OGH 3Ob279/02d

OGH3Ob279/02d21.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Sacha & Katzensteiner Rechtsanwälte OEG in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.079,18 EUR sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 24. Juni 2002, GZ 2 R 287/01w-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 16. September 2001, GZ 8 C 1065/00h-19 aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs der beklagten Partei ON 25 wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten. Der Rekurs der beklagten Partei ON 26 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft und Verkaufsstelle der W***** & Co. GmbH, der Generalimporteurin für Mercedes PKWs in Österreich ist (im Folgenden nur Generalimporteurin). Am Unternehmensgebäude der beklagten Partei ist ein großer Mercedes-Stern angebracht; auf einem kleineren Schild neben der Eingangstüre zu den Geschäftsräumlichkeiten ist die Firma der beklagten Partei ersichtlich. Garantieleistungen der Generalimporteurin werden von jeder Vertragswerkstätte, so auch von der beklagten Partei, durchgeführt.

Der Kläger interessierte sich für einen PKW Mercedes bestimmter Ausstattung und suchte deshalb am 21. März 1997 die Geschäftsräumlichkeiten der beklagten Partei auf. Deren Geschäftsführer zeigte dem Kläger am Computer die verschiedenen Modelle, ihre Ausstattung und Preise. Da der Kläger einen PKW Mercedes C180 Sportline kaufen wollte, füllte der Geschäftsführer der beklagten Partei nach den Wünschen des Klägers einen Bestellschein aus. Dieser weist auf der ersten Seite ein großes Markenzeichen (Mercedes-Stern) samt der Bezeichnung "Mercedes-Benz" auf, darunter steht "BESTELLUNG an ... [Generalimporteurin]". Auf der 2. Seite findet sich der Satz "Auf Grund der im folgenden angeführten, von mir (uns) vollinhaltlich anerkannten Liefer- und Verkaufsbedingungen ..."

(nachstehend sind diese angeführt) "...bestelle(n) ich (wir) einen Personenkraftwagen Marke Mercedes-Benz ...". Punkt I. "Allgemeines" der "Liefer- und Verkaufsbedingungen" lautet auszugsweise: "1. Diese Liefer- und Verkaufsbedingungen sind integrierender Bestandteil jeder Bestellung und des durch deren Annahme zustandekommenden Vertrages.

2. Erhält der Käufer binnen 2 Wochen ab Einlangen seiner Bestellung am Sitz der Lieferfirma keine Auftragsbestätigung, so kann er seine ansonsten unwiderrufliche Bestellung mittels eingeschriebenen Briefes unter Setzung einer Nachfrist von 4 Wochen widerrufen. 3. Als Auftragsbestätigung gelten auch Lieferanzeige, Rechnung, Auslieferung etc." Am Ende des Vertrags unterschrieb der Kläger, links daneben ist als "Verkaufsstelle" die beklagte Partei angeführt. Darunter findet sich der Satz: "Die Auslieferung des Fahrzeuges erbitte ich an mich, zu Handen der obenangeführten Verkaufsstelle, welche ich zum Übernahmebevollmächtigten für mich bestelle." Nach der Bestellung fertigte die Generalimporteurin eine Auftragsbestätigung an den Kläger aus. Vor Auslieferung des PKWs erhielt der Kläger von der beklagten Partei einen Zahlschein, mit dem er den Kaufpreis auf das Konto der Generalimporteurin überwies. In weiterer Folge wurden dem Kläger, nachdem er die Zahlung nachgewiesen hatte, der PKW samt Typenschein, Serviceheft, Betriebsanleitung und die Rechnung - welche auf Briefpapier der Generalimporteurin gedruckt war und keinen Hinweis auf die beklagte Partei enthielt - über die beklagte Partei geliefert. Der Kläger achtete nicht darauf, dass Verkaufsstelle und Generalimporteurin verschiedene juristische Personen sind; er hatte die Vorstellung, einen Vertrag mit "Mercedes" abgeschlossen zu haben. Der Kläger machte in der Folge sowohl bei der beklagten Partei als auch bei der Generalimporteurin Mängel am PKW geltend. Die beklagte Partei erbrachte dem Kläger mehrere, nicht in Rechnung gestellte Reparaturarbeiten, u.a. den Aus- und Wiedereinbau des Hinterachsgetriebes. Die Generalimporteurin führte eine Polierung und Lackpflege durch.

