Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der beklagte Verein veranstaltete am 24. Juni 2000 ein Hallenfest, für das er bei einer Unterorganisation der Nebenintervenientin einen Toilettenwagen anmietete. Die Eingänge waren über eine mit dem Wagen verschraubte Metalltreppe zu erreichen, die aus fünf jeweils 18 bis 19 cm hohen Stufen besteht. Die Trittflächen bestehen aus Lochblechen; zwischen den Löchern mit einem Durchmesser von etwa 1 cm befinden sich Noppen, die rutschhemmend sein sollen. Auf einer Seite ist ein Metallgeländer angebracht, das aus zwei Stehern und einem Handlauf besteht. An der Unterseite des Handlaufs sind die Metallenden als Kanten ausgebildet (U-Profil). Das Metall hat eine Wandstärke von etwa 1,5 mm; die nach unten offenen Enden (Kanten) sind abgeflacht.
Der Toilettenwagen war mit dieser Treppe samt Handlauf seit 1992 bei verschiedensten Festveranstaltungen im Einsatz; bisher gab es wegen der Konstruktion des Treppenaufgangs weder Beschwerden noch Verletzungen.
Bei dem Fest in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 2000 regnete es immer wieder sehr heftig. Von der Halle zum Toilettenwagen musste man im Freien gehen; dieser Weg und der Treppenaufgang waren nicht überdacht.
Der Kläger hatte zu Hause eine Jause zu sich genommen und suchte um etwa 21.45 oder 22.00 Uhr das Fest auf. Nachdem er insgesamt etwa zwei oder drei halbe Bier und zwei oder drei Gespritzte Wein getrunken hatte, suchte er gegen Mitternacht die Toilette auf. Da es stark regnete, wollte er die Halle möglichst schnell wieder erreichen und war daher schnell unterwegs. Er rutschte auf der ersten oder zweiten Stufe der Treppe aus, vermutlich deshalb, weil er zu weit vorne aufstieg. Er wollte den drohenden Sturz durch Festhalten am Geländer verhindern, was ihm auch gelang. Da jedoch nicht nur die Treppe, sondern auch das Geländer nass war, rutschte er mit der linken Hand, mit der er den Handlauf fest umgriff, ein Stück ab und zog sich dabei an den Kanten der Unterseite des Handlaufs Schnittverletzungen zu. Insbesondere wurden Sehnen und Nerven am dritten und vierten Finger der linken Hand durchtrennt. Der Kläger trug handelsübliche Schnürschuhe mit einer profilierten Gummisohle. Er ist 1,90 m groß und wiegt etwa 83 bis 84 kg.
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei Zahlung von 14.604,33 EUR Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Verdienstentgang, Fahrtkosten und Spesen sowie die urteilsmäßige Feststellung der Haftung der Beklagten für alle zukünftigen Schäden aus dieser Verletzung.
Das Erstgericht sprach mit Teil-Zwischenurteil aus, das Zahlungsbegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass das Leistungsbegehren auf Zahlung von 14.604,33 EUR dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht und zur anderen Hälfte nicht zu Recht bestehe und daher im Umfang eines Teilbetrags von 7.302,17 EUR abgewiesen werde; es sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, wie weit die Verkehrssicherungspflichten eines Festveranstalters reichen, von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung sei und zu einer Fallgestaltung, die der hier vorliegenden vergleichbar wäre, offenbar noch keine höchstgerichtliche Entscheidung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen der klagenden und der beklagten Partei sind entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig.
Das Berufungsgericht hat mit eingehender Begründung seine - mit derjenigen des Erstgerichts übereinstimmende - Rechtsansicht begründet, die Beklagte habe eine Verletzung der sie als Festveranstalter treffenden Verkehrssicherungs- bzw nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten zu verantworten, welche sie für die Folgen der vom Kläger erlittenen Verletzung haftpflichtig mache. Ebenso eingehend begründete das Berufungsgericht, dass das beiderseitige Fehlverhalten in etwa gleich zu gewichten und deshalb eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 vorzunehmen sei.
Dass eine Rsp des Obersten Gerichtshofs zu diesem konkreten Sachverhalt nicht vorhanden ist, begründet für sich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Welche Sicherungsmaßnahmen zumutbar und erforderlich sind, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Festlegung des konkreten Inhalts der Verkehrssicherungspflicht, also die Festlegung, unter welchen besonderen Umständen bestimmte Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren dem Veranstalter noch zumutbar sind oder schon die Grenze der Zumutbarkeit übersteigen, ist wegen der gänzlich unterschiedlichen Gegebenheiten selbst bei gleichartigen Veranstaltungen nicht möglich (RIS-Justiz RS0078150). Auch die Beurteilung des Verschuldensgrads unter Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze, ohne dass ein wesentlicher Verstoß gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien vorläge, und das Ausmaß eines Mitverschuldens des Geschädigten können wegen ihrer Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (RIS-Justiz RS0087606). Auch in den Revisionen wird nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aufgezeigt. Auch die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat ausführlich (S 14), ohne hiebei von den von ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichts abzugehen, begründet, weshalb die Verletzungsgefahr, die vom Handlauf des Treppengeländers ausging, bei objektiver sachkundiger Betrachtung durchaus vorweg zu erkennen gewesen wäre.
Die Rechtsmittel sind demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)