteuerberichtigungsbetrag ohnedies an die Grundpfandgläubiger geflossen wäre. Das Erstgericht habe dazu auch keine Feststellung getroffen, sondern nur aus dem Grundbuchstand Rückschlüsse gezogen. Diese Schlüsse seien aber nicht nachvollziehbar und überdies überraschend.
Zudem bestehe das Klagebegehren unter Umständen selbst auf Grund der vom Erstgericht angenommenen Prämissen zu Recht:
Es sei nicht strittig, dass bei pflichtgemäßem Verhalten des iSd § 1299 ABGB verantwortlichen Beklagten die Liegenschaftserwerberin zur Zahlung des Vorsteuerberichtigungsbetrages verpflichtet worden wäre. Welchen Gläubigern der so erlöste Betrag zugeflossen wäre sei ebenso nicht entscheidend, wie die Frage, ob er in die Konkursmasse geflossen wäre. Wesentlich sei, dass sich (von einer Ausnahme abgesehen) die Schulden des Gemeinschuldners um den erlösten Betrag vermindert hätten. Anders wäre dies nur dann, wenn tatsächlich ein Pfandgläubiger diesen Betrag erhalten hätte, dem die Gemeinschuldnerin nur als Real- nicht aber als Personalschuldnerin gehaftet habe. Derartiges sei aber weder behauptet worden noch hervorgekommen. Das Erstgericht müsse dies mit den Parteien noch erörtern und sodann die erforderlichen Feststellungen treffen.
Zu vermuten sei, dass der Vorsteuerberichtigungsbetrag an das Finanzamt geflossen wäre, was der Kläger behauptet und der Beklagte nicht stichhaltig bestritten habe. Auch das sei aber noch erörterungs- und feststellungsbedürftig. Unter dieser Voraussetzung wäre die Steuerforderung gegen die Gemeinschuldnerin getilgt worden. Da dies nicht der Fall war, bestehe eine entsprechende Steuerforderung, die - unabhängig ob es sich um eine Masse- oder eine Konkursforderung handle - als Schaden der Masse zu qualifizieren sei. Nach der Rechtsprechung sei nämlich eine schon entstandene Verbindlichkeit ein Nachteil am Vermögen, und zwar auch dann, wenn es sich beim Geschädigten um eine überschuldete Gesellschaft handle. Es müsse allerdings mit der Einforderung der Verbindlichkeit zu rechnen sei, was aber hier nicht fraglich sei.
Damit ergebe sich, dass der Beklagte - sofern nicht der oben erörterte Ausnahmefall vorliege - durch sein schuldhaftes Verhalten die Gemeinschuldnerin geschädigt habe. Da der Schaden in der entstandenen Verbindlichkeit bestehe, sei auch der Einwand unzutreffend, dass der Beklagte nicht mehr als den Quotenschaden ersetzen müsse.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass der Beklagte nicht nur für den Quotenschaden sondern für den Gesamtschaden hafte, nicht auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof stützen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, "unter Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes diesem die Entscheidung in der Sache aufzutragen bzw, in eventu, in der Sache selbst zu entscheiden". Aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels ist gerade noch erkennbar, dass der Beklagte damit die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung anstrebt.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Dass der Beklagte für sein Versäumnis, für die umsatzsteuerneutrale Abwicklung des Liegenschaftsverkaufes durch Begründung einer entsprechenden Zahlungspflicht des Liegenschaftserwerbers Vorsorge zu tragen, einzustehen hat, ist im Rekursverfahren nicht mehr strittig. Mit der Frage der im Verfahren vor den Vorinstanzen angesprochenen Judikaturänderung hat dies nichts zu tun, weil auch schon vorher klar sein musste, dass bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen mit einer Vorsteuerberichtigung iSd § 12 Abs 10 UStG in der damals geltenden Fassung zu rechnen war. Die angesprochene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs betrifft ja nur die Frage, ob es sich bei der daraus resultierenden Forderung des Finanzamtes um eine Masse- oder eine Konkursforderung handelt. Dass eine Forderung entstehen musste, war aber klar.