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei 83.651,25 S = 6.079,18 EUR s.A. als Schadenersatz mit dem wesentlichen Vorbringen, den PKW bei der beklagten Partei gekauft zu haben. Der PKW sei von dieser derart unsachgemäß poliert worden, dass aufgrund dadurch entstandener Verkratzung eine gänzliche Neulackierung zu erfolgen habe. Darüber hinaus habe die beklagte Partei bei einem Tausch des Hinterachsgetriebes ein nicht passendes Ersatzgetriebe eingebaut, sodass nunmehr ein typenentsprechendes Getriebe einzubauen sei. Weiters werde Wertminderung wegen der Neulackierung begehrt. Die beklagte Partei wandte ein, nicht passiv legitimiert zu sein, weil sie den Kauf des PKW nur vermittelt habe. Vertragspartner des Klägers sei die Generalimporteurin geworden. Sie habe weder den PKW polieren lassen noch einen Getriebetausch vorgenommen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es qualifizierte die Bestellung als Anbot; durch Zusendung der Auftragsbestätigung, jedenfalls aber durch die Auslieferung des PKWs samt Rechnungsstellung sei der Vertrag durch Annahme der Generalimporteurin zustande gekommen, wobei die beklagte Partei als deren Stellvertreterin gehandelt habe. Einer ausdrücklichen Offenlegung habe es nicht bedurft, weil dem Kläger bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit erkennbar gewesen sei, dass die beklagte Partei nicht in eigenem Namen handle.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Nach seinen wesentlichen rechtlichen Erwägungen sei im Zweifel ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen, den die Behauptungs- und Beweislast dafür treffe, im Namen eines anderen als dessen direkter Stellvertreter aufgetreten zu sein. Hier sei die Passivlegitimation der beklagten Partei zu bejahen. Sie wäre nämlich verpflichtet gewesen, gegenüber dem Kläger eindeutig klar zu stellen, dass sie in fremden Namen handle, zumal insbesondere unter Berücksichtigung des Mercedes-Sterns am Firmengebäude keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass sie nicht selbst mit PKWs dieser Marke handle. Der Begriff "Verkaufsstelle" im Bestellformular sei nicht eindeutig, weil dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch auch durchaus einen Autohändler umfassen könne, der selbst PKWs verkaufe. Ein Autokäufer, der bei einem Unternehmen, welches PKWs zum Verkauf anbiete und Verhandlungen über den Ankauf eines PKWs führe, werde wohl kaum daran denken, dass dieses Unternehmen nur als direkter Stellvertreter tätig werde, noch dazu, wenn auf dem Firmengebäude seines Verhandlungspartners das Emblem jener Automarke angebracht sei, an der der Kunde interessiert sei. Von einer Offenlegung des Umstands, dass die beklagte Partei nur Stellvertreterin der Generalimporteurin sei, könne daher keine Rede sein. Der Eindruck des Klägers, dass die beklagte Partei sein Vertragspartner sei, musste für den Kläger noch dadurch verstärkt werden, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei eine mittels Computerprogramm hergestellte "Fahrzeug Aufstellung" verwendete, um die serienmäßige Ausstattung und die Sonderausstattung samt Preisen darstellen zu können, auf der zweimal ausschließlich die Firma und die Anschrift der beklagten Partei sowie die Wortfolge "Verkauf und Werkstätte" angeführt waren.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz zugelassene Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

