OGH 1Ob153/03m

OGH1Ob153/03m2.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef W*****, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 30.975,24 EUR sA infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsstreitwert 9.135,39 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2003, GZ 2 R 119/02p-32, womit das Urteil des Landes- als Handelsgerichts Wiener Neustadt vom 22. März 2002, GZ 22 Cg 7/00f-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei hatte in einem vor dem Erstgericht geführten Verfahren vom Kläger die Zahlung von 1,470.786,02 S begehrt. In diesem Verfahren vereinbarten die Streitteile "ewiges Ruhen". Der Kläger zahlte der beklagten Partei 1,040.000 S an Werklohn a conto ihrer Leistungen. Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger zuletzt die Zahlung von 426.228,56 S, weil die von ihm geleistete Akontozahlung den der beklagten Partei gebührenden Werklohn übersteige.

Die beklagte Partei wendete ein, dass ihr der Kläger über die Akontozahlung hinaus noch Beträge schulde, was sich aus ihrer Abrechnung vom 19. 4. 1995, die der Kläger nie substantiiert bestritten habe, ergebe.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 16.287,02 EUR sA und wies das Mehrbegehren des Klägers im Betrag von 14.688,21 EUR sA - unangefochten - ab. Den Zuspruch eines Teilbetrags von 9.135,39 EUR sA begründete es erkennbar damit, dass der beklagten Partei für deren Werkleistungen bei einigen Bauvorhaben nur Nettorechnungsbeträge - also ohne Umsatzsteuer - zustünden. Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts insoweit ab, als es dem Kläger lediglich 14.718,42 EUR sA zusprach und das Ersturteil im Zuspruch eines Teilbetrags von 1.568,60 EUR sA (ohne Rechtskraftvorbehalt) aufhob. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei. Zu der im Revisionsverfahren allein strittigen Frage, ob die beklagte Partei im Rahmen der Geltendmachung ihres Werklohns auch Umsatzsteuer verlangen könne, führte es aus, dass die von der beklagten Partei gelegten Rechnungen (Beilagen 2 bis 6) nicht den Erfordernissen des § 11 UStG 1994 entsprächen, weshalb sie diese Beträge nicht vom Kläger fordern könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist unzulässig.

Unstrittig ist die Verpflichtung der beklagten Partei, für die von ihr erbrachten Werkleistungen Rechnungen auszustellen, die der Vorschrift des § 11 UStG 1994 entsprechen. Nur in diesem Fall könnte die beklagte Partei vom Kläger die auf den Werklohn entfallende Umsatzsteuer fordern, denn nur dann wäre dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Frage, ob eine Rechnung die Angaben enthält, die § 11 UStG vorsieht, ist gewiss jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängig und - über den Gesetzeswortlaut hinaus - keiner generellen Aussage zugänglich. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Lösung dieser Frage - ebenso wie die Entscheidung, ob der Kläger aufgrund ausgestellter Rechnungen zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre - in den Zuständigkeitsbereich der Abgabenbehörden fällt (SZ 59/140); der Oberste Gerichtshof ist nicht dazu berufen, die einschlägige Spruchpraxis dieser Behörden zu überprüfen oder gar weiterzuentwickeln. Hatte - wie hier - das Berufungsgericht diese Rechtsfrage als Vorfrage zu lösen, dann wäre dies nur revisibel, wenn dem Gericht zweiter Instanz ein gravierender Rechtsirrtum unterlaufen wäre. Dies ist aber nicht der Fall:

Dem Berufungsgericht ist vielmehr dahin beizupflichten, dass einzelne der Angaben, die § 11 Abs 1 UStG für eine ordnungsgemäße Rechnungslegung fordert, in den Beilagen 2 bis 6 nicht enthalten sind. Selbst wenn man aber den Inhalt dieser Beilagen im Konnex mit der Fax-Nachricht vom 19. 4. 1995, Beilage 1, sieht, kann von einer den Inhaltserfordernissen des § 11 UStG entsprechenden Rechnung auch dann nicht die Rede sein, wenn - was im Übrigen aber gar nicht festgestellt wurde - unterstellt würde, dass die Beilage 1 dem Kläger gemeinsam mit den anderen genannten Beilagen zugekommen sei: Nach dem Wortlaut der Beilage 1 wurde dem Kläger eine Aufstellung übersandt und er gebeten, den offenen Betrag zu überprüfen und Bescheid zu geben. Dies kann jedoch nur bedeuten, dass der Kläger aufgefordert wurde, zur Aufstellung der beklagten Partei Stellung zu beziehen; keinesfalls wurde mit der Beilage 1 eine Zahlung angefordert, was aber wesentliches Erfordernis jeder Rechnung ist (Kolacny/Mayer, Umsatzsteuergesetz 19942 401 f). Daran können auch die vom Erstgericht getroffenen "Feststellungen" (in Wahrheit bereits rechtliche Beurteilung), die beklagte Partei habe bestimmte Beträge zuzüglich Mehrwertsteuer "in Rechnung gestellt" bzw "verrechnet" bzw ihre Entlohnung "bekanntgegeben" (S 11 bis 13 des Ersturteils), nichts ändern, vielmehr handelt es sich bei den von der beklagten Partei konkret angeführten Beträgen bloß um eine von ihr auch so bezeichnete "Aufstellung", die der Kläger - gleichsam als Entwurf einer Abrechnung - überprüfen sollte. Dass der Kläger aufgrund dieser Urkunden den Vorsteuerabzug nicht mit Erfolg geltend machen könnte, liegt nahe, und den Vorinstanzen ist daher kein Rechtsirrtum anzulasten, wenn sie der beklagten Partei die Anrechnung der von ihr "in Rechnung gestellten" Umsatzsteuer verweigerten. Die beklagte Partei vermag keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen; die Revision ist demnach zurückzuweisen. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen. Deshalb hat er die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO).

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