Gemäß § 81 Abs 3 KO ist der Masseverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht, verantwortlich. Geschädigte Beteiligte sind Personen, deren Rechtsstellung einschließlich ihres wirtschaftlichen Gehalts von der Gestaltung des Konkursverfahrens beeinflusst wird, sofern der Masseverwalter bei seinen Handlungen oder Unterlassungen zur Verhütung ihrer Schädigung verpflichtet ist. "Beteiligte" in diesem Sinn können nicht nur die Konkursgläubiger, sondern auch Aus- und Absonderungsgläubiger, aber auch der Gemeinschuldner und die Konkursmasse sein (RIS-Justiz RS0065408; RS0110544).
Die Form der Durchsetzung der Schadenersatzansprüche gegen den Masseverwalter hängt davon ab, ob es sich um einen "Einzelschaden" oder um einen "Gemeinschaftsschaden" handelt. Ein Gemeinschaftsschaden liegt vor, wenn die Folge der pflichtwidrigen Handlung des Masseverwalters eine Verminderung der Konkursmasse ist, also eine Beeinträchtigung der Befriedigungsmöglichkeit aller Konkursgläubiger. Ein solcher Gemeinschaftsschaden kann während des Konkursverfahrens nur im Rechnungslegungsverfahren oder - (wie hier) im Falle der Bestellung eines neuen Masseverwalters - vom neuen Masseverwalter geltend gemacht werden. Denn der Anspruch auf Ersatz dieses Gemeinschaftsschadens gehört zur Konkursmasse. Die Konkursgläubiger sind lediglich mittelbar geschädigt und daher nicht aktiv zur Geltendmachung des Schadens legitimiert. Der Gemeinschuldner ist - mag er auch als unmittelbar Geschädigter betrachtet werden - gemäß § 1 Abs 1 nicht berechtigt, über den massezugehörigen Anspruch zu verfügen (Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, KO, §§ 81, 81a Rz 31 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Einzelschäden hingegen könne vom Geschädigten sowohl während als auch nach Aufhebung des Konkursverfahrens im Klageweg gegen den Masseverwalter (aber auch gegen die Masse) durchgesetzt werden (Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, KO, §§ 81, 81a Rz 33).
Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger (als neuer Masseverwalter) einen Gemeinschaftsschaden geltend, indem er eine Schmälerung der Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger behauptet. Eine solche Schmälerung ist durch das Verhalten des Beklagten - wie zu zeigen sein wird - in jedem Fall eingetreten; das Ausmaß des Gemeinschaftsschadens hängt aber vom fiktiven Kausalverlauf ab, also davon, was mit einer zusätzlichen Zahlung der Liegenschaftserwerberin geschehen wäre.
Vorweg ist jedenfalls klarzustellen, dass die vom Finanzamt geltend gemachte (und offenkundig vom Kläger nicht als Masseforderung anerkannte und befriedigte) Steuerforderung entsprechend der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0108920; SZ 70/252; ZIK 1998, 46 uva), die mittlerweile auch von der Finanzverwaltung akzeptiert wird (vgl den Erlass des BMF vom 5. 6. 2000, veröffentlicht in ARD 5142/30/2000), eine Konkursforderung ist. Davon gehen im Übrigen auch beide Parteien aus.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Betrag der Vorsteuerberichtigung - hätte ihn die Erwerberin der Liegenschaft auf Grund einer ihr vom Beklagten überbundenen Verpflichtung gezahlt - zur Gänze (etwa auch in Form einer "Überrechnung") an das Finanzamt geflossen wäre oder ob das Finanzamt im Hinblick auf die nunmehrige Judikatur nur die Konkursquote erhalten hätte. Wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, ist zu vermuten, dass das Finanzamt den gesamten Betrag erhalten hätte, zumal damals keinerlei Anhaltspunkte für eine Änderung der bis dahin herrschenden Auffassung vorlagen, die derartige Steuerforderungen als Masseforderung qualifizierte. Das Berufungsgericht erachtete insofern das Verfahren noch als ergänzungsbedürftig und trug dem Erstgericht entsprechende Feststellungen auf. Diesem Auftrag, dem eine insofern zutreffende rechtliche Beurteilung zu Grunde liegt, kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.
