OGH 10ObS225/03s

OGH10ObS225/03s16.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter S*****, vertreten durch Frick & Schwarz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien wegen Gewährung von Zuschüssen, über den "außerordentlichen Revisionsrekurs" der beklagten Partei gegen das Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Mai 2003, GZ 9 Rs 58/03w-20, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29. November 2002, GZ 25 Cgs 34/02a-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien mit dem Auftrag zurückgestellt, den Beschluss vom 23. Mai 2003, GZ 9 Rs 58/03w-20, durch den kurz zu begründenden Ausspruch zu ergänzen, ob der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht.

Text

Begründung

Mit Schreiben der beklagten Versicherungsanstalt vom 24. 1. 2002 wurde der Antrag des Klägers auf Ersatz von Lohnkosten für Hilfspersonen abgelehnt, weil der begehrte Lohnkostenersatz keine geeignete Maßnahme einer arbeitsplatzsichernden beruflichen Rehabilitation darstelle.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage (die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger im Rahmen der beruflichen Rehabilitation zwecks Ermöglichung der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Klägers einen angemessenen vom Gericht zu bestimmenden Zuschuss zu den vom Kläger im Zeitraum zwischen 1981 und 1999 aufgewendeten Lohnkosten für Hilfspersonal im gesetzlichen Ausmaß zu leisten) wies das Erstgericht mit der Begründung zurück, dass es sich bei den Zuschüssen nach § 198 Abs 2 und 3 ASVG um freiwillige Leistungen handle, und dass über berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht mit Bescheid abzusprechen sei. Daher sei auch eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht nicht möglich.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers Folge. Es hob den angefochtenen Beschluss auf, trug dem Erstgericht auf, das Verfahren unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund fortzusetzen und sprach aus, die Kosten des Rekursverfahrens seien weitere Verfahrenskosten erster Instanz. Das Gericht zweiter Instanz unterließ einen Ausspruch ob der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der "außerordentliche Revisionsrekurs" der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Darüber kann derzeit noch nicht entschieden werden. Nach Art III Z 6, Art XI Abs 6 ZVN 2002 ist die von § 527 ZPO abweichende Regelung für Arbeits- und Sozialgerichtssachen iSd (aufgehobenen) § 45 Abs 2 und 3 ASGG nicht mehr anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz - wie hier - nach dem 31. 12. 2002 liegt (Stohanzl ZPO9 [2002] zu § 527 ZPO). Der oa Ausspruch hätte demnach (anders als früher nach § 45 Abs 3 erster Satz ASGG) nur dann unterbleiben können, wenn das Gericht zweiter Instanz einen - unanfechtbaren - Aufhebungsbeschluss nach § 527 Abs 2 ZPO gefasst hätte (vgl RIS-Justiz RS0044059, RS0044102). Davon ist jedoch nicht auszugehen:

Nach stRsp handelt es sich nämlich bei einem "aufhebenden" Beschluss des Rekursgerichtes, mit dem - wie hier - ein Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichtes, der wegen des Fehlens von Prozessvoraussetzungen oder des Vorliegens eines Prozesshindernisses ergangen ist, beseitigt wird, in Wahrheit um eine abändernde Entscheidung (RIS-Justiz RS0044033; RS0044035; RS0044037; RS0044125). Ein echter Aufhebungsbeschluss liegt nur dann vor, wenn eine bestimmte Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz noch nicht abschließend erledigt wird, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichtes ergehen soll. Demgegenüber ist eine in Wahrheit abändernde Entscheidung gegeben, wenn eine selbständig zu entscheidende Frage vom Gericht zweiter Instanz anders als vom Erstgericht entschieden wird und sich nur als Folge davon die Notwendigkeit der Fortsetzung des Verfahrens ergibt (8 Ob 48/02w; 1 Ob 504/90 uva).

Da der erstgerichtliche Zurückweisungsbeschluss in Wahrheit dahin abgeändert wurde, dass die von der Beklagten erhobene Prozesseinrede verneint und (auch) ihr (zweiter) Antrag auf Zurückweisung der Klage (vgl ON 3 und 9) verworfen wurde, richtet sich die Anfechtbarkeit nicht nach § 527 Abs 2 ZPO sondern nach § 528 ZPO (8 Ob 48/02w). Das Rekursgericht hätte daher den Ausspruch nach § 500 Abs 2, § 526 Abs 3 ZPO machen müssen (Kodek in Rechberger² Rz 3 zu § 527 ZPO) und wird diesen nunmehr nachzutragen haben. Sollte es aussprechen, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist, wäre der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihr Rechtsmittel durch die Gründe, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts der Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird, zu ergänzen.

Stichworte