a) Die Rechtsmittelwerberin erkennt zutreffend, dass im Stellvertretungsrecht nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, ob es für den Vertragspartner erkennbar ist, dass sein Ansprechpartner für einen Dritten handeln will. Nach stRsp bedarf es im Hinblick auf den das Stellvertretungsrecht beherrschenden Offenlegungsgrundsatz in jedem Einzelfall, in dem jemand nicht ausdrücklich in fremdem Namen handelt, sorgfältiger Prüfung, wie der Dritte - von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen - das Auftreten des Handelnden verstehen musste. Wer einen Vertrag als Vertreter eines anderen abschließt, muss dies seinem Vertragspartner gegenüber somit eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, insbesondere dann, wenn der Wille des Handelnden zur Vertretung nicht bereits aus den Umständen klar erkennbar ist (1 Ob 72/01x = ecolex 2001, 841 mwN; RIS-Justiz RS0019516); im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen. Für die Offenlegung genügt es allerdings, wenn sich das Geschäft eindeutig auf ein Unternehmen bezieht, für das der Handelnde einschreiten kann; einer ausdrücklichen Offenlegung bedarf es dann nicht. Ist erkennbar, dass der Handelnde im Namen eines bestimmten Unternehmens abschließt, dann berechtigt und verpflichtet er den jeweiligen Unternehmenträger (SZ 57/198 = JBl 1985, 616 [Hügel]; WBl 1991, 302; 4 Ob 1526/96 u.a.).

Das vom Kläger unterfertigte Bestellformular ist, wie schon die Erstrichterin zutreffend darlegte, als an die Generalimporteurin gerichtetes Offert zu einem Kaufvertragsabschluss zu qualifizieren, sohin als einseitige, annahmebedüftige Willenserklärung. Eine korrespondierende Willenserklärung der beklagten Partei ist dem Bestellformular selbst nicht zu entnehmen. Wenn nach den Vorstellungen des Klägers die beklagte Partei die Verkäuferin sein sollte, hätte ja sofort ein Vertrag abgeschlossen werden können. Zu einer Unterfertigung eines (unterstellten) Kaufvertrags zwischen der beklagten Partei und der Generalimporteurin durch den Kläger bestand kein erkennbarer Anlass. Sofern die zweite Instanz bemängelt, im Bestellformular finde sich kein hinreichend deutlicher Hinweis, wer tatsächlich Verkäufer sei, könnte hier nur ein allfälliger - nicht geltend gemachter - Erklärungsirrtum des Klägers vorliegen. Denn seine Willenserklärung ist nach ihrem Wortlaut (Seite 1 des Bestellformulars) nach eindeutig an die Generalimporteurin gerichtet. Da dem Kläger aber erkennbar gleichgültig war, ob er mit der Generalimporteurin oder deren Vertreterin (beklagte Partei) abschließt, ist das Geschäft mit der Generalimporteurin nach deren Annahme zustandegekommen. Selbst wenn der Kläger keine Auftragsbestätigung der Generalimporteurin erhalten haben sollte, wäre sowohl der Erhalt der Rechnung der Generalimporteurin, als auch die Übergabe des PKWs und der Fahrzeugpapiere durch die beklagte Partei, die nach dem klaren Wortlaut der Bestellung als Übernahmebevollmächtigter des Klägers fungierte, als Annahme durch die Generalimporteurin zu qualifizieren. Die von der beklagten Partei stammende "Fahrzeug Aufstellung" mit ihren technischen Spezifikationen allein löste noch keine weitere Aufklärungspflicht der beklagten Partei aus.

Die zweitinstanzliche Auffassung, es habe in diesem Fall einer weiteren Aufklärung des klagenden Käufers bedurft, kann demnach bei diesem Sachstand nicht gebilligt werden.

b) Damit ist für die beklagte Partei, die die sofortige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils anstrebt, freilich nichts gewonnen: Das Erstgericht hat nämlich Feststellungen zum Vorbringen des Klägers unterlassen, die beklagte Partei habe die behaupteten untauglichen Verbesserungsversuche im eigenen Namen durchgeführt und dadurch einen Schaden verursacht. Dies kann nur bedeuten, es wäre zwischen den Streitteilen ein Werkvertrag zustande gekommen und daraus ergebe sich die Passivlegitimation der beklagten Partei. Nur bei Richtigkeit dieses Vorbringens bedarf es der Aufnahme der vom Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragenen Beweise. Es hat daher (nur) deshalb beim Ergänzungsauftrag an das Erstgericht zu verbleiben.

c) Der Rekurs ON 25 wurde am 9. September 2002 zur Post. Am 11. September 2002 gab die beklagte Partei ihren gleichlautenden Rekurs ON 26 zur Post. Dieser ist aus dem Grundsatz der "Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung" (siehe dazu Kodek in Rechberger2, Vor § 461 ZPO Rz 12 mwN aus der Rsp) zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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