Je nachdem wie mit einem von der Erwerberin gezahlten Betrag verfahren worden wäre, ergeben sich für die Ermittlung des vom Beklagten zu ersetzenden Schadens folgende Konsequenzen:
Wäre der gesamte Vorsteuerberichtigungsbetrag an das Finanzamt geflossen (woraus dem Beklagten angesichts der damals herrschenden Auffassung kein Vorwurf zu machen gewesen wäre), wäre dadurch die vom Finanzamt geltend gemachte Steuerforderung getilgt worden. Durch den Fehler des Beklagten ist dies nicht erfolgt, sodass die Forderung des Finanzamtes in voller Höhe (als Konkursforderung) offen ist und insofern ein Schaden für die Konkursmasse entstanden ist. Im Hinblick auf den Einwand des Beklagten, er hafte nur für die von ihm bewirkte Reduzierung der Konkursquote, bedeutet dies aber, dass bei dieser Variante ein vom Beklagten für die Masse erzielter Mehrerlös ohnedies nicht der Masse zugeflossen wäre, sodass der Gemeinschaftsschaden unter dieser Voraussetzung - wie der Beklagte geltend macht - tatsächlich nur im Hinzutreten einer weiteren Konkursforderung, nicht aber in einer Schmälerung des zu verteilenden Massevermögens, besteht. Konsequenz des Verhaltens des Beklagten ist in diesem Falle nur, dass das (unveränderte) Massevermögen an mehr Gläubiger - zu den bisherigen Gläubigern tritt die Republik Österreich mit ihrer Steuerforderung hinzu - zu verteilen ist. Der vom Beklagten zu ersetzende Gemeinschaftsschaden kann daher bei Zutreffen dieser Variante tatsächlich nur in der dadurch (also durch das Hinzutreten des weiteren Gläubigers und die dadurch bedingte Verringerung der Quote) bewirkten Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger liegen.
Hätte hingegen der Beklagte oder der ihm nachfolgende Masseverwalter (der nunmehrige Kläger) einen von der Liegenschaftserwerberin gezahlten Betrag für die Masse lukriert und sich auf den Standpunkt gestellt, die geltend gemachte Steuerforderung sei eine Konkursforderung, würde die Republik Österreich auf ihre Steuerforderung nur die Konkursquote erhalten, während der darüber hinaus von der Liegenschaftserwerberin lukrierte Mehrbetrag - sieht man zunächst von der vom Erstgericht aufgeworfenen Frage der Befriedigung der Pfandgläubiger ab - der Masse verbleiben würde und zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stünde. Von einer "grundlosen Bereicherung" der Masse, wie sie der Rekurswerber darin zu erkennen glaubt, kann dabei nicht gesprochen werden, weil sich die Beschränkung der Republik Österreich auf die Konkursquote aus dem Wesen des Insolvenzverfahrens ergibt (8 Ob 144/99f; 8 Ob 226/99i). Durch den Fehler des Beklagten bliebe es bei dieser Variante zwar dabei, dass die Forderung des Finanzamtes im Umfang der ausgeschütteten Quote gezahlt werden muss; der Masse entgeht aber der Betrag, den sie bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten erhalten hätte. Dass die Steuerforderung nur quotenmäßig getilgt wird und im Übrigen ungetilgt bleibt, fällt dabei nicht zusätzlich ins Gewicht, zumal gegenüber einer juristischen Person das nach der Verteilung des Massevermögens bestehende Nachforderungsrecht (§ 60 Abs 1 KO) ins Leere geht, weil die vermögenslose juristische Person erlischt. Der der Republik Österreich durch die nur quotenmäßige Befriedigung entstehende Ausfall ist ein Einzelschaden, der im vorliegenden verfahren keine Rolle spielt.
Unter den der zweiten Sachverhaltsvariante zugrunde gelegten Prämissen hätte daher der Beklagte (von der Frage der Befriedigung der Pfandgläubiger vorläufig abgesehen) eine Verminderung der zu verteilenden Masse zu verantworten. Hätte er sich pflichtgemäß verhalten, wäre das zu verteilende Massevermögen im dargestellten Umfang größer gewesen, sodass in diesem Fall der vom Beklagten zu ersetzende Schaden im der Masse entgangenen Betrag gelegen wäre.
Zu erörtern bleibt aber die (nur für die 2. Sachverhaltsvariante bedeutsame) Rechtsauffassung des Erstgerichtes, der Konkursmasse sei kein Schaden entstanden, weil ein von der Liegenschaftserwerberin gezahlter Betrag - wäre er nicht dem Finanzamt gezahlt worden - ohnedies nur den auf der Liegenschaft sichergestellten Pfandgläubigern zugeflossen wäre.
Abgesehen davon, dass zu dieser Rechtsauffassung bislang jegliches Vorbringen der Parteien, aber auch verwertbare Feststellungen fehlen, ist dieser Rechtsauffassung wie folgt entgegenzutreten:
Wäre dem Masseverwalter ein höherer Erlös aus der Veräußerung der Liegenschaft zur Verfügung gestanden, wären die Forderungen der Pfandgläubiger in größerem Umfang aus dem dann größeren Verkaufserlös getilgt worden, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass die ungetilgten Forderungen der Pfandgläubiger, mit denen diese auf die Masse verwiesen sind, geringer wären; im Falle einer völligen Tilgung der auf der Liegenschaft gesicherten Pfandgläubiger wäre ein allenfalls verbleibender Rest der Masse zur Verteilung an die übrigen Gläubiger zur Verfügung gestanden. Anders wäre dies nur dann, wenn - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hätte - ein Pfandgläubiger aus der zusätzlichen Zahlung Befriedigung gefunden hätte, für dessen Forderung die Gemeinschuldnerin nur mit ihrer Liegenschaft, nicht aber persönlich gehaftet hat. Ein solcher Pfandgläubiger könnte sich nämlich mit seiner ungetilgt bleibenden Forderung nicht an die Masse halten. Der einem solchen Pfandgläubiger entstandene Schaden wäre ein Einzelschaden, zu dessen Geltendmachung der Masseverwalter nicht legitimiert ist.
Liegt aber dieser vom Berufungsgericht zutreffend als zumindest denkbar aufgezeigte Ausnahmefall nicht vor, bleibt es dabei, dass die Tatsache, dass der Erlös der Liegenschaft zur teilweisen Deckung der auf der Liegenschaft sichergestellten Forderung verwendet wurde, aus den oben dargelegten Gründen am Eintritt eines Schadens der Masse nichts ändert.
Für die Höhe dieses Schadens muss aber wiederum differenziert werden. Wäre der gesamte bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten von der Liegenschaftserwerberin lukrierte Betrag zur Befriedigung der Pfandgläubiger verwendet worden, hätte dies zur Folge, dass die Belastung der Masse mit ungetilgt verbliebenen Forderungen der auf der Liegenschaft sichergestellten Pfandgläubiger geringer wäre. Der vom Beklagten zu ersetzende Schaden ergäbe sich in diesem Fall durch die Nachteile der Konkursgläubiger, die sich aus dem Hinzutreten ansonsten getilgter Forderungen der Pfandgläubiger (bei unveränderter Höhe der zu verteilenden Masse) errechnen.
Anders wäre dies allerdings dann, wenn durch die Lukrierung einer zusätzlichen Zahlung der Liegenschaftserwerberin die vollständige Befriedigung der Pfandgläubiger möglich gewesen wäre und ein Restbetrag der zusätzlichen Zahlung in die allgemeine Masse geflossen wäre. In diesem Fall würde der vom Beklagten zu ersetzende Schaden in jenem Betrag bestehen, der der Masse entgangen (also nicht zugeflossen) ist.
Das Verfahren erweist sich daher in der Tat als ergänzungsbedürftig, sodass dem Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss ein Erfolg zu versagen war.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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